Stuttgart-Schlamassel: Eine Landeshauptstadt in finanzieller Schieflage

"Schlaraffenland ist abgebrannt" schreibt die Stuttgarter Zeitung. Der Stuttgarter Haushalt weist ein starkes Defizit auf. Die Landeshauptstadt sieht sich gezwungen, einen rigorosen Sparkurs zu fahren. Zahlreiche Projekte müssen gestrichen werden und für die Bürger stehen potenzielle Leistungskürzungen an.

IMAGO / Bihlmayerfotografie

Erstmals seit mehr als zwei Jahrzehnten droht Stuttgart im Jahr 2025 ein Haushaltsdefizit, wie die Stuttgarter Zeitung berichtet. Vor allem die rückläufigen Einnahmen aus der Gewerbesteuer werden als Hauptursache für die finanzielle Schieflage angeführt, doch das Defizit hat weitaus tiefere strukturelle Ursachen.

Das Finanzloch könnte sich auf bis zu 889,4 Millionen Euro ausweiten. Rücklagen aus rentablen Unternehmensbeteiligungen sind kaum noch vorhanden, da sich die Stadt bereits vor zwei Jahrzehnten von Anteilen an der Schlossgartenbau AG und der EnBW getrennt hat.

Weitere Kreditaufnahme nicht erlaubt – Welche Projekte müssen dem Rotstift weichen? 

Um die steigenden Ausgaben zu decken, müsste Stuttgart in den kommenden Jahren massiv Kredite aufnehmen. Bis Ende 2028 wären dafür rund vier Milliarden Euro notwendig. Doch genau hier liegt das Problem: Die geplante Neuverschuldung ist rechtlich nicht zulässig. „Darlehensaufnahmen in diesem Umfang verstoßen gegen die Kreditaufnahmevorschriften der Gemeindeordnung Baden-Württemberg“, stellt Finanzbürgermeister Fuhrmann klar. Städte, anders als der Bund, können keine unbegrenzten Schulden über sogenannte „Sondervermögen“ anhäufen. Daher bleibt dem Gemeinderat nichts anderes übrig, als die umfangreiche Liste geplanter Projekte zu kürzen.

Die Finanzverwaltung warnt vor „unvermeidlichen drastischen Sparmaßnahmen und Leistungskürzungen“, falls es nicht gelingt, zusätzliche Einnahmen zu generieren oder durch „Desinvestitionen“ Ausgaben zu reduzieren. Vor diesem Hintergrund wird erwartet, dass Stuttgarts Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) und Finanzbürgermeister Thomas Fuhrmann am 20. März eine Liste mit Prioritäten vorlegen.

Besonders stark von den geplanten Einsparungen könnte das ehrgeizige Städtebauprojekt Rosenstein betroffen sein. Ursprünglich war vorgesehen, die durch den Bau des modernen Tiefbahnhofs Stuttgart 21 frei werdenden Gleisflächen in der Innenstadt für neue Wohngebiete zu erschließen: In diesem Kontext sollten Investitionen in Höhe von einer Milliarde Euro für die Infrastruktur und weiteren 650 Millionen Euro für Schulen fließen.

Auch der Neubau der Schleyerhalle, für den bislang grob kalkulierte 300 Millionen Euro veranschlagt wurden, steht auf der Kippe. Die Veranstaltungshalle, eine der größten und bekanntesten ihrer Art in Deutschland, befindet sich im Stuttgarter Stadtbezirk Bad Cannstatt.

Überinvestitionen in fragwürdige Projekte

Die Finanzkrise der Stadt Stuttgart ist zu einem erheblichen Teil hausgemacht. Trotz der seit Jahren absehbaren Haushaltsprobleme setzt die Stadt weiterhin auf kostspielige, ideologisch motivierte Investitionen.

Ein Beispiel ist die Umsetzung einer umfassenden Strategie zur Bekämpfung des vermeintlich menschengemachten Klimawandels. Auf ihrer Website rühmt sich die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen stolz ihrer „Erfolge“, die bereits fest im städtischen Haushalt für 2024/2025 verankert sind. So sollen „2 Millionen Euro in 2024/2025 für eine hitzeresistente Gestaltung und Ausstattung von zehn Stadt- und Quartiersplätzen“ bereitgestellt werden. Was genau damit gemeint ist, bleibt vage, offenbar sollen Plätze für die angeblich drohenden Extremtemperaturen „gewappnet“ werden, die laut Klimaprognosen in naher Zukunft auf Stuttgart zurollen.

Ein weiteres Vorhaben sieht 90 Millionen Euro sowie die Erschaffung 180 neuer Stellen für die Digitalisierung der Verwaltung vor. Während eine Modernisierung der Verwaltungsprozesse dringend erforderlich ist, wirft die Schaffung zahlreicher neuer Posten Fragen auf. Oft führt dies nicht zu mehr Effizienz, sondern zu der Errichtung eines zusätzlichen Bürokratieapparats, der weitere Vorschriften, Dokumentationspflichten und neue Hürden für Bürger und Unternehmen mit sich bringt.

600.000 Euro sollen zudem in die Einrichtung einer „Koordinierungsstelle für gemeinsames Wohnen“ fließen – ein weiteres Projekt, das wohl vor allem eines schaffen wird: eine neue Bürokratieinstanz mit zusätzlichen steuerfinanzierten Arbeitsplätzen.

Diese Beispiele sind nur ein kleiner Ausschnitt aus den kostspieligen Vorhaben, die die Stadt Stuttgart im Haushalt 2024/2025 vorantreibt. Angesichts der Haushaltsmisere kann man nur den Kopf darüber schütteln, welche Prioritäten hier mit den Steuergeldern der Bürger umgesetzt werden.

Sozialkosten explodieren

Zusätzlich belasten steigende Sozialausgaben und die Unterbringung von Flüchtlingen die Stadtkasse erheblich. Allein die Ausgaben für die Unterbringung von Migranten summierten sich im Jahr 2024 auf etwa 225 Millionen Euro, wie ein erster Zwischenbericht im Wirtschaftsausschuss der Landeshauptstadt am 8. November 2024 darlegte.

Doch diese Zahlen erfassen nur einen Bruchteil der tatsächlichen finanziellen Belastung, wie ein Antrag der CDU-Fraktion verdeutlicht, die eine vollständige Aufschlüsselung der Gesamtkosten für den Flüchtlingsbereich forderte.

Besonders kostspielig ist zudem die Unterbringung von rund 3.000 Flüchtlingen in Hotels, die Stuttgart für 2025 organisiert hat. Allein für Übernachtungen fallen in diesem Jahr über 55 Millionen Euro an, während weitere 20 Millionen Euro für die Versorgung mit Lebensmitteln (Catering) aufgewendet werden, berichtet die Bild.

Doch damit nicht genug: Auch für ungenutzte Flüchtlingsunterkünfte muss die Stadt weiterhin Miete zahlen. Eigentlich hätten bereits im Juli 2024 Menschen in die leerstehenden Unterkünfte einziehen sollen – doch das geschah nicht. Dadurch entstanden dem Steuerzahler Mietkosten von rund 1,1 Millionen Euro. Solche „Geister-Unterkünfte“ sind in Stuttgart kein Einzelfall: Schon in der Vergangenheit sorgte eine Flüchtlingsunterkunft für Schlagzeilen, die fast ein Jahr lang ungenutzt blieb – während die Stadt dennoch 1,6 Millionen Euro Miete für die leerstehenden Räumlichkeiten zahlte.

Besonders dramatisch ist zudem die Lage im Bereich der Sozialleistungen: Hier wurde für den Haushalt 2024/2025 eine zusätzliche Belastung von 107,9 Millionen Euro kalkuliert. Dieser Anstieg ist teilweise auf die hohe Zahl an Bürgergeld-Empfängern zurückzuführen, die Anspruch auf staatliche Unterstützung für Unterkunft, Heizung sowie Erstausstattungen für Wohnungen haben – Kosten, die von den Kommunen, in diesem Fall von der Landeshauptstadt Baden-Württembergs getragen werden müssen.

Fazit: Eine Stadt verpulvert ihre Zukunft

Stuttgart steuert finanziell auf eine Sackgasse zu – und das nicht nur wegen sinkender Gewerbesteuereinnahmen, sondern vor allem durch jahrelange Fehlplanung und fragwürdige Investitionen.

Während dringend notwendige Infrastrukturprojekte nun auf der Streichliste stehen, fließen Millionenbeträge weiterhin in ideologische Prestigeprojekte und eine aufgeblähte Bürokratie. Gleichzeitig explodieren die Sozialkosten, insbesondere durch die immense Belastung der Stadt durch die Unterbringung von Flüchtlingen, für die Millionenbeträge in leerstehende Unterkünfte und teure Hotelplätze versickern. Anstatt Prioritäten richtig zu setzen und Haushaltsdisziplin zu wahren, hat die Stadtführung ein finanzielles Fass ohne Boden geschaffen.

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Kommentare ( 12 )

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12 Comments
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Kaesebroetchen
4 Tage her

Stuttgarts Gewerbesteuern kamen überwiegend aus der Automobil- und Zulieferindustrie. Daimler, Porsche, Bosch, Mahle, Behr und so weiter. Dort ist es zappenduster. Viele Jahre wurde Stuttgart grün regiert, der in diesen Firmen gut verdienende Wähler wollte das so. Jetzt sind die Kosten explodiert, die Party ist vorbei und die Firmen verlagern wenn sie nicht schließen ins Ausland, sogar wie Stihl in die vermeintlich teure Schweiz. Der mittlere Neckar wird das neue Detroit, Gelsenkirchen am Neckar. Man hat das genau so gewollt.

littlepaullittle
5 Tage her

Erinnern Sie sich an den Slogan des Landes:
„Wir können alles. Außer Hochdeutsch.“
Nun ja, da scheint dann doch viel mehr im Argen zu liegen, als nur „Sprache“.
Das (vielleicht?) erfreuliche: Werden die Gelder fuer den Laenderfinanzausgleich auch ins bodenlose fallen ?

M. Stoll
5 Tage her

„Schlaraffenland ist abgebrannt“ ist leider nicht ganz richtig.
Auch wenn Deutschland für viele ein Schlaraffenland geworden ist, ist nichts umsonst. Die Rechnung bezahlen selbstverständlich andere für die leistungslosen Einkommen dieser Menschen.
„HochLEISTUNGsland ist abgebrannt“ trifft es eher.
Es war eindeutig Brandstiftung.
„Degrowth“ wurde von den Wählern bestellt, „Degrowth“ wurde geliefert.

thinkSelf
6 Tage her

„Darlehensaufnahmen in diesem Umfang verstoßen gegen die Kreditaufnahmevorschriften der Gemeindeordnung Baden-Württemberg“
Das lässt sich mit einem Federstrich ändern.
„Anstatt Prioritäten richtig zu setzen und Haushaltsdisziplin zu wahren, hat die Stadtführung ein finanzielles Fass ohne Boden geschaffen.“
„Richtig“ sind in einer Demokratie immer die Prioritäten, die der Wäher setzt. Und genau das tut die Lokalpolitik. Sie kann daher auch bei der nächsten Wahl mit Recht auf eine überwältigende Mehrheit setzen.

Kassandra
6 Tage her

Das Schuldendebakel geht ab EU aus – wenn man die Zahlungen an Institutionen wie nato, un oder who und Andere nicht ins Scheinwerferlicht stellen will. VdL, eh schon im Debit, will neue 10 Billionen, für die zum Großteil wie für alle anderen roten Zahlen die Deutschen haften. Gehts nach Berlin warten die nächsten Minuszahlen – auch ohne Merzens Clou. Dann die Länder, die Kreise und die Kommunen – wo man so gut wie nirgends auch noch eine Verwaltung findet, die ohne Missbrauch die Merkeljahre durchstand. Wo dann natürlich auch innerhalb all dieser „Behörden“ Missbrauch festzustellen sein wird. . Wir haben… Mehr

Sagen was ist
6 Tage her

Die META Führungsebene EU-Kommission hat auch schon die Lösung dieser
kleinen fiskalischen Problemchen in den EU Kleinstädten:

„Private Ersparnisse „mobilisieren“

Um diese fiskalischen „Not“-Wendigkeiten durchzusetzen bedeutet das konkret zB für die „Häuslebauer“ die Einführung einer Zwangshypothek.
Alles schon dagewesen bzw liegt auf Abruf in den Schubladen.
Ebenso wie ein allgemeiner „Lastenausgleich“.
Kann auf JEDE Form privaten Vermögens wie zB Renten/Pensionsansprüche ausgedehnt werden.
Gold?
Dessen Besitz wird unter Strafe gestellt usw.
Goldene Zeiten für den Fiskus
Nicht wirklich goldene Zeiten für den Steuerzahler

Michael Palusch
6 Tage her

Habe den Eindruck, dass der Autor ein wenig die Prioritäten verwechselt.
Klar, 2 Millionen für ideologischen Firlefanz hier, 600.000 dort, sind auch Geld was erst einmal aufgebracht werden muß -und Kleinvieh macht ja bekanntlich auch Mist- aber gegen die 224 Mio und 107 Mio € weiter unten, wirken diese Zahlen geradezu lächerlich.
Allerding, das zeigt ein Blick auf das Wahlergebnis, haben knapp 50% der Stuttgarter, die die für Grüne -Simone Peter gewann im WK Stuttgart I sogar das Direktmandat-, SPD oder Linke stimmten, mit den Zuständen offenbar überhaupt kein Problem

Last edited 6 Tage her by Michael Palusch
Kassandra
6 Tage her
Antworten an  Michael Palusch

Auch wenn nicht berichtet wird – aber man muss einbeziehen, welche Klientel dort inzwischen Wahlrecht haben wird. Laufen Sie auf der Königstraße erkennen Sie Stuttgart als Schwabenmetropole nicht mehr wieder, und das besonders in der Dunkelheit. . Die weiter ausufernden Kosten für ein mehr als anspruchsvolles Bauprojekt stadtmittig am Ende der Einkaufsstraße sind auch nicht in den Fokus gestellt. Und da ist auch für die Steuer zahlenden Bürger der Stadt noch lange kein Ende der Fahnenstange angesagt. Vielleicht bleibt es ja auch tatsächlich bei einem „unfertigen Projekt“, dieses Haltepunktbahnhofswunder der Neuzeit? Und jetzt haben sie nicht mal das Geld für… Mehr

Last edited 6 Tage her by Kassandra
thinkSelf
6 Tage her
Antworten an  Kassandra

Niemand wird gezwungen „steuerzahlender Bürger“ zu sein. Und der gemeine Stuttgarter eckelt sich nun mal vor jeder Art von Wohlstand. Weshalb er ja wählt wie er wählt. Und auch sonst sämtliche woke-grüne Projekte mit wachsender Begeisterung unterstützt.

WandererX
6 Tage her

Man – besser gesagt – frau:in verwaltet eben nur – herrschen (also regieren) ist ja ganz altmodisch und von vorgestern! Man entwirft zu Anfang Wunschkonzerte der eigenen politischen Träume – im unvermeidlichen Realen hechelt man dann der jeweiligen Notlage hinterher. Darüber kommen naturgemäß die Kosten außer Kontrolle. Und die Bevölkerung sieht diese Verwaltenden eher als ihre Diener und sich selbst als Herrscher, denn das Volk sei ja der Souverän und weist per Wahl die Verwirklichung der eigenen Träume an. Fazit: wir haben die grosse Verwirrung. Aber immerhin ist man im Stadtrat zur Korrektur und Streichung von unbezahlbaren Projekten nach wie… Mehr

Kassandra
6 Tage her

Gut zu wissen:
„Wir schaffen das“ dauert so um die 10 Jahre – und dann sind wir geschafft.
Gar nicht davon gesprochen, dass städtische Liegenschaften, die als Sicherheiten für Kredite den Banken quasi „vermacht“ sind, auch seit Zeiten dafür extra höher bewertet wurden, um den früheren Bankrott zu verschleiern.
Weiß eigentlich jemand, was aus den 250.000 Euro teuren Sonnenschirmen wurde? https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/stuttgart/neue-sonnenschirme-stuttgart-hitze-schatten-bringt-es-was-100.html
Und haben die Altvordern nicht vor solchem an solchen Stellen einfach, weit günstiger, Bäume gepflanzt, die Schatten spendeten?

Or
6 Tage her

„Vor allem die rückläufigen Einnahmen aus der Gewerbesteuer werden als Hauptursache für die finanzielle Schieflage angeführt …“

Da müssten doch die Grünen jetzt jubeln. Die Unternehmen meinen‘s und machen Ernst mit den CO2 Einsparungen. Eine jede Firma, die nix mehr produziert, emittiert auch keine klimaschädlichen Abgase mehr. Und es löst auch das Fachkräfteproblem.
Wie man sieht, ist grüne Politik ein voller Erfolg.