234 „Erstunterzeichnende“ träumen von einem „handlungsfähigen Staat“ – mit noch mehr Einfluss für Politik, NGOs und Stiftungen. Demokratie auf Augenhöhe? Hinter den wohlklingenden Phrasen von „Re:form“ steckt ein Elitenprojekt zur Selbstermächtigung.

Das haben sich die 234 „Erstunterzeichnenden“ (offenbar sind sie immer noch am Unterzeichnen?) so richtig toll vorgestellt. Zehn Tage nach der Bundestagswahl vom 23. Februar treten sie mit einem „Aufruf für eine mutige Staatsreform“ vor die Öffentlichkeit und zielen mitten hinein in die schwarz-roten Beschnupperungen. Das Ganze geschieht über die von der Stiftung Mercator geförderte Plattform „Re:form“, auf der es nur so wimmelt von Pionier:innen, Bürger:innen … Ach ja, „Mercator“: Das ist die Stiftung, die sich im September 2024 mit einer 30-seitigen „Analyse“ unter dem Titel „Die Migrationspolitik der Rechtspopulisten“ profilierte und sich – wohlgemerkt im September 2024 – nicht dumm vorkam, die längst sogar gerichtlich widerlegte Lüge von der „Remigrations“-Forderung des „Potsdam-Treffens“ vom November 2023 aufzutischen.
Ein „Re:form“-Aufruf mit 665 bedeutungsschwangeren Wörtern und Worten ist daraus geworden. „Nachtigall, ick hör dir trapsen“, würde der Berliner sagen. So lesen wir in dem Aufruf unter anderem folgende Passagen und Gedankenfetzen: „Damit Demokratie wirkt, muss auch der Staat wirken.“ „Es gibt eine hohe Übereinstimmung zwischen den demokratischen Parteien und einen ungewöhnlichen Konsens nahezu aller Fachexperten in der Sache.“ „Team Staat – die besten Köpfe … Zusammenarbeit auf Augenhöhe.“ „Wirkungsorientierter Einsatz staatlicher Ressourcen …“ „Der Staat arbeitet in Partnerschaft mit Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft …“
Man kommt aus dem Staunen nicht heraus
Wie bitte? Der Staat soll wirken? Welcher Staat? Ein totaler Staat? Ein Staat, wie ihn „demokratische“ Parteien unter Ausschluss von – je nach Bundesland – 25 bis 45 Prozent der Wähler definieren, also unter Ausschluss großer Teile des Souveräns? Souffliert von „nahezu allen Fachexperten“, die ihre Alimentation als professorale Beamte haben oder als staatlich geförderte NGOler am Tropf staatlicher Zuschüsse hängen? Getragen von den „besten Köpfen“ – also Leuten, die nie etwas im wirklichen Leben geleistet haben, keine oder dürftige Bildungsabschlüsse vorweisen, aber Ministersessel, Ministerlimousinen und Personenschutz als selbstverständlichen Lohn für Parteikarrieren betrachten?
Zusammenarbeit dieser Leute auf Augenhöhe? Wo doch auch Tabellenletzte und Absteiger irgendwie auf Augenhöhe sind! Alles in „Partnerschaft mit Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft“ – also mit Gruppen, die sich der Staat mit Milliarden Euro gefügig gemacht hat? Mit wirkungsorientiertem Einsatz staatlicher Ressourcen? Zum Beispiel mit Tausenden neuer Staatsstellen in Berlin und Brüssel? Mit Milliarden für einen Sozialstaat, der die ganze Welt zur gefälligen Selbstbedienung einlädt? Mit einer Gerichtsbarkeit und einem Rechtswegestaat, die beide die innere Sicherheit total hintanstellen? Grundgesetz und Gewaltenteilung ade? Nur mal so als Frage!
Heißer Tipp am Rande für TE-Leser, die unbedingt geduzt werden möchten: „Du möchtest diesen Aufruf auch unterzeichnen? Dann trage dich in das Formular ein und wir nehmen dich in dieser Liste unter ‚Weitere Unterzeichnende‘ auf.“
Man bleibt unter sich: die üblichen Verdächtigen
Als „Aufruf“ prominenter Erstunterzeichner (pardon: „Erstunterzeichnender“) kommt der „Re:form“-Text daher. Neun Bundestagsabgeordnete gehören dazu, von denen fünf dem neuen Parlament nicht mehr angehören. Von den neun wiederum gehören vier der CDU und je drei der SPD bzw. den „Grünen“ an. Nicht dabei sind AfD, FDP, BSW und „Linke“. Es gesellen sich außerdem zahlreiche Bürgermeister kleiner und großer Kommunen dazu. Unvermeidlich sind mit Udo Engelhardt ein Klimafolgenforscher und EU-Klimabotschafter, eine Daniela Schwarzer als Vorständin der Bertelsmann Stiftung, eine Katrin Suder als vormalige Staatssekretärin einer Verteidigungsministerin von der Leyen und eine Hildegard Wortmann als vormalige Audi-Vorständin und Erfinderin der Anrede „Audianer_innen“.
Den „Promi“-Gipfel bilden dann zwei Ex-Verfassungsrichter und zwei Ex-Bundesminister. Andreas Voßkuhle, Ex-Präsident des Bundesverfassungsgerichts, ist dabei. Mit dabei ist auch Susanne Baer, Ex-Richterin am Bundesverfassungsgericht, vormals Direktorin des Genderkompetenzzentrums der Humboldt-Universität Berlin.
Ja, und dann erst zwei Schwergewichte aus der Merkel-Ära als Initiatoren „für einen handlungsfähigen Staat“ – namentlich Thomas de Maizière (CDU) und Peer Steinbrück (SPD). Thomas de Maizière war von November 2005 bis Oktober 2009 Bundesminister und Chef des Bundeskanzleramtes, von Oktober 2009 bis März 2011 Bundesminister des Innern, von März 2011 bis Dezember 2013 Bundesminister der Verteidigung und von Dezember 2013 bis März 2018 erneut Bundesminister des Innern. Peer Steinbrück war von November 2002 bis Juni 2005 NRW-Ministerpräsident, dann von November 2005 bis Oktober 2009 Bundesminister der Finanzen.
Bei so vielen Gestaltungsmöglichkeiten, die de Maizière und Steinbrück hatten, fragt man sich, wie es kommen konnte, dass sich beide nun Sorgen um den Staat machen müssen. Oder drückt beide ein schlechtes Gewissen?
Sie müssenangemeldet sein um einen Kommentar oder eine Antwort schreiben zu können
Bitte loggen Sie sich ein
Alles was politisch, gesellschaftlich, wissenschaftlich und sonst was ist und sich links der AFD befindet, ist potentiell in der Lage zu den Erst-bis Letztunterzeichnenden solcher Pamphlete zu gehören.
Ein Weimar deja vu. Allerdings nur für die, die noch einen vernünftigen Geschichtsunterricht hatten. Das sind nur noch wenige. Die anderen wissen nichts mehr vom Papiergeld mit den langen Zahlen mit den unzähligen Nullen drauf. Eine Million Reichsmark oder noch mehr war da zu lesen, kaufen konnte man dafür nichts. Ich habe solche Scheine als Kind noch bestaunen dürfen.
Steinbrück, Voßkuhle hätte ich nicht erwartet. Wenn ich sogar diese Namen lese, wächst meine Besorgnis ins Unermessliche und mein Optimismus, ob einer gedeihlichen Entwicklung sinkt auf Null. Nein, ich glaube nicht mehr an eine gedeihliche Zukunft. Wenn doch, dann nur, nachdem es noch schlechter geworden ist, und noch schlechter, und noch schlechter. Sprich: nach der Katastrophe.
„234 „Erstunterzeichnende“ träumen von einem „handlungsfähigen Staat“ – mit noch mehr Einfluss für Politik, NGOs und Stiftungen.“ — Also, mir ist bisher nicht aufgefallen, dass wir bisher keinen „handlungsfähigen Staat“ gehabt hätten. Er, dieser unserer Staat, nötigte uns teure Energie auf, verursachte planvoll Bildungsschwächen allerorten, vernachlässigte systematisch die Landesverteidigung, versorgt uns der Steuerforderungen wegen mit Alpträumen, kümmerte sich liebevoll um die Vernachlässigung der Infrastruktur, achtete darauf, dass jeder Erdenbürger ohne jegliche Kontrolle unseren Staat bereichern konnte und weiterhin kann, sofern er nur das Wort Asyl aussprechen kann. Und nicht zuletzt, das Wegsperren in Zeiten der Pandemie liegt nicht Wenigen immer… Mehr
Die Sprüche, die spätestens seit Gify’s „Gute-Kita-Gesetz“ als Begriffsungetüme auffielen, entstammen wohl direkt aus der DDR-Zeit. Und komisch ist noch etwas: Ich kenne nun eben mal eine größere Zahl von Fachkollegen der Erdwissenschaften, und keiner macht bei dem Klimahype mit, aus fachlichen Gründen, und jetzt tummeln sich sogenannte Experten zu Tausenden in den Medien und in der Politik mit ihren Zuträgern. Alle diese „Experten“ vertreten ausnahmslos linke Thesen, meist sogar furchtbar dumme – Sozialismus ist per se nicht intelligent, wie die Geschichte zeigt. Kein einziger Kritiker, ich denke, kein einziger tatsächlicher Fachmann tritt auch nur irgendwo auf, weil er sich… Mehr
Als Duisburger verwehre ich mich gegen den Missbrauch des Namens Mercator, der ein großer Wissenschaftler und Geograph war, für dubiose und überflüssige Ziele.
Wenn da wieder als Eliten bezeichnet wird habe icgh damit die größte Probleme. „Wir Schaffen das“ Was diese Leute sich ausdenken und wollen ( die von Anderen leben und von Anderen selbst immer besser leben wollen) müsse Andere schaffen, die schwer Arbeitenden müssen es schaffen. Daß das so ist merken aber immer mehr und begeben sich auch auf die Seite, die von Anderen immer besser leben will. So müssen immer Weniger immer mehr verhalten und die die sich verhalten lassen spielen sich auch noch gegenseitig als „Elite“ hoch. Ist ja eigentlich auch so, Jedes das noch echt Arbeitet und mit… Mehr
Anscheinend hat es den „offenen Denkern“ in den Kopf geregnet, denn deren Aussagen beweisen, dass in ihren Gedanken ein Kurzschluß passiert ist: sie verwechseln ihre „unsere Demokratie“ von Autoritarismus und Tendenz zum Kollektivismus mit Demokratie und Selbstbestimmung.
Ich bin für Re:migration.
Susanne Baer???? Mit dieser „Dame“ hatte der Hadmut Danisch bekanntlich schwerste Probleme, siehe sein 2012er Buch „Frauenquote – Wie die Gender-Ideologie Politik, Wissenschaft, Recht und Verfassung unterwandert.“ Aus dem Klappentext: „Das Buch beschreibt die Denkweise, die Fehler, die Betrugsmethoden und die perfide Taktik der Gender-Ideologie und der feministischen Gleichstellungspolitik.“