Konstruktiv nach vorn: Die Positionierung für die post-woke Gesellschaft erfolgt jetzt

Auf der ARC-Konferenz in London wurde spürbar, dass sich der Wind dreht. Aber werden die nichtlinken Akteure rechtzeitig handlungsfähig sein? Dazu braucht es ein Umdenken: weg vom Problem, hin zur Lösung.

Parsons Media

Der deutsche Konservatismus liegt begraben unter einer undurchdringlichen Schicht aus Frustration, Stagnation und Passivität. Das ist nichts Neues, und es ist auch nicht verwunderlich. In anderen Ländern würden die anstehenden Wahlen potenziell zu einem Umsturz der derzeitigen Machtverhältnisse führen, in Deutschland hält die Brandmauer, weil Reichinnek, Haßelmann und ihre Verbündeten von Staats-NGOs und staatlichen Medien hysterisch und ausdauernd schreien, wenn sich jemand gegen ihren Willen wendet. Wo es einem Friedrich Merz gelingt, gegen jeden politischen Instinkt – von ehrlichen Überzeugungen wollen wir gar nicht sprechen – und gegen die allgemeine Stimmung die Gunst der Stunde lediglich zu nutzen, um überdeutlich und immer wieder zu sagen, dass sich unter seiner Ägide nichts ändern wird, verlischt das letzte Fünkchen Hoffnung auf eine konservative Renaissance.

Die Tagung der Alliance for Responsible Citizenship (ARC) in London, auf der über 4000 Teilnehmer aus 96 Ländern über eine globale Renaissance der westlichen Zivilisation diskutierten, hilft, den deutschen Frust in eine globale Perspektive zu setzen: Das, was Deutschland belastet, ist grundsätzlich kein nationales, sondern ein internationales Phänomen, wenn auch bestimmte erschwerende Parameter, wie etwa eklatanter Mangel an Risikofreude und ausufernder Pessimismus, vorrangig Deutschland betreffen.

Allein: Man könnte auf dem internationalen Parkett lernen, wie man die Probleme effektiver angeht. Denn der Wind dreht sich, langsam, aber spürbar. Da ist die Rede von J.D. Vance, der die Europäer im Grunde zwangsemanzipiert, sie dazu ermuntert, Herren ihrer selbst zu werden, und sich wieder wie Erwachsene zu benehmen, nicht wie Kleinkinder, die annehmen, dass das, was sie nicht sehen wollen, weg sei, sobald man die Augen davor verschließt.

Da wagt Milei in Argentinien den Versuch der radikalen Neuausrichtung von Staat und Institutionen – ein Beispiel, das zum Vorbild werden kann, wenn es gelingt.

Da ist Musk, dessen transhumanistischem Impetus man womöglich bald entgegentreten muss, der jedoch in seinem Kampf für die Meinungsfreiheit zunächst ein, wenn auch unzuverlässiger, Verbündeter ist.

Und da sind unzählige Initiativen im Kleinen, die bereits versuchen, einen Neuanfang zu ermöglichen.
Eine positive Vision ist schnell formuliert. Die Umsetzung aber ist entscheidend. Und diese wiederum hängt ganz entscheidend mit dem „Mindset“ zusammen, mit der geistigen Haltung, die man gegenüber den zu erwartenden Veränderungen einnimmt.

Nicht nur das respektheischende Rednerpanel der ARC-Konferenz, auch die allgemeine Stimmung unter den Teilnehmern und die selbstbewussten Vorträge machten deutlich, dass die Tage der links-konstruktivistischen Meinungshegemonie gezählt sind. Was sie ersetzen wird, darüber besteht keinesfalls Einigkeit im konservativen, noch viel weniger im „rechten“ Lager im weiteren Sinne, das, dank linker Agitation, mittlerweile alles rechts vom Marxismus-Leninismus umfasst, und teils aberwitzige Koalitionen von Atheisten und Christen, Libertären und Konservativen, Reaktionären und Radikalen erzwingt.

Panische Mahner, die in allem, was linken Ideologien widerspricht, „Rechtsextremismus“ am Werk sehen, und den in den eigenen Reihen gepflegten Autoritarismus auf alle anderen politischen Akteure projizieren, liegen in ihrer Annahme, es gäbe eine rechte Hegemonie, die der linken entspräche, in der gegenwärtigen Gemengelage falsch. Klar ist nur, dass die herrschende Ideologie ersetzt werden wird.

Angesichts der vielen Strömungen, die nun an Momentum gewinnen werden, ist von entscheidender Bedeutung, wie sich jene, denen sich nun wieder Gestaltungsräume öffnen, positionieren, und ob ihnen ein Umdenken gelingt: Der Opferhabitus des geschassten heterosexuellen Mannes, der seinen Posten für eine Frau räumen musste, der er zuvor zu tief in den Ausschnitt geschaut hatte, die kraftlos-wütende Klage über immer schlimmer werdende Zustände, und das Jammern darüber, dass die eigene Meinung kein Gehör fände (und wenn, dann nur durch den Bundesverfassungsschutz oder Meldestellen, mit den bekannten unerwünschten Folgen):

Das sind Haltungen, die zwar verständlich sind und auf realen Erfahrungen beruhen, mit denen man sich aber nicht als Lenker des Wandels erweist. Demensprechend häufig und dringlich war auf der ARC-Konferenz der Ruf danach zu vernehmen, den Opferstatus hinter sich, und keine (Selbst-)Viktimisierung zuzulassen:

Die Nichtlinken, gleich welcher Ausrichtung, können und müssen wieder einen konstruktiven Zugang zur Realität gewinnen, und zwar schnell, wenn sie die Zukunft prägen wollen. In Deutschland mag sich der Wandel komplizierter gestalten als anderswo: Hier sind die Demarkationslinien schwerer auszumachen, und Ziele häufig völlig unklar, während nicht nur Kompetenzen und Pragmatismus fehlen, sondern auch über Opportunismus hinausgehende ideelle Grundlagen, um überhaupt benennen zu können, wohin man mit dem endlich gekaperten Boot der öffentlichen Meinung oder gar der Regierungsverantwortung steuern will.

Der Wandel mag hierzulande auch länger dauern, weil die Wucht aller Veränderungen, die in den USA geschehen, hier verspätet ankommen, und so beispielsweise der Gipfel der Wokeness erst noch überwunden werden muss; und schließlich natürlich auch, weil in Deutschland das, was getan wird, mit einem teutonischen Fanatismus vorangetrieben wird, der ein flexibles Umdenken und Umlenken schwierig macht.

Der Wandel ist noch nicht da, aber jetzt ist die Zeit, um nicht mehr problem-, sondern lösungsorientiertes Denken zu implementieren, um handlungsfähig zu sein, wenn DOGE, „Afuera“ und der Niedergang der linken konstruktivistischen Agenda voll auf Deutschland durchschlagen werden.

Anzeige

Unterstützung
oder

Kommentare ( 17 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

17 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
Retlapsneklow
24 Tage her

Eigentlich kinderleicht, die konstruktivistischen Vorreiter mit ihren eigenen Waffen zu schlagen. Gleiches Recht für alle.

Das Ergebnis wäre allerdings nicht optimal, weil man dasselbe wie die Natur gar nicht konstruieren muss und auch nicht wirklich kann, so wenig wie das Gegenteil. Man will der linken Schöpfungshybris ja keine Konkurrenz machen sondern die vorhandene Schöpfung dankbar akzeptieren. Das tut auch der Gesundheit gut.

Alexis de Tocqueville
25 Tage her

„wenn DOGE, „Afuera“ und der Niedergang der linken konstruktivistischen Agenda voll auf Deutschland durchschlagen werden.“

Was nie passieren wird.
Deutsche hassen die Freiheit. Das war schon vor Merkel so. Nur deshalb ihr Erfolg. Man bedenke, dass „Volksverhetzung“ als Straftatbestand älter ist als die Grünen. Und dass es in Deutschland immer nur beschränkte „Meinungsfreiheit“ gab, nie aber unbeschränkte Redefreiheit.

Biskaborn
25 Tage her

Interessanter Artikel. Das Hauptproblem, die „ Nicht-Linken“ treten im Gegensatz zu den Linken, nicht geschlossen wirkmächtig auf. Bestes Beispiel die EU, hier sind die Konservativen eher zerstritten und so werden sie von den Linken natürlich nicht Ernst genommen. Was Deutschland betrifft, hier sind schon mal 80% der Wähler Links, es gibt nur eine Partei die „Nicht- Links“ ist, deren Anhänger nur 20% ausmachen , was soll sich hier also ändern?

Lafevre
25 Tage her

Jetzt können die Frauen in den (Führungs-) Positionen endlich zeigen, was sie können. Konstruktiv voraus.

Schmidtrotluff
25 Tage her

Ich bin mir sicher, die Menschen mit humanistischen Werten sind handlungsfähig. Alle neuen Mandatsträger, Verantwortlichen, Unternehmer und Politiker sind schon geboren und stehen für die anstehenden Aufgaben bereit. Es liegt in der Natur der Sache, dass die Propagandisten allen den Schneid abkaufen und spalten, wo es nur geht. Das dumme Gerede von rechts und links allein ist Schwachsinn. Es soll nur Feindbilder generieren. Es gibt nur richtiges oder falsches Handeln. Die Entscheidung lässt sich demokratisch treffen, wenn alle Teilnehmer ehrlich und reinen Herzens sind. Was ist denn das Besondere an den Treffen der Libertär- Konservativen ? Sie freuen sich, sich… Mehr

Raul Gutmann
25 Tage her

Es bedarf noch Jahre des wirtschaftlichen Niedergangs wie gesellschaftlicher Disruption im Alltag durch Kulturfremde bevor eine politische Kettensäge mehrheitsfähig sein wird.

Berlindiesel
25 Tage her

Das grundsätzliche Problem aller Nicht-Linken, gemeinhin, aber unzutreffend „Konservative“ genannt (weil man die Diskreditierung des Wortes „rechts“ durch die Linken goutiert und mitvollzogen hat) ist, daß sie durchweg Individualisten sind. Ihnen fehlt eine gemeinsame Agenda. Das ist nicht erst seit 1968, 1998 oder 2015 so. Im Deutschen Reich personifizierte der Kaiser das Einigende der Nation, wobei immer klar war, daß er als Monarch weder bürgerlich noch Demokrat war, aber eben konservativ. Das machte es den Sozialisten ja so schwer, ihren Frieden mit der Nation zu machen, so dass sie erst Ruhe gaben, als Bismarck sie mit den Sozialgesetzen kaufte –… Mehr

Salvian
25 Tage her

Dass die Brandmauer in Deutschland undurchdringlich und ein Abrücken von linker Ideologie mit der CDU definitiv unmöglich ist, kann ich nur bestätigen. Zur Zeit beweisen mir die täglichen What’s-App-Status-Regenbogen auf dem eigenen Smartphone: In diesem Land wimmelt es nur so von Leuten, die ohne jeden Hauch von Selbstkritik davon überzeugt sind, sie selbst seien die Anständigen und jeder Andersdenkende könne nur ein Nazi sein. Dass die Brandmauer mit parlamentarischen Grundsätzen unvereinbar ist, dass sie nachweislich den Gegner immer stärker statt schwächer gemacht hat und dass die Aushebelung demokratischer Regeln irgendwann dem Gegner in die Hände fallen könnte – bringt irgend… Mehr

Supersilent
25 Tage her
Antworten an  Salvian

„Seit den Erfahrungen der Corona-Zeit graut es mir vor meinem eigenen Volk.“
Sonntag Abend nach den ersten Hochrechnungen wird es mir noch viel mehr vor dem eigenen Volk grauen.

Wacht auf
25 Tage her

Die USA sind eine Nation, die an sich glaubt, die sich immer wieder neu erfinden kann, deren politische Strukturen es zulassen, radikale Änderungen schnell realisieren zu können, wenn die Mehrheit das will. Die Deutschen haben den Glauben an ihre Nation verloren – obwohl sie durch Wiederaufbau und Demokratie Großes geleistet haben. Deutschland ist intellektuell ausgelaugt, wen wundert es, bei der Indoktrination seit 1968 …

Eberhard
25 Tage her

Der Wind dreht sich? Die USA und ihre Lebensart wurden schon immer von den Deutschen bewundert. Leicht übersah man dabei auch die Schattenseiten einer uns völlig fremden großen Freiheit. Trotz allem wurde nicht nur dortige Politik, sondern auch alle Zweige des öffentlichen Lebens mehr und mehr übernommen. Leider damit, zumindest seit Merkel auch das dort überbordende woke Links als alternativloser Bestandteil deutscher Politik. Die große Freiheit für alles und jeden führte damit nicht nur in den USA, sondern auch in Deutschland zu einer völligen Verschiebung der Mitte immer mehr nach Links. Bedauerlicherweise ist nun mal Links kein Treiber für Wirtschaft… Mehr