Kritische Medien stören mächtige Politiker. Wie in Russland gegen sie vorgegangen wurde, beschreibt Dmitry Glukhovsky in seinem "Tagebuch des Untergangs". Die Instrumente, die in Russland verwendet wurden, gibt es auch im Westen.

Ab 2011 begann in Russland der Kampf gegen die regierungskritischen Medien. Im Westen beunruhigte das faktische Ende der Pressefreiheit in Russland damals niemanden. Putin war da noch der große Freund westlicher, sich heute als „Die Mitte“ bezeichnender Politiker. Wandel durch Handel war die Devise. Wie das aussah, haben Markus Wehner und Reinhard Bingener in „Die Moskau-Connection“ beschrieben.
Die Instrumente, die Russland nutzte, um gegen die freie Presse vorzugehen, wären auch in westlichen Ländern, die sich als demokratische Musterländer begreifen, durchaus verfügbar. Da wäre zum einen Diffamierung: Hier kam in Russland insbesondere der Vorwurf der Kinderpornografie zum Zug – ein Vorwurf, der gewöhnlich zu umgehender Vorverurteilung führt. Selbst wenn die Unschuld zweifelsfrei nachgewiesen werden sollte, bleibt die Reputation des Beschuldigten irreversibel beschädigt.
Unliebsamen Akteuren die Verstrickung in derartige Verbrechen anzulasten, stellt also ein zuverlässiges Mittel dar, um jene aus dem Diskurs zu nehmen und mundtot zu machen, unabhängig von den tatsächlichen Ergebnissen vonn Ermittlungen und Strafverfahren.
Ein anderes Mittel, über das mittlerweile viele Länder verfügen, auch in der EU, sind Gesetze gegen Volksverhetzung oder Hassrede.
In Russland wurde diesbezüglich sehr effektiv Paragraf 282 des russischen Strafgesetzbuches eingesetzt, um kritische Medien auszuschalten: Er richtet sich gegen das Schüren von Hass gegen bestimmte Bevölkerungsgruppen. Wer dabei an den deutschen Volksverhetzungs-Paragrafen denkt, der zurzeit immer weiter und weiter ausgelegt wird, liegt vermutlich nicht vollkommen falsch.
Hier zur Erinnerung ein kleiner Einschub über das, was Putin vor und nach 2011 unternommen hatte: 2008 führte Russland den Kaukasus-Krieg, 2014 wurde die Krim annektiert. All das änderte aber nichts an den Beziehungen der damals regierenden Politiker in Deutschland, der EU und den USA mit Putin.
Ganz im Gegenteil. Der damals noch einflussreiche WEF gehörte ganz maßgeblich zu den – heute wird der Begriff ausschließlich abwertend benutzt – „Putin-Verstehern“. 2017, während des St. Petersburg International Economic Forum (SPIEF) unterzeichneten die Roscongress Foundation und das WEF sogar noch eine Vereinbarung zur Zusammenarbeit. Seit 2018 beherbergt die Roscongress Foundation das Russische Haus, die offizielle russische Residenz während des Weltwirtschaftsforums in Davos.
Schwab wies damals darauf hin, dass zwischen dem Weltwirtschaftsforum und Russland seit vielen Jahren eine enge Zusammenarbeit bestehe: „Für mich war es immer wichtig, dass russische Vertreter an unseren Veranstaltungen in Davos teilnehmen. Das war für mich immer von besonderer Bedeutung […]. Unser Ziel ist es, wie Sie bereits erwähnt haben, die Zusammenarbeit zwischen Unternehmern und staatlichen Stellen zu stärken. Wir sind davon überzeugt, dass die großen Herausforderungen, vor denen wir heute stehen, seien es Klima- und Umweltprobleme oder Probleme des Wirtschaftswachstums, nur durch Zusammenarbeit, insbesondere auf globaler Ebene, gelöst werden können.“
“Brusselssignal” schreibt über die Putin-Verbindung des WEF: „1996 war aus vielen Gründen ein bemerkenswertes Jahr. Der Friedensvertrag für Tschetschenien wurde unterzeichnet […] und das UN-Tribunal klagte bosnische Muslime und Kroaten wegen Kriegsverbrechen an. […] Das Jahr markierte auch einen bedeutenden Moment in der russischen Geschichte, als der Davoser Pakt geschlossen wurde, ein dubioses Abkommen, das Wladimir Putins Aufstieg zur Macht begünstigte.
Rund 25 Jahre später ist Putin immer noch an der Macht. Aber, wie er selbst zugibt, wäre das alles ohne Jelzins Segen nicht möglich gewesen. Und ohne den Segen des WEF hätte Jelzin nie eine zweite Amtszeit bekommen. Indem er sich in das russische Wahlsystem einmischte, ebnete der ‚Mann von Davos‘ den Weg für Putin.
Dmitry Glukhovsky beschreibt in „Wir. Tagebuch des Untergangs“, wie in Russland ab dem Jahr 2011 kritische Medien systematisch ausgeschaltet wurden.
Aber lesen wir, was Dmitry Glukhovsky in „Wir. Tagebuch des Untergangs“, zum Vorgehen gegen kritische Medien schreibt und wie in Russland ab dem Jahr 2011 kritische Medien systematisch ausgeschaltet wurden.
- „Die Veränderung unseres Landes kam nicht über Nacht und nicht von selbst. Sie war ein schleichender Prozess, gesteuert von staatlichen und staatstreuen Medien, begleitet von vermehrter Propaganda und zunehmender Repression, bis irgendwann jedem in Russland klar war, wie man zu denken hatte und wie besser nicht.“
- „2012 wurde die Medienaufsicht Roskomnadsor zur zentralen Zensurbehörde Russlands. Formale Grundlage hierfür waren neue Gesetze, die die freie Meinungsäußerungen immer weiter einschränkten. Besonders erfolgreich waren einige Änderungen im föderalen Gesetz ‚über den Schutz der Kinder vor Information, die ihrer Gesundheit und Entwicklung schaden‘. Hinter denen die ‚Liga des sicheren Internets‘, eine Organisation des christlich-ortodoxen Geschäftsmanns Konstantin Malofejew, stand. De facto wurde so die Zensur legalisiert. Von nun an konnte Roskomnadsor Websites auf Sachwarze listen setzen und im Anschluss automatisch blockieren lassen.“
Die Liga des sicheren Internets hat im Westen Parallelen in den staatlich geförderten NGOs der sogenannten Zivilgesellschaft.
Aber lesen wir weiter, bei Glukhovsky.
- „Eines der erfolgreichsten Onlineprojekte war damals Vkontakte, kurz vk, ein nicht gerade regierungstreues soziales Netzwerk. Nach den Protestkundgebungen 2011 verlangte der Föderale Sicherheitsdienst der Russischen Föderation, FSB, also der Geheimdienst, von dessen Gründer und CEO Pawel Durow, die Konten von oppositionellen Gruppen zu blockieren, was dieser verweigerte. Daraufhin forderte Juli 2012 die quasi zivilgesellschaftliche Organisation „Ochotniki sa golowami“ (wörtlich: Kopfjäger), die wiederum ein Teil der national-orthodoxes Bewegung „Nadrodny sobor“ von Innenminister Kolokolzew, Durow wegen Verbreitung von Kinderpornografie anzuzeigen. Vk meldete drauf hin prompt, seine automatischen Filter hätten innerhalb von fünf Tagen „1.500 Videos mit Kinderpornographischen Inhalt gelöscht und 960 Accounts blockiert“.
Woher die Videos kamen, und wer sie wann hochgeladen hatte, wurde nicht mitgeteilt.
Aber weiter mit Glukhovsky:
- „2013 forderte der Generalstaatsanwalt vk solle Alexej Nawalnys Anikorruptionsgruppe sowie weitere Gruppen von Befürwortern des Maidan zu schließen und die persönlichen Daten der Mitglieder herauszugeben. Durow lehnte das ebenfalls ab.“
- „Im April 2013 kam Durow wegen eines Verkehrsunfalls vor Gericht, bei dem angeblich ein Polizist verletzt worden war. Vermutlich diente der Prozess aber nur dazu, ihn zum verkauf des Netzwerks zu nötigen. Tatsächlich gab Durow dem Druck nach und verliess Russland. Im Herbst 2014 kaufte die vom kremltreuen Oligarchen Alischer Usmanov kontrollierte mail.ru-Gruppe die Mehrheit von vk. Neuer CEO wurde Boris Dobrodejew, dessen Vater die staatliche Medienholding WGTRK leitet. Seither kooperiert vk mit dem russischen Innenministerium. 2018 untersuchte das Portal Projekt vk und kam zu dem Schluß, dass vk das Portal mit den meisten laufenden Strafverfahren in Russland ist. In den meisten fällen lautet der Vorwurf auf Extremismus nach § 282 teil 1 des russischen Strafgesetzbuches. Also angebliches Schüren von Hass gegen bestimmte Bevölkerungsgruppen.“
Das Vorgehen des russischen Staates gegen vk war exemplarisch. Die Werkzeuge liegen im Westen bereit. In den USA sind sie durch Trump momentan aus dem Verkehr gezogen worden.
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Was in Russland ist oder war oder nicht, spielt für mich keine Rolle. Putin wird von vielen „Intellektuellen“ gehasst, weil er eben auch viele Anhänger im Volk hat und deshalb nicht einfach gestürzt werden kann.
In Russland wird bei niemandem am frühen Morgen von der Polizei die Tür eingetreten, weil er nichts von Putin hält. Eine mehr oder weniger gleichgeschaltete „Qualitätspresse“ oder besser gesagt, Anti-AfD-Hetzpresse wie in Deutschland gibt es in Russland auch nicht. Die Methode, dass ein Regierungsvertreter am Morgen in der Redaktion erscheint und erklärt, worüber auf gar keinen Fall berichtet wird, ist inzwischen ein Markenzeichen vom Wertewesten.
Natürlich stoßen sich auch in Russland einige Leute am System gesund, seitdem man dort den Kapitalismus entdeckt und für gut befunden hat. Aber gefühlt ist es dort so, daß man wenigstens versucht, das „Volk“ mental zusammen zu halten. Das ist in Deutschland ganz anders. Hier regiert schon ewig das Kapital. Aber man versucht nun, das Volk zu zerstreuen, um nicht nur die monetären Schweinereien zu vertuschen! Und das mit großem Erfolg. Jeder gegen jeden ist die Maxime. Es herrscht bereits eine quasi staatlich/medial geförderte Anarchie, ohne daß sie beim „Regieren“ stört. Entdecke den Unterschied einer kurzen Hundeleine zu der, bei… Mehr
Der Kapitalismus hat sich – wie überall – auch in Russland nicht durchgesetzt, weil er eine winzige Minderheit superreich macht, sondern weil er der größten Mehrheit ein gutes, zumindest aber passables Auskommen ermöglicht.
Ich vergleiche nur die Systeme miteinander. Gegen den Kapitalismus habe ich nichts. Unterscheidet er sich doch vom Sozialismus dahingehend, daß im Kapitalismus jeder Einzelne Verantwortung übernimmt, während das im Sozialismus „der Masse“ überlassen wird und sich dann jedes Individuum darüber wundert, daß nichts voran geht 😉
Ähnlichkeiten mit dem heutigen Deutschland möchte ich aber nicht leugnen, wobei der Kapitalismus hier eher in ein zerstörerisches Laissez-Faire-Verhalten über gegangen ist, in dem nun jeder zusehen muß, wo er bleibt.
Naja, man kann eben nicht alles haben (wollen).
Und in Deutschland? Da weden die meisten Medien geschmiert oder ganz „vom Staat“ finanziert, darüber entscheoden die Jeweiligen Regierenden. Dem Parlamen, das eigentlich zu entscheiden hätte wird doch nur noch das wenigste vorgelegt. Und wie viele Medien gehören z.B. direkt der SPD?
Putin hat den Chef von Telegram nicht festgesetzt und ihn gezwungen eine Backdoor in seinen Messenger einzubauen.
Das war Macron.
Was sagt uns das?
Der Artikel klingt nach einem NATO-Propaganda Feigenblatt: Der böse Putin mal wieder. Dabei wird natürlich vergessen, dass in jeder zweiten EEA die in Deutschland ausgestellt wird, der Kinderporno-Paragraph gezogen wird, auch wenn der Fall überhaupt nichts damit zu tun hat. Aber damit ist es so schön einfach Bank- und Maildaten einzusehen.
Hat der Autor Angst, dass seine Rheinmetallaktien nicht mehr weiter steigen?
Solange die Medien wertefrei berichten und nicht Parteinahme ergreifen werden sie in der Regel auch nicht eingehegt, denn das geschieht erst, wenn man sich einseitig in Stellung bringt und von der Berichterstattung überwechselt zur Meinungsmache und damit fängt das Problem sowohl für die Regierenden, alsauch für die Medien an und es gibt durchaus noch Presseorgane, die sich eine gewisse Neutralität auferlegen, was aber nicht ganz einfach ist, wenn es mit der Erwartenshaltung des Konsumenten nicht unbedingt übereinstimmt. Schon der Satz, vielen Dank für ihre Einordnung bei einem bekannten Presseorgan ist verräterisch, denn sie sollen nicht einordnen sondern wahrheitsgemäß berichten und… Mehr
Ach du liebes Bisschen. Wenn ich etwas über die russiche Presse erfahern möchte, dann lese ich den Antispiegel.de . Der junge Mann übersetzt Artikel aus russischen Zeitungen und dabei geht es nie um Klima.
BILD(en) Sie sich ihre Meinung! Auch DIE WELT hilft ihnen dabei.
„Merz’ Milliarden-Bluff: Ein Geheim-Dokument belegt, dass die „Made for Germany“-Initiative ein PR-Stunt ist.“
Quelle: NIUS
Was ist denn kein Bluff? Die Berliner Realität, die ist traurige Gewissheit.
Während man seit Putin, in Russland auf wohlerprobte stalinistische NKWD „Kraft-Metoden“, „kriepki“ sezte, bevorzugte man in Deutschland wohlerprobte stalinistische NKWD „Methoden der geistigen Zersetzung“ durch „Korruption Bestechung und Käuflichkeit“ – eh entschuldigung „Förderung der freien Presse“ 😉 Methoden die auch SED „Mädchen“ Merkel sehr wohl erlernt hatte, an deren Anwndung sie niemand hinderte in Dutschland. So machte schon Sigmar Gabriel SPD einen „Freundschaftsbesuch“ in der FOCUS Redaktion. Seither ist FOCUS „sehr freundlich gestimmt“ Wohingegen „rechtsradikale Presse“ wie TE 😉 , Cicero, u.a. zu bekämpfen waren als „Staatspflicht“ 😉 Wobei das ausspionieren … eh „beobachten“ von Presse und Parteien durch den… Mehr
Na sowas. Ich hoffe nicht, dass diese Feststellung , nach der alle Machthaber in totalitaeren Systemen bzw zur Schaffung dieser Systeme vorgehen , die einen etwas sanfter als die anderen, überrascht. Man könnte hier sogar noch alle anderen relevanten ( oeffentliche )Bereiche dazunehmen , wobei manche nicht nur in Russland am Ende sogar noch freier sein könnten als in Schland. Die Kontrolle und der Einsatz der Medien ist nun wirklich Standard. Offenbar ist die Transformation in Schland und anderen Teilen des Wertewestens noch nicht ueberall verstanden worden. Allerdings macht es das hiesige Regime, ein gutes Regime, nur fuer uns ,… Mehr