Die Hauptstadt will die Silvesterparty am Brandenburger Tor nicht mehr subventionieren. Doch die „Zivilgesellschaft“ hat sich so sehr an staatliche Hilfe gewöhnt, dass sie ohne Steuergeld nicht einmal ein Straßenfest hinbekommt.

Wer in dieser Nacht dabei war, wird sie nicht vergessen. Der 31. Dezember 1989 in Berlin war etwas Großes. Knapp zwei Monate vorher war die Mauer gefallen, und mit ihr gleich die ganze DDR. Jetzt feierten Ossis und Wessis gemeinsam die Ankunft des neuen Jahres – und einer neuen Zeit. Jedenfalls hoffte man das damals.
Nach gut 28 Jahren wurde das schändlichste Bauwerk der deutschen Nachkriegsgeschichte zum Ort einer gigantischen Silvesterfeier. Die Polizei schätzte, dass eine Million Menschen zur Mauer am Brandenburger Tor pilgerten. Die Leute kamen ohne Einladung, aus eigenem Antrieb. Niemand hatte die Party organisiert, streng genommen erfüllte sie sogar den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit.
Egal. Das Volk, das damals noch nicht Zivilgesellschaft hieß, wollte spontan feiern. Also wurde gefeiert. Die beiden Staaten, die es damals formal noch auf beiden Seiten der Mauer gab, durften bestenfalls zuschauen. Stören durften sie nicht, und gebraucht wurden sie schon gar nicht.
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Der 31. Dezember 2025 in Berlin wird anders. Die Hauptstadt ist bekanntlich so pleite, dass sie ihre Kernaufgaben trotz einer astronomisch hohen Neuverschuldung einfach nicht mehr erfüllen kann. Jetzt muss sie das tun, was der Senat – wie die Landesregierung hier heißt – seit Jahrzehnten systematisch vermieden hat: Sie muss sparen.
Also hat der Regierende Bürgermeister Kai Wegner entschieden: Die große Silvesterparty am Brandenburger Tor wird ab sofort nicht mehr subventioniert. „Es ist meiner Meinung nach nicht Aufgabe der Steuerzahler, solche Veranstaltungen mitzufinanzieren“, sagt der CDU-Politiker.
Die Feier wird seit Jahren von einem privaten Unternehmen veranstaltet, der „Berlin feiert Silvester GmbH“, kurz BfS. Sie bekam zuletzt immer recht viel Geld vom Zweiten Deutschen Fernsehen (ZDF), das die Party live übertrug. Dazu floss Geld aus der Stadtkasse, und zwar nicht eben wenig.
Landeseigene Gesellschaften mieteten Werbeflächen an und zahlten dafür zwischen 500.000 und einer Million Euro. Zusätzlich gab es zum Beispiel 2024 einen direkten Zuschuss der Berliner Wirtschaftsverwaltung in Höhe von 300.000 Euro. Und noch weitere Senatsbereiche haben sich dem Vernehmen nach an der Finanzierung der – zur Erinnerung: von einer privaten Firma veranstalteten – Feier beteiligt.
Der Senat sieht sich allerdings außerstande, eine Gesamtsumme der Subventionen für die Silvesterparty zu nennen. Berlin eben. Man gibt sehr viel Geld aus, weiß aber einfach nicht immer, wie viel genau und wohin. Sicher ist nur: Nun gibt es kein Geld mehr. Die BfS GmbH hat deshalb für 2025 die Feier abgesagt.
Jetzt ist das Geschrei groß. Nur: warum eigentlich?
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Wer an eine Kreuzung kommt, an der die Ampeln ausgefallen sind, der erlebt – ob als Fußgänger oder als Fahrradfahrer oder mit dem Auto – heutzutage immer dasselbe: Chaos. Die Verkehrsteilnehmer sind ohne Lichtzeichenanlage völlig aufgeschmissen und nicht in der Lage, den Verkehrsfluss in einem Akt der Selbstorganisation aufrechtzuerhalten.
Das passiert, wenn Bürger sich daran gewöhnen, sich auf den Staat zu verlassen: Sie verlernen, selbstständig zu handeln.
Fairerweise muss man anmerken, dass viele deutsche Unternehmer ebenfalls nur allzu gerne nach der Regierung rufen, wenn sich ihr Geschäftsmodell als nicht mehr ganz so tragfähig erweist. Das derzeit unrühmlichste Beispiel gibt der Medienvorstand des Burda-Verlags, Philipp Welte. Er und seine Branche haben zunächst die Digitalisierung komplett verschlafen und im Internet so ziemlich alles falsch gemacht, was man nur falsch machen konnte. Jetzt schreien sie nach dem Staat, der nur für sie doch bitteschön die Mehrwertsteuer senken solle.
Das sind dieselben Leute, die Jahre und Jahrzehnte lang das Hohelied auf die freie Marktwirtschaft gesungen und Subventionen (bei anderen, wohlgemerkt) strikt abgelehnt haben – zu einer Zeit, als das Verlagsgeschäft noch eine Lizenz zum Gelddrucken war.
Für den Staat – oder besser: für die ihn dominierenden Berufspolitiker – ist das alles maximal bequem. Man nimmt Steuergeld, also das Geld anderer Leute, und lässt es auf ausgewählte Nutznießer regnen. Auf deren Dankbarkeit kann man dann ziemlich sicher zählen. So kauft man sich Zustimmung und Stimmen.
Der passende Begriff dafür ist: merkantile Demokratie.
Wenn die Subventionen nicht mehr regnen, weil denen da oben das Steuergeld ausgeht, dann passiert dasselbe wie auf einer Kreuzung, an der die Ampeln ausgefallen sind: Nichts geht mehr – weil keiner mehr weiß, wie man ohne die Unterstützung des fürsorglichen Staates selbst etwas auf die Beine stellen kann.
Aber natürlich kann man eine Silvesterparty auch ganz ohne Staatsknete feiern. Und natürlich kann man sich für „Unsere Demokratie“ auch ganz ohne Staatsknete engagieren. Man muss es nur wollen.
Das nennt sich dann Bürgersinn, und es ist so ziemlich das Gegenteil der „Zivilgesellschaft“.
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„Und noch weitere Senatsbereiche haben sich dem Vernehmen nach an der Finanzierung der – zur Erinnerung: von einer privaten Firma veranstalteten – Feier beteiligt.“ Da fragt man sich doch unwillkürlich (allerspätestens nach den Erfahrungen mit dem Graichen-Clan), welche Mitarbeiter aus den Senatsbereichen „zufällig“ einen Onkel, Cousin, Bruder oder was auch immer bei der „privaten“ „Berlin feiert Silvester GmbH“ hat? Zufälle soll es ja geben…
Berlin wurde, also Berlin West, wurde von den Alliierten in der BRD mit Sonderstatus nach 1945 gepampert, wegen seiner Stellung als Stadt im Herrschaftsbereich der Sowejtunion. Aber auch Ostberlin wurde auf Kosten der DDR Bewohner bevorzugt behandelt. Im Prinzip hat man dies nach 1990 nicht geändert. Warum nicht keine Ahnung, aber es war ein Fehler, wie soviel der Zeit. Leider ist die deutsche Politik nicht fähig Fehler zu korrigieren. Sie verschlimmert Fehler immer immer weiter. Eine andere Frage, die Leute, die Steuerzahlergeld von der Regierung für “Unsere Demokratie” Kampagnen bekommen und davon leben, würden diese Leute immer noch als Lautsprecher… Mehr
Wozu auch? Das Ganze ist doch ausgeartet zu einer Orgie von Bekloppten, seit die fröhliche Feier am Tor kommerzialisiert wurde. Will man wirklich Slalom zwischen Betonbarrieren, Absperrungen, Grapschern, Vergewaltigern und idiotischen Böllerknallern laufen? Haben die Menschen wirklich noch so viel Lust darauf, völlig überteuerte Burger, Pommes und Alkohol zu kaufen? Und die Bühnenshows mit abgehalfterten Sternchen der Musikgeschichte, präsentiert von ebenso abgehalfterten Moderatoren, sind das Spiegelbild dafür, wie sehr Deutschland im gestern stecken geblieben ist und sich fleißig weiter rückentwickelt. Wir waren zweimal an Silvester dort. Ist Jahre her. Das erste Mal war noch gut und dann fingen die Beschränkungen… Mehr
Staatsknete, Länderfinanzausgleich, kronisch Pleite, Unvermögen wohin man schaut. Wird Zeit komplett anders zu denken.
Nach über 30 Jahren Wiedervereinigung ist ein Stadtstaat Berlin nur noch Anachronismus!
In keinem Land der Welt ist die Haupstadt ein eigenes „Bundesland“, sondern in der Region integriert in der sie liegt. Also, Eingliederung Berlins in Brandenburg, dann können die unsäglichen Berliner Landespolitiker endlich mit dem Scheisshausbesen aus der Stadt vertrieben werden.
Schöpferische Zerstörung von Schumpeter auf die Politik übertragen.
Berlin + Knete
Ist so!
War immer so!
Soll es so bleiben?
Nein!
Lassen wir dieses „Bärlin“ einkochen im eigenen Saft, in seinen eigenen Fäkalien.
Wohnsitzwechsel der „Bären“, Alt, Frisch, Westasiaten, fallen weg.
Liebt euch, ihr kleinen Racker!
Wunderbar – sie/er/es/nonbinär im Schnellkochtopf – ihre Erfüllung!
Die pyrotechnisch begeisterten Fachkräfte aus dem Orient werden schon etwas auf die Beine stellen. Auch die Antifa verstehet sich auf Feuerwerk… leider verwendet sie dabei gerne die Autos anderer Leute und sonstiges Fremdeigentum. Und, bei klimabewußten Linken ist Feuerwerk ohnehin nicht gut gelitten.
Mir würde der Länderfinanzausgleich einfallen, den man auch streichen könnte.
Dann ist Schluss mit der Partie in dem Shithole
Ein simpler Jahreswechsel, wie er überall auf der Welt stattfindet und
gefeiert wird, wird im Bundeshauptslum zur Staatsaffäre !
Da wird ein Bimborium gemacht als sei dieses Drecksloch der Nabel der Welt.
Weshalb soll der Steuerzahler die fröhliche Feier von anderen zahlen ?
Allein die Idee ist absurd.
Wer sich so eine Feier nicht leisten kann, der soll zu Hause bleiben .
Was geht mich deren wehklagen
an ?
Was ich schon immer unpassend empfinde, die Standartbegrüßung :
“ Hallo Berliiiin….“ und der Rest der Zuschauer des Landes? Zählt nicht und wird auch nicht begrüßt, obwohl die Feier und das meiste in dem Pleite-Berlin von anderen bezahlt wird.
Ich könnte mir eine Silvesterfeier auch in jährlich wechselnden Städten vorstellen. Nur die Sicherheitslage ist leider überall ein Problem – armes Deutschland.
Komisch. Manche Veranstaltungen scheinen immun gegen Anschläge zu sein. Vom 01.08. bis zum 03.08. gibt es CSD-Paraden in Hamburg. Und gefühlt einmal im Monat Radrennen, oder Marathon.
Was können die Veranstalter hier, was die in Berlin nicht können?
Kann es sein, daß eine schnöde Silvesterpartie nicht ins politische Narrativ passt? Also, daß „man“ ein schwuler Marathonläufer ist, der auch gerne Fahrrad fährt…
Vielleicht würden ja Regenbogen-Silvester-Raketen noch umstimmen.
Ich erwarte, dass sich noch ein kleines Sondervermögen findet..Wer freiwillig noch mehr Fachkräfte aufnimmt als lt. Bundesschlüssel nötig, wird wohl noch ein paar Steuer-Teuronen finden um die schon länger hier Lebenden nicht über Gebühr zu vergrätzen.