Bayern führt Wassercent ein

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder zieht die Öko-Karte. Ab 2026 wird es auch im Freistaat eine Abgabe auf die Entnahme von Grundwasser geben. Eine weitere Steuer im Höchststeuerland Deutschland.

Imago/ Sven Simon

Ab dem 1. Juli 2026 bittet der Freistaat Bayern seine Bürger mit einer neuen Abgabe zur Kasse – zumindest jene, die dem Boden Grundwasser entnehmen. Mit dem sogenannten „Wassercent“ erhebt die Staatsregierung künftig 10 Cent pro entnommenem Kubikmeter Wasser. Offiziell soll damit der Wasserschutz gestärkt und ein „nachhaltiger Umgang“ mit der Ressource gefördert werden. Mit der neuen Abgabe werden künftig Wasserversorger, Wasserzweckverbände, Unternehmen, industrielle Nutzer und auch private Brunnenbesitzer sowie die Landwirtschaft belastet.

Zweckgebundene Abgaben wie der Wassercent haben in Deutschland eine lange – und aufgrund ihrer Überlebensinstinkte beharrliche – Tradition. Man denke an die Schaumweinsteuer zur Finanzierung der kaiserlichen Flotte unter Kaiser Wilhelm II. Diese ist trotz mehrfacher politischer Regimewechsel in Deutschland bis auf den heutigen Tag erhalten geblieben. Merke: Steuern sind politische Monolithe, die jeder Mode und jedem Unwetter trotzen.

Noch ein Beispiel gefällig? In den 1980er-Jahren wurde der sogenannte Kohlepfennig eingeführt – ein Aufschlag auf den Strompreis, mit dem der heimische Steinkohlebergbau künstlich am Leben gehalten wurde. Auch damals wurde der Bevölkerung diese Sonderabgabe als notwendig für die Versorgungssicherheit und den Strukturwandel verkauft – mit zweifelhafter Wirkung, da die Dauersubvention zu einer wahren gesellschaftlichen Versteinerung der Kohleregionen in der Bundesrepublik beitrug.

Wanderzirkus Steuerpolitik

Nun geht es also ums Wasser. Privathaushalte werden die Abgabe über die kommunalen Wasserversorger tragen – rund 4 bis 5 Euro pro Person und Jahr, also etwa 20 Euro für eine vierköpfige Familie. Unternehmen und Einrichtungen erhalten einen Freibetrag von 5.000 Kubikmetern pro Jahr, erst bei höherem Verbrauch wird der Wassercent fällig. Ausnahmen gelten für Wasser, das etwa für Vieh in landwirtschaftlichen Hofbetrieben, für die Feuerwehr, zum Kühlen, zur Fischerei oder zur Erzeugung erneuerbarer Energien genutzt wird (natürlich!). Nicht befreit wird die Bewässerung landwirtschaftlicher Flächen.

Prinzipienlosigkeit
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Zwischen Juli und Dezember 2026 erfolgt eine erste Abrechnung, ab 2027 dann jährlich. Eine Zählerpflicht besteht zunächst nicht, eine formelle Glaubhaftmachung zur Abrechnung genügt. Die prognostizierten Einnahmen von rund 80 Millionen Euro sollen Wasser-, Trinkwasser- und Hochwasserschutzmaßnahmen zugute kommen.

Mit dem Schritt zieht Bayern nach – 13 Bundesländer kassieren bereits eine solche Wasserabgabe. Kritik kam vor allen Dingen aus der Landwirtschaft. Landwirtschaftliche Interessenvertretungen protestierten in der Vergangenheit immer wieder gegen eine allgemeine Wasserabgabe, insbesondere gegen Zahlungen für die Bewässerung landwirtschaftlicher Flächen. Im Wesentlichen beklagten die Landwirte zusätzliche Kosten und weiteren Bürokratieaufwand. Zudem wird bemängelt, dass die steigenden Preise am Ende auf die Verbraucher umgelegt werden müssten.

Wellenreiter Söder

Aber Politik operiert heutzutage in ihrer eigenen Echokammer, die Kritik konsequent übertönt. Zudem klingt Umweltschutz immer gut, fühlt sich politisch gut an und bedient den Zeitgeist. Und Markus Söder ist ein Politiker, der jede populistische Welle reitet, die ihm einen vermeintlichen Nutzen bietet. Mit seinem Vorstoß, den Bayern künftig Geld zur Nutzung von Grundwasser aus der Tasche zu ziehen, dürfte er sich allerdings nur wenige neue Freunde machen.

Fünf neue Steuern in der EU
Brüssels Beutezug: EU-Kommission forciert neuen Abgabenhammer
Deutschland befindet sich ökonomisch im Absturz. Immer neue Abgaben, wie die Erhöhung der Maut, der Mehrwertsteuer im Gastro-Bereich, der CO2-Abgaben oder der Grundsteuern, die dem Steuerzahler im vergangenen Jahr aufoktroyiert wurden, sorgen für erhebliche Missstimmung in der Bevölkerung.

Sicher, Befürworter dieser Abgabe werden argumentieren, dass sie bereits in 13 anderen Bundesländern existierte, aber macht es die Sache dadurch besser? Auch das ewig junge Argument des Umweltschutzes greift an dieser Stelle nicht. Gerade in Deutschland und in der Landwirtschaft herrschen bereits die höchsten Umweltstandards, wird auf den sorgsamen Umgang mit Land und Natur geachtet wie in kaum einem anderen Land auf dieser Welt. Nein, hierbei handelt es sich um die nächste Pforte zur fiskalischen Belastung, die sich der Staat hier öffnet.

Türöffner für weitere Abgaben

Söder bietet uns ein gutes Beispiel für die gängige Strategie zur Erschließung immer neuer Finanzierungsquellen eines nimmersatten Staatswesens. Zu Beginn des Prozesses wird eine neue Abgabe identifiziert. Im Idealfalle handelt es sich um die Besteuerung einer Ressource, auf die der Bürger nicht verzichten kann. Ihre Nutzung wird medial in einen Schuldkomplex eingewoben – das kennen wir aus der Klimapolitik und der fatalen CO2-Besteuerung, die das Land ökonomisch paralysiert.

Das Drehbuch bleibt sich im Prinzip stets gleich. Zunächst wird die Steuer als fiskalische Bagatelle eingeführt. Es ist von vier oder fünf Euro Kosten pro Kopf die Rede – vielleicht erinnern Sie sich an die berühmte Kugel Eis, die uns die grüne Transformation jedes Jahr kosten sollte –, um dann später in die Phase des Aufkochens der Abgabenlast überzugehen. Dann beginnt die eigentliche politische Erntezeit.

Wäre Söder ein guter Ministerpräsident, hätte er sich im Sinne des Umweltschutzes für den Erhalt der Kernkraft als ökologischste Energieform stark gemacht – anstatt fadenscheinig neue Steuern zu säen. Er hätte damit Wirtschaft und Verbrauchern einen großen Dienst erwiesen und zugleich Rückgrat in einem schwierigen politischen Umfeld bewiesen. Aber das ist von einem Politikertypus, der jede politische Modewelle surft, nicht zu erwarten.

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Kommentare ( 71 )

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Peter Gramm
4 Tage her

Warum immer mehr Abgaben und Steuern erheben. Es gäbe ja auch die Möglichkeit die fürstlichen Entlohnungen im öffentlichen Dienst zu reduzieren. In der freien Wirtschaft geht dies doch auch. Diese althergebrachte Fürsten – Straßenräuber – und Wegelagerermentalität ist zu hinterfragen. Man kann sich halt nicht alles leisten. All diejenigen die großkotzig auf Steuerzahlerknete segeln haben den Bezug zur Realität längst verloren. Sie lösen keine Probleme, sie sind das Problem.

AlexR
5 Tage her

Ich erwarte in kürzester Zeit, dass Bananistan eine Pupssteuer einführt. Dazu wird eine Kommission eingerichtet, die die tägliche durchschnittliche Anzahl Flatulenzen eines „normalisierten“ Bürgers bestimmt und der „Pupscent“ pauschal auf die Abwassergebühren erhoben wird.

Beamte werden nicht erfasst und sind von der Steuer befreit. Für den Klimaschutz wird der Dienstherr des Beamten aus Steuergeldern die Zahlung eines „Furzsolis“ übernehmen.

Abgeordnete des Bundes- und der Landtage können vergleichbar der Abrechnung ihrer Reisekosten frei und ohne Abrechnung pupsen.

Als nächstes Bundesland wird „The Länd“ diesen Wassercent einführen wollen! „Wollen“! Mal sehen …

Last edited 5 Tage her by AlexR
Ernst K.
5 Tage her

In Zeiten von Starkregen einen Wassercent anzukündigen, ist mehr als mutig. Ob seine Beliebtheitswerte in Bayern abstürzen, bleibt abzuwarten. Wenn nicht, ist das Weißwurstvolk genauso dämlich wie der Rest der Republik.

Aboriginal
5 Tage her

Zum Wassercent soll dann noch eine Sonderabgabe für die Bereitstellung von Reservekraftwerkskapazitäten auf den Strompreis kommen. Steuern und Abgaben so weit das Auge reicht. Ich könnte kotzen und Merz beschwört den Optimismus der Bevölkerung. Ich möchte wissen wie der die Realität ausblendet.

Edward S.
5 Tage her
Antworten an  Aboriginal

Mit einem angeblich nicht allzu teuren Wein, finanziert durch Sie!

Ernst K.
5 Tage her
Antworten an  Aboriginal

Was wollen Sie denn, wenn bundesweit 80% den Abkassier-Parteien ihre Stimme geben?
Der Wähler ist halt mehrheitlich verblödet, und ehe sich da was ändert, muß es erst noch viel schlimmer werden.

Klaus D
5 Tage her

Der nächste Griff in die Tasche….in wessen tasche?! Viele fragen sich wie das alles passieren konnte und oder immer noch möglich ist siehe auch artikel. Im grunde ist das ganz einfach sprich um die 50-60% kommen mit +-0 oder gewinn bei der ganzen sache raus – oder können sich ihres guten jobs sicher sein auch wenn sie was weniger in der tasche haben. Darum hat diese politik der MITTE auch schon lange und immer noch die meisten wähler. Wer würde denn schon gerne verzichten und oder seinen sicheren job verlieren wollen? Würde ich als beamter eine partei wählen die das… Mehr

Dietrich
5 Tage her

Wasser ist ein Menschengut. Es dürfte überhaupt nicht versteuert werden. Lediglich die Förder- und Anwasserkosten sollten angesetzt werden. Das war es. Denkt der Söder, er wäre Gott? Wahrscheinlich ja, wie viele Politiker.

AnSi
5 Tage her

Für mich ist das ganz klar nur eine Erhöhung der Beamtenzahl, denn man braucht ja jetzt wieder Personal, welches die Steuer eintreibt und verwaltet. Hinter diesen 10 Cent pro Kubikmeter steckt ja ein Mitarbeiter im Amt, der das kontrollieren muss, Schriftverkehr hier und da… Typisch deutsch eben.

HansKarl70
5 Tage her

Ist doch alles ausführlich schon lange bekannt. Der deutsche Wähler will es doch so. Solange es sich nur um Cent-Beträge handelt, den Euro dahinter sieht er ja nicht, hat der Deutsche doch nichts dagegen und zahlt gerne. Siehe Schaumweinsteuer.

Last edited 5 Tage her by HansKarl70
giesemann
4 Tage her
Antworten an  HansKarl70

Ich jedenfalls sauf lieber Schampus als Wasser … . Am liebsten Moté Changdong (Briefe in die chinesische Vergangenheit ist ein Briefroman von Herbert Rosendorfer, der im Jahre 1983 erschien und bald zum Bestseller wurde).
1963 legte er das Zweite Staatsexamen ab, ab 1965 arbeitete er als Gerichtsassessor und Staatsanwalt in Bayreuth, 1967 wurde er Amtsrichter in München. Ab 1993 war er Richter am Oberlandesgericht Naumburg.

Sonny
5 Tage her

Man muss ja geradezu in Ehrfurcht verfallen, wenn man sich die führenden Politiker der Altparteien so anschaut.
markus söder jedenfalls sticht da absolut heraus und sollte für einen „Oscar“ vorgeschlagen werden. Seine schauspielerischen Leistungen übertreffen die der Vielzahl an Darstellern im öffentlich-rechtlichen Vorabend-Serienprogramm für banale Ablenkungsunterhaltung bei weitem.
Mal sehen, wofür demnächst n o c h mehr zusätzliche Steuern verlangt werden. (Das Thema sollte sich auf jeden Fall an der schwarzrotgrünen Politik ausrichten.)
Zusatzsteuer für den mehrfachen, täglichen Gang zur „Schüssel“ vielleicht? Wer mehr als einmal geht, gehört zur Kasse gebeten.

Nibelung
6 Tage her

Gute Idee von Leuten, die unser Geld verplempert haben und nun nach neuen Quellen sehen müssen und ein Verbesserungsvorschlag gleich dazu, die Luft zu besteuern, denn das hat Sinn und wer nicht spurt, dem dreht man sie ab und das muß doch jeder verstehen, wenn er in unseren „Demokraten“ noch was gutes erkennt und das alles sind die erkennbaren Zeichen des Untergangs, wenn auch nicht ausgesprochen, aber bereits vorhanden. So langsam gehen sie den Bürgern ans Eingemachte auf unterster Stufe und irgendwie kommt es einem bekannt vor, wenn man auf die Geschichte blickt, denn Not macht erfinderisch und hätten sie… Mehr