Landtagswahl 2024 in Sachsen: Die Wahl, die bislang keiner prüft

Sachsens Landtagswahl wirft Fragen auf: Warum gab es am Wahlabend des 1. September 2024 kurz vor Mitternacht eine digitale Veränderung von rund 45.000 Stimmen zugunsten von Grünen, SPD und Linken? Die Verfassungsbeschwerde wurde jetzt angenommen.

IMAGO / EHL Media

Die Landtagswahl in Sachsen am 1. September 2024 hat ein brisantes Nachspiel. Das am Wahlabend sprunghaft noch digital veränderte Ergebnis beschäftigt jetzt sogar das Landesverfassungsgericht Sachsens. Es geht am Ende womöglich um eine neue Sitzverteilung im Landtag zu Lasten von Rot-Grün und zugunsten von CDU und AfD.

Laut Tichys Einblick vorliegenden Dokumenten richtet sich eine Verfassungsbeschwerde vom 20. Juni gegen die Zurückweisung zweier Wahleinsprüche zur Landtagswahl. Die Beschwerdeführer rügen eine mathematisch belegte Abweichung von mindestens 45.068 Stimmen, die die Sitzverteilung im sächsischen Landtag verändert hätte. Ebenso seien Unregelmäßigkeiten im Auszählungsverlauf, etwa Rücksprünge im Zählstand und Ergebnisverschiebungen bei gleichbleibender Gemeindeanzahl dokumentiert. Eine sachliche Prüfung der Einsprüche erfolgte jedoch nicht. Die zuständigen Stellen verweigerten Akteneinsicht und die Herausgabe prüfungsrelevanter Daten.

Mehr noch: Die pauschale Zurückweisung der Einsprüche verletze die Grundsätze der Wahlöffentlichkeit, Nachprüfbarkeit und Gleichheit sowie das Recht auf effektiven Rechtsschutz und rechtliches Gehör.

Der Verfassungsgerichtshof hat jetzt nach Informationen von Tichys Einblick den Eingang der Klage bestätigt und die Unterlagen beim Landtag angefordert. Allein die Verfassungsbeschwerde ist auf 160 Seiten umfassend dokumentiert. Die relativ schnelle Reaktion des sächsischen Gerichtshofs innerhalb von wenigen Tagen ist sehr ungewöhnlich.

Eigentlich hätte sich die noch existierende Demokratie von Anfang an die Frage stellen müssen: Was ist eine Wahl wert, wenn ihre Korrektheit zwar bezweifelt wird, aber niemand prüft?

Weil die sächsische Administration unter CDU-Minderheitsministerpräsident Michael Kretschmer sich jedoch davor drückt, stellt diese Frage ein parteiloser Unternehmer und Informatiker aus Dresden. Der Name des Beschwerdeführers ist TE bekannt.

Rufen wir uns die Ergebnisse der Landtagswahl in Sachsen 2024 in Erinnerung:

Die CDU errang 31,9% der Stimmen, und damit 41 Sitze, die AfD 30% und 40 Sitze. Das BSW erlangte mit 11,8% 15, die SPD mit 7,3% 10 Sitze, die Grünen erreichten 5,1% und bekamen damit 7 Sitze zuerkannt; 6 Sitze waren es für die Linkspartei mit 4,5% und 1 Sitz für die Freien Wähler mit 2,3% der Stimmen.

Der Kläger spricht von Unregelmäßigkeiten und Daten, die einfach nicht zusammenpassen. Die offiziellen Wahlergebnisse vom 1. September 2024 zeigten Sprünge, wie sie in einem rechnergestützten Auszählverfahren schlicht nicht vorkommen sollten – zumindest nicht ohne transparente Erklärung. Doch genau diese Erklärung der staatlichen Behörden bleibt aus.

Am deutlichsten wird der Widerspruch um 23:20 Uhr am Wahlabend. Die Grünen liegen zu diesem Zeitpunkt bei 3,7 Prozent. Zwei Minuten später springt ihr Ergebnis auf fünf Prozent, ohne jede Veränderung der Datengrundlage, so der Beschwerdeführer. Die Zahl der ausgezählten Gemeinden bleibt dabei nämlich konstant: 429. Insgesamt jedoch ergebe sich durch weitere Diskrepanzen mathematisch eine Verschiebung von rund 45.000 Stimmen.

Quelle: Grafik Verfassungsbeschwerde 20. Juni 2025

Ein unabhängiges Gutachten von Professor Raphael Volz, der an der Hochschule Pforzheim angewandte Informatik lehrt, bestätigt den Verdacht.

Der Sprung wäre demnach nicht nachvollziehbar. Die Diskrepanz ließe sich mathematisch durch keine bekannte Methodik oder Nachmeldung erklären.

Wahlwunder oder Wahlfehler?

Der Informatiker aus Dresden reichte daher am 20. Juni eine anwaltlich unterstützte Verfassungsklage ein. Sein Vorwurf: Die Wahl sei weder transparent noch rechnerisch konsistent.

Das könnte man für übertrieben halten – wäre da nicht die Reaktion, die auf seine Wahlanfechtung folgte. Nämlich so gut wie keine.

Denn statt einer schnellen und sorgfältigen Prüfung zieht sich der Staat zurück. Der Landeswahlleiter erklärt sich für unzuständig. Der zuständige Ausschuss mag die Diskrepanzen nicht aufklären. Akten halten zuständige Behörden verschlossen. Sie blockieren sogar die Herausgabe von Informationen – obwohl das Bundesverfassungsgericht längst Transparenz als verfassungsrechtlich geboten einstuft. Die demokratischen Institutionen verstecken sich also hinter Bürokratie und verweigern so dem Souverän berechtige Auskünfte.

Stattdessen verbreiten sie banale Worthülsen. Der Wahlleiter sei unabhängig. Das Verfahren sei korrekt. Die Diskrepanzen seien „methodisch fehlerhaft“ und „Zwischenstände irrelevant“. Aber niemand offenbart, wie geprüft wurde. Niemand liefert die Daten. Niemand erklärt die offensichtlichen Sprünge.

Und was macht der Landtagspräsident von der CDU? Er soll womöglich seine Abgeordneten nicht umfänglich über wesentliche Fakten zur Wahlanfechtung informiert haben, heißt es bei der Opposition. Dabei wäre es seine Aufgabe, genau jetzt für Offenheit zu sorgen. Stattdessen: Schweigen. Wegducken. Ausweichen. Die Administration von Kretschmers Freistaat verhält sich wie die drei asiatischen Affen – nichts sehen, nichts hören, nichts sagen! Aber im negativen Sinne.

Dabei geht es längst nicht mehr um ein Prozent mehr oder weniger. Am Ende einer Prüfung mit möglicher Feststellung eines fehlerhaften Ergebnisses könnte sogar eine andere Zusammensetzung des Landtags anstehen. Mindestens drei Mandate könnten falsch vergeben worden sein. Bei einem Parlament mit 120 Sitzen ist das keine Randnotiz, sondern wirkt mehrheitsverändernd zugunsten eines „rituell agierenden Politikensembles“ von CDU, SPD, Grünen und Linken, wie der direkt gewählte Landtagsabgeordnete der Freien Wähler Sachsens, Matthias Berger, den Politikbetrieb unter CDU-Minderheitsregierungschef Kretschmer beschreibt.

So hätten die Grünen zwar mit zwei Direktmandaten auch unterhalb der 5-Prozent-Hürde einen Anspruch auf Mandate gehabt. Aber wie viele genau und auf welcher Grundlage – das wäre gerade der Auftrag der Prüfung gewesen.

Aber genau das ist das demokratisch Brisante: Wenn eine Partei durch nicht erklärte Datenveränderungen zusätzliche Sitze erhält, dann verschiebt sich nicht nur das Kräfteverhältnis im Landtag zugunsten linker Kräfte. Dann verändert sich auch das Vertrauen der Bürger in den Wahlprozess – und zwar grundlegend.

Womöglich könnten nach einer Feststellung von Unregelmäßigkeiten SPD, Grüne und Linke je einen Sitz im Parlament verlieren und CDU wie AfD zwei bzw. einen Sitz gewinnen. Obendrein würde die AfD wohl dadurch auch noch eine Sperrminorität bei Verfassungsänderungen oder Richterposten mit 41 Mandaten gewinnen, die bislang nur die eine Stimme des Freien Wähler möglich gemacht hätte.

Eine Demokratie kann sich eigentlich keine Wahlleiter leisten, die sich nicht für Unstimmigkeiten in ihren Zahlen verantwortlich fühlen. Aber in Sachsen scheint das bislang so zu sein. Sie werden durch den Verfassungsgerichtshof wohl jetzt aufgefordert, Farbe zu bekennen.

Vielleich hat es keine gezielte Manipulation gegeben und womöglich gibt es eine technische Erklärung. Doch allein der Verdacht der Vertuschung und Manipulation wirkt wie Gift für eine vorgebliche Demokratie. Wenn niemand berechtigte Zweifel aufklären will, ist das ein unhaltbarer Zustand.

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Kommentare ( 40 )

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Sonny
1 Monat her

In Anbetracht der Verhaltensweisen der sächsischen Wahlleitung und der herrschenden Politakteure halte ich einen technischen Defekt für absolut unglaubwürdig.
Viel nachvollziehbarer und naheliegender ist der Verdacht der Manipulation zugunsten von rot-grün. Denn die sind die einzigen Nutznießer dieser Manipulation.
Wann wird in Deutschland endlich wieder echtes Recht und Gesetz herrschen, um solche Betrüger, Parteianarchisten und rotzfrechen Beamter mit Hang zu kriminellen Vorgehensweisen dahin zu schicken, wo sie hingehören? Nämlich in den Knast!

Last edited 1 Monat her by Sonny
Biskaborn
1 Monat her

Eine Veränderung des Wahlergebnisses zu Ungunsten von Links und Grün wird es definitiv nicht geben. Das werden die Linken und Grünen unter tatkräftiger Mithilfe der CDU zu verhindern wissen! Wetten?

andreas
1 Monat her

Entschuldigung, aber glaubt hier noch irgendwer, dass bei den letzten zwei Bundestags- und den letzten zehn Landtagswahlen NICHT betrogen wurde? In meinem Bekanntenkreis glauben nur noch die paar Grünen-Wähler und Uralt-Sozis, dass die Wahl entscheidet, alle Realisten wissen, dass diejenigen entscheiden, bei denen die Zahlen zusammen laufen.

CasusKnaxus
1 Monat her

Man muß den üblichen Verdächtigen alles unterstellen. Sie arbeiten -wie schon x-mal betont- mit allen möglichen und erdenklichen hinterf..tz.g.n Methoden. Was früher undenkbar schien muß mittlerweile als gegeben angesehen werden.

AHMED
1 Monat her

Der letzte Absatz enthält eine sehr treffende Benennung des hiesigen politischen Systems: „vorgebliche Demokratie“. Das trifft es genau. Und in einer vorgeblichen Demokratie sollte man sich über gar nichts mehr wundern, nicht über die Bestellung von linksextremen Verfassungsrichterinnen – und auch nicht über Manipulationen von Wahlergebnissen zugunsten der Kartellparteien.

Okko tom Brok
1 Monat her

Jede menschliche Gesellschaft, die ihre Fehler und Defizite grob ignoriert, zerbricht irgendwann an ihren inneren Widersprüchen. Die DDR hat es vorexerziert. Vermutlich müssen wir den Woken für ihre hohe „Fehlertoleranz“ sogar am Ende noch dankbar sein, denn sonst wäre ihre Herrschaft sehr viel langlebiger!

Der Ingenieur
1 Monat her

Bei den letzten Landtagswahlen und der Bundestagswahl konnten die Briefwahlunterlagen in vielen Bundesländern ohne Identitätsnachweis auch online bestellt und an jede x-beliebige Adresse im In- oder Ausland angefordert werden.

Wer also Zugriff auf eine Liste mit Namen, Adresse und Geburtsdatum z.B. von schweren Pflegefällen und/oder Demenzkranken hatte, konnte sich mit diesen Daten ohne jede Nachprüfung und Plausibilitätsüberprüfung online deren Briefwahlunterlagen an eine Briefkastenadresse schicken lassen.

Edwin Rosenstiel
1 Monat her

„ Obendrein würde die AfD wohl dadurch auch noch eine Sperrminorität bei Verfassungsänderungen oder Richterposten mit 41 Mandaten gewinnen, die bislang nur die eine Stimme des Freien Wähler möglich gemacht hätte.“ Vermutlich haben „interessierte Kreise“ genau deswegen auf den letzten Metern die Notbremse gezogen. Schon der fehlende Wille zur Aufklärung spricht Bände. Wie hieß der bekannte DDR-Satz ? „Es muss demokratisch aussehen, aber wir müssen alles in der Hand behalten“ – dieses Zitat Walter Ulbrichts sagt alles, es ist in den Genen der dortigen Bewohner verankert. Über 40 Jahre „Sozialismus/Kommunismus“ haben sich in die Hirne und Seelen der ehemaligen Ostblockstaaten eingebrannt und bestimmen teilweise noch… Mehr

Freigeistiger
1 Monat her

Stalin: Entscheidend ist nicht wie gewählt wird, sondern wie die Stimmen ausgezählt werden.

In einer Demokratie darf es freilich keine Wahlmanipulation geben und ein entsprechender Verdacht muß eine Abklärung zur Folge haben.

Last edited 1 Monat her by Freigeistiger
schwarzseher
1 Monat her
Antworten an  Freigeistiger

Schlußfolgerung: Es gibt in Deutschland keine wirkliche Demokratie mehr, sondern nur noch “ unsere Demokratie „. Das ist die private Demokratie der klüngelnden Parteien, die die wirklich demokratische Partei AfD mit Gewalt ausschließen.

Zack
1 Monat her
Antworten an  schwarzseher

Und das ist es auch, „ihre Demokratie“ . Eine Demokratie in der Wahlen rückgängig gemacht werden wenn das Ergebnis nicht gefällt, Eine Demokratie in der linksextremisten zu Verfassungsrichtern werden? In der man nicht mehr sagen und schreiben kann was man möchte ohne mit Haus besuchen rechnen zu müssen? Eine Demokratie in der ich so viel Steuern bezahle wie ich später als Rente bekommen soll… Eine Demokratie die mich lehren will ein ganzes Volk zu hassen nur weil es auf der Agenda steht? Und mich gleichzeitig zwingen will Gäste zu empfangen und zu mögen, die sich hier unmöglich benehmen und auf… Mehr

Michael Palusch
1 Monat her

Wenn ein Statistikamt, so wie9 das sächsische, angeblich nicht in der Lage ist, die Rohdaten des Auszählungsergebnisses auf Wahlbezirksebene fortlaufend und zeitnah am Wahltag zu veröffentlichen, sollte man besonders genau hinschauen. Ich wiederhole mich deswegen gern: Das Thüringer Landesamt für Statistik ist in dieser Hinsicht vorbildlich! Da konnte ich schon kurz nach 19:00Uhr das gemeldete mit dem vor Ort ermittelten Wahlergebnis überprüfen. Eine Manipulation des Wahlergebnisses der Urnenwahl halte ich in Thüringen für ausgeschlossen. Wie es hingegen mit der Briefwahl aussieht, steht auf einem andeten Blatt. Es ist aber schon auffällig, das die, die ständig das Wort Demokratie im Munde… Mehr

Last edited 1 Monat her by Michael Palusch