Wie Social Media die Politik ändern kann – ein Beispiel aus Großbritannien

Die gescheiterte Wahl der gesichert linksextremen Richter-Kandidatinnen der SPD ist wesentlich der Berichterstattung in sozialen und alternativen Medien zu verdanken: Die alten Medien versuchten, den Skandal zu verschweigen. Auch in Großbritannien könnte dieser Vorgang die Politik revolutionieren. Von Elisabeth Dampier

IMAGO / i Images
Britischer Schatten-Justizminister Robert Jenrick, London, United Kingdom, 09.07.2025

Ein Mann steht hinter einer Bezahlschranke in der Londoner U-Bahn und fragt einen Schwarzfahrer, warum er sich durchgedrängt habe, anstatt eine Fahrkarte zu kaufen. Einige der vielen Schwarzfahrer, die er anspricht, sagen ihm, er solle verschwinden. Andere drohen ihm mit Gewalt. Irgendwann ist von einem Messer die Rede.

Während der Mann die Schwarzfahrer konfrontiert, schauen Mitarbeiter des Transport for London zu. Einer sitzt hinter einem Schalter, die Beine auf dem Tisch, und starrt auf sein Handy.

Statistisch gesehen nimmt man an, dass jeder 25. Passagier im öffentlichen Nahverkehr in London ohne Fahrkarte fährt, was die Stadt jedes Jahr Millionen kostet.

Der Mann im Video ist Robert Jenrick, Abgeordneter der Konservativen und Schatten-Justizminister. Damit wäre er im Falle eines Wahlsiegs seiner Partei für Gefängnisse und Gerichte zuständig. Der ehemalige Anwalt ist Abgeordneter für Newark in den East Midlands, eine Kleinstadt in der Nähe des bekannten Sherwood Forest.

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Bis vor Kurzem war Jenrick ein relativ unbekannter Politiker. In der letzten konservativen Regierung hatte er einen untergeordneten Ministerposten in den Bereichen Wohnungsbau, Gesundheitswesen und Einwanderung inne. Von diesem Posten trat er zurück, nachdem es zu Meinungsverschiedenheiten über den Plan zur Abschiebung illegaler Einwanderer nach Ruanda gekommen war. Er warnte, der Plan sei nicht tragfähig, und sollte Recht behalten: Der Ruanda-Plan scheiterte, und nach vorgezogenen Wahlen erlitten die Konservativen aufgrund ihres Versagens bei der Kontrolle der Einwanderung eine Rekordniederlage.

In der Folgezeit kandidierte Jenrick für den Posten des neuen Vorsitzenden der Konservativen, unterlag jedoch in einem knappen Rennen Kemi Badenoch. Diese ernannte ihn daraufhin zu ihrem Schatten-Justizminister.

Jenrick begann, Videos in den sozialen Medien zu veröffentlichen. Diese änderten sein Image grundlegend. Vom konservativen Politiker, der gegen den Brexit gestimmt hatte, wurde er nun zu einem versierten rechten Aktivisten. Er sprach vor allem Themen an, die für die Bürger relevant sind, aber von der Presse ignoriert werden – zum Beispiel den Diebstahl von Werkzeugen von Arbeitern. Ein großes Problem für Wähler aus der Arbeiterklasse, die eben auf ihre Werkzeuge angewiesen sind.

Gegenüber TE berichtet eine Quelle aus der Nähe des Teams Jenrick, die namentlich nicht genannt werden möchte, Jenrick habe bewusst „Themen ausgewählt, die die Öffentlichkeit frustrieren, über die aber in Westminster niemand spricht“.

Videos zu drehen ist in der britischen Politik nichts Neues, doch Jenricks professionelle Clips erzielen spürbare Wirkung. Nach seinem Video über Schwarzfahrer bemerkten Online-Nutzer, dass an U-Bahn-Stationen mehr Polizei eingesetzt wurde, um Schwarzfahren zu verhindern. Andere Videos wirkten wie Mini-Dokumentationen, wie beispielsweise sein virales Video über den Chagos-Inseln-Deal, in dem die Regierung auf Grundlage einer höchst umstrittenen völkerrechtlichen Entscheidung bestimmt, der winzigen Insel Mauritius mehrere strategisch wichtige Inseln und Milliarden Pfund zu überlassen.

Die Labour-Partei hat über 400 Sitze im britischen Unterhaus inne, die Konservativen verfügen lediglich über 120. Das gibt ihnen nur begrenzte Möglichkeiten, die Regierung im Parlament zu bekämpfen. Internet und soziale Medien hingegen bieten eine Verbreitung weit über traditionelle Medien hinaus.

Jenrick etwa nutzte diesen Ansatz, um Wähler direkt anzusprechen, ihren Ärger zu kanalisieren und die Regierung zu Zugeständnissen zu zwingen, die sonst nicht umsetzbar gewesen wären. Die bereits zitierte Quelle aus Jenricks Umfeld nennt als Beispiel die Kehrtwende der Regierung in Bezug auf Grooming-Gangs, bei der Online-Wut aufgegriffen wurde, um Druck auf die Regierung auszuüben und sie zu einer nationalen Untersuchung zu drängen, obwohl sie diese zunächst ausgeschlossen hatte.

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Trotz des Erfolgs der Videos deuten Umfragen darauf hin, dass die Konservativen bei der nächsten Wahl weitere Sitze verlieren werden. Immer wieder kursieren Gerüchte, dass Kemi Badenoch im nächsten Frühjahr abgesetzt werden könnte, wobei Jenrick zu den Favoriten für ihre Nachfolge zählt. Zwar würde es auch Jenrick schwerfallen, Wähler zurückzugewinnen, doch die Quelle weist darauf hin, dass rund ein Viertel der Wähler angibt, nicht zu wissen, wen sie wählen sollen. Angesichts einer solchen unentschlossenen Wählerschaft könnten sich Veränderungen sehr schnell vollziehen. Die kurzen Videos wären in jedem Fall ein wichtiger Bestandteil von Jenricks Strategie.

Deutsche Politiker könnten von Jenrick lernen. Noch ist undenkbar, dass ein deutscher Politiker sich dazu herablässt, auf Schwarzfahren im öffentlichen Nahverkehr aufmerksam zu machen. Aber warum eigentlich? Obwohl einige rechte Politiker in den sozialen Medien Erfolg haben, bleibt dieser meist harmlos, da die öffentlich-rechtlichen Medien bewusst nicht darauf reagieren. Doch der Schlüssel könnte darin liegen, eben viel näher an den Problemen der Bürger dranzubleiben und dem gezielten Herunterspielen durch den ÖRR entgegenzuwirken.

Man denke nur an die sexuellen Übergriffe an Seen und in öffentlichen Schwimmbädern in Deutschland: Wenn sich Politiker hier vor Ort sehen lassen und deutlich machen würden, dass sie die Sorgen der Menschen ernst nehmen, könnten sie damit Vertrauen zurückgewinnen und über die sozialen Medien viele Menschen erreichen, die sich vom öffentlichen Rundfunk ohnehin abgewandt haben.

Oder wenn sie zum Beispiel medial auf Probleme wie Ladendiebstahl aufmerksam machen würden, der Unternehmen und Konsumenten Milliarden kostet, aber oft rechtlich folgenlos bleibt. Das Wegschließen der Waren, die strenge Überwachung der Läden und zusätzliche Sicherheitskräfte: Langsam aber sicher nähert sich Deutschland Zuständen wie im Vereinten Königreich, wo mittlerweile sogar Fleisch mit einem Diebstahlschutz versehen wird.

Jedenfalls haben die wenigsten, vor allem konservative, Politiker das Potenzial der sozialen Medien bisher für sich ausnutzen können. Manche, wie Maximilian Krah (AfD) oder Heidi Reichinnek (die Linke) versuchen, sich dort effektiv einzubringen – mit Erfolg. Vor allem für Wähler der Generation Z, Millenials und sogar für die Generation X werden die sozialen Netzwerke das Schlachtfeld um die Stimmen der Zukunft sein. Diese Generationen sind die Nettosteuerzahler der Gegenwart. Ihre Interessen werden politisch so gut wie gar nicht aufgegriffen, während sie für den komplett aus dem Ruder gelaufenen Sozialstaat und die Kosten der Massenimmigration die Zeche zahlen. Eventuell entscheidet sich das politische Schicksal Deutschlands gerade deshalb in den sozialen Medien.

Elisabeth Dampier ist freie Journalistin und schreibt für britische Print- und Onlinemedien wie The Spectator, The Daily Telegraph und The Critic. 

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Kommentare ( 18 )

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18 Comments
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Or
22 Tage her

Ja aber genau hier hab ich eine Verständnisfrage. Ich kenn die Auftritte von Maximilian Krah und Heidi Reichinnek. Während der eine, insbesondere in dem 6 Stunden Marathon bei „Jung & Naiv“ unvorbereitet, dem extrem gut gebrieften Diskutant rhetorisch und intellektuell furchtbar verprügelt hat, daß der dann fluchtartig das Studio verlassen musste, also wirklich großes Kino, empfinde ich bei Auftritten der Reichinnek meistens nur Fremdscham ob ihrer sprachlichen und geistigen Flachheit, ihrer rudimentär fehlenden Bildung, ihrer trotzigen Verbohrtheit, ihres nur dummen Fanatismus. Das die gewählt wird, wegen und nicht trotz ihrer sozial Media Präsenz … ? Also, das erschließt sich mir… Mehr

Donostia
22 Tage her
Antworten an  Or

Das liegt am Niveau der Zuhörer. Wenn ein Idiot Vorträge vor Idioten hält ist die Wahrscheinlichkeit groß, das der Vortragende Erfolg hat. Unser Bildungssystem ist derart unterirdisch geworden, dass mittlerweile eine Mehrheit nicht mehr normal, logisch und in Zusammenhängen denken kann. Hinzu kommt, dass diese Entwicklung noch von den ÖRR massiv unterstützt wird.

Lafevre
17 Tage her
Antworten an  Or

Krah verbreitet mittlerweile wie correctiv die Unwahrheit, dass Remigration die Aberkennung von Staatsbürgerschaften beinhalten soll. Krah hat sich damit selbst aus dem Spiel genommen.

CasusKnaxus
22 Tage her

Kann mir mal jemand bitte erklären, warum unzufriedene Wähler (wg mangelnder Kontrolle der Migräneäh Migration) dann ausgerechnet Labour wählten? Der Artikel erklärts mir nämlich nicht. Denn wenn eine Partei keinerlei Interesse an einer Kontrolle der Migration hat, dann diese Partei. Und was dieser Torytyp da macht. Interessant. Hat da mal wieder eine seine Basis entdeckt? Hat ihn jahrelang nicht interessiert. Lobenswert, aber sorry, reichlich spät…Helfen wird nur Reform UK -nix anderes.

W aus der Diaspora
22 Tage her

Wie sich gerade sehr deutlich gezeigt hat wird die Demokratie weder am Hindukusch, noch in der Ukraine verteidigt. Sondern sie muss gelebt werden in unseren Parlamenten! Wozu macht man noch Abstimmungen, wenn das Ergebnis vorher im Hinterzimmer ausgekungelt wird. Und Fraktionsvorsitzende nicht mehr eine Diskussion mit Argumenten führen sondern gerüffelt werden weil sie nicht genug Druck ausgeübt haben? Da können die sozialen Medien etc. tatsächlich unterstützen. In dem sie genau die Abgeordneten unterstützen, die bereit sind Demokratie zu leben. Indem sie allen alle Argumente an die Hand geben um tatsächliche Diskussionen führen zu können. Kein Parlamentarier kann sich auf allen… Mehr

Unglaeubiger
22 Tage her

Bei der, die letzten Jahre vorgenommenen Gehirnwäsche, wage ich es zu bezweifeln, dass eine Probleme aufgreifende Präsenz von Politikern in den sozialen Medien etwas ändern würde. Die Massenhysterei gegen RÄCHTS, die Krieggeilheit speziell Jener, die dieses Land nicht verteitigen, sondern sich ins Ausland verabschieden würden, die stetig steigenden Überwachungstools und „Verfolgungsjagden“ Andersdenkender, juckt doch diese Zombiemenschlein in diesem Land nicht mehr. Sie bekommen es entweder erst gar nicht mit , und wenn, dann interessiert es sie nicht, denn es trifft ja immer nur die Anderen! ehrlich, ich denke diese Bevölkerung würde nicht einmal, frei nach Weizsäcker, wenn es ihr reicht,… Mehr

Jan Frisch
22 Tage her

Der Großteil der Menschen, die seit 2015 hierher geholt wurden, hatten ja gerade zum Zweck hier den größtmöglichen Schaden anzurichten.
Wilde These? Nun, dann beantworte mir doch jemand, der mit der BRD Justiz vertraut ist, warum Räuber, Vergewaltiger und ähnliche Gewalt- und Straftäter mit dem richtigen Migrationshintergrund immer und immer wieder der Bevölkerung auf den Hals gehetzt werden, selbst nach abstoßendsten Gewalttaten.

HansKarl70
19 Tage her
Antworten an  Jan Frisch

Eine Bevölkerung die 10 Jahre eine derartige Belastung durch andere Menschen aushält ist schon außergewöhnlich. Um es einmal mit freundlichen Worten auszudrücken

Budgie
22 Tage her

Ich glaube nicht das die Blockparteien Politiker von Jenrick lernen sollten. Denn was passiert dann? Sie brüllen vor der Wahl ihre Parolen heraus oder machen eben kleine Videos mit Botschaften um 1 Minute nach der Wahl das totale Gegenteil zu behaupten. Der Zug ist abgefahren, denen glauben doch nur noch ÖRR Hörige und Mitglieder aus den betreuten Denkfabriken. Da helfen nur neue Parteien, egal ob BSW, AFD oder andere Neulinge.

Nibelung
22 Tage her

Früher hat man schon bei kleineren Vergehen die Verursacher an den Pranger gekettet, damit jeder seine Schandtaten sehen konnte und das müßte ja nicht in dieser harten Form stattfinden und könnte über die regionale Presse erfolgen oder im Schaufenster eines Ladens, wenn man dort den Dieb geschnappt hat und jeder wissen darf, welche Saubermänner -oder Frauen mitten unter uns leben und das würde seine Wirkung nicht verfehlen und könnte so manchen daran hindern, nicht leichtfertig seinem Ruf zu schaden, mit allen Folgen die dahinter stecken. Wer das Übel nicht hart an der Wurzel bekämpft und das schon im jungen Alter,… Mehr

Kraichgau
22 Tage her

Die AFD macht das schon lange,man muss es nur im netz suchen…

CasusKnaxus
22 Tage her
Antworten an  Kraichgau

Die Tories brauchen immer ein bißchen länger. Aber kommt eh zu spät. Reform UK wird sie zerschmettern…

Guzzi_Cali_2
22 Tage her

Wenn ich „Daily Telegraph“ lese, dann muß ich nicht mehr weiterlesen. Das ist die selbe Soße wie „WELT“, mit denen die auch kooperieren. Der Telegraph ist Tory-freundlich, genau wie die WELT CDU-freundlich ist. Muß ich nicht haben.

CasusKnaxus
22 Tage her
Antworten an  Guzzi_Cali_2

Genau. Anstatt mal wieder was von Reform UK zu bringen…Blockparteien-PR-Aktionen braucht kein Mensch…

Jens Frisch
22 Tage her

„Langsam aber sicher nähert sich Deutschland Zuständen wie im Vereinten Königreich, wo mittlerweile sogar Fleisch mit einem Diebstahlschutz versehen wird.“
Ich habe in Köln im Supermarkt schon Diebstahlschutz auf 250g Butter Packungen gesehen – was das angeht können wir mit den Briten schon „mithalten“.

Haba Orwell
22 Tage her

> Langsam aber sicher nähert sich Deutschland Zuständen wie im Vereinten Königreich, wo mittlerweile sogar Fleisch mit einem Diebstahlschutz versehen wird.

Wobei – gestern hörte ich auf Rutube Sanya Po Floridie über Angelsachsen, die für Weltherrschaft Slawen abschlachten lassen. Wenn man zufällig etwas vom slawischen Blut hat, bekommt man gewisse Genugtuung, dass gerade die Quelle der angelsächsischen Welt aus dieser Welt ausfällt. Ein Failed State mit Umma kann keine Weltherrschaft mehr anstreben. OK, die Hardcore-Islamisten in Syrien machen brav mit, aber eher als Handlanger.