Jens Almighty: Spahn weiß bei Illner einfach alles

Jens Spahn wundert sich bei Maybrit Illner ständig, „worüber wir hier eigentlich reden“. Bingo! So geht es dem Talkshow-Zuschauer schon seit Jahren. Doch Spahn meint es anders: Er weiß einfach zu viel. Um genau zu sein, weiß er eigentlich alles. Von Michael Plog

Screenprint: ZDF / Maybrit Illner

Jens Spahn (Vize-Fraktionschef der CDU) will unbedingt wieder Minister werden. Das spricht aus jedem seiner Atemzüge an diesem Abend. So viel Sachverstand! So viel Durchblick! Und so viel Gelassenheit! Der Mann ist wie geschaffen für ein neues Ministeramt. „Sie wissen ja im Grunde alles“, sagt Illner gegen Ende.

Was davor geschah:

Egal, was der neue US-Präsident Donald Trump ankündigt oder macht oder wahrscheinlich auch nur denkt – für einen Jens Spahn ist das alles überhaupt keine Überraschung. Friedensverhandlungen zum Ukrainekrieg ohne Beteiligung Europas? Sei doch absehbar gewesen. Spahn: „Trump hat immer gesagt: Es ist euer Krieg.“ Der Griff nach den Bodenschätzen, den Seltenen Erden als Ausgleich für die amerikanischen Militärleistungen? Spahn: „nicht unerwartet“. Die neue US-Regierung zeige doch nur eine „seit langem angekündigte Vorgehensweise“. Spahn hat einen Rat für die ganze Welt: „Genau hinhören und genau gucken, was passiert, dann ist man auch besser vorbereitet.“

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„Sie müssten das vielleicht Ihrem Chef sagen“, rät Maybrit Illner. Denn Friedrich Merz sei ja offenkundig sehr erstaunt gewesen. Aber Spahn weiß noch mehr, nämlich, dass das nicht stimmt. Sogar ganz bestimmt nicht stimmt. Sagt er sehr bestimmt. Er hält seinem Chef die ganze Sendung über derart inbrünstig die Hand vor den Hintern, dass der gar nicht mehr anders kann, als Spahn unverzüglich ein Ministeramt anzubieten. Selbst die ärgsten verbalen Auffälligkeiten und Meinungswechsel des Merz versucht Spahn schön zu reden. Oder er windet sich und ertränkt die Runde in einem ausweichenden, ausufernden Antwortschwall, auf dass Illner am Ende bitte ihre Frage vergessen haben möge.

Ein Einspieler präsentiert Trump als „Diktator ohne Wahlen“, der gerade „die Ukraine zerlegt“. Ein Grund mehr für Spahn, sich besonders wohlwollend gegenüber der US-Regierung zu äußern. Die überraschende Rede des Vizepräsidenten J.D. Vance etwa hat ihn – wer hätte es gedacht – nicht überrascht. „Nichts davon war neu“, sagt Spahn. „Es ist alles nicht neu. Warum haben wir es nicht hören wollen?“ Später mahnt er noch die anderen Gäste: „Können wir bitte aufhören, eine demokratisch gewählte Regierung in den USA eine autoritäre zu nennen?“ Zuvor hatte Marina Weisband das ganz große Fass aufgemacht: „Weltweit kämpfen gerade Milliardäre gegen Demokratien“, sagte die deutsche-ukrainische Grüne mit vibrierender Stimme. „Alle öffentlichen Räume der Meinungsbildung gehören Milliardären.“ Da hat sie die Rechnung aber ohne ARD und ZDF gemacht.

Illner wagt es nochmal, Merz zu kritisieren. Warum vergleiche der eigentlich Trump plötzlich mit Putin, will sie von Spahn wissen. Spahn streitet das einfach ab. Habe er doch gar nicht gemacht. Er selbst scheint sich auf das Amt des Außenministers vorzubereiten. Bei der europäischen Sicherheitspolitik sieht er Defizite: „Hätten wir da früher mehr getan, wären wir jetzt nicht in dieser Lage.“ Trump zeige gerade „die erste Initiative aus dem transatlantischen Raum für Frieden“. Und Spahn hängt eine rhetorische Frage an: „Welche Initiative hat es eigentlich aus Europa gegeben?“ Überhaupt, wer spreche denn endlich mal mit Trump? „Er wurde am 5. November gewählt. Wir haben jetzt Ende Februar! Wir jammern jetzt über den Katzentisch. Wenn man am Tisch sitzen will, dann muss man im Zweifel Chips mitbringen.“ Ganz klarer Tipp: Der Mann will Außenminister …

Oder doch Finanzminister? Spahn kritisiert plötzlich die ausufernden Kosten der deutschen Entwicklungshilfe: „Wir haben in Deutschland mittlerweile 33 Milliarden Euro Entwicklungshilfe. Und ja, ein Vorschlag wäre, die Summen vielleicht mal anzupassen.“ Da muss jemand schlucken: Noch-Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt (SPD) unterbricht Spahn sofort und fragt: „Wenn die USA sich komplett aus der Finanzierung der Weltgesundheitsorganisation herausziehen – ist das das richtige Signal, wenn wir dann sagen: Machen wir auch nicht mehr?“ Radwege in Peru oder deutsche Steuergeldmilliarden für die Raumfahrtnationen (!) Indien und China scheinen in Schmidts Welt nicht vorzukommen. Weisband warnt derweil vor den Millionen Klimaflüchtlingen, die uns irgendwann ins Haus stehen. Außerdem werde Putin sicher bald das Baltikum und Polen überfallen. „Putin braucht Krieg“, sagt Weisband. Puh.

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Aber auch Spahn dreht seine Pirouetten. Er thematisiert Trumps Panama-Vorstoß und dreht einen Bogen über China bis nach Hong Kong. Als er schließlich in Grönland ankommt, unterbricht ihn Schmidt: „Können wir bitte ein bisschen über Deutschland reden?“

Man würde sich wünschen, der ehemalige Corona-Gesundheitsminister Spahn nähme einmal so inbrünstig Stellung zu seinen milliardenschweren Maskendeals, seiner Vier-Millionen-Villa, zur Plünderung der Krankenkassen-Rücklagen oder zu den unzähligen Corona-„Impf“-Opfernoderoderoder. Aber nichts da. Spahn darf sich wie schon seit Wochen ganz ungeniert als neuer Minister Almighty inszenieren. So, als wäre nie etwas gewesen.

Zuvor hat bereits Elmar – „Joe Biden ist geistig topfit“ – Theveßen versucht, Spahn in seinem Redefluss zu unterbrechen. Dafür holte sich der umstrittene US-Korrespondent, der auf dem Bildschirm überlebensgroß hinter der Studiorunde lauert, gleich eine Watschen ab. „Ja, Herr Theveßen, Sie lagen gelegentlich in der Frage, was in den USA im Wahlausgang herauskommt, falsch, das weiß ich“, ätzt Spahn. „Das stimmt so nicht“, mault Theveßen. Er findet im Übrigen, Trump habe sich ganz klar „auf die Seite der Autoritären dieser Welt gestellt“. Er habe „imperialistische Gelüste“ und rücke Amerika „in die Richtung des Autoritarismus“.

Wie hat Trump eigentlich auf die kritischen Äußerungen des Friedrich Merz („unverschämt“) reagiert?, will Illner von Theveßen wissen „Ich glaub’, man muss es so beschreiben: fast gleichgültig.“ Der US-Regierung sei egal, was die Europäer machen. „In den letzten Monaten sind hier Delegationen aus Deutschland aufgetreten, auch Unionspolitiker. Die haben nur keine Termine bekommen.“

Jede Wette: Jens Spahn hat im Jackett immer eine kleine Tüte Chips.

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Kommentare ( 66 )

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Dellson
18 Tage her

Er weiss nicht nur alles, sondern davon sogar noch das Gegenteil! Nach dem sogar Günther Jauch im Quadrell als Moderator versagt hat, sind viele Bürger im Land noch mehr verunsichert. Wer kann jetzt noch als Vorbild dienen? Wer könnte nun noch Bundespräsident werden? Es wird immer enger mit unseren Fachkräften. Jetzt wenn Merz Kanzler werden sollte, wird Spahn vielleicht wiederholen, was er während der Coronazeit sagte, „wir werden uns viel zu verzeihen haben!“ Sledge Hammer wie sind Sie eigentlich Inspektor geworden? Antwort: „Ich wurde degradiert!“

amendewirdallesgut
19 Tage her

Sieht so aus als hätte Europa , demnächst ganz andere Sorgen in Washington , wurde wohl ordentlich mit Porzellan geworfen . Mellnek übernehmen Sie die die Schwurbeltruppe in Europa

Kassandra
18 Tage her
Antworten an  amendewirdallesgut

Diese „Auseinandersetzung“ war wohl gewollt, so dass endlich die Welt sieht, mit wem wir es wirklich zu tun haben. Seltsam wenn so einer samt seinem Melnyk wohl nicht merkt, was ihm die Stunde geschlagen hat. Laut der Berliner Zeitung muss es schon am Portal des White House beim Empfang gut angefangen haben: „Als der US-Präsident Selenskyj erblickte, schaute dieser auf den schwarzen Pullover des Ukrainers und sagte: „Sie haben sich heute besonders herausgeputzt“. Selenskyj trug, wie immer eine ehe legere beziehungsweise funktionale Kleidung, die man mittlerweile von allen seinen öffentlichen Auftritten kennt.“ https://www.berliner-zeitung.de/news/ukaine-rohstoff-deal-trump-begruesst-selenskyj-im-weissen-haus-li.2303209 . Fatal halt, dass ohne Waffenruhe weiter… Mehr

Haba Orwell
19 Tage her

Wenn man hier andere Medien besprechen will – vielleicht den heutigen Artikel im Bösen Medium: „Rumänien: Georgescu bittet Trump um Hilfe im Kampf gegen den „tiefen Staat““ – spätestens jetzt muss Trump etwas unternehmen, was für die Zukunft Westeuropas um Lichtjahre gravierender werden dürfte als alles, was Spahn rumerzählen mag. Gleich kann Trump auch was gegen die Verfolgung von PiS in Polen wie auch der AfD in Deutschland tun.

tiptoppinguin
19 Tage her

Weiß er jetzt alles, oder lügt er einfach nur?
„Mit dem Wissen von heute verspreche ich Ihnen, wird es keine Lockdowns mehr geben“
Für mich ist kein einziger dieser Corona-Politiker glaubwürdig oder hat die charakterliche Eignung für ein Ministeramt zum Wohl der Bürger.

Manfred_Hbg
19 Tage her

Zitat: „„Wir haben in Deutschland mittlerweile 33 Milliarden Euro Entwicklungshilfe“

> Nun ja, ich weiß nicht. Aber ich tendiere bzgl. der Entwicklungshilfe mittlerweile dahin, dass man hier auch die Miliarden Euro an Ausgaben mit einbeziehen müßte, die für die seit 2014/15 ins Land gefluteten und staatlich EINgeflogenen „Fachkräfte“ und „Bereicherer“ verpraßt werden. Denn deren Alimentierung, Gesundheitsplege und Altersversorgung sehe ich in gewisser Weise auch als eine „Entwicklungshilfe“,

Ansonsten fällt mir mit Blick auf den Artikel und Spahn nur noch ein: Spahn for Präsident bzw for Kanzler.(Sark off)

Talleyrand
19 Tage her

Bislang fiel er nur durch enorme Fehlleistungen auf. Das scheint in Deutschland offenbar die gängige Empfehlung für höhere Aufgaben zu sein. Bleibt zu hoffen, dass der Spuk schnell vorbeigeht.

Ho.mann
19 Tage her

Spahn hat doch bereits eindrucksvoll bewiesen mit welcher Hingabe er als Minister im Dienst der Gesundheit agierte. Wenn Spahn wieder ein Ministeramt übernimmt, dann könnte er statt seinem gelungenen Masken-Deal diesmal Tarnkappen besorgen, von deren Nutzen und Wirkung er selbst und viele seiner ehrbaren Polit-Kollegen profitieren könnten.

MartinKienzle
19 Tage her

Alice Weidel: „Nun, dann wurde Nord Stream in einem kriegerischen Akt ausgeschaltet. Die Angst der jetzigen Bundesregierung, unter keinen Umständen mit dem Finger auf den Angreifer zu zeigen, sagt alles. Ist es das, was die USA wollen? Deutschland als Kolonie? Eine Kolonie, die nicht das Recht hat, über ihre eigene Energiepolitik zu entscheiden? Eine Nation, die nicht das Recht hat, ihren eigenen Weg zu gehen, wohin er auch führen mag? All das können die USA als strahlender Sieger der Geschichte. Aber dann müssen sie es auch wollen, sie müssen es auch sagen, damit wir uns darauf einstellen können. Denn wir… Mehr

stebu
19 Tage her

„Genau hinhören und genau gucken, was passiert, dann ist man auch besser vorbereitet.“ Welche staatstragende Erkenntnis vom Bankkaufmann, wobei ich sofort bei allen Bamkkaufleuten um Entschuldigung bitte, denn das war nicht abwertend für diesen Berufsstand gedacht, sondern die Aufforderung an den Ex-Minister von seinem Höhenflug zurück auf die Erde zu kommen. Ja, Jensilein sollte beten, daß nicht allzu viele Bürger während Corona genau hinsichtlich seiner Person getan haben. Das fällt nämlich desaströs aus!

Matthias
19 Tage her

Ein toller Artikel, großes Lob für den Autor und seinen Humor! Das war ja eine echte Satire-Sendung. Offenbar gibt es jetzt einen Wettbewerb der Wendehälse wie 1989 in der DDR, dazu gehörte übrigens auch Frau Illner. Spahn ist jetzt der Söder der CDU, kann sich schneller wenden als sein Chef. Das ist eine tolle Empfehlung für hohe Ämter in seiner posten- und machtgierigen Opportunistenpartei. Die Zuschauer, die sich ein solches Spektakel ansehen, werden wohl als völlig blöd vorausgesetzt.