Die Union gewinnt die Wahlen und wird sich nach links öffnen. Das starke Ergebnis der AfD weist in die entgegengesetzte Richtung. Es ist ein Signal der Bürger an die etablierte Politik: Der ersehnte Politikwechsel könnte herbeigeführt werden, würde sich die Union nur trauen. Von Fabian Kramer

An diesem Abend sitzen Vertreter von Union, SPD und Grünen bei Maybrit Illner und sprechen über das vorläufige Ergebnis der Wahl. Es ist noch nicht sicher, ob das Bündnis Sahra Wagenknecht in den Bundestag kommt. Ein Einzug des BSW würde für die Union eine Koalition mit SPD und Grünen bedeuten. Mittlerweile ist zwar klar, dass es für Schwarz-Rot reicht – das konnte aber noch keiner der Beteiligten zu dem Zeitpunkt wissen.
Die Runde liefert die Erkenntnis, dass es ein weiter Weg zu einer stabilen und handlungsfähigen Regierung sein dürfte. Denn große inhaltliche Schnittmengen gibt es zwischen den drei Parteien kaum. Einig ist man sich nur darin, dass man die AfD weit weg von politischer Verantwortung halten möchte. Ob der Kampf gegen Rechts ein vernünftiges Projekt für einen konservativen Bundeskanzler ist, darf bezweifelt werden. Aber vermutlich zwingt die Angst vor einer Teilhabe der AfD an einer Regierung das mögliche neue „Bündnis“ zusammen.
Merz erringt einen schwachen Sieg
Im Fußball-Jargon würde man das Abschneiden der Union bei dieser Bundestagswahl als Arbeitssieg bezeichnen. Es reicht klar für den ersten Platz, aber ein großes Plus konnte Merz der Union nicht beschaffen. Selbst im Vergleich zu Angela Merkel ist das Ergebnis dürftig. Die ewige Bundeskanzlerin kam nie unter 30 Prozent – selbst nach 2015 und der großen Grenzöffnung nicht.
Die Miene von Generalsekretär Carsten Linnemann ist deshalb auch nicht sonderlich fröhlich, als er über den Wahlsieg der Union spricht. „Wir haben die Wahl gewonnen“, verkündet er nüchtern. Offensichtlich schlägt ihm auf den Magen, dass es wahrscheinlich auf eine schwarze Ampel als mögliche Koalition hinausläuft. „Wir haben uns auf einen Partner eingestellt“, erklärt Linnemann. Zu diesem Zeitpunkt des Abends liegt das BSW im ZDF bei genau fünf Prozent und schafft es in den Bundestag.
Für die Sozialdemokraten ist der Wahlabend eine Qual. Das Ergebnis der Genossen ist miserabel – selbst für SPD-Maßstäbe. Olaf Scholz hat der Partei keinen Erfolg gebracht. Das verwegene Manöver, auf den unbeliebtesten Politiker Deutschlands zu setzen, ist krachend gescheitert. Ministerpräsident Stephan Weil flüchtet sich in abgedroschene Phrasen. Er meint: „Wir gewinnen zusammen, und wir verlieren zusammen.“ Bei der SPD haben durch das Wahlergebnis sehr viele Personen verloren. Die Fraktion hat sich halbiert. So viele neue Sonderbeauftragte kann die neue Bundesregierung nicht kreieren, um all die arbeitslosen Abgeordneten unterzubringen. „Es ist eine Zäsur für die SPD“, muss Weil feststellen.
Bei einer Bundestagswahl sind die Sozialdemokraten noch nie Dritter geworden. Es dürfte innerparteilich zum großen Stühlerücken kommen. „Wir haben innerparteilichen Diskussionsbedarf“, meint Weil zur Situation der SPD. Der Welt-Journalist Robin Alexander sieht die Hauptschuld für das Debakel der SPD beim Kanzler. „Olaf Scholz war ein sehr unpopulärer Kanzler“, bemängelt Alexander. Aus seiner Sicht war es ein grober Fehler der Partei, dass sie Scholz die Kandidatur nicht entrissen hat.
Für die Grünen ist der Abend ebenfalls wenig erfreulich. Die Partei verliert im Vergleich zu 2021 deutlich, obwohl der Medienliebling Robert Habeck Bündniskanzlerkandidat der Wende-Partei ist. „Wir haben uns aus dem tiefsten Loch gekämpft“, erklärt Grünen-Chef Felix Banaszak. Die Schuld am schlechten Abschneiden sehen die Grünen nicht etwa bei sich selbst, sondern bei der Union und Friedrich Merz. „Die Gesprächsfähigkeit mit Merz hat uns geschadet“, vermutet Banaszak. Es war in der Rückschau nicht sonderlich clever, die Union vonseiten der Grünen unter Faschismusverdacht zu stellen. Schließlich ist die Union die einzige Machtoption der Grünen. Die Omas gegen Rechts haben am Ende lieber bei der Linkspartei ihr antifaschistisches Kreuz gemacht als bei den Grünen.
Wer hat die AfD stark gemacht?
Die Alternative für Deutschland hat bei dieser Wahl ihren bundesweiten Durchbruch gefeiert. Mit über zwanzig Prozent ist die AfD mit Kandidatin Alice Weidel klar die zweite Kraft im Land. Die bundesrepublikanische Wirklichkeit im öffentlich-rechtlichen Fernsehen wird an diesem Abend bei Illner nicht abgebildet. Denn statt mit der AfD über ihren Erfolg zu sprechen, wird lediglich von anderen über die Partei gesprochen. Die Journalistin Eva Quadbeck vom Redaktionsnetzwerk Deutschland sieht Friedrich Merz in der Verantwortung für das starke Abschneiden der AfD und der Linken. „Merz’ Verhalten in der Migrationspolitik war nicht geschickt“, kritisiert Quadbeck. Aus Sicht der Journalistin war die gemeinsame Abstimmung mit der AfD ein Fehler.
Was die AfD wirklich stark gemacht hat, ist aber keine Abstimmung im Bundestag, sondern ihre Hartnäckigkeit beim Thema Migration und innere Sicherheit. Für über die Hälfte der Deutschen ist die Union hauptverantwortlich für die unbegrenzte Masseneinwanderung. Viele Bürger vernehmen die Worte von Friedrich Merz, die oft hart klingen und in die richtige Richtung weisen. Aber sie sehen, dass Merz schnell wieder zurückrudert, sobald es medialen Druck gibt. Die deutsche Politik kommt in Sachen Migration einfach nicht ins Handeln.
„Wir waren in Sachen Migration auf einem guten Weg“, findet Stephan Weil. Es habe Konsensgespräche zwischen Ampel und Union gegeben, berichtet er. Einen wirklichen Konsens habe es aber nie gegeben, korrigiert Robin Alexander. „Die Einigung von Olaf Scholz mit den Ministerpräsidenten wurde von der Grünen-Fraktion blockiert“, erläutert Alexander. Ob Bezahlkarte oder Reduzierung des Familiennachzugs – alles wird von den Grünen torpediert. Von genau jenen Grünen, die die Union womöglich für ihre Regierung brauchen könnte. „Es braucht eine Kraftanstrengung aus der Mitte heraus“, fordert Robin Alexander.
Aber was ist nach dieser Wahl überhaupt die Mitte? Die Gesellschaft verlangt nach Wandel, doch statt einer bürgerlichen Mehrheit kommt es im schlimmsten Fall zu einer linksdominierten Koalition. „Wir haben vier Jahre Zeit, die Probleme zu lösen“, mahnt Stephan Weil aus Angst vor der AfD. Ob die Parteien links der Mitte aber überhaupt verstanden haben, was die gravierendsten Probleme sind, ist zweifelhaft. Die Runde bei Illner vermittelt eher den Eindruck, dass die Union von den anderen Parteien erpresst werden wird. Der Schwanz wedelt mit dem Hund, nicht der Hund mit dem Schwanz. Solange es eine Brandmauer gibt, besteht eine linke Vorherrschaft in jeder Regierung.
Sie müssenangemeldet sein um einen Kommentar oder eine Antwort schreiben zu können
Bitte loggen Sie sich ein
Die Gäste, heute bei Hart aber Fair:
Wolfgang Schmidt, SPD
Philipp Amthor, CDU
Marie-Agnes Strack-Zimmermann, FDP
Andreas Audretsch, Grün*Innen
Noch Fragen zum ÖRR?
Bei Haf haben sie den Knall immer noch nicht gehört. Klamroth zieht links durch! Nicht die zweit stärkste Kraft wird eingeladen, sondern eine die aus dem BT geflogen ist. Der Phantom Schmerz in den ÖRR Redaktionsstuben, über den Verlust ihres Märchenbuchonkels, muß übermächtig sein.
Die Grünen braucht die Union nun wohl nicht – auch wenn es sehr gefährlich ist, mit so einer hauchdünnen Mehrheit von gerade mal 12 Stimmen Schwarz-Rot angehen zu wollen. Eine „umstrittene“ Abstimmung, zum Beispiel im Bereich Migration, und die 12 Abweichler hat es bei der SPD schnell zusammen. Mal schauen, ob da nicht doch noch die Grünen mit an Bord kommen. Außerdem sind die SPD-Roten bei der Immigration genauso fanatisch wie die Grünen – sh. Antifa-Faeser. Da glaube ich keine Sekunde an eine Kehrtwende. Zumal die Union auch keine Druckmittel hat. Jede auch nur Erwähnung einer Kooperation mit der AfD… Mehr
Ich freue mich schon darauf zuzusehen, wie Merz als Kanzler untergeht.
Mit Merz gibt’s keine Grenzschließungen, sagt er sofort an Tag 1 nach der Wahl: https://x.com/WallStreetMav/status/1894044464500388292
Der Mann ist nicht nur die Fortsetzung von Scholz – sondern auch von Merkel. Für solche genügt es, sich über die Zeit fest genug im Kanzleramt festzusurren um uns zu schaden, wo sie nur können!
Hoffnung besteht nur darauf, dass der Wind aus Westen meinetwegen ihn mitsamt dem Kanzleramt hinweg blasen möge.
Wie immer im ÖRR, man spricht ÜBER eine Partei, aber nicht MIT ihr. S. Weil wird zudem gar nichts ändern, vielleicht verliert er bei der nächsten LT-Wahl seinen Chefsessel, das könnte sich also ändern. Ganz so euphorisch würde ich es nicht sehen, dass die AfD ihren bundesweiten Durchbruch erzielt hat, denn da hätte sie >25% der Stimmen erhalten. Der Osten war´s mal wieder, der die AfD in diese Sphären katapultiert hat. Der Westen wählt lieber Schwarz und suhlt sich weiter auf dem Ruhekissen des ehemals vorhandenen Wohlstandes. Man muss aber den Achtungserfolg der AfD anerkennen, da ist noch Luft nach… Mehr
Merz und Söder, jeweils ein Mann, ein Wort!??? Sie drehen sich schneller als der Bürger denkt und das Universum lenkt. Glückwunsch an die Deutschen, euer Siechtum wird weitergehen, euer Wille, durch diese Wahl geschehen. Wer das nicht will, hört auf zu schimpfen und zu motzen, vereint euch endlich um mannhaft gegen dieses System zu kämpfen und zu trotzen. Tut ihr es wieder nicht, das deutsche Licht, schneller als ihr denkt endgültig dann erlischt.Auf Grund meines Alters werde ich es kaum erleben festzustellen, ob es Licht oder Nacht wird, bin aber nicht unglücklich darüber, allein die Dämmerung genügt, wenn ich mir… Mehr
Diese konsequente Ignorierung und Ausgrenzung des Wählerwillens, sowie die daraus resultierende zunehmende Polarisierung und Radikalisierung aller Seiten wird in wenigen Jahren zum Zusammenbruch der Demokratie führen und in einem Bürgerkrieg münden. Während Merkel und die Ampel die Demokratie und ihre Institutionen immer weiter ausgehölt und geschwächt haben, wird die kommende Regierung ihr den Todesstroß versetzen, weil man 4 Jahre weiter dieses Land zerstören wird, und der wahre wirtschaftliche Zusammenbruch damit erst noch kommt. Die Wahlbeteiligung war so hoch, wie seit 1998 nicht mehr, weil viele Leute gemerkt haben, dass es dieses mal um Alles ging. Damit ist das Enttäuschungspotential aber… Mehr
Der […] Politikwechsel […]“, den der Autor Fabian Kramer zur Sprache bringt, wird mit der BRD-Partei CDU/CSU mitnichten gelingen, da die BRD der Ideologie der sogenannten „Transformation“ unserer Heimat folgt (https://www.fdp.de/lindner-will-transformation-von-wirtschaft-und-gesellschaft), sprich Kommunismus, die zwar durch die Autochthonen (verstärkt) abgelehnt wird, da jene im eigenen Vaterland ruhen möchten (siehe das verdoppelte Wahlergebnis der rechtsnationalen BRD-Partei AfD), das allerdings die BRD keineswegs zur Kenntnis nimmt, da diese dahingehend konstruiert wurde, dass sie gegen die Interessen der Einheimischen handelt, das sogar öffentlich kommuniziert wird (https://www.youtube.com/watch?v=QNyLvPPVszQ ab 2:20 Minuten), das bedeutet, dass die Problematik mitnichten die sogenannten „etablierten BRD-Parteien“, darstellen, sondern das Problem ist… Mehr
Kein Stress, die Administration der USA schafft die nächsten Jahre Fakten.
Es war von vornherein klar. Das erste, was der Union unter Merz wieder einfällt, ist es, die Bürger in die Pfanne zu hauen. So wie unter Merkel. Meine Hoffnung für dieses Land schwindet täglich. Sie werden noch den Rest zusammenhauen, sie werden alles kaputt machen. Weil sie es können.