Bei Miosga: Vier Gäste, zwei Ängste – Putin und Trump

Was bringt es, wenn alle Gäste einer Meinung sind? Wenig. Und wenn Annalena Baerbock mit dabei ist: Wenig, aber in langen, lustigen Sätzen. Die absurdesten Redebeiträge lesen Sie hier. Spoiler: „Wahlmunipalition“ ist auch dabei. Von Michael Plog.

Screenprint: ARD / Caren Miosga

Der Eklat zwischen US-Präsident Donald Trump und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyi vor den Fernsehkameras der Welt hat für die deutsche Noch-Außenministerin Annalena Baerbock Konsequenzen: „Es bedeutet ebend auch, dass wir ganz anders und zwar viel stärker für unsere eigenen Interessen und unsere eigenen Werte als Europäer einstehen müssen.“ Für diese Erkenntnis brauchte sie einen längeren Anlauf, denn: „Wenn wir da als nüchterner Bürger auf diese Szenen schauen. Ich musste zweimal zwischendurch ausschalten, weil ich’s nicht ertragen konnte, in der Art und Weise, wie da mit dem ukrainischen Präsidenten umgegangen wird.“

Zoff im Weißen Haus
Selenskyj und Trump: Eine diplomatische Katastrophe
Dass Selenskyi ausschließlich gedemütigt wurde, aber selbst überhaupt nichts falsch gemacht und schon gar nicht den Streit ausgelöst haben könnte, wie Psychologen analysieren, steht für die Runde außer Frage. Selbst ein entsprechender Einspieler wird in diese Richtung umgedeutet: Darin kommt der republikanische US-Senator Lindsey Graham zu Wort, bis vor wenigen Tagen noch „beinharter“ (Miosga) Freund des Ukrainers. Er habe Selenskyi vor dem Eklat gesagt, er solle sich mit Trump auf keine Debatten einlassen. Aber Selenskyi habe sich respektlos verhalten. Er müsse nach dem Eklat zurücktreten oder jemand anderes schicken, mit dem die USA verhandeln könnten.

Und was zieht Miosga aus dem Einspieler, der sogar korrekt untertitelt wurde? Graham habe Selenskyi „gewarnt, sich nicht zu sehr reizen zu lassen.“ Nur so passt es in diese Diskussionsrunde. Und die steigt munter ein: Armin Laschet (CDU) findet es seltsam, dass mit J.D. Vance „plötzlich der Vizepräsident da“ gewesen sei, „der sich in das Gespräch einmischt, und dann fallen sie alle übereinander. Jeder redet“. CNN-Korrespondent Frederik Pleitgen stößt ins selbe Horn: „Warum der Vizepräsident in so ’ner Runde überhaupt zu Wort kommt, ist mir ein absolutes Rätsel.“ Aber Graham sei sowieso unglaubwürdig, weil er ständig die Meinung wechsele. Pleitgen malt Charakterzüge eines Markus Söder oder Wolfgang Kubicki: Graham sei „der größte Opportunist“.

Für Kriegsexpertin Claudia Major ist das entgleiste Gespräch zwischen Trump und Selenskyi Grund genug, die USA gleich zum neuen Feind zu erklären: „Es zeigt, dass die USA kein Verbündeter mehr sind. Dass sie sich immer mehr von den demokratischen Werten entfernen, dass sie immer autokratischer werden.“ Die USA seien „keine Schutzmacht mehr“, sondern „eher ein Risiko für uns in Europa. Wir müssen anerkennen, dass sich unser Verbündeter nicht mehr wie ein Verbündeter verhält, sondern zu einem Sicherheitsrisiko für Europa wird“.

Selenskyi sei ohnehin nur das Bauernopfer, weil Trump den Krieg nicht wie angekündigt innerhalb von 48 Stunden habe beenden können. Es gehe ja auch um viel mehr, sagt sie. Russland habe Schlimmes vor: „Dann ist nach der Ukraine halt das nächste Ziel dran.“

Baerbock sieht Europa „wirklich an einer Wegscheide, wie die Welt in Zukunft sortiert wird“. Und „durch Social Media ist alles einfach dreifach schneller als noch vor zwanzig Jahren.“ Major fordert einen weiteren, unerbittlichen Kampf „gegen Russland und für die Ukraine“, damit diese „keinen Siegfrieden akzeptieren muss“, und, „damit Russland nicht glaubt, es hat die nächste Chance, Europa zu überrennen.“

Da kommt ein weiterer Einspieler gerade recht: Der britische Premierminister Keir Starmer kündigt schonmal Bodentruppen und Kampfjets für die Ukraine an. Europa müsse nun „die Hauptlast tragen“.

Auch diese Aussage erntet in der Runde keinerlei Kritik oder Widerspruch. Ganz im Gegenteil. Laschet fordert ein Sondervermögen für die Bundeswehr, „weil wir jetzt ein Riesenvolumen brauchen“. Baerbock stimmt mit ein: „Deswegen Schuldenbremse jetzt reformieren, deswegen wir brauchen das Geld, wir brauchen jetzt das Geld. Die drei Milliarden, die müssen jetzt von Deutschland kommen an die Ukraine. Wir können jetzt nicht kleckern, sondern wir müssen klotzen.“ Zwischendurch atmet sie.

Dritte Stimme im Gleichklang dieses Verschuldungskanons: die Waffenlady in Stöckelschuhen. Claudia Major erinnert an die deutsche Geschichte: „Bei der Wiedervereinigung hat auch niemand gefragt, wie teuer ist das.“ Die Frage sei jetzt: „Was ist uns die Freiheit wert?“ Major meint, „dass wir die Aufgabe haben, uns anders aufzustellen, und das geht nicht mit Taschengeld“.

Baerbock hat noch einen anderen Gedanken. Um keinen Fehler bei der Transkription zu machen, zitieren wir sicherheitshalber ungekürzt. Baerbock: „Ich mein’, das ist jetzt hochkomplex, dieses ganze Bild. Da ist jetzt der Moment, wo man alles dafür tun muss, dass die Amerikaner bei uns bleiben, und die sind ja nach wie vor NATO-Mitglied, deutlich zu machen, das wird auch Konsequenzen für die Vereinigten Staaten haben. Weil, natürlich muss sich auch ein US-Präsident der USA fragen, er hat ja noch ein paar andere Interessen auf der Welt, im Indopazifik, welches Land auf dieser Welt möchte Geschäfte in Zukunft mit den USA machen, wenn sie die Sorge haben müssen, am nächsten Tag komplett vorgeführt zu werden, oder dass man sich auf gar nichts mehr verlassen kann. Und diese Botschaft deutlich zu machen, wo steht Amerika in den nächsten Jahren, und dann ist deren Logik ja immer wirtschaftlich, aber sie haben ja auch maximale Interessen wirtschaftlich.“

Ganz neue Idee: ALLE (!) einer Meinung
Und wenn wir es richtig verstanden haben, schlägt die Taliban-erfahrene Ministerin außerdem vor, ein geeintes Europa könne ja auch mit anderen Ländern zusammenarbeiten, etwa mit Saudi-Arabien oder den Emiraten. Die hätten wenigstens keine Atomwaffen.

Europa, so Baerbock, müsse nun geschlossen auftreten, „um deutlich zu machen, und das ist das Wichtige: Es wird gar keinen Frieden geben können, wenn dieser Frieden gegen die Ukraine und damit die Europäer gerichtet ist. Und deswegen ist diese absolute Geschlossenheit ist jetzt so wichtig und nicht dieses ‚Man vermittelt jetzt zwischen den USA‘. Also das muss zurückgeholt werden, und dann deutlich zu machen, damit nie wieder der Angriffskrieg nach Europa zurückkehrt“.

Frieden, der sich gegen ein Land richtet. Sie sagt es wirklich so.

Putin greife bereits jetzt neue Ziele an, so Baerbock: „Es geht um die kleine Republik Moldau, die Putin seit Jahren versucht ohne Soldaten einzunehmen, Wahlmunipalition, vieles, vieles andere. Wir haben die ganze Zeit das Zündeln im Baltikum.“

Auch die scheidende Außenfeministerin blickt in die Geschichte: „Nach ’45 dank der Alliierten, und dass wir heute mehr als 80 Jahre später in Frieden und in Freiheit leben, wir haben nach wie vor amerikanische Truppen in Europa stationiert zu einer jahrzehntenlangen Absicherung des Friedens, zu einer jahrzehntenlangen Absicherung dessen, dass damals von Nazi-Deutschland nie wieder Gewalt ausgeht, zur Absicherung nach der Wiedervereinigung, wo ja Osteuropäer auch gesagt haben, was bedeutet das für unsere Sicherheit, dieses Vertrauen zu schaffen, und deswegen ist die Langfristigkeit so entscheidend, dass wir als Europäer wirklich, und deswegen ist die finanzielle Frage auch so wichtig, über Jahrzehnte deutlich machen, wir investieren auf Jahrzehnte in diesen Frieden auf diesem Kontinent, damit gar keiner es wagen kann, zu sagen, vielleicht in zehn Jahren, vielleicht können wir da unser Aggressionsversuch noch einmal starten.“

Und was lernen wir aus diesem Abend: Streitgespräch war gestern. Es reicht, wenn Annalena spricht.

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Kommentare ( 91 )

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Stefferl
15 Tage her

Ich möchte hiermit einen Spendenaufruf starten. Können wir uns nicht einmal zusammentun, um der Annalena Baerbock einen Deutschkurs beim Goethe-Institut zu schenken?

Stefferl
15 Tage her

Vielleicht haben wir Glück und der Deutsch-Englisch-Übersetzer in den USA versteht einfach nicht, was Annalena sagen möchte. Ich habe es ja auch nicht verstanden. Es wird Zeit, daß Baerbock endlich aus diesem Amt entlassen wird. Die hat schon genug Schaden angerichtet. Die anderen Experten waren übrigens auch nicht besser. Immer, wenn sich eine ungediente Frau als Expertin zu einem militärischen Thema äußert, kommt eigentlich ein Schmarrn dabei heraus.

Ein Mensch
15 Tage her

Für mich als halbwegs intelligenten Menschen (ich weis, Eigenlob stinkt) ist es unmöglich, irgendeinen Sinn in dem Gerede der besten AM aller Zeiten zu erkennen.

Will Hunting
16 Tage her

Krieg ist das Ergebnis eines ungelösten Konfliktes, das mit Sicherheit gelöst werden konnte.

Haeretiker
16 Tage her

Mein Favorit ist Baerbocks Aussage:
„… wir haben nach wie vor amerikanische Truppen in Europa stationiert zu einer jahrzehntenlangen Absicherung des Friedens, zu einer jahrzehntenlangen Absicherung dessen, dass damals von Nazi-Deutschland nie wieder Gewalt ausgeht,…“
Hier gelangt semantische Kritik an seine Grenzen.

DerletzteMohikaner
16 Tage her
Antworten an  Haeretiker

Mit Syntax und Semantik der deutschen Sprache steht Baerbock auf Kriegsfuß. Die Fronten sind extrem verhärtet. Ein Friedensschluss erscheint völlig unmöglich!

Monostatos
16 Tage her

Natürlich wird es Frau Mioska tunlichst vermeiden, tatsächliche Experten wie Harald Kujat in ihre vermeintliche Talkshow einzuladen, weil die Konfrontation mit der Realität für Ideologen nicht erträglich ist. Ganz nach der Erkenntnis des italienischen Rennfahrers Carlo Franchi: „ Ein Ideologe ist ein messerscharfer Denker, der sich niemals von Fakten beirren lässt.“

Dr. Rehmstack
16 Tage her

Vielleicht sollte man auch mal diese Zahlen in die Betrachtung mit einbeziehen: die Aktie von Rheinmetall notiert heute mit 1.133,50 und hat damit in den letzten fünf Jahren einen Zugewinn von 1.329,83 % zu verzeichnen. Man könnte sich schon vorstellen, dass dahinter doch einige wichtige Interessenten aktiv sind.aktienkurs rheinmetall chart

Ein Mensch
15 Tage her
Antworten an  Dr. Rehmstack

Denken Sie da etwa an Agnes, Roderich, Norbert, Friedrich, Anton und andere Personen?

Biskaborn
16 Tage her

Es wird täglich abstruser, was deutsche Politiker und Journalisten zu diesem Thema absondern. Insbesondere was Frau Baerbock zu Protokoll gibt ist schon nicht mehr mit absonderlich ausreichend beschrieben! Sie macht Deutschlandweit nun endgültig zu Lachnummer!

Kassandra
16 Tage her

Während sie in den USA wie in Argentinien mit Milei ihre „Crusade“ gegen die Woken längst begannen haben hier solche wie Baerbock immer noch den politischen Schlüssel in der Hand – und werden ihn auch in der neuen kleko nicht abzugeben bereit sein. Gut zuhören und mitlesen. Auf dem Governers Ball in Washington DC wurde die einprägsame Parole laut ins Rund gesungen. Und so siehts wohl aus, wenn man in einem Buch eine neue Seite aufschlägt und sich dabei auf das stützt, was bislang trägt – und das stärker ins Blickfeld gerückt sehen will: https://x.com/Scavino47/status/1893505457534185543 Von solcher Aufbruchsstimmung sind wir… Mehr

Will Hunting
16 Tage her
Antworten an  Kassandra

Linke sind Menschenfreunde. Klar, daß sie den Schulterschluss mit den Ukrainern bilden. Warum diesen Linken allerdings die jungen russischen Soldaten und deren Angehörige egal sind, entzieht sich komplett meiner Wahrnehmung. Man muss beide Seiten zum Frieden zwingen, egal wie. Die Europäer, mehrheitlich links? scheinen kriegsgeil zu sein. Der Amerikaner dessen müde. Das werden spannende Zeiten.

Anglo-Saxon Broadsword
16 Tage her

Die Bundesdeutlichmacherin wieder in gewohnter Topform! Hut ab!
Wäre doch gelacht, wenn „wir“ Putin und gleich anschließend China nicht noch das Zittern in den Stiefeln beibringen würden! Wer würde sich nicht todesmutig der modernen Schießerei am OK Corral beteiligen, wüssten er an seiner Seite Doc Holiday Laschet und die heldenhafte Munitions-Marketenderin Claudia Major, Schulter an Schulter mit Cowgirl „LangeindenUSAgelebt“ Lenilein!
Wenn dann noch zur Verstärkung Hilfssheriff Carlo Masala an der Seite der erbarmungslosen EU-Marshalls Merz, Macron und Starmer mit einreitet, dann Gnade Dir Gott, Vladimir Putin! Slava Ukradingsbums! ✊
😱…🤣🤣🤣