Wüst und Söder führen Stellvertreterkrieg um Große Ferien

Nordrhein-Westfalen und Bayern streiten darüber, wann wo Große Ferien beginnen sollen. Doch dabei geht es eigentlich um einen Stellvertreterkrieg, den die Kronprinzen Hendrik Wüst und Markus Söder führen – auf reichlich absurde Weise.

Imago/ Sammy Minkoff

Du bist ein junger Mann in Troja. Dein Vater und deine Brüder sind im Krieg gefallen, du selbst musst ständig in die Schlacht und gescheit zu essen gibt es wegen der Blockade auch nicht. Das alles nur, weil der blöde Paris nicht die Hände von Helena lassen kann, obwohl die eigentlich mit Menelaos verheiratet ist. So entstehen Kriege – und die einfachen Bürger müssen darunter leiden.

So gesehen geht es den Bayern, Schwaben, Badenern und Württembergern noch vergleichsweise gut. Die müssen nicht in den Krieg mit Nordrhein-Westfalen ziehen. Noch nicht. Obwohl sich ihre beiden Landesväter gerne streiten. Aktuell ist das Recht der Bayern auf späte Sommerferien in Gefahr. Dieses Privileg wird unter anderem von Nordrhein-Westfalen bezweifelt, die ihre Kinder auch mal bis September von der Schule daheimlassen wollen.

Deren Ministerpräsident Hendrik Wüst ist wie Menelaos schlau genug, andere nach vorne, in dem Fall vor die Kamera ziehen zu lassen, um diesen Ferienkrieg zu führen. Andere vor die Kamera zu lassen ist aber nicht die Sache von Markus Söder. Oder schlau sein. Aber schlau wirken, das will der bayerische Ministerpräsident gerne. Deswegen sagt er, die späten Ferien gehörten zur “DNA der Bayern”.

Das klingt so klug. So modern und wissenschaftlich. Das Image hätte der bayerische Landesvater auch so gerne. Deshalb sagt der Söder Markus, dass Wissenschaft und Forschung zur bayerischen DNA gehört. Die “innere Sicherheit ist CSU-DNA“ laut Söder. Auch “Wintersport und Berge” hat er schon zum “Teil unserer DNA” erklärt. “Schützenvereine gehören zur bayerischen DNA” hat er auf X auch schon geschrieben. “Bodenständigkeit und Lebensfreude” sind für ihn ebenfalls – ok, das Muster ist jetzt klar. DNA-Vergleiche machen die Söder-DNA aus.

Kurzer Einschub weg von Söder und hin zur Sachlichkeit: Die Länder starten ihre Große Ferien zu verschiedenen Zeitpunkten, um allzu große Reisewellen und Megastaus zu vermeiden. Während die 14 Nordbundesländer mit dem Beginn rotieren, starten Bayern und Baden-Württemberg erst Ende Juli oder Anfang August und ziehen ihre Ferien dann bis in den September hinein. Dieses Privileg begründen sie damit, dass ihr Nachwuchs bei Ernten oder im heimischen Tourismus helfen müssten. Für die Familien der beiden Südländer bringt es obendrein den Vorteil mit sich, in der Nebensaison verreisen zu können und so durchaus spürbare Summen sparen zu können.

Enden wird das Theater um die Große Ferien mit einem Kompromiss in der Konferenz der Kultusminister. Die anderen Länder können ihre Ferien dann schon früher im Juni starten oder gemeinsam mit den Südländern den späten Spot besetzen. Dann ist das Sommertheater beendet. Eigentlich kein Grund, sich groß aufzuregen. Doch hinter dem Theater steckt ein Stellvertreterkrieg, den die beiden Ministerpräsidenten als Ersatzkrieg führen.

Bevor die Union Friedrich Merz als Kanzlerkandidaten ausgerufen hat, haben sich Wüst und Söder diese Rolle durchaus selbst zugetraut und gewünscht. Falls Merz vorzeitig fällt, was nach dem Auftakt der schwarz-roten Koalition gar nicht mehr so undenkbar ist, sehen sich die beiden Kronprinzen als die legitimen Nachfolger. So beginnen Kriege – und sei es Stellvertreterkriege.

Daher lassen Wüst und Söder keine Chance aus, sich öffentlich zu bekabbeln. Wüst etwa, indem er öffentlich auftritt und Merz die Kanzlerschaft andient. Söder, indem er Wüst einen Tag später dafür tadelt, sich öffentlich über die Frage geäußert zu haben, da doch Schweigen verabredet war. Söder, indem er an die Abhängigkeit Nordrhein-Westfalens vom bayerischen Geld aus dem Länderfinanzausgleich erinnert. Wüst, indem er den Musterschüler spielt, der mehr Windräder bauen will als Bayern, weil das den künftigen wirtschaftlichen Erfolg bringe. Söder plappert mitunter Unsinniges – Wüst setzt es um. Der Stellvertreterkrieg in der Union geht weiter – sinnvoller als in der Sache Große Ferien wird es kaum werden. Wie im Fall Troja geht es den Bürgern dabei nicht wirklich gut.

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Kommentare ( 16 )

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16 Comments
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Logiker
25 Tage her

„Wüst und Söder führen Stellvertreterkrieg um Große Ferien“

Ist halt blöd, wenn in Deutschland gerade keine Fußball-WM stattfindet.
Da muß eben etwas anderes zur Ablenkung von den großen Schweinereien her.

Last edited 25 Tage her by Logiker
Nibelung
25 Tage her

Haben die beiden keine anderen Sorgen als sich um Kaiser`s Bart zu streiten, denn während bei uns die Hütte lichterloh brennt, gönnen sie sich noch den Luxus der Ablenkung und das läßt auch nicht hoffen, hier geeignete Kandidaten vor sich zu haben, denn wer sich über Schmierenkomödien profilieren will belegt im Grunde genommen, daß er genauso konzeptionslos ist wie die Regierenden in Berlin. Das alles zusammen läßt nichts gutes erwarten, zumal diese Misere nicht über Nacht über uns hereingebrochen ist, sondern schon vor weit über zehn Jahren initiiert wurde, wo man sich schon damals die Frage stellen mußte, wo kommt… Mehr

Arthur Dent
25 Tage her

Irgendwie gab es zu meiner Schulzeit einen Lehrplan und der war genau auf die 39 Wochen Schulzeit durchgetaktet. Wenn man jetzt dynamisch die Ferien verschiebt, hat man einmal ein Schuljahr mit 33 Wochen, das nächste mal eines mit 45 Wochen.
Sollte das egal sein, dann scheint man die Lehrpläne stark gekürzt zu haben, so dass man auch schon in 33 Wochen mit dem Stoff durch ist.

Paprikakartoffel
25 Tage her

Schulferien ab Mitte Juni sind großer Mist, wenn man nicht gerade im ÖD (und da: Abteilung haltunghabende Sesselpuper bzw Parteibuchträger) ist. Das dann oft wechselhafte Wetter müssen die Kinder in D aussitzen, weil keiner der ausländischen Kunden der arbeitenden Eltern versteht, daß „Juni“ jetzt ein Ferienmonat sein soll, August aber nicht.

Reisen in den dann allein berufsverträglichen letzten beiden Juliwochen sind für mehr-als-ein-Kind-Familien endgültig unbezahlbar. Solche Sommerferien machen nur die Veranstalter von Ferienkursen & -lagern reich. Mal abgesehen davon: Die Viermal-Jährlich-Verreiser plus zwei, drei „Kurzausflüge“ sind keine Familen mit Schulkindern, sondern eher kinderlose Akademikerehepaare.

Spyderco
25 Tage her

Was soll die Personendebatte?
Ob Söder,Wüst oder Klingbeil in Zukunft die Einheitspartei anführt,wird die Politik dieser höchstens marginal ändern!

Waehler 21
25 Tage her

Söder ist ein knallharter Zentrumspopulist. Von Räuber Hotzenplotz bis Swami Sivananda Saraswati (Guru) . Söder kann alles, solange er es auch aussprechen kann.
Sein Kontrahent setzt da mehr auf präsidieren, mildvolles Lächeln, Lächeln , Lächeln.
Beide eint aber das magere Ergebnis ihres polnischen Handelns. Der eine mit tausend Plänen , der andere ohne einen einzigen Plan.

Holger Wegner
25 Tage her

Nebensaison sind dann vielleicht die letzten beiden Ferienwochen, wobei nur ein Teil die dann -wegen der Konkurrenz in der Firma- genehmigt bekommt. In vielen Firmen hat sich da auch etabliert, dass gewisse Leute 4 Wochen am Stück in ihre Heimat dürfen („sonst rentiert sich die lange Fahrt ja nicht“, gewohnt wird dort aber gratis), während der Michel dafür nur 2 Wochen am Stück bekommt, macht ja nix, weil mehr kann der sich als Unterkunftszahlender eh nicht leisten.

Brauner Bodensatz
25 Tage her

Ein Konflikt, der in gewissen Turnussen immer mal wieder hochkocht (hochgekocht wird). Relevanz: null. Bayern wird eher aus dem Deutschen Bund austreten;-) als hier Zugeständnisse zu machen. Wenn Wüst nicht schon sein Abi erschlichen hat, wird er darum ebenfalls wissen. Es ist also in der Tat eine sozusagen indirekte (Stellvertreter-) Thematik. Allerdings meine ich weniger, dass es um die Personen geht. Merzel hat fast 1 Bio Teuronen für den Kanzlersessel bezahlt, er hätte jetzt (und würde auch zukünftig) noch (viel) mehr bezahlt/bezahlen, er hält sich für den Größten, einzig Wahren, er wird definitiv 2029 wieder antreten (er wird auch definitiv… Mehr

Raul Gutmann
26 Tage her

Na bravo: die zwei größten – mit Verlaub – Verräter des bürgerlichen Lagers kämpfen um die Position, durch regierungsmediale Unterstützung dieses in den Untergang zu führen.
Es ist nahezu ausgeschlossen, eine Politik zu definieren, die Wilhelm II. als letztem deutschen Kaiser ferner gewesen wäre.

Peter Pascht
26 Tage her

Sie meinen
„Wüst und Söder führen Kindergarten um Große Ferien“
Warum müssen die Ferien Termine bundesweit einheitlich sein in einem dezentralen Schulsystem ?
Bei unterschiedlichem Wetter und geografisch unterschiedlichen Nachbarländer.

Kassandra
26 Tage her
Antworten an  Peter Pascht

Tja. Wenn Merz uns weitere Billionen aus den Rippen schneidet – wer kann dann noch in Urlaub fahren? Denn Merz will an die 2,8 Billionen Euro auf den Konten der Deutschen!“ https://www.youtube.com/watch?v=ZxLK3-HMTXU Und eine hat er schon – wenn nicht Marcel Luthe dem vor dem BVG noch Einhalt gebieten kann: “Über der Koalition schwebt das Damoklesschwert dieses Verfahrens”, sagt der Berliner Unternehmer Marcel Luthe im Gespräch mit Euronews. Denn seine Gewerkschaft reichte zwei Klagen gegen den Schuldendeal beim Bundesverfassungsgericht ein, dessen Urteil immer noch aussteht. (…) Richter am Ende der Laufbahn sind unabhängig. Deshalb braucht die Koalition Frauke Brosius-Gersdorf und… Mehr