SPD gibt Nicht-Antwort auf 551 Fragen: Alles soll so bleiben, wie es ist

Es war abzusehen: Die SPD winkt im Streit um bundesfinanzierte Polit-Vereine ab und verschickt ein Schreiben voller Floskeln: Nichts zu sehen hier, bitte weitergehen! Die Union steht vor der Kanzlerwahl immer noch zahnloser da. Und die Regierung verweigert jede Verantwortung für ihre Ausgaben.

picture alliance / ZUMAPRESS.com | Sachelle Babbar

Die Union ist mit ihrem Katalog von 551 durchaus kritischen Fragen zum Verhältnis zwischen Bundesregierung und mehreren vorgeblich „gemeinnützigen Körperschaften“ (vulgo „NGOs“) krachend gescheitert. Wie schon aus den Sondierungsgesprächen herausdrang, haben SPD und Union sich „auf einen Umgang mit den Fragen“ verständigt, der darauf hinausläuft, dass es zwar Antworten geben sollte, die aber so nichtssagend ausfallen, dass sicher nichts aus ihnen folgt. Was die Union daraus macht, darauf darf man gespannt sein.

Die Krone setzten dem Geschehen die Grünen auf, als sie mitten in den Verhandlungen um zwei gigantische Schuldenprogramme (alias „Sondervermögen“) des Bundes die Forderung stellten, dass auch die ominöse „Zivilgesellschaft“ bei der Abwehr der russischen Gefahr helfen soll, und das natürlich in der Weise, die ihr allein zur Verfügung steht: mit der Abwehr von „Desinformation“ und „Fake News“ oder auch durch den „Schutz der informationstechnischen Systeme“, vulgo des Internets und seiner Plattformen. Das wäre dann laut den Grünen ein „umfassender, breiter und integrierter Sicherheitsbegriff“, der übrigens die eigenen Bürger als mögliche „Angreifer“ mit einschließt. In der Kontrolle der Datenströme treffen sich Union, SPD und Grüne am ehesten. Sie alle haben das Internet als den nächsten Endgegner schon ins Visier genommen.

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Das Manöver mit den 551 Fragen bestand also aus viel Theaterdonner, besaß aber am Ende wenig Substanz, was auch mit dem Fragezeitpunkt und der heiklen Situation der Union nach ihrem (vermeintlichen) Wahlsieg zu tun hatte. Klar war, dass es sich um eine Provokation gegen Rot-Grün handelte. Und das konnte man ja machen, aber man muss es dann durchhalten. Dazu gab es offenbar keinen Willen und kein Vermögen bei der Union. Man beließ es bei irreführenden Bierzeltreden, denen man in den Berliner Sondierungen den Weichspülgang folgen ließ.

Hinzu kam offenbar die mangelnde Bereitschaft der noch amtierenden Bundesregierung, sich klar zu einigen Fakten und Zahlen zu bekennen, vielleicht auch nur im Kleinen einmal ehrlich zu sein. Immer wieder schützt das Finanzministerium in seiner Antwort Unkenntnis und Rechercheprobleme vor. So heißt es etwa zu der Frage, welche gemeinnützigen Körperschaften denn nun mit Bundesmitteln gefördert wurden: Die „Rubrik ‚gemeinnützige Körperschaft‘ existiert … weder im Gruppierungs- noch im Funktionenplan, eine Auswertung der Datenbank zum Bundeshaushalt mit der Frage ‚gemeinnützige Körperschaft‘ ist daher nicht möglich.“ Mehr als Datenbanken-Abfragen können die Ministerialbeamten offenbar nicht, und auch das wohl nicht besonders gut.

Ein paar Zahlen gibt es doch

Zahlen nennt die Bundesregierung nur sehr ausnahmsweise in ihrem Schreiben. So verrät sie, dass sie einige der NGOs mit 6,4 Millionen Euro allein im laufenden Jahr gefördert hat. Den größten Batzen erhielt mit 2,6 Millionen Euro (in nur zwei Monaten!) die Amadeu-Antonio-Stiftung, die für einen strammen Links- und folglich Anti-Rechtskurs bekannt ist. Correctiv erhielt über 200.000 Euro von zwei Ministerien (Familie und Forschung).

Der Zweck solcher Organisationen ist ganz offenbar die politische Agitation. Insofern kann man sich nur wundern, dass das Finanzministerium in seiner Antwort über „gelegentliche Äußerungen zu tagespolitischen Themen“ spekuliert, die man als „geringfügige Verstöße unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsprinzips und dem ihm innewohnenden Bagatellvorbehalt“ ignorieren könne. Das ist so gründlich am Thema vorbei geschrieben, wie es nur geht.

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Man geht erst von nur „gelegentlichen“ politischen Äußerungen aus, um sie dann zur Bagatelle zu erklären, die zwar gegen das Gesetz verstößt, aber nicht für einen Entzug der steuerbegünstigten Gemeinnützigkeit ausreichen. Es gibt sie auch, die Verbände Peta, Greenpeace oder Foowatch, die eigentlich einen ganz anderen Zweck hatten, und vor der Bundestagswahl ihre „linke Seele“ entdeckten. Und auch das sollte schlimm genug für Konsequenzen sein. Aber Correctiv, die Amadeu-Antonio-Stiftung oder auch die Grünen-Vorfeld-Organisation Campact sind ein deutlich anderer Schuh. Viele der Vereine und Organisationen (etwa auch Omas gegen Rechts, Attac usw.) machen durchaus den Eindruck, dass sie fest ins politische Geschehen dieser Republik eingebunden sind. Und nun darf man sich fragen, was daran gemeinnützig sein soll.

Praktisch für die BuReg ist außerdem, dass die „Beurteilung steuerlicher Einzelfälle“, also auch die Prüfung der Gemeinnützigkeit „der jeweils zuständigen Landesfinanzbehörde“ obliegt. Man kann also wieder Behörden-Pingpong spielen. Die Verantwortung für eigene Ausgaben will man in dieser amtierenden Bundesregierung nicht übernehmen und zum anderen erklärt man sich für unfähig politische Einflussnahme bei den Geförderten zu erkennen.

So heißt es zur Frage nach dem Correctiv-Artikel „Die Rechtstreiber der CDU“: „Ob politische Tätigkeiten gemeinnütziger Körperschaften – falls diese dem Grunde nach überhaupt vorliegen – im Einzelfall zur Aberkennung der Gemeinnützigkeit führen, ist durch die jeweilig zuständige Landesfinanzbehörde unter Berücksichtigung des vollständigen und durch die Landesfinanzbehörde zu ermittelndem Sachverhalt zu entscheiden. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen.“

Der Bund weiß also nichts von politischer Aktivität bei der gemeinnützigen GmbH Correctiv und verweist auf die Landesfinanzbehörde. Auf diese Landesfinanzbehörden müsste nun ziemlich viel Arbeit zukommen – wenn, ja wenn die Union ihre Fragen ernst gemeint hat.

Antwort wäre nicht „ressourcenschonend“ gewesen

Durchaus heikel (in mehrfachem Sinn) sind Fragen wie die nach dem „Anteil der finanziellen Mittel“, die die Correctiv gGmbH aus staatlichen Quellen empfing. Denn hierzu müsste die Bundesregierung ja zunächst einmal wissen, welche Mittel Correctiv (oder die anderen Organisationen) aus privater Hand erhält. Und das war leider in der für die Beantwortung vorgesehenen Frist „nicht zu leisten“. So kann sich die Bundesregierung herausreden.Aber auch die Union hätte sich die komplizierten Fragen verkneifen können. Wollte sie vielleicht keine Antwort haben?

Auf die folgende, noch heiklere Frage nach der Beeinflussung von „politischen Entscheidungsprozessen“ und Gesetzesvorhaben durch Correctiv weicht die Bundesregierung wiederum aus. Denn nun soll es zu kompliziert und auch nicht rechtlich geboten oder „ressourcenschonend“ sein, Vorschläge, Papiere und Studien, die die Bundesregierung erreichen und die am Ende Eingang in Regierungshandeln finden, aufzulisten. Und das obwohl man doch im Juni 2024 selbst noch den „exekutiven Fußabdruck“ eingeführt hat, um Lobbygruppen, die sich beteiligen, zu demaskieren. Aber das war vielleicht zu spät.

Die häufigste Antwort lautet allerdings in etwa so: „Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen.“ Statt also Fragen zu beantworten, schreibt diese Regierung wortreiche Vorbemerkungen, in denen sie den parlamentarischen Fragestellern erklärt, dass sich die gestellten Fragen eigentlich gar nicht stellen. Außerdem sind der Bundesregierung auch manche Fragen zu unkonkret, wie etwa die: „Hat die Correctiv gGmbH in den letzten Jahren eine Erhöhung oder Kürzung staatlicher Mittel erfahren?“ Daran missfällt, dass es keinen exakten „Vergleichszeitpunkt“ gibt, auf den man sich beziehen könnte.

Union zieht sich selbst die Zähne

Und noch eine Antwort ist originell. Die gemeinnützigen Körperschaften sind also zur parteipolitischen Neutralität gezwungen – so könnte man denken. Aber das scheint noch mehr für die Bundesregierung zu gelten. Denn die darf sich – laut eigenem Ermessen – kein Bild zur parteipolitischen Neutralität der Correctiv-Website machen, und das wiederum „aufgrund des parteipolitischen Neutralitätsgebots“ (Frage 31). Das ist der blinde, taube, stumme Affe, der die Welt rettet. Aber natürlich nur, wenn es im Interesse des Affen ist. Daneben wissen die Regierenden sehr wohl, wo und bei wem sich Fördergelder in ihrem Sinne lohnen – zum Beispiel bei den Recherchen der Correctiv gGmbH.

Die hohe Zahl von 551 Fragen verdankte sich der systematischen Stellung derselben Fragen zu allen interessierenden Vereinen und NGOs. Diesen Fragenreigen der Union hat die Bundesregierung nur jeweils einmal beantwortet. In vielen Fällen hätte null Mal gereicht, denn so fielen die Antworten oft aus. Das Ergebnis ist ein Desaster für die Union, die sich hier mit großem Aplomb noch vor der Kanzlerwahl sämtliche Zähne selbst gezogen hat. Die in der Kleinen Anfrage angesprochenen Themen – das immerhin wurde deutlich – darf Merz in den kommenden vier Jahren nicht eingehender thematisieren, wenn er mit dieser SPD und den Grünen in der Hinterhand regieren will.

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Kommentare ( 65 )

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65 Comments
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der Albaner
6 Tage her

Gab nicht die Regierung in ihrem Namen die Antwort auf die 551 Fragen? Sie schreiben SPD.

Lafevre
6 Tage her

Die Möglichkeit einer Staatspleite wird einem zunehmend sympathisch. Wenn es denn der einzige friedliche Weg ist, den Sumpf trocken zu legen.

Ornhorst
6 Tage her
Antworten an  Lafevre

Nur, dass die Banken an der Staatspleite kein Interesse haben. Am Kreditwesen gedeihen die erst so richtig.

Kaltverformer
6 Tage her

Wenn die AFD schlau ist, dann stellen sie nach der linksgrünen Übernahme der Republik dieselben Fragen.

Ornhorst
6 Tage her
Antworten an  Kaltverformer

Ja, manch einer versteht offensichtlich bis heute nicht, wie das Spiel gespielt wird. Lügen, rechtsstaatliche Miene machen und Aussitzen.
Menschenskinder, warum sollte denn die AfD realistische Antworten von den Linken bekommen?

Kaltverformer
5 Tage her
Antworten an  Ornhorst

Liegt doch auf der Hand, oder nicht?
Als Stachel im Fleisch der Steuergeldabzweiger.

Natürlich. Die Systempresse würde das totschweigen, aber so Zeitungen wie Tichy würden das unter die Leute bringen.

Ornhorst
5 Tage her
Antworten an  Kaltverformer

Warum soll man sich denn hinsetzen, sich kluge Fragen überlegen – und man muss dabei auf jedes Wort achten – seine Zeit investieren, um sie Lügnern und Betrügern vorzulegen, die bislang nicht damit rechnen müssen, jemals für den Betrug am deutschen Volk oder dessen genetischer Ausdünnung, ihrer Selbstbereicherung und Vetternwirtschaft belangt zu werden?

Logiker
6 Tage her

• Diskussionen, die nur innerhalb eines festgelegten Rahmens geführt werden, führen zu kontrollierter Opposition.
 • Wer die Prämisse nicht hinterfragt, debattiert über Symptome, nicht über Ursachen.
 • Systeme erhalten sich selbst, indem sie Kritik nur auf oberflächlicher Ebene erlauben.

„Wer die Fragen bestimmt, kontrolliert die Antworten.“

Die Sozis und die Grünen lachen doch nur darüber – wie in einem schlechten Film, dessen Ausgang man längst ahnt.

Man sieht, Wahlen aus des jahrzehntealten Personalsumpf der Altparteien bringen nichts.

Eigentlich ganz einfach, oder?

Jens Frisch
6 Tage her

Der deutsche Steuerzahler ist die berühmt, berüchtigte Weihnachtsgans und jeder kann sich beim Ausplündern selbst bedienen – die „NGOs“ sind da nur die Spitze des Eisbergs: Einfach mal überlegen, welche Summen für Altenheime, Kindergärten und Flüchtlingsheime etc pp aufgebracht werden müssen und wer da in den Gremien und Vorständen sitzt.

CanTrucker
6 Tage her

[“ OK…wenn es keine klaren Antworten von diesen NGO-Fiktions-Show-DARSTELLERN in der Fa. BUNDESTAG GmbH und von den PARTEI-GmbH FIRMEN somit aus der FIRMA Bundesregierung GmbH kommen, weil es ja „GESCHÄFTSGEHEIMNISSE “ dann so als definiert werden, muss die WAHRHEIT auf den TISCH, a de facto de jure Wort für Wort, WAS das BLAU-WEISSE THEATER in Berlin ist, was die DARSTELLER sind, nach wessen GESCHÄFTSPLÄNEN und Gehorsamkeit diese zu funktionieren haben und diese für all die LÜGEN und daraus resultierten SCHÄDEN von privat zu privat in die private unbegrenzte persönliche Haftung und Verantwortung versetzt werden. Dafür muss sich aber auch getraut… Mehr

Supersilent
6 Tage her

Was nützt es wenn auf diese Missstände aufmerksam gemacht wird aber bei der nächsten Wahl der Michel sein Kreuz wieder an der selben Stelle macht? Hier ändert sich nie etwas, Deutschland hat fertig.

Biskaborn
6 Tage her

Was aber Merz darf, noch mehr Geld in diese NGO‘s pumpen, dafür werden SPD, Linke und Grüne sorgen, definitiv! Man darf jetzt allenfalls noch gespannt sein, was Herr Steinhöfel erreicht, der diese Fragen aufgegriffen und erneut gestellt hat.

verblichene Rose
6 Tage her

„Kleine“ Anfrage? Und das bei 551 möglichen Antworten?
So klein scheint das Problem ja nicht zu sein!
Anfragen sind übrigens das Mittel der Wahl. Was hindert den vermeintlich zukünftigen Kanzler dann eigentlich daran, unter Umgehung solcher Anfragen lösende Antworten zu finden?
Oder stellen sich solche Fragen etwa schon dann nicht mehr, wenn Herr Merz auf dem Regierungssessel Platz genommen hat?
Und wenn das zutrifft, warum stellt man dann überhaupt solche Fragen?

Ornhorst
5 Tage her
Antworten an  verblichene Rose

Bitte mal nachlesen, um welches wichtige Instrument es sich hier handelt: https://de.wikipedia.org/wiki/Kleine_Anfrage_(Deutschland) Es gibt nicht viele Möglichkeiten der Kontrolle der Parlamente. Diese ist die Wichtigste für den Bürger.

Last edited 5 Tage her by Ornhorst