Jetzt kommt die Kontaktsperre für alle, die nicht für andere arbeiten müssen

Die Maßnahmen, die Bundeskanzlerin bei der heutigen Konferenz mit den Länderchefs vorschlug, werden nun sogar schon zwei Tage früher als zunächst geplant kommen. Ab Montag soll mehr oder weniger alles stillstehen, was mit sozialem Leben und gemeinschaftlichem Vergnügen zu tun hat.

imago images / photothek

Die Beschlussvorlage, mit der Bundeskanzlerin Merkel heute in die Konferenz mit den Regierungschefs der Länder ging, ist Medienberichten zufolge im Großen und Ganzen angenommen worden. Das bedeutet das fast vollständige Einfrieren des sozialen Lebens in Deutschland. In der Vorlage, die schon vor der Konferenz bekannt geworden war, steht im Wortlaut: „Die Bürgerinnen und Bürger werden angehalten, die Kontakte zu anderen Menschen außerhalb der Angehörigen des eigenen Hausstands auf ein absolut nötiges Minimum zu reduzieren.“

Dieser Lockdown unterscheidet sich nur in zwei wesentlichen Punkt noch von dem des März: Weder Schulen und Kindergärten, noch der Einzelhandel sollen geschlossen werden. Auch betont die Beschlussvorlage, dass man „in Industrie, Handwerk und Mittelstand sicheres Arbeiten möglichst umfassend ermöglichen“ wolle. Unmittelbare zusätzliche Einschränkungen für das produzierende Gewerbe sind also nicht vorgesehen.

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 Wie Medien aus den Verhandlungen berichteten, sollen sie Maßnahmen nun sogar schon am 2. November, also am Montag in Kraft treten. In der Beschlussvorlage stand der 4. November. Ziel sei es „zügig die Infektionsdynamik zu unterbrechen, damit in der Weihnachtszeit keine weitreichenden Beschränkungen im Hinblick auf persönliche Kontakte und wirtschaftliche Tätigkeit erforderlich sind. Familien und Freunde sollen sich auch unter Corona-Bedingungen in der Weihnachtszeit treffen können.“

Im Einzelnen soll laut Vorlage des Kanzleramtsfolgendes gelten:

  • „Der Aufenthalt in der Öffentlichkeit ist daher ab sofort nur mit den Angehörigen des eigenen und eines weiteren Hausstandes gestattet. Dies gilt verbindlich und Verstöße gegen diese Kontaktbeschränkungen werden entsprechend von den Ordnungsbehörden sanktioniert. Darüber hinausgehende Gruppen feiernder Menschen auf öffentlichen Plätzen, in Wohnungen sowie privaten Einrichtungen sind angesichts der ernsten Lage in unserem Land inakzeptabel. Bund und Länder wirken bei den verstärkten Kontrollen zusammen.“
  • „Bürgerinnen und Bürger werden aufgefordert, generell auf private Reisen und Besuche -auch von Verwandten- zu verzichten. Das gilt auch im Inland und für überregionale tagestouristische Ausflüge. Übernachtungsangebote im Inland werden nur noch für notwendige und ausdrücklich nicht touristische Zwecke zur Verfügung gestellt.“
  • „Institutionen und Einrichtungen, die der Freizeitgestaltung zuzuordnen sind, werden geschlossen.“ Dazu gehören laut Vorlage: „Theater, Opern, Konzerthäuser, und ähnliche Einrichtungenb. Messen, Kinos, Freizeitparks und Anbieter von Freizeitaktivitäten (drinnen und draußen), Spielhallen, Spielbanken, Wettannahmestellen und ähnliche Einrichtungen“, „Prostitutionsstätten, Bordelle und ähnliche Einrichtungen“, „der Freizeit- und Amateursportbetrieb auf und in allen öffentlichen und privaten Sportanlagen, Schwimm- und Spaßbädern“, „Fitnessstudios und ähnliche Einrichtungen“. Nicht enthalten ist in der Aufzählung allerdings der Spielbetrieb des Profi-Sports.
  • Veranstaltungen, die der Unterhaltung dienen, werden untersagt“. Von Profi-Sportveranstaltungen war in der Beschlussvorlage nicht die Rede. Laut Medienberichtensoll soll Profisport im November nur noch ohne Zuschauer zugelassen werden. Das gelte auch für die Fußball-Bundesliga.
  • Gastronomiebetriebe sowie Bars, Clubs, Diskotheken, Kneipen und ähnliche Einrichtungen werden geschlossen. Davon ausgenommen ist die Lieferung und Abholung mitnahmefähiger Speisen für den Verzehr zu Hause.
  • Dienstleistungsbetriebe im Bereich der Körperpflege wie Kosmetikstudios, Massagepraxen, Tattoo-Studios und ähnliche Betriebe werden geschlossen, weil in diesem Bereich eine körperliche Nähe unabdingbar ist. Medizinisch notwendige Behandlungen, zum Beispiel Physiotherapien, bleiben weiter möglich. Friseursalons bleiben unter den bestehenden Auflagen zur Hygiene geöffnet.“ Eine Begründung, warum Friseursalons ausgenommen werden, findet sich nicht.
  • „Der Einzelhandel bleibt unter Auflagen zur Hygiene, zur Steuerung des Zutritts und zur Vermeidung von Warteschlangen insgesamt geöffnet. Dabei ist sicherzustellen, dass sich in den Geschäften nicht mehr als ein Kunde pro 25 qm Verkaufsfläche aufhält.“
  • „Schulen und Kindergärten bleiben offen. Angesichts der hohen Infektionszahlen werden weitere Schutzmaßnahmen durch die Länder eingeführt.“

Zusätzlich zu den schon beschlossenen sozialstaatlichen und wirtschaftspolitischen Unterstützungszahlungen stellt die Beschlussvorlage weitere Zahlungen in Aussicht:

  • „Für die von den temporären Schließungen betroffenen Unternehmen und Einrichtungen wird der Bund eine Nothilfe“ (hier vermerkt die Beschlussvorlage: „Konzept wird in der MPK erläutert“ ) gewähren, um sie für die finanziellen Ausfälle zu entschädigen.“
  • Außerdem soll „der Bund Hilfsmaßnahmen für Unternehmen verlängern und die Konditionen für die hauptbetroffenen Wirtschaftsbereiche verbessern (Überbrückungshilfe III). Dies betrifft zum Beispiel den Bereich der Kultur- und Veranstaltungswirtschaft. Außerdem wird der KfW-Schnellkredit für Unternehmen mit weniger als 10 Beschäftigten geöffnet und angepasst.“

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Unternehmen sollen zwar weiterarbeiten, allerdings hätten Arbeitgeber „eine besondere Verantwortung für ihre Mitarbeiter, um sie vor Infektionen zu schützen“. Darum soll „jedes Unternehmen in Deutschland auch auf Grundlage einer angepassten Gefährdungsbeurteilung sowie betrieblichen Pandemieplanung ein Hygienekonzept umsetzen und angesichts der gestiegenen Infektionszahlen auch nochmals anpassen. Ziel ist u.a. nicht erforderliche Kontakte in der Belegschaft und mit Kunden zu vermeiden, allgemeine Hygienemaßnahmen umzusetzen und die Infektionsrisiken bei erforderlichen Kontakten durch besondere Hygiene- und Schutzmaßnahmen zu minimieren. Bund und Länder fordern die Unternehmen eindringlich auf, jetzt wieder angesichts der hohen Infektionszahlen, wo immer dies umsetzbar ist, Heimarbeit zu ermöglichen. Die für den Arbeitsschutz zuständigen Behörden sowie die Unfallversicherungsträger beraten die Unternehmen dabei und führen Kontrollen durch.“

Die sogenannten „vulnerablen Gruppen“, also Menschen in Krankenhäusern, Pflegeheimen, Senioren- und Behinderteneinrichtungen, und zwar Patienten und Bewohner ebenso wie das Personal, sollen auf Kosten des Bundes mit Schnelltests  regelmäßig auf Infektion getestet werden.

„Bund und Länder“, heißt es in der Beschlussvorlage werden „die Kontrollen zur Einhaltung der Maßnahmen flächendeckend verstärken und dabei auch mittels verdachtsunabhängiger Kontrollen, insbesondere im grenznahen Bereich, die Einhaltung der Quarantäneverordnungen überprüfen.“

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Kommentare ( 288 )

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moorwald
4 Jahre her

Nur ein Aufstand kann noch helfen, der auch in passivem Widerstand bestehen könnte.
Von Politikern darf man nichts mehr erwarten.

moorwald
4 Jahre her

Weltgericht
Wenn die jetzt verordneten MIttel nicht wirken sollten, was ziemlich sicher ist, wird die Regierung nichts revidieren, sondern zu „Mehr desselben“ greifen.

Sie kann gar nicht anders, da die Fiktion der Unfehlbarkeit ihre einzige Daseinsgrundlage ist.
Und so muß es auch sein – bis zum Untergang, der so vieles mit sich reißen wird.
Wäre man bloßer Zuschauer, so könnte man dieses Drama und Lehrstück mit intellektueller Befriedigung verfolgen.
Denn diese Unentrinnbarkeit hat etwas beinahe Kosmisches. Ein bißchen von einer Beethovenschen Symphonie (Eroica oder c-moll /Erste Sätze).
Oder von einer Lawine.

Peter Pascht
4 Jahre her
Antworten an  moorwald

„Wenn die jetzt verordneten MIttel nicht wirken sollten“
dan ist doch klar warum, weil sie sich nicht darn gehlten haben. Einfache SED-Demagogie.
So nach dem Motto, wenn die Räder beim PKW auf dem Eis durchrutschen muss man noch mehr Gas geben.
„Sie kann gar nicht anders, da die Fiktion der Unfehlbarkeit ihre einzige Daseinsgrundlage ist.“ Wie einst bei der SED auch.

Silverager
4 Jahre her

Sie verwechseln „Neuinfektionen“ mit „PCR-Tests“.
Bei massenhaften Tests können die Medien den Bürgern gewaltige „Neuinfektionen“ vorgaukeln.

moorwald
4 Jahre her

Merkel und Gefolge beschützen nicht das Volk, sondern bestrafen es präventiv.

mlw_reloaded
4 Jahre her

Planlos ohne es zu kaschieren. November Shutdown, Weihnachten Party, Januar wieder Shutdown. Fasching mit Maske, dann aber gleich wieder alle nach Hause.

Warum nicht gleich kompletter Shutdown auf Dauer, und pro Quartal eine staatlich organisierte Freibier-Sause um die Suizidrate im Zaum zu halten?

moorwald
4 Jahre her

Kontaktsperre – woran erinnert uns das?

Ein ganzes Volk wird an harmlosen, zwischenmenschlichen Kontakten, die das wirkliche Bindemittel einer Gesellschaft sind, gehindert.
Was steckt dahinter?
Man muß die Menschen aus ihren gewachsenen Bindungen lösen („Kulturevolution“…HJ, FDJ,), damit sie beliebig formbar und beherrschbar werden.
Auch darin folgt die Physikerin a.D. bekannten Mustern.

Gruenauerin
4 Jahre her

Heute wurde wieder erzählt, dass man wohl bis 2022 rechnen müsse und man das Virus nicht so schnell losbekommen könnte. Ehrlich, man bekommt das Virus nie los, aber man kann als normaler Mensch damit leben. Wir leben doch auch seit Ewigkeiten mit grippalen Infekten, die übrigens auch zum Tode führen können. Unser Körper hat gelernt mit Schnupfen und Husten zu leben und auch wenn sich Fieber dazu gesellt. Viren in jeglicher Form wirken immer auf uns ein. Als ganz normaler Bürger sollte man endlich mit dem Mist aufhören und sich nicht mehr darum kümmern, was diese Unregierung so von sich… Mehr

EndemitdemWahnsinn
4 Jahre her

Restaurants z.B. arbeiten doch auf für andere, für die Gäste.
Das ist wieder so ein typisch dummer, schwammiger Satz von Merkel.

EndemitdemWahnsinn
4 Jahre her

Sehe ich genauso. Die Rentner, die nicht mehr gezwungen sind, auf die Arbeit zu gehen, haben es selbst in der Hand, zuhause zu bleiben und sich zu schützen. Der Gefahr am meisten ausgesetzt sind eigentlich die, die arbeiten MÜSSEN, gerade z.B. die Lehrer mit großen Schülergupppen auf engstem Raum, da man gerade die Schulen komischerweise nicht schliessen will, was die Wirtschaft am wenigsten belasten würde. Ansonsten denke ich auch, sollte jeder für sich entscheiden können, welchem Risiko er sich selbst aussetzt, wenn er Freizeitaktivitäten usw. nachgeht oder eben nicht.

Jan des Bisschop
4 Jahre her

Es ist doch wunderbar, wie sich diese großartige Frau um uns dumme Bürger sorgt, dass wir dafür ein paar Freiheitsrechte abgeben müssen ist nur zu verständlich, dass das ganze ohne rechtliche Grundlage erfolgt, ist doch nur natürlich. Wenns nach mir ginge dürfte es kein Jahr mehr ohne Corona oder ähnliche Hysterien geben. Früher wurde viel zu viel Geld in Vergnügungen, wie Sport, Messen, Partys und sonstige überflüssige Veranstaltungen ausgegeben. Nur die Veranstalter gehen Pleite, aber das gute Gefühl, dass das Geld an den wertvollsten Teil der Bevölkerung, die Neubürger, geht, steigt und die leiden doch am meisten unter diesen selbstverständlichen… Mehr