Brüssel reguliert den Keim zugrunde

In den USA erlebt die Datenökonomie einen Boom wie zu Zeiten der industriellen Gründerjahre. Ob Amazon, Microsoft oder Google – Amerika investiert massiv in die Infrastruktur der Wirtschaft von morgen. Brüssel hingegen erweitert vor allem seinen Regulierungskatalog.

screenshot - zuckerberg

In Louisiana entsteht in den kommenden Jahren das größte Rechenzentrum der Welt: Mit dem Project Hyperion plant der Betreiber „Meta“ (ehemals Facebook) bis 2030 ein KI-Datenzentrum mit einer Gesamtrechenleistung von 3.200 ExaFlops in Betrieb zu nehmen. Ein Exaflop ist eine Maßeinheit für die Rechenleistung eines Supercomputers und steht für eine Trillion Gleitkommaberechnungen pro Sekunde – also eine Milliarde Milliarden Rechenoperationen in nur einer Sekunde (10¹⁸ FLOPS, Floating Point Operations per Second).

Zum Vergleich: Ein moderner Laptop schafft etwa ein paar Billionen (Teraflops), ein Exaflop-System ist im Vergleich dazu rund eine Million Mal leistungsfähiger.

Das notwednige Areal wird laut CEO Mark Zuckerberg etwa ein Viertel der Fläche Manhattans einnehmen – ein Mega-Projekt, das bislang ein Investitionsvolumen von bis zu zehn Milliarden US-Dollar verschlungen hat.

Zusätzlich baut Meta weitere KI-Cluster wie „Prometheus“, um die Rechenkapazitäten für die sogenannten „Superintelligence Labs“ signifikant zu erhöhen. Hyperion und Prometheus bilden das Fundament von Metas Strategie, sich technologisch gegen Konkurrenten wie OpenAI, Google DeepMind und Anthropic durchzusetzen – eine inner-amerikanische Angelegenheit sozusagen. In Amerika ist eine neue Gründerzeit angebrochen. Diesmal dreht sich alles um den Rohstoff der Ökonomie von morgen: Um Daten und deren effiziente Steuerung.

USA in Pole-Position

Offene Märkte und ein innovationsfreundlicher Regulierungsrahmen haben die mächtige und dynamische amerikanische Investitionsmaschine in Gang gesetzt. Einmal ins Rollen gebracht, fällt es schwer, mit ihr Schritt zu halten. Die derzeit über 5.400 Rechenzentren dürften Schätzungen zufolge eine Rechenleistung von 30 bis 50 ExaFlops zur Verfügung stellen. Eine exakte Statistik über die kumulierte Leistung liegt derzeit noch nicht vor. Aber es lassen sich aufgrund bekannter Projekte wie dem aktuell leistungsstärksten Supercomputer „El Capitan“ mit einer Leistung von 1,7 ExaFlops entsprechende Hochrechnungen anstellen.

Der jährliche Energieverbrauch der Center in den USA wird zum gegenwärtigen Zeitpunkt auf 224 Terawattstunden (TWh) gschätzt. Die USA antworten auf die rasche Zunahme der Datenströme mit einer massiven Investitionswucht und haben sich so die Pole-Position im internationalen Wettbewerb strategisch gesichert. Allein das Hyperion-Projekt wird in wenigen Jahren eine Rechenleistungen von sagenhaften 3.200 ExaFlops bereitstellen. Über 50 Prozent der weltweiten Rechnerkapazitäten sind derzeit „Made in USA“ – ein geostrategisches Pfund im Falle einer Infrastruktur, die in den kommenden Dekaden einen erheblichen Anteil an der Erwirtschaftung und Verteilung des Wohlstands der Nationen haben wird.

Rechenzentren bilden das Rückgrat der modernen Industrie und ihrer Wertschöpfungsketten. Sie versorgen Banken, Krankenhäuser und Fabriken mit digitaler Rechenleistung – und dies rund um die Uhr. Eine moderne Ökonomie wäre ohne sie nicht mehr vorstellbar: Zahlungsverkehr, Logistik, Stromhandel, Kommunikation – Produktivität entsteht heute nicht mehr durch Maschinen allein. Datenströme der Künstlichen Intelligenz, Cloudspeicher und vernetzte Systeme steigern die Effizienz in allen Sektoren des Wirtschaftslebens.

Besonders datenintensiv sind hierbei die Schlüsseltechnologien der nahen Zukunft wie das autonome Fahren, vollautomatisierte Fabriken oder KI-Diagnostik, um nur einige wenige populäre Anwendungsbereiche zu nennen.

Die USA haben dem Gaul sprichwörtlich zu Sporen gegeben und bereits während der ersten Amtszeit von US-Präsident Donald Trump regulatorische Hürden aus dem Weg geräumt. Der regulatorische Mut loszulassen, zahlt sich jetzt aus.

Kontrastbild Europa

Ein anderes Bild ergibt sich für die europäische Konkurrenz. Europäische Datenzentren verfügen bei einer installierter Rechenleistungen von 2-4 ExaFlop lediglich über einen Anteil von 15 Prozent am globalen Markt. Unter den Europäern nimmt Deutschland mit 529 Datencentern die führende Position ein, gefolgt vom Vereinigten Königreich mit 523. Trotz einer Wachstumsrate von neun Prozent reißt die Kapazitätslücke zu den USA weiter auf. Wir stehen vor einem der dynamischsten Märkte der Wirtschaftsgeschichte.

Regulatorische Hürden wirken hier wie Vollbremsungen, wenn Konkurrenzstandorte vor einem offenen Horizont stehen und sich frei entfalten können.

Man sollte keine allzu üppige Ernte erwarten, wenn man vor der Aussaat den Ackerboden zu einem großen Teil versiegelt oder das Saatgut limitiert. Genau das ist es, was die Europäische Union im Falle der Datenökonomie betreibt. Die Regulierungsweltmeister aus Brüssel haben alles Erdenkliche dafür getan, dass die Infrastruktur der Ökonomie der Zukunft, die auf effiziente und skalierte Dateninfrastruktur aufsetzt, zunächst einmal andernorts, vor allen Dingen in den USA, ihre Zukunft sucht.
Klimagerechte Datencenter

Während die USA und China mit Hochdruck die digitale Infrastruktur der Zukunft ins Werk setzen, diskutiert Europa über Begrünungspflichten und Emissionsziele für seine Rechenzentren. Man hat in Brüssel offenbar die geopolitische Bedeutung und den wettbewerbsintensiven Charakter dieses Sektors nicht vollständig erfasst.

Im Falle der EU waren die Regulatoren wieder einmal schneller, als der Markt überhaupt ein relevantes regulierbares Angebot schaffen konnte. Mit Rahmengesetzen wie dem Digital Services Act (DSA) oder dem Digital Markets Act (DMA) erweckt Brüssel den Eindruck, das dynamische Wachstum der amerikanischen Konkurrenz hemmen zu wollen, anstatt selber mit investitionsfreundlicher Regulierung in die Offensive zu gehen.

Denn, seien wir ehrlich, Verbraucherschutz und Datensicherheit sind für Brüsseler Funktionäre nicht einmal zweitrangige Faktoren innerhalb ihrer Handlungsmatrix. In Wahrheit hat man sich längst dem technologischen Rückstand eingestanden und setzt nun auf die regulatorische Bremse.

Ob sich die amerikanischen Technologieriesen Amazon, Microsoft, Meta, Google oder X von der feindseligen Haltung Brüssels beeindrucken lassen, ist eher fraglich. Sie wissen mit US-Präsident Trump auch die Politik auf ihrer Seite. Und die hatte bereits angekündigt, bei übertrieben invasivem Verhalten der Europäer ihrerseits in Brüssel zu intervenieren.

Europas Digitalpolitik gleicht einem Rückzugsgefecht

Statt der Wirtschaft den Raum zu geben, Kapazitäten zu schaffen, schnürt Brüssel kleinteilige Regelpäckchen, die wie Blei auf dem Markt lasten. Die überarbeitete EU-Energieeffizienzrichtlinie (EED) verpflichtet ab Betreiber größerer Rechenzentren (ab 500 kW) seit dem vergangenen Jahr zu umfassenden Nachhaltigkeitsberichten. Archiviert werden Daten zum Stromverbrauch, der Anteil erneuerbarer Energien, Wasserbedarf, Abwärmenutzung, Begrünung – die bürokratische Regelungswut fächert sich auf groteske Weise ausgerechnet in einer Branche auf, die einmal zum Effizienzmotor der Wirtschaft aufsteigen soll.

Das Ergebnis der fleißigen Brüsseler Regulierungsarbeit kann sich aus amerikanischer Sicht durchaus sehen lassen: US-Anbieter dominieren heute 80 Prozent des europäischen Cloudmarktes. Auch technologisch hinkt Europa hinterher: Neue Chancen wie Edge-Computing, ARM-basierte Server oder modulare Mini-Rechenzentren bleiben weitgehend ungenutzt.

Hintergrund des Bürokratensturms ist, wie sollte es anders sein, die eminente EU-Klimastrategie: Bis 2030 will man den CO₂-Ausstoß der EU-Wirtschaft um 55 Prozent reduzieren, bis 2050 dann das Ziel der Klimaneutralität erreichen. EU-Europa erklärt die Zukunftsinfrastruktur der Ökonomie faktisch zu einem Emissionsproblem.

Dabei ist gerade dieser Bereich der fundamentalen Infrastruktur auf Energie angewiesen – sehr viel Energie. Ein einziges KI-Modell kann Millionen Kilowattstunden verbrauchen. Wer hier mithalten will, braucht Strom, Fläche, politische Planungssicherheit – und Infrastruktur. Doch Europa – allen voran Deutschland – hat sich mit dem Green Deal und dem Atomausstieg faktisch aus dem Rennen verabschiedet.

Rechenzentren als Machtfrage

Rechenzentren erfüllen neben ihrer enormen ökonomischen Bedeutung auch eine wachsende geopolitische Funktion. Wer sie kontrolliert, herrscht gewissermaßen über die Datenflüsse, setzt Standards in der digitalen Kommunikation und dominiert industrielle Prozesse. In hybriden Konflikten werden sie zu Zielen von strategischer Bedeutung.

Europas technologische Abhängigkeit von den USA und China wächst. Sicherheitsrisiken und die wachsende Anfälligkeit für Cyberattacken machen Europa strukturell erpressbar – diese Gefahren lassen sich nicht aus der Welt regulieren.

Dass Berlin diesem Problemkomplex mit der Gründung eines neuen Ministeriums  begegnet, bestätigt, was wir bereits ahnten: Die deutsche Politik ist entweder nicht willens oder nicht in der Lage, den regulatorischen Eifer Brüssels einzuhegen und die zweifellos existenten unternehmerischen Potenziale des Landes im Bereich der Datenökonomie zu entfesseln.

Die Gründung des Digitalministeriums ist ein Akt stiller Resignation, eine politische Routine der Hilflosigkeit, da die Welt außerhalb des Klimaparadieses Fakten schafft, während man selbst nicht mehr in der Lage ist, die bürokratischen Krallen einzufahren.

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Kommentare ( 18 )

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Teiresias
21 Tage her

Und wer hat die Kontrolle über die EU?
Wessen Interessen werden in Brüssel vertreten?

Alleine die Macht der US-Ratingagenturen über die Zinsen in Europa dürften als Kompromat ausreichen, um Brüssel dazu zu bringen, nach der US-Pfeife zu tanzen.
Legt man noch die Erpressbarkeit führender Politiker wie „e-mail“-von-der-Leyen in die Waagschale, sollte man sich nicht wundern, daß die EU alles tut, was die USA will.

Die EU ist dadurch eine Waffe der USA gegen Europa.

Last edited 21 Tage her by Teiresias
Ahnungslos
20 Tage her

Die USA haben eindeutig eine starke Wirtschaft und klotzen ran, wie man in dem Artikel sieht, aber es gibt auch andere Länder, von denen wir uns eine Scheibe abschneiden können. Ich bin neulich bei meinem Broker über einen unbekannten Israel-ETF gestolpert und habe dazu etwas recherchiert. Danach war ich sehr! erstaunt, was ich alles über Israel gelernt habe, daß immer nur! im Zusammenhang mit dem Nahost-Konflikt erwähnt wird. Israelische Innovation in Zahlen (Stand ca. 2023–2024): *Über 6.000 Start-ups bei nur ~9 Millionen Einwohnern *Pro Kopf mehr Patente, Risikokapitalinvestitionen und Start-up-Gründungen als fast jedes andere Land. *In Tel Aviv ist die… Mehr

Gert Lange
21 Tage her

Der neue Kollektivismus (Sozialismus im neuen Gewande) wird verstärkt in Brüssel gemacht und entmachtet gerade das Primat der Ökonomie. Das machen die Kollektivisten immer wieder, um sodann auch immer wieder wirtschaftlich zu scheitern, wie alle Kollektivisten vor ihnen. Intelligente lernen auch aus den Fehlern der anderen, Dumme lernen nicht nicht einmal aus den eigenen Fehler, oder?

bkkopp
21 Tage her

Es könnte sein, dass der größte Teil des Problems auf staatlicher Ebene beginnt. Gestern war zu lesen, dass der Versuch die Gesundheitsämter zu digitalisieren ( die mit den Fax-Maschinen) trotz ca. € 800 Mio. Aufwand weitgend mißlungen sei, weil aus kleinkarierter Kirchturmpolitik der Länder einfach kein “ System “ zustande kommt. Sie wollen immer alles selber basteln, anstatt auf transparenter Konkurrenzbasis von IT-Firmen ein koherentes System entwerfen und dann vom Auftragnehmer errichten zu lassen. Wenn die Firmen entsprechende Großaufträge hätten, dann würden sie auch in Europa große Rechenzentren bauen (für die man viel preisgünstigen Strom braucht ) und in ständiger… Mehr

Gert Lange
21 Tage her

Was ist denn eine Rechenleistung von 1 GigaWatt, ist das viel, oder?

bfwied
21 Tage her

Die Europäer sind insgesamt deutlich links, das bedeutet, dass alles von oben her feinmaschig geregelt wird. Dass diese Leute nicht erkennen können, was für die Bürger notwendig ist, sieht man schon lange. Niemand will gläsern sein, auf Schritt und Tritt beobachtet und analysiert werden, aber genau das wollen die Brüsseler und Berliner. Anstatt die Ämter so zu digitalisieren, dass die Abläufe, die zuvor von Hand/PC auf Papier dokumentiert werden mussten, nun von Computern u. KI übernommen u. somit beschleunigt werden, wird die Kontrolle und Überwachung mit der Digitalisierung ausgebaut und Firmen mit einem ungeheuren Vorschriftenwust überzogen. Wo die USA entwickeln… Mehr

Nacktflitzer
21 Tage her

Das Problem sind nicht nur die EU-Bürokraten. Fragen Sie die den durchschnittlichen Tagesschau-Konsumenten: Man will keine (innovativen) Industrien in Deutschland. Es sind nicht nur die irrationalen Ängste vor allem was neu ist oder mit Atomkraft zu tun hat. Der Durchschnittsdeutsche hat keinen blassen Schimmer von Wertschöpfung und Wohlstand. Geld wird gedruckt, basta! Und wenn keines mehr da ist, nimmt man es von den „Reichen“. Man hat das Schulsystem untergraben, um die Menschen zu indoktrinieren. Es gibt Klimaunterricht, aber keine finanzielle Grundbildung. Die Bürger wurden zu einer gefügigen Masse dumm-erzogen.

Last edited 21 Tage her by Nacktflitzer
Michael Palusch
21 Tage her

mit einer Gesamtrechenleistung von zwei Gigawatt in Betrieb zu nehmen.

Ab hier habe ich schon aufgehört zu lesen.
Zwei Gigawatt Gesamtrechenleistung sind das Gegenstück zu dem, wenn Özdemir davon spricht, dass wir im Spitzenlastbereich, Mittags zwischen 11 und 12, ca. 80 Gigabyte Strom verbrauchen.

Karl-Heinz Peters
21 Tage her
Antworten an  Michael Palusch

Ging mir genauso. Seit wann wird die Rechenpower eines RZ in Gigawatt gemessen???

Alfons Kuchlbacher
20 Tage her
Antworten an  Michael Palusch

„kumuliertes Datenvolumen von 17,5 Gigawatt“
Ich glaube es liegt nicht nur an der EU-Regulierungswut, dass wir hier weit im hintertreffen sind.

Steuernzahlende Kartoffel
21 Tage her

Die EU ist, anders als früher die EWG, anders als zu ihren Anfängen, eine rückwärtsgewandte Organisation, die einfach nur Schiss vor der Zukunft hat – und vor ihren Bürgern, die sie maximal einhegen und kontrollieren will.

Rob Roy
21 Tage her

Seit Anbeginn der Industriellen Revolution hat alles wirtschaftliche Wachstum mit Energie zu tun. Und zwar günstiger und überall und jederzeit verfügbarer Energie.
Jedes Dritte-Welt-Land weiß das sehr gut. Aber nur Deutschland weiß es richtig besser.

Last edited 21 Tage her by Rob Roy
Thilo Braun
21 Tage her

Im Grunde doch alles kein Problem. Die EU ist ohnehin technologisch abgehängt und auf die US Tech Riesen angewiesen. Wenn die EU ordentlich reguliert, werde hier eben keine Technologiezentren geschaffen. Wenn die EU zu sehr mault, wird das Leistungsangebot hier eben abgeschaltet. Die Tech Unternehmen werden in anderen Regionen sinnvoll investieren. Wenn es in der EU keine nennenswerte Industrie mehr gibt, ist auch die Klimaneutralität erreicht. Solange es hier noch Menschen gibt, denen etwas weggenommen werden kann, wird das funktionieren.