Der rote Faden der CDU-Unterwürfigkeit: Von Borchardt bis Brosius-Gersdorf

Die CDU hat sich bei der Unterstützung für die linke Verfassungsrichteranwärterin Brosius-Gersdorf nicht erstmals der SPD unterworfen. Der Angriff auf die Verfassung durch Personalpolitik in den Verfassungsgerichten wiederholt sich im Fall Brosius-Gersdorf. Erinnerung an den Fall Barbara Borchardt.

IMAGO

Viele Menschen und nicht wenige Wähler reiben sich verwundert die Augen: Wie kann die CDU einer ultralinken Kandidatin wie Frauke Brosius-Gersdorf den Weg ins Bundesverfassungsgericht ebnen? Ein Tribut an eine unglückliche Koalition mit der SPD? Mitnichten. Wer glaubt, die CDU verrate hier völlig überraschend noch einmal mehr konservative Grundwerte, hat nicht aufgepasst – denn der Verrat am Bürger- und Wählerwillen hat absolut System.

Die Union ist seit Jahren bereit, wirklich sämtliche Prinzipien über Bord zu werfen, sobald sich damit ihre eigene Machtbasis sichern lässt. Sofern Prinzipien überhaupt jemals vorhanden waren.

Im Jahr 2020 wählte die CDU in Mecklenburg-Vorpommern zusammen mit SPD und Linken eine bekennende Linksextremistin und Mauer-Verherrlicherin zur Verfassungsrichterin: Barbara Borchardt. Schon damals wurde klar, dass der Parteitagsbeschluss, nicht mit Linken oder AfD zusammenzuarbeiten, nur dann gilt, wenn es um die Abgrenzung nach rechts geht. Nach links ist jeder Dammbruch willkommen, wenn es um Posten und Einfluss geht.

Borchardt war nicht irgendwer: DDR-Kaderschülerin, Unterstützerin der „Antikapitalistischen Linken“, die vom Verfassungsschutz überwacht wird. Sie unterschrieb Erklärungen, in denen der Mauerbau als „alternativlos“ verteidigt wurde, und sah in getöteten DDR-Flüchtlingen offenbar kein größeres Problem: Mauertote habe es – so Borchardt – auf beiden Seiten gegeben.

Sie hat eine reine SED-Parteikarriere hinter sich, die sie nach der Wiedervereinigung nahtlos fortsetzen konnte:

Borchardts Ziehvater war Kreisgerichtsdirektor in Templin im Bezirk Neubrandenburg der DDR. 1974 machte Borchardt ihr Abitur und war anschließend bis 1976 Mitarbeiterin im Rat des Kreises Templin. Danach war sie von 1976 bis 1978 Bürgermeisterin der Gemeinde Rutenberg (heute Teil der Stadt Lychen). 1977 begann sie ein Fernstudium der Staats- und Rechtswissenschaft.

1979 wurde sie Bürgermeisterin der kleinen Gemeinde Groß Daberkow. Während dieser Zeit machte sie 1984 einen Abschluss an der Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft der DDR in Potsdam, die als Kaderschmiede der DDR galt, und absolvierte anschließend von 1986 bis 1990 ein Fernstudium zur Diplom-Juristin. Eine lupenreine Funktionärsvita, deren Positionen unbedingte Nähe zu Partei und Staatssicherheit erforderte.

Trotzdem stimmte die CDU für sie – aus Angst, es könnten Stimmen der AfD nötig sein, um einen eigenen Kandidaten durchzubringen. Also riss man die rote Linie lieber selbst durch, Richtung linksextrem.

Fünf Jahre später wiederholt sich das Schauspiel, diesmal auf höchster Bühne: dem Bundesverfassungsgericht. Brosius-Gersdorf steht für eine Justizauffassung, die das Grundgesetz nicht schützt, sondern uminterpretiert. Sie will keine unabhängige Rechtsprechung, sondern eine Justiz als politisches Werkzeug. In der Corona-Zeit forderte sie eine allgemeine Impfpflicht, um die „große Mehrheit“ vor den Ungeimpften zu „schützen“. Nun will sie die Schutzwürdigkeit ungeborenen Lebens beseitigen.

In ihren Stellungnahmen erklärt Brosius-Gersdorf, dass es „gute Gründe dafür gäbe“, dass die Menschenwürdegarantie erst ab der Geburt gelten solle. Das würde in der Konsequenz bedeuten: Selbst ein lebensfähiges Kind im neunten Monat könnte unter Umständen bis zur Geburt straffrei getötet werden – für Ungeborene gälte Artikel 1 Grundgesetz, in dem die Menschenwürde garantiert wird, dann ja nicht. Das ist kein zivilisatorischer Rückfall, das ist ein moralischer Totalschaden.

Die aktuelle Abtreibungsregelung betrachtet den Schwangerschaftsabbruch als tragisches, aber straffreies Unrecht, um Einzelfälle zu schonen. Brosius-Gersdorf will daraus ein einklagbares Recht auf Tötung machen. Wer ein Kind „nicht will“, soll es vernichten dürfen, womöglich bis zur letzten Sekunde vor oder gar während der Geburt. Damit stellt sie das Grundrecht auf Leben unter den Vorbehalt persönlicher Willkür. Eine solche Haltung zerschlägt das Fundament, auf dem das Grundgesetz steht.

Dass die CDU ihr zustimmt, ist keine kurzfristige Laune. Die Union zeigt hier, was sie wirklich ist: eine Partei ohne jeden inneren Kompass, nicht einmal mit dem allergeringsten Kern, die bereit ist, sich mit jedem einzulassen, solange ihr selbst die Regierungsbeteiligung gesichert bleibt. Aus Angst vor Stimmenverlust an die AfD kauft man sich die moralische Reinwaschung beim linken Lager mit vorauseilendem Gehorsam. Offenbar geht die Denke so, dass noch mehr herbe Stimmenverluste eh nichts ausmachen, wenn man die AfD und jede andere nicht genehme Partei mit linken Verfassungsrichterinnen demnächst verbieten kann. So geht „UnsereDemokratie“.

CSU-Mann Alexander Hoffmann lieferte dazu die passende Begründung: „Bei den Richterwahlen geht es um die Handlungsfähigkeit unserer Demokratie.“ Gemeint ist: die Handlungsfähigkeit einer Gesinnungsdemokratie, in der Recht nicht mehr Recht ist, sondern Mittel zur Disziplinierung der politischen Konkurrenz. Wer die AfD verbieten oder unliebsame Vereine zerschlagen will, braucht dafür ein gefügiges Verfassungsgericht — Brosius-Gersdorf steht dafür, dass genau das liefert, was bestellt wurde.

Sie schwärmt schon jetzt von der Möglichkeit, Einzelpersonen oder Organisationen und Medien den Grundrechtsschutz zu entziehen. Für sie ist das keine Ausnahme, sondern ein Mittel, um die Gesellschaft nach dem eigenen moralischen Bauplan zu formen. Dass damit die Gewaltenteilung faktisch aufgehoben wird, stört die CDU offenbar nicht. Hauptsache, sie darf Teil des sogenannten „demokratischen Blocks“ bleiben.

Der Blick zurück auf den Fall Borchardt zeigt: Es war nie ein Unfall, es war immer schon blankes Kalkül. Damals wie heute knickte die CDU ein, sobald Linke und SPD mit Koalitionsbruch drohten. Damals wie heute zog man es vor, eine Verfassungsfeindin in ein hohes Amt zu heben, anstatt sich dem Vorwurf auszusetzen, gemeinsam mit der AfD abzustimmen oder überhaupt Widerstand zu leisten.

Heute wird dieser Weg auf die Spitze getrieben. Brosius-Gersdorf steht nicht nur für eine politische Linksentgleisung, sondern für die juristische Zerstörung des Schutzes des Lebens und die totale Instrumentalisierung des Rechts. Ihre Wahl ist ein Angriff auf die Grundlagen der Verfassung, orchestriert von SPD und Grünen, abgesichert durch eine CDU, die sich endgültig von jedem bürgerlichen Anspruch verabschiedet hat.

Die CDU liefert sich freiwillig einem rotgrünen Gesinnungskartell aus, in dem das Grundgesetz nicht mehr Schutzraum für den Bürger ist, sondern eine formbare Masse, die der Ideologie dienstbar gemacht wird. Die Union hat ihre Maske endgültig fallen lassen: Prinzipien? Über Bord damit. Rechtsstaat? Egal, solange man am Tisch sitzen darf. Opposition? Nur, wenn sie von der „falschen“ Seite kommt.

Nein, der Fall Brosius-Gersdorf ist kein Einzelfall, er ist die logische Fortsetzung eines langen Marsches der CDU nach linksaußen, der nunmehr bald abgeschlossen ist. Immer begleitet vom Mantra der Macht um jeden Preis. Wer sich heute noch wundert, hat in den letzten Jahren nicht hingeschaut.

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Kommentare ( 39 )

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Johann Thiel
1 Monat her

Man spürt auf den ersten Blick, wie ein sympathischer Auftritt das Vertrauen in die Amtsperson beflügelt.

Last edited 1 Monat her by Johann Thiel
Biskaborn
1 Monat her

Hervorragender Artikel den jeder CDU Wähler lesen sollte! Nur befürchte ich, für die Masse dieser Wähler sind nicht Borchardt oder Brosius-Gersdorf oder die Linken das Problem, sondern die AfD vor der das Land geschützt werden muss! Einfach mal umhören empfehle ich dazu!

Egozentrik
1 Monat her

Das Problem ist nicht nur, dass hier eine sogenannte „linke Extremistin“ zur Verfassungsrichterin ernannt werden soll, sondern dass bei ihr wie schon bei anderen zuvor – z. B. Harbarth unter Merkel – gar nicht die notwendigen beruflichen Voraussetzungen gegeben sind! Bei Harbarth war schon die Nominierung umstritten, aber innerhalb weniger Wochen wurde er zum stellvertretenden Vorsitzenden und dann sehr schnell zum Vorsitzenden – trotz fehlender Qualifikation. Und daher sind diese Minderqualifiziertren ja auch extrem abhängig und müssen das tun, was von ihnen „erwartet“ wird, auch ohne dass sie besondere Direktiven erhalten haben. Sachkennntnis und moralische Integrität stören da nur. Aber… Mehr

der_sommer
1 Monat her

Beim Betrachten der beiden Grazien auf dem Bild oben hatte ich ganz unvermittelt folgende Assoziation: „Waldsiedlung Wandlitz innerer Kreis“.

Salvian
1 Monat her

Merz und Spahn, Söder und Hoffmann müssen weg. Nur eine Palastrevolution könnte die Union noch retten. Aber die wird es nicht geben. Viel zu viele Parteibonzen haben ihre Seele an den Teufel verkauft. Sie haben es wieder und wieder bewiesen.

Moses
1 Monat her
Antworten an  Salvian

Eher nein, dieser Artikel ist eine Abschiedsrede vor der Beerdigung der einst konservativen Partei der Mitte.
Ob wir bei der nächsten Wahl mit einem solchen Richterkader überhaupt eine Wahl haben werden, bezweifle ich sehr.

Okko tom Brok
1 Monat her

Ein Reisender am Nachbartisch sagte dazu, die CDU kehre zu ihren Wurzeln zurück: als Blockpartei an der Seite der SED. Ich konnte ihm nicht widersprechen.

Rainer Schweitzer
1 Monat her

„Die Union zeigt hier, was sie wirklich ist: eine Partei ohne jeden inneren Kompass, nicht einmal mit dem allergeringsten Kern, die bereit ist, sich mit jedem einzulassen, solange ihr selbst die Regierungsbeteiligung gesichert bleibt. Aus Angst vor Stimmenverlust an die AfD kauft man sich die moralische Reinwaschung beim linken Lager mit vorauseilendem Gehorsam.“ Bei alledem geht es um Geld, sehr viel Geld, um zig Millionen. Die staatliche Parteienfinanzierung bemißt sich nach der Zahl der Wähler. Die Regierungsbeteiligung gewährleistet, daß man bei der Besetzung von Dutzenden, wenn nicht Hunderten (Bundesebene, Landesebene, Landkreise, Kommunen, NGOs) von Parteibuchjobs mit am Futtertrog sitzt. Grundsätzlich… Mehr

KorneliaJuliaKoehler
1 Monat her

Machen wir uns keine Hoffnungen.
Das Verfassungsgericht wird so
umstrukturiert, damit es keine Umkehrmöglichkeit zu einem demokratischen Rechtsstaat mehr gibt. „Unsere Demokratie“, nach
sozialistischem/kommunistischem Vorbild,
kann ab Freitag bis zur letzten Konsequenz
durchgesetzt werden.

Bambu
1 Monat her

Die Bilder der beiden Damen sagen mir, denen möchte ich nicht begegnen. Auch würde ich sie nicht herein bitten und mit ihnen essen wollen.
Nachdem nun ihre Haltung offen gelegt wurde, weiß ich, dass mein Spürsinn und Bauchgefühl immer noch sehr gut funktioniert.
Ich hoffe auf verantwortungsvolle Politiker, welche beide ablehnen, denn bei ihnen kann man wohl kaum Urteile erwarten, welche die Welt besser machen.

rainer erich
1 Monat her

So ist es und willkommen im Club. Danke, dass man so etwas auf einer Plattform mit der CDU mehr oder weniger deutlich zugeneigten Autoren lesen darf. Auch das wird allerdings nicht zur politischen Einsicht fuehren. Es gibt Bindungen und Bindungsfaktoren, die uebermaechtig wirken. Fragen dazu bitte an Herrn Herles. Es gibt nichts, was die CDU tun koennte, diese lebenslange Verbindung zu beenden.

h.milde
1 Monat her

Auf die richtige & gute Frage von Frau von Storch iS., ob er, Merz,“c“DU, es mit seinem Gewissen vereinbaren kann, daß selbst in der 40ten SSW ein KIND STRAFFREI ERMORDET werden dürfe, weil es ja nach Ansicht dieser von der „s“PD vorgeschlagenen linksextremen & eiskalten Juristin keine MENSCHEN-RECHTE & WÜRDE habe, kommt nur ein rotziges(sic!): „Eine einfache Antwor: JA!“ Dieser 2te Wahl Kanzler Merz kann es nicht nur nicht, er WILL es einfach nicht. Na herzlichen Dank, liebe „c“DU/SU Wähler, daß Ihr, trotz einschlägiger Erfahrungen & Warnungen, diese, nmM. menschenverachtenden Figuren Merz & Söder,“c“DU/SU gewählt habt, die Euch nicht nur… Mehr