Wagenknecht verklagt Habeck – und stellt ihn mit seinen eigenen Mitteln bloß

Die Staatsanwaltschaft Dresden ermittelt gegen Robert Habeck. Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) hatte gegen ihn eine Strafanzeige gestellt. Der Vorwurf: Falsche Behauptungen in einer Wahlkampfrede. Wagenknecht bezichtigt Habeck der „offenen Lüge und Verleumdung“.

Robert Habeck bei seiner Wahlkampfrede im Cineplex Rundkino in Dresden am 30. August 2024

Sahra Wagenknecht greift an: Die Vorsitzende des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) hat Strafanzeige gegen Robert Habeck gestellt – wegen Verleumdung (§ 187 StGB) und übler Nachrede (§ 186 StGB). Doch besonders pikant: Der Vorwurf richtet sich nicht gegen irgendeinen anonymen Hetzer im Netz, sondern gegen den ehemaligen Bundeswirtschaftsminister selbst. Und es geht nicht um eine unbedachte Formulierung im Eifer des Gefechts – sondern um eine gezielte Aussage auf einer Wahlkampfveranstaltung, professionell vorbereitet und öffentlich vorgetragen. Inklusive Videoaufzeichnung.

Am 30. August 2024 sagte Habeck bei einem Grünen-Auftritt in Dresden, niemand in der Bundesregierung sei korrupt – „im Unterschied zu AfD und BSW, von denen jeder weiß, dass sie von Moskau, von Putin bezahlt werden“. Wenige Minuten später legte er nach: BSW und AfD würden „Trollarmeen aufbauen“, „Stimmen kaufen“, sich „für ihre Meinung bezahlen lassen“. Das sind keine Meinungen mehr – das sind Tatsachenbehauptungen. Und genau hier wird es juristisch heikel.

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Denn Wagenknecht setzt auf Paragraph 188 Strafgesetzbuch – jenen Passus, den ausgerechnet die Grünen in der Großen Koalition von 2021 verschärfen ließen. Ziel war damals: Amtsträger und Politiker sollen besser vor Diffamierung geschützt werden, gerade in Zeiten angeblicher „digitaler Hetze“. Die verschärfte Regelung sieht bei „verleumderischen Äußerungen gegen Personen des politischen Lebens“ Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren vor – und gilt nun auch für Robert Habeck selbst.

Die Ironie: Ausgerechnet Habeck hatte in den letzten Jahren reihenweise Anzeigen gegen Bürger losgetreten, die ihm im Netz „Hass“ unterstellt hätten – wegen deutlich weniger. Menschen, die seine Energiepolitik kritisierten, wurden mit Paragraf 188 bedroht oder gar verfolgt. Habeck war nie zimperlich, wenn es darum ging, sich selbst als Opfer von Desinformation und Hassrede darzustellen. Jetzt steht er plötzlich auf der anderen Seite.

Wagenknecht lässt daran keinen Zweifel: „Es geht hier nicht um eine hitzige Debatte, sondern um bewusste Lügen zur Wahlkampfmanipulation.“ Die Aussage, ihr Bündnis werde von Putin bezahlt, sei nachweislich falsch – es gebe keinerlei Belege, sondern nur eine infame Gleichsetzung mit russischer Einflussnahme. Der Vorwurf sei nicht nur rufschädigend, sondern auch demokratiegefährdend.

Wagenknecht sagte gegenüber der Bild: „Während Habeck hunderte normaler Bürger angezeigt hat, die im Internet ihre berechtigte Wut über seine schlechte Politik geäußert haben, hat er selbst mit der Behauptung, das BSW würde sich ‚für seine Meinung bezahlen lassen‘, im Internet ‚Stimmen kaufen‘ und ‚Trollarmeen aufbauen‘ wissentlich Lügen über einen politischen Konkurrenten verbreitet. Dagegen wehren wir uns.“

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Die Staatsanwaltschaft Dresden hat inzwischen bestätigt: Ein Ermittlungsverfahren wurde eröffnet. Die Anzeige wurde bereits im Oktober 2024 gestellt, das Verfahren läuft seit März 2025. Doch weil Habeck Bundestagsabgeordneter ist, musste erst der Bundestag über seine Immunität entscheiden. Die Entscheidung ist formal noch offen – ein Hinweis darauf, wie politisch brisant der Fall ist.

Brisant auch deshalb, weil Habeck selbst lange der Inbegriff des moralisierenden Politikers war. Kaum ein Kabinettsmitglied pflegte so sorgfältig das Image des redlichen Intellektuellen, der über dem „Gekreische“ der AfD steht und für eine bessere Debattenkultur wirbt. Jetzt steht er ausgerechnet wegen Hetze und Diffamierung vor dem Staatsanwalt.

Wagenknecht bringt es auf den Punkt: Es sei „schon bemerkenswert, dass ausgerechnet ein, wenn es ihn selbst betrifft, so dünnhäutiger Politiker wie Robert Habeck, der angeblich unablässig gegen ‚Hass und Hetze‘ kämpft, selbst ohne Skrupel nicht nur hetzt, sondern Lügen und Verleumdungen verbreitet, wenn er sich davon Vorteile verspricht“.

Sollte sich der Vorwurf der Verleumdung erhärten, droht Habeck nicht nur ein Imageschaden, sondern auch eine mögliche Verurteilung – nach einem Gesetz, das seine eigene Partei verschärft hat. Die Grünen wollten politische Hetze bekämpfen. Wagenknecht zeigt jetzt, was geschieht, wenn die Mittel des moralischen Aktivismus gegen die Aktivisten selbst gerichtet werden. Ein Bumerang – und ein Lehrstück in politischer Doppelmoral.

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Kommentare ( 71 )

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williUig.
2 Monate her

Einer der ganz großen Hetzer und Demagogen selber am Pranger ,passieren wird wohl nichts.

Last edited 2 Monate her by williUig.
Jens Frisch
2 Monate her

„Wer heutzutage in einer politischen Debatte den Begriff ,Nazi’ gegen wen auch immer ins Feld führt ist aus ethischer Sicht ein Lump, aus historischer Sicht ein Verharmloser und aus intellektueller Sicht eine Null.“
Michael Klonovsky

Landdrost
2 Monate her

Die Grünen machen es doch wesentlich besser. Sie lassen uns, die Steuerzahler, für ihre Trollarmeen aka NGOs bezahlen. Trollarmeen, die von uns finanziert unsere Interessen untergraben, sabotieren, offensiv und radikal gegen uns, unsere Werte und unsere Identität vorgehen. Und wenn wir uns dagegen wehren, werden wir noch verklagt. Mit was kann man dieses perverse System der Ökosozialisten vergleichen? Meiner Meinung nach nur mit den Abgründen der politischen Polizei in Deutschlands Vergangenheit. Ich möchte nicht wissen, wie viele „Forenmitglieder“ oder „Kommentatoren“ in den sozialen Medien hauptberuflich als Angestellte einer NGO ihre ökosozialistische, diverse etc. Propaganda und Hetze verbreiten.

Ein Mensch
2 Monate her

Ist ja lustig, glaubt tatsächlich jemand, dass eine durchgegrünte Justiz ihren Messias belangt? Über soviel Naivität kann ich nur schmunzeln. Warum wohl hat die AfD diese Strafanzeige nicht gestellt? Es wäre verschenkte Zeit, die Kraft kann man für sinnvolle Sachen nutzen. Trotzdem wünsche ich mir aber, dass das BSW Erfolg hat.

X1
2 Monate her

Meines Erachtens gab es schon Gerichtsurteile, dass z.B. Höcke ein Nazi genannt werden darf. Wenn Andere klagen, wird das genauso ausgehen.

Benedictuszweifel
2 Monate her

Die Robbespierre Bllnd Spot…. Der schickte nach der französischen Revolution auch jeden Unschuldigen ohne jeden Prozess direkt auf’s Schafott … bis er eines Tages auf der anderen Seite des Anklage =schuldig-Tisches Platz nehmen musste…

MarcusPorciusCato
2 Monate her

Da hier Vorsatz seitens des größten Wirtschaftsministers aller Zeiten im Raum steht, wäre die Aufrechterhaltung von Bobby’s Immunität eine Delegitimierung des Bundestags.
Die Immunität darf nicht als Deckung für die vorsätzliche Verübung von Straftaten missbraucht werden. Sie existiert lediglich, um Abgeordnete vor einer Flut von Klagen zu schützen, die seine Handlungsfähigkeit beschränken könnten.
In diesem Fall ist sie aufzuheben!

Der Gnatz
2 Monate her

Für das Verfahren muss die Immunität des Herrn R. H. aufgehoben werden. Macht man natürlich längst nicht so bereitwillig wie kürzlich bei den beiden Abgeordneten von Linke und AFD.

Lesterkwelle
2 Monate her

Unabhängig vom aktuellen Fall: Der § 188 StGB muss ersatzlos gestrichen werden. Sonderrechte fuer „Wuerdentraeger“ haben in einer Demokratie nichts verloren. Fuer sie gilt das allgemeine Strafrecht wie fuer jeden Buerger. Weg damit!

November Man
2 Monate her

Habeck wird nicht viel Passieren. Der steht wie alle Grünen und Linksextremisten bei der nicht ganz unabhängigen Justiz unter Naturschutz.