Der Graben zwischen der EU und den USA vertieft sich zusehends. Ein Rückzug Washingtons aus dem Ukraine-Konflikt zeichnet sich ab – während Brüssel auf Konfrontationskurs bleibt. An den Finanzmärkten geht man bereits getrennte Wege. Nun warnte die EZB vor drohender Dollarknappheit.

Handelskriege sind nur oberflächlich Auseinandersetzungen über Zölle und Warenströme. Tatsächlich geht es um Macht auf den Devisenmärkten – dort, wo geopolitische Konflikte unblutig, aber nicht selten mit verheerenden ökonomischen Folgen für die Verlierer ausgetragen werden. Das wohl prägnanteste Beispiel unserer Zeit: die gezielte Abwertung des chinesischen Yuan.
Hinter dem Mechanismus verbirgt sich mehr als bloße Währungspolitik: Er dient als Ventil für innenpolitische Spannungen, Kapitalfehlallokationen (Kollaps des Immobiliensektors) und Druck auf dem Arbeitsmarkt. Über den künstlich verbilligten Export werden diese Lasten zum Teil ins Ausland verlagert. Zugleich festigt die Kommunistische Partei ihre Macht im Binnenverhältnis. Die systematische Entwertung des Yuan verlangsamt den wirtschaftlichen Aufstieg einer kaufkraftstarken Mittelschicht, was den Wunsch nach politischer Partizipation evozierte. Daher weht der Wind in China.
Plaza-Abkommen als Blaupause
Ein Blick auf den von US-Präsident Donald Trump entfesselten Handelskonflikt und die Einführung temporärer Zölle zeigt: Im Hintergrund des politischen Theaters bahnt sich eine Neuordnung der globalen Devisenmärkte an – ähnlich dem Plaza-Abkommen von 1985, als die G5-Staaten die Überbewertung des Dollar korrigierten, um Unwuchten im Handelsgeflecht zu beseitigen. Die USA sind nicht länger gewillt, die strukturelle Überbewertung des Dollar hinzunehmen – eine Folge seiner Rolle als Weltreservewährung. Donald Trump hat klargemacht: Die Zeit, in der die amerikanische Industrie zugunsten fremder Standorte ausgeblutet wurde, ist vorbei.
Trumps Zolloffensive zielt längst nicht nur auf China. Zwischen den beiden Supermächten dürfte über kurz oder lang eine Lösung zur Neuordnung der Handelsströme über den Devisenmechanismus gefunden werden, zu groß ist der drohende Schaden, den eine Eskalation nach sich zöge. Trumps eigentliches Augenmerk gilt der Europäischen Union – das hat er mehrfach unmissverständlich betont. „Wir haben ein Defizit von 350 Milliarden US-Dollar (mit der EU). Sie kaufen weder unsere Autos, noch unsere Agrargüter“, so Trump mit Blick auf die transatlantischen Handelsbeziehungen.
Diese leiden zusehends unter den versteckten Handelsbarrieren, Harmonisierungskatalogen und dem Normenprotektionismus der Europäer. Trump spricht offen von einer „harten Nuss“, wenn es darum geht, für faire Handelsbeziehungen mit der Europäischen Union zu sorgen. In diesem Kontext darf nicht übersehen werden, dass 75 Prozent der Zolleinnahmen der EU-Mitgliedstaaten direkt in den Haushalt der Europäischen Kommission von Ursula von der Leyen fließen.
Die EU betreibt, sorgfältig verborgen unter Schlagworten wie dem „Green New Deal“ oder der Mobilitätswende, ein Subventionskraftwerk, das ohne Schwierigkeiten mit dem Interventionsmus Chinas vergleichbar ist. In diese Kategorie müssen wir auch den von europäischen Akteuren vehement verteidigten Protektionismus einordnen. Über die Zeit hat sich in der EU ein Anreizsystem etabliert, das mit aller Macht gegen externen Wettbewerb geschützt wird. Wenn Donald Trump von einer „harten Nuss“ spricht, zielt er genau auf diesen korporatistischen Komplex – das Zusammenspiel von mächtigen Industrieinteressen, zentraler Steuerung aus Brüssel und einer Verteidigung des Binnenmarktes mit einem Wall nicht-tarifärer Barrikaden.
Dollarknappheit als Machthebel
Hinter dem europäischen Schutzwall geraten die Dinge in Bewegung. Nach Jahren der Brexit-Starre raufen sich Brüssel und London zusammen und suchen nun nach Auswegen aus den festgefahrenen Handelsgesprächen. Das 90-tägige Zollmoratorium der USA macht den Beteiligten offenbar Beine – eine Teil-Rückabwicklung des Brexits ist die faktische Konsequenz. Gemeinsam rüstet man sich für den bevorstehenden Verhandlungsmarathon mit Washington, vereint als Protektionistenfront. Doch in Washington hat man längst den passenden Hebel entdeckt, um die Festung EU zu durchbrechen: den Euro-Dollar-Markt und den Kreditmechanismus außerhalb des Fed-Verfügungsrahmens.
Mit dem Ende des LIBOR-Kontrakts, einem früher weltweit maßgeblichen Referenzzinssatz für kurzfristige Interbankkredite am 30. Juni 2023 und der Einführung der amerikanischen Alternative SOFR (Secured Overnight Financing Rate) haben die USA die Kontrolle über die Preisbildung für Dollarkredite vollständig in die eigene Hand genommen. Während der LIBOR-Kredit noch von europäischen Banken dominiert und durch deren Zinspolitik künstlich manipuliert werden konnte, basiert SOFR auf realen, besicherten Repo-Transaktionen im US-Markt – und gilt damit als weitgehend manipulationssicher. Dollarkredit wird in diesem Marktdesign teurer – ein Problem für die Europäer, die sich ökonomisch seit Jahren an den billigen Dollar-Kredit gewöhnt haben.
Die Vereinigten Staaten entziehen sich so gezielt dem Einfluss europäischer Institute, die bislang über niedrige Zinssätze nicht nur ihre eigene Solvenz verteidigten, sondern auch das globale Zinsgefüge verzerrten. Europa hat mit LIBOR ein zentrales Steuerungsinstrument über seine Dollarfinanzierung eingebüßt und steht vor der Herausforderung, sich einem streng marktbasierten Regime anzupassen.
Kommunikationspanne oder Naivität?
Doch seit Montag ist klar: Die USA werden den Dollar noch anderweitig als scharfes Schwert einsetzen. Offenbar hat die Trump-Regierung im Tandem mit der Federal Reserve die bestehenden Dollar-Swap-Geschäfte mit der Eurozone eingefroren. Dabei handelt es sich um liquiditätssichernde Tauschgeschäfte zwischen Zentralbanken in US-Dollar. Euro-Banken können so nicht mehr kurzfristig auf Dollar-Liquidität zurückgreifen, wenn Knappheiten auftreten. Die EZB forderte von den Banken der Eurozone öffentlich ein Audit ihrer Dollarbestände und die Identifikation drohender Lücken. Hat die EZB damit versehentlich die asymmetrischen Machtverhältnisse zwischen Europa und den Vereinigten Staaten offengelegt? Die EZB wäre im Zweifelsfalle gezwungen, den Gang nach Canossa anzutreten und bei der Fed um Dollarkredit zu bitten (Discount Window).
Ob es sich um ein Kommunikationsmissverständnis oder eine undichte Stelle im Frankfurter EZB-Tower handelte, bleibt offen. Fest steht: Verantwortliche der Europäischen Zentralbank warnten europäische Geschäftsbanken coram publico vor einer drohenden Dollarknappheit. Ein Szenario mit gravierenden Folgen. Rund 17 bis 20 Prozent aller Kredite im Euroraum werden in US-Dollar notiert, der Außenhandel ist in weiten Teilen vom Zugang zur Leitwährung abhängig. Ein Versiegen dieser Quelle könnte Lieferketten zerreißen und den transatlantischen Handel in Teilen zum Erliegen bringen. Eines steht außer Frage: Donald Trump und die USA verfügen mit diesem finanzpolitischen Hebel über ein Druckmittel von erheblicher geopolitischer Sprengkraft.
Ein Blick auf das Schachbrett
Betten wir diesen Konflikt in das geopolitische Schachbrett ein, so wird deutlich: Die USA setzen ihre Währungsdominanz zunehmend offensiv ein und verschieben so die Machttektonik der globalen Ökonomie. Vor allem geopolitische Rivalen aus dem BRICS-Lager versuchen, sich aus der Dollar-Umklammerung zu lösen. Doch der Erfolg dieser Bestrebungen ist ungewiss. Das in Peking, Moskau und anderen Hauptstädten der BRICS angestrebte Alternativsystem soll ausgerechnet um den digitalen chinesischen Yuan verankert werden – einem Instrument absoluter staatlicher Kontrolle. Das Misstrauen selbst der engeren Partner Chinas ist greifbar, der Yuan nach wie vor als weltweiter Transaktionsmechanismus irrelevant. Lediglich 2,2 Prozent der weltweiten Devisenreserven werden in der chinesischen Währung gehalten. Noch immer dominiert der US-Dollar die Globalökonomie mit einem Reserveanteil von 57 Prozent. Der Versuch, dieses strukturelle Unbehagen der BRICS-Partner durch einen in Teilen goldgedeckten Abrechnungsmechanismus zu überwinden, bleibt ein währungspolitisches Himmelfahrtskommando.
Währenddessen müssen sich selbst enge Partner der USA mit einer unbequemen Realität arrangieren: Die sogenannten Dollar Swap Lines – also privilegierte Zugänge zur Dollar-Liquidität – bilden einen geopolitischen Faustpfand in den anstehenden Verhandlungen mit den USA. Brüssel täte gut daran, sich dieser Realität bewusst zu werden. Die Zeit des Euro-Protektionismus läuft ab – zum Wohle der europäischen Verbraucher und der eigenen wirtschaftlichen Resilienz.
Thomas Kolbe, Volkswirt und freier Autor, widmet sich schwerpunktmäßig ökonomischen Prozessen und beobachtet geopolitische Ereignisse aus dem Blickwinkel der Kapitalmärkte.
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Diese Sicht habe ich als Wirtschaftsstudent nie erfahren. ich bin auch erstaunt, dass der € für uns sichtbar irrelevant sein soll. Warum haben wir dann den €, wenn er uns keine außenhandelspolitische Sicherheit gibt? Heißt das, dass wir uns als €-Zone emanzipieren müssen/sollten? Partner des BRICS werden sollten? Sind zum Beispiel die NS Pipelines gesprengt worden, weil hier die EU und Russland Handel ohne den Dollar durchführen konnten?
Sehr aufschlussreicher Artikel. Vielen Dank.
Sehr toller Artikel. Teilweise auch die Kommentare. Im Ergebnis würde die EU wirtschaftlich zu dem werden, was sie politisch in weiten Teilen bereits heute ist, zum Comecon. Sicherlich wird es sich für die Bürger in D nicht ganz so anfühlen, wie einst in der DDR, aber ein Leben bzw. Staatswesen mit Devisenknappheit ist schon etwas anderes, wenn man sich nicht mehr nach Lust und Belieben zu jeder Jahreszeit eine Flugmango gönnen kann. Aber Merz hat ja bereits angekündigt, dass das Leben für die Menschen deutlich teurer wird und dies offenbar nicht nur wegen des CO2 Wahnsinns. Also, willkommen in der… Mehr
Smartphones können wir auch für € in China direkt erwerben. Wenn es nötig ist im Tausch mit Jeans, Klamotten, Seltenen Erden usw. Damit hätte Brics einen Fuß aus der Dollarabhängigkeit herausgenommen. Und wir natürlich auch.
„Wir haben ein Defizit von 350 Milliarden US-Dollar (mit der EU). Sie kaufen weder unsere Autos, noch unsere Agrargüter“, so Trump mit Blick auf die transatlantischen Handelsbeziehungen.“
Ich würde ja kaufen in den USA. Leider nehmen uns unsere Regierungen die Kaufkraft dazu weg.
Wäre schön, wenn Trump internationale Haftbefehle für unsere Demokratiefeinde ausstellt, denn unsere Rechtssysteme schützen die Verantwortlichen und nicht den Souverän.
Falscher Ansatz. Der Überschuss muss ja irgendwo sein, sonst wäre es ja kein Überschuss. Und, einen Überschuß kann man auch nicht im Binnenmarkt verfühstücken. Unterm Strich steht immer eine Leistung ans Ausland dem kein Äquivalent aus dem Ausland, außer der Zahl im Computer, gegenüber steht.
Die Regierung hat in diesen Fall das Geld ausnahmsweise mal nicht.
Habe gerade gelesen. „…Wie Ökonomen die Wirtschaft ruinieren und die Gesellschaft spalten.“…“ Sehr interessante Erkenntnis. Will leider niemand wahrhaben. Man läuft lieber seinen Axiomen hinter her. Herumtheoretisieren und den Laden an die Wand fahren. Bei den Zuständen in vielen Volkswirtschaften müßten doch diesen Theoretikern irgendwann mal ein Lichtlein aufgehen bevor wir untergehen.
Sagen wir es so: unsere Politiker kneifen ihre Augen ganz fest zu, um diese Gefahr nicht sehen zu müssen. Wie kleine Kinder die sich die Augen zuhalten um selbst nicht gesehen zu werden. Prof. Dr. Sinn hat da mal den Teppich etwas hochgehoben. TARGET ist ein solches Schmutzteil finanzpolitischer Trixereien.
Zunächst vielleicht schmerzhaft für die Europäer. Allerdings alles was Brüssel schadet ist langfristig im Prinzip gut für die europäischen Bürger. Den Politbürokraten in Brüssel muss das Geld abgestellt werden, um sie in die Bedeutungslosigkeit zu treiben. Kurzfristig ist das schlecht für die europäischen Bürger, denn die EU wird sich dann das Geld von den Bürgern holen wollen. Doch irgendwann ist das Maß voll und der Bürger wird sich dieser Politik entledigen. Am Ende gewinnt eine frei Marktwirtschaft immer gegen den (EU)- Sozialismus.
> Die systematische Entwertung des Yuan verlangsamt den wirtschaftlichen Aufstieg einer kaufkraftstarken Mittelschicht, was den Wunsch nach politischer Partizipation evozierte.
Gerade umgekehrt – in China wurden 100te Millionen von der Armut in die Mittelschicht geholt, umgekehrt als in Westeuropa. Solange der Wohlstand wächst, sinkt der Bedarf am Mitreden – etwas, was viele westliche Experten beobachten. Plausibel – wenn man satt wird, denkt man nicht an Rebellieren.
Klar, die Chinesen arbeiten oft 60 Stunden die Woche, wie oft in Südostasien – und lernen Mathe in der Schule statt 666 Geschlechter. Das alles zahlt sich jetzt aus.
Sorry die Chinesen und viele andere Asiaten, auch die Japaner, arbeiten nicht 60 und mehr Stunden. Sie sind zwar am Arbeitsplatz, aber lange nicht so effizient wie die Deutschen. Sonst gäbe es uns und unsere Industrie schon lange nicht mehr. Die irren Linken und Grünen haben mit ihrer bescheuerten Unfähigkeit ruiniert. nicht die 60 Stunden Anwesenheit von Indern und Asiaten am Arbeitsplatz. Nur ein Beispiel. Ich selbst habe als Unternehmensberater hier in Deutschland Japaner arbeiten gesehen. Die schliefen häufig und täglich mit dem Kopf auf dem Arbeitstisch während der Arbeitszeit. Und das schon am frühen Vormittag.
Das einzige was ich begreife ist, dass die Börsen KI auch nicht klüger ist, als die Menschen davor, nur extrem schneller. Ein großes Problem, wenn der Dumme fleissig wird.
Mittelfristig wird der US Dollar weiter steigen- da genügt schon ein Blick auf die Zinsdifferenz zum Euroraum. Das hier gemauschelt wird und auch institutionelle Akteure mitmischen, was man sehr gut am Goldpreis sehen kann, steht außer Frage. Doch das sind kurzfristige Sachen. Längerfristig, also bereits mittelfristig, wird der US Dollar gewinnen und so wiederholt sich die Geschichte die nach 1929 begann.
> Die USA sind nicht länger gewillt, die strukturelle Überbewertung des Dollar hinzunehmen – eine Folge seiner Rolle als Weltreservewährung. Donald Trump hat klargemacht
Trump dreht Piruetten wie Söder – warum noch mal droht er den BRICS-Ländern mit drastischen Zöllen, sollten diese an alternativer Reservewährung arbeiten? Der Herr sollte sich endlich entscheiden, ob die USA diese Rolle wollen oder nicht – aber konsequent.
Was 50% Zölle gegenüber der EUdSSR angeht – da mischt sich etwas Schadenfreude dazu, dass die Brüsseler Mafia aufgeschreckt wurde.
Trump wird die EU zur Marktwirtschaft zwingen. Das mögen Sozialisten überhaupt nicht. Und das NAZI- und Klimarettungsgeschrei perlt an den USA ab, und zudem kann man denen nicht drohen. Somit wird der Verfall der EU weiter gehen, was die Bürger natürlich auch merken werden. Es wäre besser wenn die EU-Bürger die Brüsseler- Politmafia vom Hof jagen würde. Denn je länger die am Machthebel sitzen desto mehr geht es bergab. Aber wahrscheinlich ist das eine Gesetzmäßigkeit bei Menschen, dass sie den Schmerz fühlen müssen bevor die Umkehr kommt. Warum sollte es diesmal anders sein? Jeder der das weiß, sollte für sich… Mehr
Nun die Schweizer sind gerade dabei den Franken um einen Goldfranken zu ergänzen. Wir alle sollten uns mit Gold- und Silbermünzen ein wenig absichern. Öfter mal im Urlaub eine Goldmünze oder mehrere Silbermünzen kaufen und mitbringen. Kann natürlich auch Schuck sein. Möglichst in einem Land mit geringer Umsatzsteuer.