Tichys Einblick
Peinlich in Davos:

Der Bundeswirtschaftsminister hat keine Ahnung, davon aber sehr viel

Wenn PKWs Stahlwerke mit Strom versorgen und Fische auf Pfoten laufen: Dass die „Strukturkrise“ der deutschen Wirtschaft Merkels Regierungen ab 2011 verursacht hat und Habeck sie ab 2021 explodieren ließ, dass diese Krise wahlweise Klimaneutralität oder Energiewende heißt, hat der Wirtschaftsminister bis heute nicht begriffen.

picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Markus Schreiber

Der neueste Ulk von Julian Olk vom Handelsblatt, das sich den Namen Habeckblatt redlich und auch unredlich durch erstaunlich viel Habeck-Panegyrik verdient hat, lautet: Habeck glänzt, aber Habeck eben und nicht die Partei der Grünen, denn so das Habeckblatt: „Der Vizekanzler ist deutlich beliebter als seine Partei und führt mitunter sogar gegen Friedrich Merz. Doch an der Basis wächst der Unmut. Und auch der Regierungspartner arbeitet gegen ihn.“ Alle böse gegen die neue deutsche Lichtgestalt, gegen den Titanen, der das Wunder vollbrachte, eine funktionierende Volkswirtschaft in nur drei Jahren in die berühmt-berüchtigte Habeck-Rezession, aus der die Habeck-Depression wird, mit Berserkermut und Berserkerkraft geführt hat, alle böse gegen den übergrünen Glänzer. Mitunter führt aber auch der überstarke Habeck in der Kanzlerpräferenz nicht, sondern ist Habeck plötzlich ein noch schwächerer Habeck gegen einen an sich schon sehr schwachen Merz.

In der Bundestagswahl am 23. Februar 2025 können die Deutschen im Kaufhaus „Zur Brandmauer“ nur noch die Ladenhüter der vorvorigen Saison zum Wucherpreis erwerben. Da ist ein Friedrich Merz, der sich jeden Tag aufs Neue wundert, dass Angela Merkel nicht mehr, dafür aber Hendrik Wüst noch da ist und der vergesslicher, was seine Aussagen vom Vortag betrifft, als selbst Olaf Scholz ist, während die SPD wie eine frühvergreiste Juso-Brigade wirkt, die zuweilen gern so schick wäre wie die Grüne Jugend.

Doch die Gelbhaar-Affäre, von der sein Wahlkampfmanager Andreas Audretsch Nutznießer ist, von dem übrigens nur das Handelsblatt genau weiß, dass „Audretsch oder erst recht Habeck“ nicht „an der Intrige mitwirkten“, Habecks meisterliche Idee, Sozialabgaben auf Kapitalerträge zu legen, die er nicht zu erläutern, nicht Auskunft darüber zu geben vermag, was er damit meint und wie das Ganze wenigstens im Groben, in großen Linien funktionieren soll, zeigen, dass der große grüne Glänzer weder Krisenkommunikation beherrscht, noch etwas von Sozialpolitik versteht, sondern nur vom Personenkult, genauer vom Kult der eigenen Person. Es gibt wohl kaum einen deutschen Politiker, der öfter das Wort ICH benutzt als Robert Habeck. Nun muss selbst Habeck die Konjunkturprognose für die Jahre 2025 und 2026 für die deutsche Wirtschaft deutlich nach unten korrigieren – und bleibt immer noch hoffnungslos illusionär. Was Wohlstand und Wirtschaftsleistung betrifft, kennt der Degrowth-Minister nur eine Richtung – nach unten –, während es mit der Inflation, den Lebenshaltungskosten und den Steuern und Abgaben steil nach oben geht. Einen Robert Habeck muss man sich eben leisten können.

Doch Robert Habeck ist in seinem Vernichtungsfeldzug gegen den deutschen Wirtschaftsstandpunkt nicht allein, fest an seiner Seite marschiert der subventionshungrige BDI, der es besser zu finden scheint, wenn nicht die Kunden die Konzerne bezahlen, indem sie Produkte erwerben, sondern die Bürger, in dem sie Steuern und Abgaben zu entrichten haben. Auf einem Panel des Handelsblatt-Energie-Gipfels in Berlin am Mittwoch, der zu einer Veranstaltung geworden ist, auf der man Koryphäen wie Carla Reemtsma andächtig lauschen darf, hat schon mal der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Industrieverbands BDI, Holger Lösch, devot geäußert, dass Deutschland die Klimaziele benötigen würde und einen Weg zur Klimaneutralität finden müsse: „Wer durch dicken Morast watet, und das tun wir, hat nichts gewonnen, wenn er im Morast stehen bleibt.“ Solange die Subventionen fließen, scheint Lötsch gern im Ideologiesumpf zu stecken. Übrigens hat auch der nichts gewonnen, der nur noch tiefer in den Morast gerät. Man archiviere die Worte des stellvertretenden Hauptgeschäftsführers des Industrieverbands BDI zur späteren Erinnerung.

Habeck jedenfalls dürfte froh darüber gewesen sein, in dieser Woche nach Davos fahren zu können, um auf einer habeckwürdigen Bühne sitzen zu dürfen. Habecks Inkompetenz ist so groß, dass er nicht einmal die Kompetenz besitzt, die eigene Inkompetenz zu erkennen, denn er äußerte vergnügt, dass er die Probleme der Wirtschaft zunächst falsch verstanden habe: „Ich musste es selbst erst lernen.“ Und: „Wir übersahen, dass dies nicht eine kurzfristige zyklische Krise ist, sondern eine strukturelle Krise.“

Klingt so, als sagte er, lange habe ich bei Fischen nach Beinen und Pfoten gesucht, bis ich erkannt habe, dass alle Fische Flügel haben. Dass die „Strukturkrise“ der deutschen Wirtschaft Angela Merkels Regierungen ab 2011 verursacht und verschärft, bis sie Robert Habeck ab 2021 explodieren ließ, dass die Strukturkrise der deutschen Wirtschaft wahlweise Klimaneutralität oder Energiewende heißt, hat Habeck bis heute nicht begriffen und wird Habeck auch niemals begreifen, schließlich haben für ihn alle Fische Flügel und trocknen die Vögel nur ihre Flossen in der Luft.

Auf die Frage der Moderatorin, wie Habeck der deutschen Automobilindustrie helfen will, um sie wettbewerbsfähiger zu machen, antwortet Habeck amüsiert: „Das ist eine lustige Frage“, denn „ich werde normalerweise dafür kritisiert, dass ich der Industrie zu viel helfe“. Niedergang ist immer lustig, Zerstören macht Spaß.

Und dann folgt die große Habeck-Märchenstunde, in der Habeck Märchen erzählt, an die nur er, der BDI und das Handelsblatt glauben, denn Robert Habeck kann zwar der deutschen Autoindustrie nicht helfen, günstige E-Autos zu bauen, doch: „Wir können jedoch bessere Rahmenbedingungen schaffen. Zum Beispiel die Idee, die Batterien in Elektrofahrzeugen als Teil des Energiesystems zu nutzen, sodass man mit einem Elektrofahrzeug Geld verdient, indem es als Speicherkapazität im Netz dient.“ Tusch. Vor jeder Dunkelflaute laden die E-Auto-Besitzer ihre Autobatterien voll, um dann in der Dunkelflaute den in ihren Autos gespeicherten Strom wieder ins Netz zu speisen.

Das ist wirklich lustig, denn, ganz davon abgesehen, dass dann die Batterie auf Rädern mangels Strom sich nicht mehr bewegt, der Autofahrer nicht mehr mit seinem Auto fahren kann, wird er doch nur Geld verdienen, wenn er mehr für den zurückeingespeisten Strom bekommt, als er beim Laden bezahlt hatte. Das geht nur über Subventionen. In der DDR waren beispielsweise die Gurken subventioniert, das heißt der Kleingärtner, der seine Gurken im Konsum verkauft hatte, bekam mehr für die Gurke, als er bezahlen musste, wenn er sie anschließend im Konsum wieder zurückkaufte. An diesem famosen Habeck-Wirtschaften ging die DDR wirtschaftlich zugrunde. Doch in Habecks Phantasien scheinen zehntausend Autobatterien in der Dunkelflaute den Strom zu liefern, den ein Stahlwerk für die Produktion von Stahl benötigt. Ein Wunder? Habeck Economics eben.

Außerdem will Habeck den Strom billiger machen, indem er ihn „von Steuern und Netzgebühren befreit“. Doch die braucht er eigentlich für den Ausbau der erneuerbaren Energien, insbesondere den Netzausbau, aber auch für die wachsenden Kosten für die EEG-Umlage. Im Jahr 2024 kostete die EEG-Umlage fast 20 Milliarden Euro und war damit doppelt so teuer, als ursprünglich geplant und in den Haushalt 2024 eingestellt. Woher Habeck das Geld für den Netzausbau nehmen will, weiß er nicht, aber er ist sich sicher, dass je „grüner“ der Strom ist, er auch umso billiger sein wird, dabei ist das Gegenteil der Fall, denn je grüner der Strom ist, umso teurer und umso unzuverlässiger ist er. Wie gesagt: Alle Fische haben Flügel und die Vögel trocknen nur ihre Flossen in der Luft.

Die Weltwirtschaft, auch die Weltfinanzwirtschaft verabschiedet sich gerade aus dem Klimakomplex. Will Habeck noch einen zweiten Wirtschaftsminister auf der Welt sehen, der auch den Weg der erneuerbaren Energien schreitet, muss er in den Spiegel schauen, ansonsten ist Robert Habeck inzwischen allein im Primaklimawunderland. Zum Trost kann er ja das Handelsblatt zur Hand nehmen.


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