Tichys Einblick
Wirtschaftlicher Niedergang

Streik bei Ford in Köln: Das Scheitern der Umstellung auf E-Mobilität

Ford hatte die Produktion in Köln auf Elektromobilität umgebaut und Milliarden investiert. Der Konzern fertigt mittlerweile zwei E-Auto-Modelle – doch die kauft kaum niemand. Das Werk soll geschlossen werden; zuvor wird gestreikt – jedoch nicht gegen die Elektromobilität.

picture alliance / CHROMORANGE | Martin Schroeder

Ab Mittwoch werden die Kölner Ford-Werke bestreikt – zum ersten Mal in ihrer fast 100-jährigen Geschichte. Die IG-Metall ruft rund 11.500 Beschäftigte zu einem 24-stündigen Streik auf. Grund ist der geplante Abbau von 2.900 Stellen bis Ende 2027, was bedeutet, dass etwa jeder vierte Arbeitsplatz am Standort Köln betroffen ist.

Die Gewerkschaft wirft dem Management Konzeptlosigkeit vor und fordert einen Sozialtarifvertrag mit hohen Abfindungen und finanziellen Sicherheiten für die Belegschaft. Die Gewerkschaft hatte jedoch nicht gegen den totalen Umbau auf eine reine Produktionsstätte für Elektromobile gestreikt.

Warnstreiks in Köln
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In einer Urabstimmung sprachen sich 93,5 Prozent der IG-Metall-Mitglieder für den Streik aus. Ford hatte zuletzt massiv in die Umstellung auf Elektromobilität investiert. Doch die Verkaufszahlen der neuen E-Modelle bleiben – milde formuliert – hinter den Erwartungen zurück. Zudem kündigte der US-Mutterkonzern die sogenannte Patronatserklärung, die bisher finanzielle Garantien für die deutsche Tochtergesellschaft bot.

Im März und April hatte es bereits Warnstreiks gegeben, danach blieben die Verhandlungen festgefahren. Nun soll der Streik den Druck auf das Management erhöhen und den Forderungen der Ford-Mitarbeiter Nachdruck verleihen. „Es ist Zeit für den Arbeitgeber, sich zu bewegen und eine Gesamtlösung für die Belegschaft in Köln hinzubekommen“, sagte der Betriebsratschef von Ford Deutschland, Benjamin Gruschka. Dazu gehört für den Betriebsratschef nicht die Frage, ob die sogenannte reine Elektromobilität die richtige Entscheidung war.

Jahrzehntelang war der in Köln hergestellte Kleinwagen Ford Fiesta zwar ein Verkaufserfolg, doch 2023 wurde dessen Produktion eingestellt. Der Ford-Anteil an den neu zugelassenen Autos in Deutschland lag Behördenzahlen zufolge 2024 nur noch bei 3,5 Prozent und damit 1,5 Prozentpunkte niedriger als 2022.

Die Ford-Werke bekommen von der US-Konzernmutter zwar mehrere Hundert Millionen Euro für weitere Investitionen in einem Zeitraum von vier Jahren, nach Einschätzung von Branchenfachleuten ist das aber deutlich zu wenig.

Von den 11.500 Ford-Mitarbeitern in Köln sind nach Gewerkschaftsangaben etwa 4500 in der Fertigung und 3500 in der Produktentwicklung tätig. In einem Ersatzteilzentrum sind circa 1700 beschäftigt. Hinzu kommen noch die Verwaltung und andere Bereiche.

In den vergangenen Monaten hatte es in Teilen der Produktion zeitweise Kurzarbeit gegeben, diese Phase wurde Ende Mai beendet. Die Auswirkungen der Streiks auf die Kölner Ford-Werke dürften gravierend sein, so heißt es; die allermeisten Mitarbeiter sind Gewerkschaftsmitglieder.

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Keine Kritik, sondern pflichtgemäßer Jubel kam von Seiten der Gewerkschaften, als es darum ging, das angeblich neue Zeitalter der Elektromobilität einzuläuten. Den nationalen Rausch durchbrach unter anderem schon früh Tichys Einblick und rechnete den Irrsinn vor, kritisierte die Besoffenheitsorgien von Merkel und dem damaligen Wirtschaftsminister Altmaier. Die Gewerkschaften frohlockten, die Förderung der Elektroautos sei richtig und würde den Wandel in der Automobilindustrie beschleunigen. Sie redeten – wie immer in solchen Fällen – von der Zukunft der Arbeitsplätze und kippten unter anderem ihr Zugpferd, den Ford Fiesta, in die Tonne. Kaum jemand zog damals in Betracht, was passieren könnte, wenn die Fahrt in die Elektromobilität an der Wand zerschellt.

Währenddessen macht eine Ford-Einrichtung nach der anderen dicht, wie zuletzt das belgische Werk in Gent. Auch das Forschungszentrum in Aachen wurde nach 30 Jahren geschlossen. Und jetzt weht die Fahne des Abbruchs über dem Kölner Ford-Gelände. Diese Ansiedlung hatte noch Konrad Adenauer, damals Oberbürgermeister von Köln, angezettelt, und 1929 den Vertrag für das Baugelände in Niehl unterzeichnet. Vor 90 Jahren zog dann Ford mit seiner Zentrale von Berlin nach Köln.

Immerhin haben jetzt die nackten ökonomischen Verhältnisse die Sprüche von Klima und Vielfalt in den Hintergrund gedrängt.

TE lag nicht daneben. Altmaier sammelt antiquarische Bücher, Merkel kann auf ihr Zerstörungswerk blicken, und die Ford-Arbeiter mit begründeten Sorgen in ihre Zukunft.


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