Tichys Einblick
Der Verbrenner lebt

Die Rückkehr des „Stinkers“? – Sauberer als sein Ruf

Verbrenner-Comeback statt Elektro-Zwang? Während deutsche Politiker weiter das Elektroauto zum Heilsbringer verklären, kehrt weltweit der Verbrenner zurück. Er ist effizienter, klimafreundlicher und zukunftstauglich. China, USA, Japan und nun auch Brüssel rücken von der einseitigen „E-Only“-Ideologie ab.

IMAGO / imagebroker

Vorab für Unkundige in Sachen Verkehr und Umwelt zur Erläuterung: Als „Stinker“ werden im Volksmund jene Autos bezeichnet, die mit Benzin oder Diesel betrieben und deren Abgase in teils übelriechenden Rauchwolken aus dem Auspuff in die Umwelt entlassen werden. Was in Wirklichkeit schon seit Beginn der 80er-Jahre in Europa nicht mehr der Fall ist, seit auf Initiative von BMW CEO Eberhard von Kuenheim weltweit Abgas-Katalysatoren für Verbrenner Pflicht wurden. Seitdem stinkt nichts mehr. Und dennoch, der Begriff „Stinker“ hat sich bis heute gehalten.

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Diese „Stinker“ können gar nicht zurückkehren, denn sie waren bisher gar nicht weg. Erst ab 2035 sollen sie nach EU-Beschluss vom Frühjahr 2023 als Neuwagen nicht mehr zugelassen werden. Faktisch erlaubt sind dann in der EU nur noch reine Elektroautos (BEV), mit der winzigen Ausnahme, dass Verbrenner-Neuwagen mit klimaneutralem Sprit (E-Fuels) betrieben werden. Den es aber bisher kaum gibt. Die Verbrenner-Altflotte darf unreglementiert bis Auto-Ende weiter betrieben werden.

Dieser Verbrenner-Aus-Beschluss der EU wurde in der Öffentlichkeit zwischen Befürwortern und Gegnern seit Beginn an heftig diskutiert. Gegenwärtig flammt er neu auf. Vor allem ideologische Befürworter von Elektroautos als Klimaretter sehen plötzlich ihre Felle davon schwimmen. So titelte jüngst die Süddeutsche Zeitung: „Autoverband will Verbrenner-Aus kippen“ (SZ, Nr.130).

In der Tat mehren sich die Anzeichen, dass die „Electric-only“-Strategie der Politik – nebenbei: von Mercedes voreilig 1:1 zur eigenen Produktstrategie erkoren – auf dem Rückzug ist und die Politik von der einseitigen Präferenzierung reiner Elektroautos zugunsten der Verbrenner abrückt. Aufweichungstendenzen machen sich breit:

China-Insider deutscher Hersteller berichten, dass sich hinter der Gesamtzahl der monatlichen Zulassungen von Elektroautos NEW (New Electric Vehicles) starke Struktur-Verschiebungen verbergen, die in der chinesischen Statistik nicht aufscheinen. Auch bei E-Autos sind inzwischen mehr und mehr Verbrennungsmotoren zusätzlich im Einsatz. So werden von chinesischen Konsumenten zunehmend Plug-In-Hybride und seit jüngster Zeit vor allem Elektroautos mit Reichweiten-Verlängerungen durch kleine Verbrennungsmotoren als Strom-Generatoren, sogenannte Range Extender (EREV oder REX), nachgefragt. – In der deutschen KBA-Statistik werden diese E-Autos mit Range Extender, da die Speicherbatterie auch von außen geladen wird, unter den PHEV registriert.

Darüber hinaus meldet die Automobilindustrie, dass China in seiner aufgefrischten Roadmap 3.0 von der reinen Elektromobiliät abrückt und der klassische Verbrennungsmotor ein großes Comeback feiert. Mehr und mehr rückt der Hybridantrieb in den Fokus. „Der Motor ist nicht falsch. Die Emissions- und CO2-Probleme sind in erster Linie Kraftstoffprobleme“, sagte Li Kaiguo, „Supervisor General“ der China Society of Automotive Engineers (CSAE), bei einer Grundsatzrede Ende Mai in Schanghai.“

In den USA sorgt gerade Auto-Ikone General Motors (GM) für Schlagzeilen, weil der US-Gigant 880 Millionen Dollar in einen neue GM-V8-Motorengeneration, inklusive Werk, in Tonawanda für große Trucks und SUVs investieren will. Zielsetzung: höhere Leistung bei geringeren Verbräuchen und CO2-Emissionen.

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Das Gleiche gilt in Japan für den 10-Millionen-Weltmarktführer Toyota, der bereits im Herbst 2024 eine neue Vierzylinder-Verbrennungsmotoren-Generation vorgestellt hat. Damit nicht genug: Zu Jahresbeginn 2025 kündigte Toyota neue Vielstoff-Verbrennungsmotoren an, die sich durch kompakte Bauweise, hohe Effizienz und die Möglichkeit, alternative Kraftstoffe wie Wasserstoff oder synthetische Benzin zu nutzen, auszeichnen sollen.

Die Renaissance der Verbrennerwelt scheint sich inzwischen auch in Brüssel sowie beim deutschen Automobilverband durchgesetzt zu haben. Zum einen hat die EU-Kommission die Erfüllung der verschärften CO2-Flottenziele ab 2025 um zwei Jahre aufgeschoben. Und zudem die Überprüfung der Ausnahmeregelung vom Verbrennerverbot durch Einsatz synthetischer Treibstoffe (E-Fuels) auf Ende 2025 vorgezogen und inzwischen alternative Antriebsquellen nicht ausgeschlossen. In Brüssel kommt in der Verbrennerfrage also Bewegung!

Die zunehmenden Verbrenner-Präferenzen im globalen Umfeld wurden auch in Deutschland bemerkt. So hat der VDA in Kenntnis der erkennbaren Hinwendung der Autokäufer weg von den reinen Elektroautos hin zu klimafreundlichen Autos mit dualen Antriebssystemen, also inklusive Verbrennungsmotor (Hybride, PHEV, EREV), einen „10-Punkte-Plan für klimaneutrale Mobilität“ vorgelegt (VDA-Pressemitteilung: 10-Punkte-Plan für eine klimaneutrale Mobilität). – Und stößt damit offene Türen beherzt auf!

In diesem Plan macht der Autoverband Druck auf die Politik, die Klimavorgaben anzupassen. Anders als in den Medien – vermutlich bewusst – missverstanden (siehe SZ oben), wollen der VDA und die deutschen Hersteller das Verbrenner-Aus ab 2035 für Neuwagen, die ausschließlich mit Benzin oder Diesel gefahren werden, nicht abschaffen. Wohl aber aufweichen und Abweichungstatbestände zulassen, die den Klimazielen nicht zuwiderlaufen.

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Bisher ist gesetzlich lediglich festgeschrieben, dass vom Verbrennner-Aus nur die Fahrzeuge ausgenommen sind, die ausschließlich mit synthetischem Sprit, das heißt mit E-Fuels betankt werden. Der VDA 10-Punkte-Plan sieht vor, diesen Ausnahmetatbestand sinnvoll auszuweiten und auch auf Elektro-Autos anzuwenden, die durch Verbrenner-Einsatz unterstützt werden (Hybride, PHEV, EREV). Das Ganze läuft darauf hinaus, hilfsweise mit Verbrennungsmotoren die Elektromobilität schneller voranzubringen, und den Kunden die heutigen Reichweitenängste, Mängel in der Ladeinfrastruktur etc. zu nehmen.

Auch die deutschen Hersteller sind laut Insider-Informationen mit Hochdruck dabei, die neue Technologie, vor allem mit Range Extender, in ihren Produktpaletten umzusetzen. China-Speed sitzt ihnen auch hier im Nacken: Nachdem der Import von BEV aus China in die USA mit hohen Strafzöllen belegt ist, bieten elektrifizierte Autos mit Verbrennerantrieb in Kombination eine Zoll-Umgehungsmöglichkeit für Importe zu günstigen Preisen.

BMW kann sich dabei auf seine Erfahrungen aus der Vergangenheit stützen. BMW hatte bei seinen ersten E-Autos (i3, i7) bereits auch einen Range-Extender (REX) im Programm, musste den aber damals mangels Käuferinteresse wieder einstellen.

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