Tichys Einblick
Armutszeugnis für einstiges Zugpferd Europas

IWF hebt Wachstumsprognose für Weltwirtschaft: Deutschland auf absteigendem Ast

Während die Weltwirtschaft floriert, befindet sich die Bundesrepublik auf einer kontinuierlichen Talfahrt. Nach zwei Jahren Rezession wird sich 2025 wohl kaum eine Erholung abzeichnen. Der Internationale Währungsfonds senkt die Konjunkturprognose für Deutschland erneut.

IMAGO / Martin Wagner

Der Internationale Währungsfonds (IWF) veröffentlichte am Freitag seinen neuesten Ausblick zur Weltwirtschaft. Die Prognosen für das globale Wirtschaftswachstum im Jahr 2025 hat die Organisation leicht nach oben korrigiert. Im Durchschnitt erwartet der IWF ein Wachstum des weltweiten Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 3,3 Prozent.

Globale Konjunktur bietet positiven Ausblick für 2025

An der Spitze der Prognosen für 2025 stehen Länder wie Indien (+6,5 Prozent), die Philippinen (+6,1 Prozent), Kasachstan (+5,5 Prozent) und Indonesien (+5,1 Prozent). Allerdings sind diese Länder nicht die Haupttreiber für die generelle Anhebung der globalen Konjunkturprognose. Die verbesserten Aussichten gehen vor allem auf die stärkste Volkswirtschaft der Welt zurück: die USA. Hier verzeichnete die BIP-Prognose unter den großen Volkswirtschaften den stärksten Zuwachs, mit einer Aufwärtskorrektur von 0,5 Prozentpunkten auf 2,7 Prozent.

Mit der Amtseinführung von Donald Trump könnten die USA sogar ein noch höheres Wirtschaftswachstum erreichen, als vom IWF prognostiziert. Trump selbst setzt wohl weiterhin auf die Steuererleichterungen aus seiner ersten Amtszeit und dürfte die Federal Reserve wohl auch zu weiteren Zinssenkungen bewegen.

Seine erneute Präsidentschaft könnte dazu beitragen, die Konjunktur in den USA weiter anzukurbeln. Durch die gezielte Förderung von Atomkraft und fossilen Energien, einschließlich Fracking, sowie die Abkehr von erneuerbaren Energien plant Trump, die Energiekosten in den USA deutlich zu senken.

Deutschland mit unzureichendem Wachstum

Die wirtschaftlichen Perspektiven für Deutschland wurden vom IWF für das Jahr 2025 deutlich nach unten korrigiert. Anstelle eines ursprünglich prognostizierten BIP-Wachstums von 0,8 Prozent wird nun nur noch ein Plus von 0,3 Prozent erwartet. Damit vergrößert sich der Abstand der deutschen Wirtschaft zu den anderen Industrienationen. Innerhalb der 30 führenden Volkswirtschaften fällt Deutschland mit diesem minimalen Wachstum auf den letzten Platz zurück – ein Armutszeugnis für den einstigen Wirtschaftsmotor.

Diese Prognose trifft die Bundesrepublik besonders schwer, da sie bereits zwei Jahre in Folge eine Rezession durchlebte. Das Bruttoinlandsprodukt schrumpfte 2024 um 0,2 Prozent, nachdem es bereits 2023 um 0,3 Prozent gesunken war. Dies markiert die längste Phase wirtschaftlicher Schwäche in Deutschland seit über zwei Jahrzehnten. Ein stärkerer Aufschwung wäre dringend notwendig gewesen, um die angeschlagene Wirtschaft wieder auf Kurs zu bringen.

Grüne Energiepolitik sorgt für schwache Konjunktur

Grund für die anhaltend schwache Konjunktur in Deutschland sind unter anderem die bedrückenden Rahmenbedingungen des Standorts. Besonders die hohen Energiepreise, ausgelöst durch die ideologische Energiewende und den Stopp des russischen Gastransits nach Beginn des Ukraine-Kriegs, belasten deutsche Unternehmen und sorgen für erhöhte Betriebskosten.

Im Vordergrund der Probleme steht die Umstellung der Energieproduktion auf erneuerbare Energien, die ineffizient und wetterabhängig sind. Besonders Wind- und Solarkraft sind problematisch. Während des letzten Jahres betrug der Anteil erneuerbarer Energien zwar mehr als 50 Prozent am deutschen Strommix, an Tagen mit schlechten Wetterbedingungen fiel der Ertrag aus Wind- und Solarkraft dennoch auf unter 1 Prozent. Um das Defizit auszugleichen, müssen Kohlekraftwerke und Gaskraftwerke zur Reserve einspringen oder teurer Atomstrom importiert werden. Die Energiepreise an der Börse schießen an solchen Tagen förmlich durch die Decke. Deutsche Unternehmen belastet diese Energiepolitik enorm.

Ein Blick in die Zukunft gibt keinen Anlass zur Hoffnung: Fossile Energien wie Gas und Kohle unterliegen durch EU-Richtlinien der CO2-Besteuerung, die von Jahr zu Jahr sukzessive angehoben wird. Dies führt zu kontinuierlich steigenden Kosten für die Nutzung fossiler Energiequellen.

Bis 2045 soll deutschlandweit eine komplette Klimaneutralität bei der Energieproduktion erreicht werden. Aufgrund häufig schlechter Wetterbedingungen in Deutschland ist dies jedoch nicht möglich. Das heißt: Selbst wenn vollständige Klimaneutralität angestrebt wird, muss in Perioden mit schlechten Wetterbedingungen auch in Zukunft auf fossile Energien ausgewichen werden. Die CO2-Besteuerung, die bis dahin wohl schwindelerregende Höhen erreicht haben wird, könnte dafür sorgen, dass Strom für Unternehmen zu diesen Zeiten unbezahlbar wird.

Ein weiteres zentrales Problem, das den Anstieg der Energiekosten maßgeblich befeuert, sind die hohen staatlichen Abgaben und Steuern, die auf den Strompreis entfallen. Zu Beginn des Jahres 2024 machten Stromsteuer, Umlagen und andere Abgaben rund 29,5 Prozent des Strompreises aus.
Des Weiteren stellen die stark wachsenden Netzentgelte eine Herausforderung für Unternehmen dar. Diese Gebühren, die von Nutzern der Strom- und Gasnetze an die Betreiber gezahlt werden, dienen der Deckung von Betrieb, Instandhaltung und Ausbau der Infrastruktur.

Insbesondere die Umstellung auf erneuerbare Energien erfordert umfangreiche Investitionen in das Netz. Laut Netzentwicklungsplan der Bundesnetzagentur belaufen sich die dafür geplanten Investitionen derzeit auf etwa 210 Milliarden Euro. Davon entfallen rund 103 Milliarden Euro auf Offshore-Projekte, also die Energiegewinnung auf See, und etwa 106 Milliarden Euro auf Onshore-Vorhaben auf dem Festland, einschließlich der notwendigen Vernetzung. Bis 2045 wird ein weiteres Investitionsvolumen von über 250 Milliarden Euro erwartet.

Die Kosten für diese Transformation werden größtenteils auf die Verbraucher umgelegt. Laut der Energie-Einkaufsgemeinschaft e-optimum wird dies deutlich: Die durchschnittlichen Netzentgelte stiegen im Jahr 2024 auf 6,43 Cent pro Kilowattstunde – eine Verdopplung gegenüber 2023, als der Wert noch bei 3,12 Cent pro Kilowattstunde lag. Angesichts der bevorstehenden Investitionen in den Netzausbau ist auch in diesem Jahr mit weiteren Steigerungen der Netzentgelte zu rechnen.

Übergreifend entwickeln sich die enormen Energiekosten zu einer ernsthaften Belastung für deutsche Unternehmen. Eine Umfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) aus dem vergangenen Jahr zeigt, dass vier von zehn Industriebetrieben in Erwägung ziehen, ihre Produktion in Deutschland zu reduzieren oder ins Ausland zu verlagern. Bei größeren Industrieunternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten denkt mittlerweile mehr als die Hälfte über eine solche Maßnahme nach. An der Umfrage nahmen laut DIHK rund 3.300 Unternehmen teil.

Bürokratieberg und hohe Steuern als zusätzliche Belastung

Hinzu kommen gigantische Bürokratieanforderungen, Richtlinien und Vorgaben, vor allem von Seiten der EU, die die schwache ökonomische Lage weiter befeuern. Laut einer Umfrage des Ifo-Instituts aus dem Oktober letzten Jahres, an der 1.763 Unternehmen teilnahmen, klagten 91 Prozent der Befragten über eine Zunahme der Bürokratie seit 2022. Unter den Industrieunternehmen war der Anteil mit 95 Prozent sogar noch höher.

Den immensen Aufwand, den Unternehmen zur Bewältigung bürokratischer Anforderungen betreiben müssen, wird zunehmend zum Problem. Eine weitere Ifo-Studie ergab, dass Beschäftigte rund 22 Prozent ihrer Arbeitszeit mit bürokratischen Tätigkeiten verbringen, die oftmals keinen direkten Bezug zum eigentlichen Kerngeschäft haben.

Besonders zeitintensiv sind hierbei Berichts- und Informationspflichten sowie Dokumentations- und Meldeauflagen. Aktuelle Schätzungen des Fachmagazins Markt und Mittelstand zeigen, dass es in Deutschland nahezu 5.000 Bundesgesetze und -verordnungen mit über 100.000 Einzelvorschriften gibt.

Zu den besonders belastenden Maßnahmen zählen beispielsweise das Lieferkettengesetz und das Gebäudeenergiegesetz. Insbesondere das Lieferkettengesetz stellt Unternehmen vor enorme Herausforderungen, da es sie verpflichtet, die Einhaltung menschenrechtlicher und umweltbezogener Standards in ihren Lieferketten sicherzustellen. Viele Unternehmen stoßen dabei an ihre Grenzen: Etwa ein Drittel berichtet, dass ihnen essenzielle Informationen über die Zulieferer ihrer direkten Geschäftspartner fehlen. Besonders problematisch ist die Lage bei internationalen Zulieferern, wodurch Lieferketten noch stärker belastet werden.

Ein weiterer Punkt sind hohe Steuersätze. Auch diese behindern den ökonomischen Aufschwung. Deutschland zählt zu den Spitzenreitern bei der steuerlichen Belastung von Unternehmen. Laut einer OECD-Analyse belegt die Bundesrepublik im internationalen Vergleich den zweiten Platz, übertroffen nur von Belgien. Der durchschnittliche Körperschaftsteuersatz in Deutschland liegt bei etwa 15 Prozent, doch dieser Wert ist irreführend, da regionale Gewerbesteuern, die je nach Standort erheblich variieren können, die Gesamtsteuerlast auf bis zu 29,94 Prozent anheben.

Besonders deutlich wird die Belastung bei inhabergeführten Kleinbetrieben. Hier müssen die Gewinne, die direkt in das private Einkommen des Eigentümers fließen, nach dem persönlichen Einkommensteuersatz versteuert werden. Dieser kann bis zum Spitzensteuersatz von 42 Prozent reichen oder bei sehr hohen Einkommen kann sogar die sogenannte Reichensteuer von 45 Prozent greifen, die ab einem Jahreseinkommen von 277.826 Euro fällig wird. Zudem fällt die Gewerbesteuer an.

Ausblick 2025: Droht sogar das dritte Jahr Rezession in Folge?

Die wirtschaftliche Lage Deutschlands bleibt alarmierend, während andere Nationen von einem globalen Aufschwung profitieren. Das einstige Zugpferd Europas steckt in einer anhaltenden Schwächephase. Die ideologische Energiewende zeigt zunehmend ihre Schattenseite und treibt die Produktionskosten in die Höhe. Gleichzeitig schnüren hohe Steuerlasten und strenge Auflagen deutschen Betrieben die Luft ab, während andere Länder wie die USA oder Indien wirtschaftlich aufblühen.

Angesichts der Herausforderungen, vor denen die deutsche Wirtschaft steht, scheint die Prognose des IWF, der ein minimales Wachstum des deutschen Bruttoinlandsprodukts von 0,3 Prozent erwartet, zunehmend unrealistisch. Vielmehr könnte es sogar sein, dass Deutschland das dritte Jahr in Folge in eine Rezession abrutscht.

Auch die Analysten des Handelsblatts teilen diese Einschätzung. Das Handelsblatt Research Institute (HRI) geht in seiner aktuellen Konjunkturanalyse davon aus, dass die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr um 0,1 Prozent schrumpfen wird. Sollte sich diese Prognose als richtig erweisen, wäre die schwerste Wirtschaftskrise in der Geschichte der Bundesrepublik besiegelt.

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