Tichys Einblick
Merz will wieder in rot-grüne Gefangenschaft

Wokeness „isch over“ – Wann merkt es die CDU?

„Woke ist tot“ – mit dieser Warnung richtet sich Ex-US-Botschafter Grenell an die CDU. Doch statt Kurskorrektur hält Merz an der „Brandmauer“ fest. Wird die Union weiter linke Trends mittragen, nur um sich von der AfD abzugrenzen? Oder folgt sie der Realität?

IMAGO / Future Image

Sprachlich und ideell wurzelnd in der griechischen Antike, gibt es die lateinische Sentenz: “Quidquid agis, prudenter agas et respice finem.” Frei übersetzt: „Was immer du tust, handle klug und denke daran, was das Ergebnis sein könnte!“

Diesen Satz hätte CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz beherzigen sollen, als er beim CDU-Parteitag vom 3. Februar mit Blick auf das jüngste AfD-Votum zugunsten der Unionsanträge zur Begrenzung der Zuwanderung verkündete: „Sobald wir eine Regierungsmehrheit haben, wird sich so eine Situation ohnehin nicht mehr stellen. Das war in der letzten Woche eine Ausnahme.“ Um mit Blick auf die AfD festzuhalten: „Es gibt keine Zusammenarbeit, es gibt keine Duldung, es gibt keine Minderheitsregierung, gar nichts.“

Wenn Merz das durchhalten will, dann wird er als möglicher Kanzler – in welcher Koalition auch immer – keines der verkorksten „Ampel“-Gesetze zurücknehmen und nichts originär Unionstypisches ins Parlament einbringen können. Das gilt etwa für die Rücknahme des Selbstbestimmungsgesetzes, der Cannabisfreigabe und des Heizungsgesetzes. Diese drei Gesetze wurden von der „Ampel“ gegen die Stimmen von CDU/CSU und AfD durchgezogen. Wenn Merz diese drei für die deutsche Gesellschaft und für die deutsche Wirtschaft destruktiven Gesetze zurücknehmen wollte, wird er dafür – wenn sie nicht völlig ihr Gesicht verlieren wollen – keine Stimmen der bisherigen „Ampel“-Parteien, aber die Stimmen der AfD bekommen.

Also wird Merz auch diese drei Gesetze weiterlaufen, also gelten lassen. Merz wird auch keine anderen CDU/CSU-Anliegen durchbekommen: Begrenzung der Zuwanderung, vermehrte Ausweisungen, Begrenzung des Doppelpasses, Begrenzung der Förderung von Melde- und Denunziationsstellen, Stopp der Zahlungen von Abermillionen Euro an linke NGOs, Schutz des ungeborenen Lebens, ein Zurück zur Atomkraft … Die AfD könnte das ja auch wollen.

Zwei Beispiele von CDU-Gelenkigkeit

Wie anpassungsfähig und „woke“ die CDU geworden ist, und wie sehr sie ureigene Anliegen über Bord wirft, um ihre „Brandmauer“-Ideologie quasi wie eine Staatsräson pflegen zu können, mögen zwei Beispiele belegen.

Am 19. Januar 2022 brachte die AfD-Fraktion im Landtag von Rheinland-Pfalz den Antrag „Keine geschlechtergerechte Sprache an Schulen und in der Landtagsverwaltung“ ein. Ergebnis: Der Antrag wurde mit den Stimmen der SPD, der CDU, des Bündnis 90/Die Grünen, der FDP und der Freien Wähler abgelehnt. Die CDU-Abgeordnete Marion Schneid brachte sich wie folgt in die Debatte ein: „Das ist ein typischer AfD-Antrag … wie so oft populistisch und voreingenommen; denn es geht nur darum, ein Problem heraufzubeschwören, welches gar keines ist.“ Naja, das Volk sieht es anders.

In der Bundestagsdebatte vom 18. Oktober 2023 zum AfD-Antrag mit dem Titel
„Genderideologie – Gefahren von Bildung, Wissenschaft und Kultur abwenden“ bezeichnete die CDU/CSU-Rednerin Ingeborg Gräßle die Verwendung des Begriffs „biologisches Geschlecht“ als Kampfbegriff der AfD. Sie erklärte damit 90 Prozent des Volkes quasi zu Transphoben.

Wokeness „isch over“

Will die Union auf „woke“ machen, um anschlussfähig zu sein? Will sie – wie schon seit Jahr und Tag, vor allem in 16 Merkel-Jahren – „woke“ hinterherhecheln hinter linken Trends? Zur Erinnerung: Die Wokeness-Bewegung hat ihren Ursprung in der linken Kulturszene der USA: ähnlich der 68er-Ideologie, den Denk- und Sprechverboten der „political correctness“, der Unkultur der „cancel culture“, der Gender-Ideologie, dem Trans-Hype, dem Schuldkult des „Black lives matter“, der „Toxic Masculinity“-Bewegung usw. In Deutschland fielen all diese Bewegungen – trotz ihres demonstrativ praktizierten Antiamerikanismus – vor allem bei den Linken und Teilen der Union, bei Medien und Kirchen ohnehin, auf fruchtbaren Boden.

Bleiben wir bei „Gender“: US-Präsident Donald Trump will damit Schluss machen. In der Antrittsrede nach seiner Vereidigung vom 20. Januar 2025 sagte er: In den USA werde es künftig „nur noch zwei Geschlechter, Mann und Frau“ geben. Die sexuelle Identität eines Menschen solle künftig nur noch mittels der Geschlechtszellen definiert werden.

Über Jahre hatte sich in den USA unter dem Etikett „diversity“ etwas anderes etabliert. Banken, Medienkonzerne, Lebensmittelkonzerne hatten sich hochoffiziell dem Dreisatz „DEI“ verschrieben: Diversity, Equity and Inclusion. Sie machten DEI-Kurse zur Pflicht für ihre Vorstände und Bediensteten, und sie warben immer häufiger mit „Trans“-Models. Das Volk aber wollte das nicht, und so gingen die Absätze zurück und die Aktienkurse um Milliarden Dollar nach unten. Budweiser, Disney, McDonald’s, Ford, Toyota, Harley-Davidson, Boeing, Walmart, Starbucks, Amazon usw. steuern nun um und machen auf „Anti-Wokeness“. Nur Apple hält noch an „diversity“ fest. Die Apple-Aktionäre wollen am 25. Februar darüber abstimmen.

Deutschlands „Elite“ in Politik, Medien, Wirtschaft und „Wissenschaft“ will „woke“ bleiben. Auch die CDU? Vielleicht sollte sich die CDU den Post des ehemaligen US-Botschafters Grenell zu Herzen nehmen. Er schreibt der Union ins Stammbuch: „My free advice for the @CDU: Woke is dead. You may not see it yet but it’s completely dead. Talk about how you will purge wokeness from the government. And when German reporters criticize you for it, highlight their criticism and do it again. There’s a whole group of powerful people completely out of touch with the German people.“

Frei übersetzt: „Woke ist tot. Sie sehen es vielleicht noch nicht, aber es ist völlig tot. Reden Sie darüber, wie Sie die Wokeness der Regierung bereinigen können. Und wenn deutsche Medienleute Sie dafür kritisieren, durchleuchten Sie deren Kritik wieder und wieder. Es gibt eine ganze Gruppe mächtiger Leute, die keinerlei Kontakt zum deutschen Volk mehr haben.“

Recht hat Grenell. Mit Anbiederung oder auch nur Hypertoleranz gegenüber dem pink- und rosafarbenen Kulturmarxismus der Linken, Roten und Grünen wird man auf Dauer keinen Blumentopf gewinnen. Das wird dann die AfD tun. Vielleicht wird die AfD auch eines Tages im Bundestag über die Rechnung abstimmen lassen: 2 plus 2 ist 4. Wird die CDU dann sagen: 2 plus 2 ist 5? Wegen Brandmauer und so?


Die mobile Version verlassen