Tichys Einblick
Was das PwC-Gutachten offenbart:

Northvolt-Skandal – Ein Glücksspieler als Wirtschaftsminister

Das dubiose PwC-Gutachten liegt nun vor. Bisher hielt das Wirtschaftsministerium es unter Verschluss mit der Begründung, Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse von Northvolt gelte es zu wahren. Vor allem ging es um die Wahrung der Geheimnisse von Robert Habeck. Dieses Projekt hätte niemals gefördert werden dürfen.

Robert Habeck beim Baubeginn Northvolt, Heide in Schleswig-Holstein, 25.03.2024

picture alliance / Chris Emil Janßen | Chris Emil Janssen

Nun liegt mir endlich das Gutachten von PwC, die berüchtigte Due Diligence, um deren Einsicht ich mich mit sehr guten Gründen seit geraumer Zeit bemühe, vor. Und es bestätigt meine Vermutung in allen Punkten. Im Juni 2023 hatte Robert Habeck das Gutachten von PwC auf seinem Schreibtisch, am 30. Oktober 2023 schlossen die KfW und Northvolt AB den Vertrag über die Wandelanleihe über die Ausgabe von 600 Millionen Euro Steuergelder an die inzwischen insolvente Northvolt AB ab.

Schon die erste Lektüre zeigt, warum das Gutachten, als sich die Schwierigkeiten von Northvolt verdichteten, nachträglich zur vertraulichen Verschlusssache erklärt worden war. Das BMWK lehnte meine Einsichtnahme bisher mit der Begründung ab, dass es um Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse von Northvolt ging, die es zu wahren galt. Das mag unter Umständen nicht ganz falsch gewesen sein, doch vor allem ging es um die Wahrung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse von Robert Habeck, die er allerdings selbst schon einmal in dem Satz zusammengefasst hatte: „Am Ende ist es nur Geld.“ Und zwar 600 Millionen Euro, Steuergelder, für die er Treuhänder ist. Wichtiger als Geld war ihm die Errichtung der klimaneutralen Gesellschaft, so eine Art Disney Park für Grüne, die bei Lichte besehen nur eine wirtschaftsneutrale Gesellschaft ist.

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In der Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse unterteilt das Gutachten in „Stärken“, „Schwächen“, „Chancen“ und „Risiken“. Liest man die Unterpunkte „Schwächen“ und „Risiken“, wird klar, dass weder Robert Habeck für die Bundesregierung, noch Daniel Günther für das Land Schleswig-Holstein das Projekt in Heide hätten fördern dürfen, nicht mit 600, nicht einmal mit 1 Million Euro, weil die Schwächen und Risiken sogar noch die Stärken und Chancen in das Reich der sehr weitgehenden Hoffnungen, die bereits den Tatbestand der Illusion streifen, verweisen.

So benennt das Gutachten als erste Schwäche: „Aktuell ist die Batteriezellproduktion von Northvolt mit vergleichsweise hohen Produktionsaufwendungen verbunden. Die Aufwendungen sollen im Zeitverlauf abnehmen und sich in einer marktüblichen Spanne einpendeln.“ Da steht nicht, dass die Aufwendungen rentabel werden, sondern dass die Produktionsaufwendungen in der besten aller Welten rentabel werden sollen. In den Stärken verweist PwC auf eine „Wettbewerbsfähige Technologie“, die aber nicht technologisch bewertet, sondern etwas spitzfindig daraus hergeleitet wird, dass bedingt durch das Vertrauen von Kunden Northvolt AB, also die Muttergesellschaft, Eigenkapital bereitstellt. Doch diese Kunden müssen Vertrauen aufbringen, weil sie zu den Anteilseignern gehören, Kunden, die im Falle von BMW schon etwas länger und im Falle von VW jetzt abgesprungen sind, weil sie kein Vertrauen mehr in die Wettbewerbsfähigkeit der Technologie von Northvolt AB haben. In diesem Zusammenhang erledigt sich auch die Stärke, die PwC unter dem Punkt „Robuste Kundenbasis“ zusammenfasst, von selbst.

Ist die Schwäche im Bereich der Produktionsaufwendungen nicht schon Warnung genug, führt PwC einen geringen Track Record, also wirtschaftlichen Erfolg an. Wörtlich heißt es: „Im Vergleich zu etablierten Batteriezellanbietern (z.B. CATL) kann NV AB bisher vergleichsweise wenige Erfolge in allen Bereichen der Wertschöpfungskette vorweisen.“ Für „vergleichsweise wenige Erfolge in allen Bereichen der Wertschöpfungskette“ setzen Habeck und Günther fahrlässig 300 Millionen Euro vom Bund und 300 Millionen vom Land Schleswig-Holstein ein. PwC legt sogar die Achillesferse des Unternehmens bloß: „Aufgrund des Start-Up-Charakters verfügt NV AB noch über keine relevanten finanziellen Reserven. Daraus resultiert eine hohe Abhängigkeit von externem Kapital.“

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Warum in den Simulationen später allem Anschein nach dann Northvolt AB nicht wie ein Start-up, sondern wie ein langjähriges börsennotiertes Unternehmen mit einer stabilen Erfolgsgeschichte behandelt wurde, dürfte das Geheimnis der Gutachter bleiben oder möglicherweise das Geheimnis der drei nicht dokumentierten Videokonferenzen zwischen Vertretern des BMWK, der KfW, des Landes Schleswig-Holstein und PwC. Dass keine Dokumentation dieser Gespräche stattgefunden hat, ist bereits in sich ein Skandal. Wenn man bedenkt, dass Gespräche mit mehreren unterschiedlichen Teilnehmern schon allein deshalb dokumentiert werden, um sich selbst abzusichern, würde das den Umkehrschluss zulassen, dass die Videokonferenzen nicht dokumentiert worden sind, um sich in diesem Fall abzusichern.

Zudem zählt PwC zu den Risiken, dass die Organisationsstruktur des Konzerns noch „begrenzt“ sei, dass für die geplante Expansionsstrategie derzeit noch die notwendige Organisationsstruktur (zum Beispiel Mitarbeiter und etablierte Prozesse) fehlt. Es fehlen „etablierte Prozesse“, um erfolgreich die Expansionsstrategie umzusetzen, deren Umsetzung gleichzeitig die Basis für die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens darstellt? Das nennt man in der klassischen Logik einen Zirkelschluss.

Auf welch tönernen Füßen die Northvolt-Strategie steht, zeigt die Risikoanalyse. Als Chance für Northvolt wird zwar ein rein politisches Ziel angegeben, nämlich: „Energie- und Mobilitätswende als weltweit zentrales Thema, das zu weiterer Dezentralisierung der Energieerzeugung führen wird. Vor diesem Hintergrund steigt die Bedeutung von Batteriezellen und Energiespeicherlösungen.“ Doch führt PwC als Risiko den Preisverfall für Batteriezellen an, und zwar den e r w a r t e t e n Preisverfall: „Erwartete Überkapazitäten am Batteriezellenmarkt bis zum Jahr 2030 können einen Preisverfall für die Produkte von Northvolt bewirken“, und dass bei aktuell, also real „vergleichsweise hohen Produktionsaufwendungen“.

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PwC weist auf die notwendige „Qualität der Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten“ hin. Wörtlich heißt es: „Die vorgesehene vertikale Wertschöpfungskette ist mit einem hohen Bedarf an Forschung und Entwicklung verbunden. Bleiben die Fortschritte hinter dem Markt zurück, können die geplanten Kostenvorteile verloren gehen.“ Aktuell aber sind Produktionsaufwendungen in der Batteriezellproduktion von Northvolt, wie PwC einschätzt, im Vergleich mit der Konkurrenz noch zu hoch, bleiben sie eben „hinter dem Markt zurück“. Doch die Dynamik des Marktes erfordert gnadenlos „schneller neue Batteriezellen entwickeln zu müssen, um konkurrenzfähig zu bleiben. Das setzt entsprechende Investitionen in den Forschungs- und Entwicklungsbereich voraus.“ Höhere Investitionen im Forschungs- und Entwicklungsbereich setzen beim Start-up Northvolt hinwiederum eine solide und ausreichende Finanzierung voraus, doch: „Konkrete Finanzierungszusagen von externen Kapitalgebern stehen derzeit noch aus.“

Plante Northvolt, weitere Investoren zu ködern, indem der Konzern auf das Vertrauen öffentlicher Geldgeber verwies, auf Habecks und Günthers Wandelanleihe? In diesem Punkt hätten sich dann die Strategie von Northvolt und die wirtschaftspolitischen Traumtänzereien von Robert Habeck getroffen, der Mariana Mazzucato folgend den Staat als ersten Investor sah, der durch seine Investitionen private Investoren nach sich zöge. Das hat ja im Fall von Northvolt bestens geklappt. In Heide ist nicht nur Habecks Großmannssucht kläglich gescheitert, sondern auch die wirtschaftspolitischen Vorstellungen von Mariana Mazzucato, die im Grunde mit viel Pathos eine sozialistische Ökonomie light, die eigenwillige Form des Stakeholder-„Kapitalismus“ propagierte, den auch die Herren von Davos, vor allem der ins Zwielicht geratene Klaus Schwab vehement vertrat.

Wir stehen jetzt vor der Asche eines Strohfeuers, in dem viele öffentliche Gelder, viele Steuermillionen verbrannt worden sind. Ob von den 600 Millionen Euro noch etwas zu retten ist, ob sie in die Insolvenzmasse von Northvolt AB einfließen werden, lässt sich noch nicht mit Gewissheit sagen.

Fest steht, dass in Berlin ein Habeck-Untersuchungsausschuss und in Kiel ein Günther- Untersuchungsausschuss eingerichtet werden müssen, die nicht nur Alibi sein dürfen, sondern lückenlos aufzuklären haben mit allen Konsequenzen, die das deutsche Recht bereithält.

Eine vertiefte Analyse des Northvolt-Skandals wird nach der Auswertung weiterer Dokumente folgen.


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