Tichys Einblick
Wer schief spricht, kann nicht gerade denken

Klatsche für Gender-Sprache: Kulturstaatsminister untersagt Gender-Stern und Binnen-I

Im Geschäftsbereich von Kulturstaatsminister Wolfram Weimer ist Gendersprache künftig tabu. Kein Sternchen, kein Glottisschluckauf, kein ideologisches Sprachlabor. Ein kleiner Schritt für die Verwaltung, aber ein überfälliges Signal gegen den woken Irrsinn.

Imago/ APress

Kulturstaatsminister Wolfram Weimer verbietet seinen Mitarbeitern das „Gendern“. Eine kleine Klatsche – immerhin! Formulierungen mit Sternchen oder Binnen-I sind damit in der amtlichen Kommunikation in Weimers Amt erledigt. Offizielle Schreiben sollen künftig an den Regeln des Rechtschreibrats orientiert sein. Dies bestätigte Weimer der „Bild“-Zeitung. Demnach gilt die neue Sprachregelung für den gesamten Geschäftsbereich des Beauftragten für Kultur und Medien im Kanzleramt – und somit für rund 470 Mitarbeiter an den Standorten Berlin und Bonn.

„Im Kanzleramt wird in Briefen, E-Mails und Vermerken nicht gegendert“, erläuterte Weimer gegenüber der „Bild“-Zeitung seine Anweisung. Stattdessen sei die Anrede „Sehr geehrte Damen und Herren“ zu verwenden. Die Regelung orientiere sich an den Vorgaben des Rats für deutsche Rechtschreibung. „Im Kanzleramt“? Heißt das, Weimer macht eine Vorgabe für alle 900 Beschäftigte im Kanzleramt? Dann hätte diese Vorgabe ja eigentlich Regierungschef Merz (CDU) oder Kanzleramtsminister Frei (CDU) verfügen müssen. Am besten gleich für alle Bundesministerien und deren nachgeordnete Behörden. Immerhin war Bildungsministerin Karin Prien (CDU) Ende Juni 2025 vorausgeeilt: Qua Hausanordnung untersagte sie für die amtliche Kommunikation alle Varianten von „Gender“-Sprache.

Weimer begründet seinen Vorstoß übrigens mit dem Wunsch nach sprachlicher Einheit und Verständigung. Er bezeichnete Gendern dem Bericht zufolge als „erzwungen“ und „spaltend“: „Sprache soll verbinden, nicht trennen.“ Sie sei ein zentrales Medium gesellschaftlicher Verständigung und dürfe nicht zum „Spielfeld für Ideologen“ werden. Er lehne eine „bevormundende Spracherziehung“ ab. Aus seiner Sicht beschädige Gendersprache die „Schönheit“ der deutschen Sprache.

Es bliebe zu hoffen, dass die vielen Millionen Euro Steuergelder, die Weimer und Prien für „Kultur“- und „Demokratie“-Projekte bewilligen, auch davon abhängig gemacht würden, dass in diesen Projekten ein ordentliches Deutsch praktiziert wird.

Aus der Sicht der selbsternannte „Gender“-Avantgarde gilt das freilich wieder als ein Stück Kulturkampf von rechts. Sie übersieht dabei, dass sie mit ihren angeblich „gendergerechten“ Verhunzungen der Sprache einen Sprachkampf angezettelt hat, und das Volk, dem die Sprache ja gehört, bevormunden, ja indoktrinieren will. Freilich hat dieser Irrsinn, den 70 bis 80 Prozent des Volkes ablehnen, schon metastasiert: in manchen Behörden, in Hochschulen und Schulen, in Vereinen und Verbänden, in der Werbung, im „Kulturbetrieb“, in zahlreichen Verlagen, in den Kirchen usw. Teilweise auch in der Justiz, wo erst kürzlich höhere Gerichte dem Unsinn einen Riegel vorschoben. TE hat berichtet.

ÖRR verstößt gegen den Medienstaatsvertrag

Als besonders „woke“ gilt das Gendern in den Öffentlich-Rechtlichen (ÖRR) von ARD, ZDF und DLF. Es mag etwas nachgelassen haben: das sinnwidrige Gestammel um „Demonstrierende“ und „Studierende“, der logopädiebedürftige Glottis-Schluckauf, mit dem der Gender-Star ausgesprochen werden soll, eigenwillige Kreationen wie „MitgliederInnen“ usw. All das ist aber nicht aus der Welt des ÖRR verschwunden.

Über drei Jahre hinweg hatten Journalisten der „Welt“ ÖRR-Sendungen zur Gendersprache überprüft. Ergebnis ihrer Analyse vom März 2023: „Die Unausgewogenheit in der Darstellung ‚gendersensibler Sprache‘ manifestiert sich in den Sendungen etwa auf folgende Weisen: 1) Gender-Befürworter erhalten in vielen Sendungen einen deutlich größeren Redeanteil als Genderkritiker. 2) Die konsultierten Experten stammen schwerpunktmäßig aus dem Lager der Befürworter. 3) Die Auswahl der Gesprächspartner bildet die Positionen in der kontroversen Debatte und die weitreichende Ablehnung der Gendersprache in der Bevölkerung nicht ab. 4) Oft wird die Pro-Position in aller Breite dargestellt, die Kontra-Argumente erhalten hingegen nur wenig Raum (…) Genderkritiker [werden] mit nur wenigen Ausnahmen als reaktionär, rückständig, schrullig oder frauenfeindlich dargestellt.« Der DLF hat soeben wieder ein Beispiel seiner „gendersensibel“ Verbohrtheit geliefert, als er ewigmorgige „Sprachwissenschaftler“ gegen Weimers Entscheidung das umwerfende Argument bringen ließ: Wir würden schließlich heute nicht mehr wie Goethe und Schiller sprechen.

Mehrere hundert ernstzunehmende Sprachwissenschaftler und Deutschlehrer haben sich damals, im März 2023 gegen das Gendern im ÖRR positioniert. Die „gendergerechte Sprache“ sei ideologisch, missachte gültige Rechtschreibnormen und produziere „sozialen Unfrieden“. Der ÖRR hat dieses klare Votum totgeschwiegen. Unter den Unterzeichnern des Aufrufs befinden sich Mitglieder des Rates für deutsche Rechtschreibung, der Gesellschaft für deutsche Sprache und des PEN-Zentrums.

Hier, beim ÖRR, müsste die Politik wahrlich „im Namen des Volkes“, also auch des Zwangsgebührenzahlers, eingreifen – und zwar mit Hilfe des Medienstaatsvertrages der 16 deutschen Länder, wo es in § 26 (2) heißt: „Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben bei der Erfüllung ihres Auftrags die Grundsätze der Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung, die Meinungsvielfalt sowie die Ausgewogenheit ihrer Angebote zu berücksichtigen.“ Das heißt: Im ÖRR darf es kein „Laissez-faire“ gegen die Regeln der Rechtschreibung geben.

Gender-avantgardistisch gibt sich indes nach wie vor der Hessische Rundfunk (HR): Die nach der Landtagswahl vom 8. Oktober 2023 neu formierte schwarz-rote Hessen-Koalition will, dass staatliche und öffentlich-rechtliche Institutionen die Gendersprache nicht mehr verwenden. Der HR sieht in dem Verbot einen Verstoß gegen die Rundfunkfreiheit. HR und Co. wollen also unbedingt am Gendern festhalten. Dabei ist solcher Sprachk(r)ampf nichts anderes als „woke“ Gefallsucht und konformistischer Nonkonformismus.

Karl Kraus würde im übrigen zu all dem Sprachgestopsel sagen: »Wer schief spricht, kann nicht gerade denken.«

Die mobile Version verlassen