Tichys Einblick
Auf gefährlichem Irrweg

Kirchen im Kampf gegen Rechts

Die deutschen Kirchen sind im Kampf gegen Rechts ganz vorn mit dabei und ihren Traditionen fest verpflichtet. Immer auf Seiten der Macht zu sein, und das auch nach außen zu zeigen, ist eine der Traditionen, die den Kirchen am wichtigsten sind.

EKD-Praeses Anna-Nicole Heinrich bei der Kundgebung "Lichtermeer gegen den Rechtsruck"

picture alliance / epd-bild | Rolf Zoellner (Zöllner)

Überall wird gegen Rechts und Faschismus demonstriert. So auch im Bistum Limburg, dem auch Frankfurt untersteht. Zu der Demonstration gegen „Rassismus, Faschismus und die AfD“ hatten unter anderem die katholische Kirche und ihr Bischof Georg Bätzing aufgerufen, der auch Vorsitzender der Bischofskonferenz ist. „Das Bistum habe die Aktion unterstützt und sei auch durch Generalvikar Wolfgang Pax, weitere Mitglieder der Bistumsleitung und zahlreiche Katholikinnen und Katholiken unter den Demonstranten vertreten gewesen. Denn die demokratischen Grundwerte seien bedroht, und daher sei jetzt die Zeit, gegen Extremismus und falsche Ideologien aufzustehen und entschieden Haltung zu zeigen.“ Das berichtete der Blog kath.ch über die Veranstaltung.

Der Limburger Bischof Georg Bätzing, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, rief bei der Demonstration tapfer ins Mikrofon: „Die Kälte und Eis und Schnee konnten uns nicht aufhalten. Es ist wichtig, hier zu sein und ein Zeichen für Demokratie, für Vielfalt und Toleranz zu setzen.“ Ohne Nazi und Faschismus kommen kirchliche Prediger, der Haltung wegen, heute nicht mehr aus.

Zahlen explodieren
Kirchenasyl: Amtskirchen ignorieren Gesetze
Auch die evangelische Kirche ist beim staatlich organisierten und finanzierten Kampf gegen Rechts ganz vorne mit dabei. Schon in der DDR kämpften hohe Vertreter der evangelischen Kirche gegen Rechts und den Faschismus. Bischof Ingo Braecklein, der von 1956 bis 1987 als IM „Ingo“ vom MfS geführt wurde, war einer von ihnen. Die Berliner Zeitung berichtete: „1996 war er von der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen mit einem Festakt zu seinem 90. Geburtstag geehrt worden. Zur jahrzehntelangen Zusammenarbeit Braeckleins mit der Stasi sagte der Landesbischof Roland Hoffmann knapp, die Beweggründe für solches Handeln müssten ‚genau angeschaut‘ werden. Zu den mehr als 200 Festgästen zählten die Alt-Bischöfe Leich, Krusche und Schönherr.“

Es kommt auf den Kontext an. Relativierung, eine beliebte Methode von Linken. Eine, die es auf großer Bühne, allerdings vergeblich, damit versuchte, war die damalige Präsidentin von Harvard Claudine Gay.

Noch schlimmer war es während der Zeit des Nationalsozialismus. Hier ein Text der Evangelischen Studierenden Gemeinde: „Schon im Sommer 1932 gründeten sich die Deutschen Christen (DC). Sie bezogen sich auf die im Parteiprogramm der NSDAP stehenden positiven Aspekte, mit denen die Nationalsozialisten versuchten die Christen für sich zu gewinnen. Im Jahr 1933 wurde der Nationalsozialist Ludwig Müller zum neuen Reichsbischof der DC gewählt, damit war die Kirche nicht mehr unabhängig von der Regierung. Reichsbischof Müller der Evangelischen Kirche sorgte beispielsweise dafür, dass sich die kirchlichen Verbände der Hitlerjugend unterordnen mussten. Zudem vollzog er die Einführung des sogenannten Führerprinzips auch in der Kirche, was bedeutet, dass Adolf Hitler fortan in der Kirche höhergestellt war als Jesus Christus.“ Ob evangelische Kirchenfunktionäre das meinen, wenn sie neben „Nie wieder 33“-Schildern demonstrieren?

Bruch mit der CDU/CSU?
Kirchen in ihrer selbstaufgestellten Falle
Die Geschichte zeigt allerdings, dass Kirchenfunktionäre nur dann Haltung zeigen und laut sind, wenn sie sich sicher auf der machthabenden Seite wissen. Als sie laut hätten sein müssen und Haltung zwingend erforderlich gewesen wäre, versteckten sich die Kirchenfunktionäre und schwiegen feige.

Die Holocaust-Enzyklopädie schreibt hierzu: „Am 9. und 10. November 1938 starteten die Nationalsozialisten eine Serie von Pogromen gegen die jüdische Bevölkerung (‚Kristallnacht‘). Diese fanden sowohl in Deutschland als auch in den jüngst angegliederten Gebieten statt. Keiner der bekannten Kirchenführer hat öffentlich gegen die gewalttätigen Angriffe protestiert. Dadurch haben sie sich genau wie die Vertreter aus Bildung, Wirtschaft und Militär mitschuldig gemacht, die angesichts solcher Ereignisse ebenfalls geschwiegen hatten, wenngleich viele von ihnen diese nicht befürworteten. Selbst wenn sich die Kirchenführer angesichts der Gewalt und des Terrors der Kristallnacht geäußert hätten, wäre es vermutlich zu spät gewesen. Ende der 1930er Jahre hatte das NS-Regime die volle Kontrolle über die Inhalte öffentlicher Reden und den öffentlichen Raum. Die Instrumente der Unterdrückung, die von der Inhaftierung in ein Konzentrationslager ohne Gerichtsverfahren bis hin zur Exekution reichten, waren bereits implementiert.“

Genauso feige wie damals schweigen Kirchenvertreter heute zu Mordaufrufen von Muslimen an Juden auf deutschen Straßen.

Die deutschen Kirchen sind seit langem auf einem gefährlichen Irrweg. Fest verankert im Opportunismus, Duckmäusertum, in Heuchelei und Gratismut, besoffen vom Zeitgeist und hypermoralisch aufgeladen, sind sie nach ’68 zu politischen Vorfeldorganisationen, zuerst des linken, und jetzt – immer mit der Zeit gehend – dem links-grünen Juste-Milieu verkommen. Deutsche Kirchenfunktionäre sind und waren Kollektivisten. Die Liste ihrer politischen Fehleinschätzungen ist lang: RAF, Anti-Atombewegung, Anti-Amerikanismus, Nato-Nachrüstung und, nicht zu vergessen, das schändliche Verhalten beider Kirchen während der Coronazeit. Aber, wie oben beschrieben, gaben sich die Kirchenvertreter auch während der Zeit des Nationalsozialismus staatstragend kollektivistisch. Es waren wenige Einzelne, Ausnahmen, die sich gegen die offizielle Politik ihrer Kirchen stellten. Diese Wenigen werden heute allerdings von den wohlmeinenden aktuellen Funktionären gerne als Feigenblatt missbraucht.

Die Kirchen sind eben wie alle anderen, gegen Rechts und Faschismus demonstrierenden staatlich finanzierten Organisationen genau das, gegen das sie vorgeblich protestieren.

Auch das Gehalt des tapferen Bischofs aus Limburg wird von deutschen Steuerzahlern bezahlt. Auch von denen, gegen die er demonstriert. Laut Statista stiegen die Zahlungen des Staates an die Kirchen von 67 Millionen Euro 1960 auf fast 600 Millionen Euro im Jahr 2022. Als Quelle für die Zahlen nennt Statista die Humanistische Union. Aber der Bischof demonstrierte ja nicht nur gegen Rechts und den Faschismus, sondern auch für Toleranz.

Anzeige
Die mobile Version verlassen