Gleich zweimal wird auf den Persiflagewagen für den Kölner Rosenmontagszug Alice Weidel abgebildet. Mit dem „Kampf gegen Rechts“ nehmen es nicht nur die Kölner, sondern auch die Karnevalisten der Domstadt sehr ernst. In der Stadt, die sich für ihre Weltoffenheit und Toleranz feiert – Letztere gilt freilich nicht für Menschen, die kein linkes Weltbild vertreten –, mobilisieren Demos gegen „Rechts“ reflexhaft Tausende und Zehntausende, zum Beispiel jüngst Anfang Februar „gegen den Schulterschluss der CDU, CSU und FDP mit Faschisten“. Gemeint waren die Abstimmungen im Bundestag über eine Wende in der Migrationspolitik und das Zustrombegrenzungsgesetz.
Nun gerät ein Kernelement der kölschen Identität ins Visier islamistischer Terroristen. Wie die Bild-Zeitung berichtet, ruft eine deutschsprachige Propagandaseite des IS unter anderem zu Anschlägen auf die Feierlichkeiten zur Weiberfastnacht am 27. Februar auf. Der „Wieverfastelovend“ bildet den Auftakt zum Straßenkarneval – Höhepunkt der karnevalistischen Session mit über 40 Zügen im gesamten Stadtgebiet.
Bittere Ironie, wenn man bedenkt, wie standhaft sich die Kölner Stadtbevölkerung weigert, die Probleme, die durch unkontrollierte Massenmigration und mangelnde Integration entstehen, wahrzunehmen. Und das, obwohl die Manifestation der letzteren Problematik in Form der gigantischen Ditib-Moschee mitten in der Stadt präsent ist.
Bezeichnend, dass die Mottowagen zwar mit Blick auf den Missbrauchsskandal die katholische Kirche attackieren, nicht aber Messerangriffe, Unterdrückung von Frauen in muslimischen Parallelgesellschaften oder sexualisierte Gewalt durch Einwanderer anprangern. Ebensowenig thematisiert man den schlafwandelnden Umgang der Bevölkerung mit diesen Phänomenen, obwohl dieser zu bissiger, selbstkritischer Satire geradezu einlädt.
Doch die angeblich so unangepassten Kölner, inklusive der Jecken, haben sich in den letzten Jahrzehnten jedem Mainstreamtrend angebiedert und ihn entsprechend intolerant propagiert, von Corona-Maßnahmen bis Queerness.
Da überrascht dann auch die Reaktion Christoph Kuckelkorns, Präsident des Festkomitees Kölner Karneval, nicht: Er knüpft, geradezu heroisch, sein karnevalistisches Schicksal an den anschlagsfreien Verlauf des Karnevals. „Sollte tatsächlich etwas passieren, wäre das nicht nur eine Katastrophe für den Karneval, sondern auch für mich persönlich. In einem solchen Fall würde ich die Konsequenzen tragen“, sagte er gegenüber t-online. Er werde in diesem Fall von seinem Amt zurücktreten.
Das ist sicher aufrichtig und gut gemeint, legt aber vor allem Hilflosigkeit offen. Selbstkritik, ob man mit ein bisschen weniger Kampf gegen Rechts und etwas mehr Ehrlichkeit womöglich zu einer weniger „abstrakt hohen“ Gefährdungslage hätte beitragen können, unterbleibt natürlich.
Das Wissen, dass der Karnevalspräsident zurücktreten würde, falls „etwas“ passiert, beruhigt zudem weder Eltern, die sich darum sorgen, ob ihre Kinder wohlbehalten von den „Schull- un Veedelszöch“, den Schul- und Stadtteilumzügen, oder vom Feiern heimkehren, noch tröstet es die Jecken, die den Höhepunkt des Jahres nun überschattet von Terrorgefahr und mit nochmals erhöhter Polizeipräsenz begehen müssen.
Lauthals zu erklären, man lasse sich seine Lebensart nicht nehmen, ist einfach, wenn man sich nur um sein Amt sorgt – wenn es um das Leben von Freunden und Angehörigen geht, sieht das schon ganz anders aus.
Im Köln der „Eine Armlänge Abstand“-Oberbürgermeisterin Henriette Reker, die nun, da sie nicht mehr kandidiert, die Verwahrlosung der Stadt beklagt, für die sie verantwortlich ist, ist ein kreatives Verständnis von Verantwortungsübernahme, allerdings ohnehin eher der Normalfall. Der trotz unverhältnismäßigen Hasses auf den Klerus spirituelle Kölner empfiehlt sich aus dieser Erfahrung heraus ohnehin höheren Mächten an und beschwört das Kölsche Grundgesetz: „Et hätt noch immer jot jejange.“