Tichys Einblick
Feminismus vs. Frauenpolitik

Hauptsache gleich? Wie sich Feministinnen verzetteln

Würde Frauen in Deutschland helfen, wenn der nächste Bundespräsident eine Frau wäre? Mitnichten. Wichtiger wäre, die Transgender-Ideologie zu stoppen, den Islamismus zu bekämpfen oder die Wirtschaft zu stärken. Aber das wären ja echte Probleme, die echter Lösungen bedürften. Also doch lieber Scheinprobleme diskutieren.

picture alliance/dpa | Michael Kappeler

Der nächste Bundespräsident solle eine Frau sein, ließ Bundestagspräsidentin Julia Klöckner kürzlich verlauten. „Auf der Liste der Bundespräsidenten stehen seit 1949 zwölf Männer, keine Frau. Das ist das Gegenteil von Gleichberechtigung“, sagte sie gegenüber dem Stern.

Das ist Blödsinn: Natürlich sagt es absolut nichts über Gleichberechtigung aus, dass bisher keine Frau dieses Amt innehatte. Denn Frauen waren und sind vollkommen gleichberechtigt, in dieses Amt gewählt zu werden, die Frage ist nur, ob die Mitglieder der Bundesversammlung ihnen ihre Stimme geben wollen.

Aber sowohl Tonfall als auch intellektuelles Niveau der Äußerung sind symptomatisch für Diskussionen über Gleichberechtigung. Offenbar haben Frauen, die sich aufgrund ihrer Ämter für ihre Geschlechtsgenossinnen einsetzen sollten, vergessen – oder nie erlebt –, welchen Schwierigkeiten Frauen heute gegenüberstehen.

Dementsprechend dekadent diskutieren sie Nichtprobleme wie die Nichtexistenz einer Bundespräsidentin oder darüber, dass in einer diplomatischen Delegation keine Frau vertreten ist. Tatsächlichen Problemen widmen sie sich aus einer völlig abgehobenen Perspektive heraus, verständnislos für die Bedürfnisse „der kleinen Frau auf der Straße“.

Das führt die Forderung, Frauen müssten durch Frauen repräsentiert werden, ad absurdum: Ein empathischer Mann mit Bodenhaftung hat mit hoher Wahrscheinlichkeit einen deutlich aufmerksameren Blick für die Bedürfnisse von Frauen als beispielsweise Bärbel Bas, die, anstatt für die Wahlfreiheit von Frauen einzustehen, lieber noch mehr Frauen in Erwerbsarbeit und Vollzeitbeschäftigung gedrängt sehen möchte: Schuften für den Staat, nun, das ist die Haltung eines Politikers, der sich um die Diätensicherheit sorgt, aber nicht die einer Frau, die sich für das Wohl anderer Frauen einsetzt.

So aber entsteht der Eindruck, Frauenpolitik sei nicht notwendig, schließlich scheinen Frauen nur Probleme zu haben, die keine sind.

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Tatsächlich ist man von afghanischen oder iranischen Zuständen gottlob weit entfernt. Das bedeutet aber nicht, dass es keine Felder gäbe, in denen die Politik die Situation von Frauen verbessern sollte: Dass etwa viele Frauen ihrem Kinderwunsch nicht nachkommen können oder nicht nachzukommen wagen, weil sie von sozialen und wirtschaftlichen Ängsten geplagt werden, dass Frauen, die Kinder haben, wiederum aufgrund mangelnder gesellschaftlicher Akzeptanz und finanzieller Schwierigkeiten unter der Doppelbelastung von Kindererziehung und Erwerbsarbeit leiden: Das wären Bereiche, die thematisiert werden müssten.

Und zwar ohne ideologischen Tunnelblick, der von Frauen erwartet, sie müssten doch „modern“ und „emanzipiert“ sein, obwohl diese Worte zumeist nur Chiffren dafür sind, dass sich Frauen wie Männer verhalten, ihre eigenen Bedürfnisse möglichst negieren und gefälligst ihre Probleme allein lösen sollen.

Oder wo wäre die Politikerin, die sich für medizinische Forschung einsetzt, die frauenspezifische Diagnostik befördert? Wo jene, die das Sicherheitsgefühl von Frauen und Mädchen im öffentlichen Raum gestärkt sehen möchte, und zwar nicht durch Messerverbotszonen oder Frauenabteile in U-Bahnen, sondern durch die Begrenzung der Zuwanderung derjenigen, die Frauen als Freiwild betrachten, und durch die Förderung eines gesellschaftlichen Klimas, das gegenseitiges Verantwortungsgefühl statt Desinteresse stärkt?

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Auch die empörende Objektifizierung und Reduzierung der Frau, die die Transgenderideologie proklamiert, wird von führenden Politikerinnen in Deutschland propagiert und unterstützt, statt gegeißelt. Dabei tun Transgenderprogrammatik und Genderideologie nichts anderes als das, was auch die Taliban tun: Sie machen Frauen unsichtbar. Nicht, indem man sie verhüllt und wegsperrt, sondern indem Mann erklärt, Frausein sei bloß ein Gefühl, oder indem die Begriffe „Frau“ und „Mutter“ ausradiert werden. Und wer wendet sich gegen die Degradierung der Frau durch Pornographie, Prostitution oder das drohende Übel der Leihmutterschaft, das in anderen Ländern für himmelschreiendes Leid und Unrecht verantwortlich ist?

Das sind die wirklichen Probleme, die sich aber nur gesamtgesellschaftlich lösen lassen. Und das ist die Crux: Während Politik, die nur Männer privilegiert, auch ohne Frauen umgesetzt werden kann – wenngleich es natürlich organischer, weniger gewalttätig und zeitgemäßer wirkt, wenn Frauen tatkräftig dabei mithelfen, sich selbst zu schaden –, ist andersherum Politik, die Frauen stärkt, ohne die Mitarbeit des Mannes nicht möglich, und nützt letztendlich auch immer beiden Geschlechtern.

Schon deshalb ist die Verteufelung oder Verächtlichmachung von Männern, wie sie in gewissen Kreisen gepflegt wird, kontraproduktiv und dumm.

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  „Die Frau wäre dem Mann an dem Tag wirklich gleichgestellt, an dem man für einen wichtigen Posten eine inkompetente Frau ernennt“, sagte die Journalistin Françoise Giroud. Warum dieser Satz als klug gilt, ist einigermaßen unverständlich. Allerdings liegt in dem Satz an sich erst einmal noch keine Wertung. Ob diese Form der Gleichstellung anzustreben oder gar gut wäre, ist nicht gesagt, wenn man es auch unwillkürlich hineinzulesen geneigt ist: Der Gleichheitsfetisch, dem die Franzosen seit 1789 frönen, hat schon damals vor allem Unheil und Verwirrung über die Menschen gebracht – ist der wichtigste Parameter, „gleich“ zu sein, auch, wenn dies vor allem gleich arm oder gleich elend bedeutet?

Mehr noch: Viele sogenannte emanzipierte Frauen beanspruchen, gleich verantwortungslos, gleich böse, gleich gewissenlos sein zu dürfen „wie Männer“ – so, als ob es nur verantwortungs- und gewissenlose Männer gäbe. Man fragt sich, in welchen Kreisen sich Frauen bewegen, wenn sie nur auf solche Männer treffen; aber wahrscheinlich leben die meisten von ihnen geistig konsequent in einer gefühlten Wirklichkeit, die mit dem, was sie tagtäglich erfahren, so gut wie nichts zu tun hat. Es wäre jedenfalls entsetzlich, wenn die Väter, Söhne und Partner dieser Frauen allesamt amoralische Monster wären.

Wenn Gleichheit in Schlechtigkeit das Ziel war, wurde es jedenfalls nicht erreicht, sondern weit übertroffen. An inkompetenten und gewissenlosen Frauen herrscht in der europäischen und deutschen Politik wahrlich kein Mangel.

Vielleicht sollte sich der Feminismus allmählich die Frage stellen, inwieweit das nun bitte Frauen nützt, anstatt wie ein orientierungsloser Odysseus zwischen Scylla und Charybdis zwischen archaisch-islamistischer Frauenfeindlichkeit einerseits und genderideologischer Frauenfeindlichkeit andererseits hin und her zu manövrieren, und dabei stolz darauf zu sein, dass frau sich selbstbestimmt und frei zerstören lässt.

Eine Besinnung auf echte frauenpolitische Ziele wäre bitter notwendig. Denn die gesellschaftliche Situation verändert sich zusehends zu Ungunsten der Frau, und das unter den Augen zahlreicher Frauen in wichtigen Positionen, die handlungsfähig und wirkmächtig genug wären, um das Ruder herumzureißen. Die vergeuden aber lieber kostbare Zeit damit, alle paar Monate angebliche Quotenprobleme geltend zu machen, um noch mehr tatenlose Frauen in Ämter zu hieven.

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