Tichys Einblick
Führungsstil von Friedrich Merz

Genau wie unter Merkel: Jetzt kommt es auf den Kanzler an

Mit dem Streit um die Stromsteuer befindet sich die schwarz-rote Koalition in ihrer ersten innenpolitischen Krise. Jetzt kommt es auf den Kanzler an. Doch Finanz- und Wirtschaftspolitik sind nicht die Felder, auf denen Friedrich Merz sich profitieren will.

picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Markus Schreiber

Die Auswahl des Personals und seine Führung gehört zu den wesentlichen Qualitäten, die darüber entscheiden, ob ein Chef topp oder Flop ist. Olaf Scholz (SPD) ist als Kanzler unter anderem daran gescheitert. Vor der Bundespressekonferenz erklärte er selbst, wie sein Führungsstil sei: Den Ministern Vorgaben zu machen, sei nicht sein Ding. Er lasse sie machen und schaue sich an, was dabei passiert. Hört sich an wie: “Olaf, wurschtig, unfähig und gescheitert”. Was im Übrigen ein schöner Titel für ein Sachbuch über die Kanzlerschaft von Scholz wäre.

Sein Kabinett war geprägt von unglaublich Unfähigen mit einem umso ausgeprägteren Ego: Marco Buschmann, Robert Habeck, Nancy Faeser oder Karl Lauterbach. Keiner von den SPD-Ministern, die Scholz 2021 berief, ist noch im Amt. Nur noch Boris Pistorius, den der Kanzler für Christine Lambrecht nachbesetzte, nachdem sich die Verteidigungsministerin mit ihrer Silvesteransprache blamierte, wie kein Minister mehr, seitdem Rudolf Scharping mit seiner Gräfin im Pool geplanscht hat.

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Friedrich Merz startet als zehnter deutscher Bundeskanzler mit einem Vorteil: Schlechter als Olaf Scholz führen? Das geht kaum noch. In der Auswahl des Personals beweist Merz schon einmal mehr Qualität als sein Vorgänger. Lauterbach hat Scholz zum Gesundheitsminister gemacht, weil der in Talkshows so viel zur Pandemie sprach. Gut für Deutschland, dass die Grünen das Ernährungsministerium erhielten. Unter Scholz wäre es sonst das Krümelmonster geworden.

Merz setzte bei den CDU-Ministern auf dezente Kandidaten. Auch in den Ressorts, die den Schlüssel zu Erfolg oder Misserfolg seiner Kanzlerschaft verbergen: Außen und Wirtschaft. Johann Wadephul und Katherina Reiche haben es bisher nicht verstanden, sich selbst zu inszenieren. Zumindest nicht gut. Aber für den Kanzler funktionieren beide als Watschenaugust. Sie schickt er vor, wenn ihm eine Ohrfeige droht. Er selbst kommt mit Verspätung, um dann in Ruhe abzuräumen, wie einst Han Solo in der ersten Schlacht um den Todesstern.

Außenpolitisch geht der Plan bisher auf. Wadephul durfte testen, wie dumm und israelfeindlich sich ein verantwortlicher deutscher Politiker äußern darf. Er radebrechte wie ein arabischer Nationalist auf einer Palästina-Demo in Kreuzberg. Wodurch er neben Familienministerin Karin Prien der einzige Christdemokrat mit wohlwollender linker Presse wurde. Anschließend ruderte Merz zurück und dankte Israel dafür, die “Drecksarbeit” in Sachen Iran zu übernehmen. Mit seinem Einschwenken gegenüber Israel und mit seiner Entschlossenheit in Sachen Ukraine hat er die CDU-Außenpolitik wieder fest in der Nato-Treue verankert. Damit ist sie zum ersten Mal seit 20 Jahren wieder die Partei Konrad Adenauers und Helmut Kohls. In der Außenpolitik.

Wirtschaftspolitisch gelingt Merz dieses Spiel mit Reiche nicht. Die Ministerin wirkt selbst blass, hat aber auch mit einigen Problemen zu kämpfen. Sie führt ein Haus, das Robert Habeck personell durchgegraicht hat. Eine linke Presse, die glaubt, gute Wirtschaft sei nicht mehr als Windräder und Solaranlagen. Wenn das dann nicht klappt, dann waren es einfach noch nicht genug Windräder und Solaranlagen. Und mit einer CDU, die längst nicht mehr die Partei Ludwig Erhards ist. Mit Vertretern wie Weimer oder Prien, denen nichts mehr anderes einfällt, als noch mehr Steuern und staatlichen Leistungen.

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Anders als bei Wadephul in der Außenpolitik greift Merz in der Wirtschaftspolitik nicht ein. Geschweige denn, dass er sich vor Reiche stellt. Noch so eine Qualität, übrigens, die einen guten vom schlechten Chef unterscheidet. In der Folge hat die CDU in der Wirtschaftspolitik noch keinen eigenen Akzent setzen können. Am ehesten noch durch die Besetzung der CSU-Frau Dorothee Bär als Raumfahrtministerin: Hauptsache staatliches Geld ausgeben, auch wenn es nur in die Luft geschossen wird. Mit Bär als Raumfahrtministerin ist die CDU immer noch ganz Merkel.

Wobei sich bei den beiden Kanzlern eine Arbeitsteilung abzeichnet: Merz glänzt auf dem außenpolitischen Parkett. Sein Vizekanzler Lars Klingbeil bespielt die Wirtschaftspolitik. Da ist der SPD-Vorsitzende deutlich erkennbarer als die CDU-Minister Reiche und den, den Merz aus “der Wirtschaft” verpflichtet hat. Der für die digitale Revolution Deutschlands. Kleines Quiz: Kennt jemand den Namen? Dimdimdim… döpdöp… dimdim. Es ist Karsten Wildberger. Einerseits ist es konsequent, dass die SPD nach den Ministern Frank-Walter Steinmeier und Heiko Maas die Außenpolitik aufgegeben hat. Andererseits seine Hoffnungen auf Lars Klingbeil setzen… Das muss die SPD selbst wissen. In Anlehnung an einen Sommerhit kann sie singen: 16,4 Prozent und es geht noch tiefer.

Das Kalkül, Merz setzt auf die Außenpolitik und ihren Glanz, die “Drecksarbeit” in der Wirtschaftspolitik überlässt er dem SPD-Mann, geht bestenfalls kurzfristig auf. Langfristig scheitert Merz daran. Er kann sich mit dieser Strategie vielleicht die jeweils nächste Wahl absichern. Auf Kosten anderer, so wie Merkel. Doch reformiert diese Regierung die Wirtschaft nicht erfolgreich, geht das Land in Richtung Abgrund, genau wie unter Merkel.

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