Das abgewählte Parlament beschließt in der nächsten Woche Schulden, die schon in wenigen Jahren den kommenden Parlamenten jede Handlungsfähigkeit nehmen. Wer in Deutschland mit Begriffen wie neuer Tiefpunkt arbeitet, sollte bedenken: Da kann immer noch mehr kommen. Noch ist Friedrich Merz (CDU) „Oppositionsführer“. Als solcher war er schon Rekordhalter im Zurückrudern, wenn es linken Gegenwind gab. Beobachter, die nicht für staatliche oder staatsnahe Medien arbeiten, haben davor gewarnt, dass er seine Versprechen wie das Einhalten der Schuldenbremse schneller aufgeben wird als jemals jemand zuvor, nachdem er damit erfolgreich konservative Wähler geangelt haben wird. In diesem Sinne hat Merz geliefert.
Für das faktische Ende der Schuldenbremse brauchen Union und SPD zwei Drittel der Stimmen des Bundestages. Im durch die Wahl vom 23. Februar legitimierten Parlament müssten sie sich dafür an Linke oder AfD wenden. Im abgewählten Parlament genügen FDP oder Grüne. Das Ende der Schuldenbremse zu verhindern, war einer der wenigen liberalen Erfolge von Christian Lindner und Marco Buschmann (beide FDP) in der Ampel. Aus dem Parlament sind sie geflogen, weil es so wenige liberale Erfolge gab. Es wäre maximal unvernünftig und unseriös, wenn die FDP nach der Abwahl nun als ihre letzte Tat noch diesen einen Erfolg aufgibt. Traurig, dass es Lindner und Buschmann genau deswegen zuzutrauen ist. Wer in Deutschland mit Begriffen wie neuer Tiefpunkt arbeitet, sollte bedenken: Da kann immer noch mehr kommen.
Wahrscheinlicher ist, dass sich Merz und Lars Klingbeil (SPD) die fehlenden Stimmen bei den Grünen holen. Die torkeln nach der Abwahl besinnungslos durch die politische Landschaft. Also werden sie die Positionen mittragen, die sie vor ihrer Abwahl selbst vertreten haben. Aktuell bemängelt das grüne Personal, dass im Paket von CDU, CSU und SPD der Klimaschutz nicht vorkomme. Aber das ist dann auch schon die Tür, durch die es zum Verhandlungserfolg führt: Die neuen Regierungsparteien müssen auf ihr riesiges Schuldenpaket einfach noch etwas für den Klimaschutz draufsatteln und sie haben die Stimmen der Grünen.
500 Milliarden Euro nimmt der Bundestag nach dem Willen von Friedrich Merz für „Investitionen in die Infrastruktur“ auf. Für die Militärausgaben gibt es künftig kein Limit mehr. „Whatever it takes“, begründet der „Oppositionsführer“ diesen Schritt. Auf Deutsch heißt das: „Ich bin 69 Jahre alt und bin bereit, heute jedes Geld auszugeben, das Menschen von morgen zurückzahlen müssen.“ Das „Gute“ an der Situation. Zumindest für Union und SPD: Wer mit bis zu einer Billion Euro Schulden kommende Parlamente eh schon handlungsunfähig macht, für den kommt es auch nicht mehr auf 100 Milliarden Euro für den Klimaschutz an, um sich die Stimmen der Grünen zu kaufen. Oder warum nicht gleich 200 Milliarden Euro? Es ist noch Suppe da. Wer hat noch nicht, wer will noch mal.
Der Beschluss, den Friedrich Merz am Dienstagabend verkündet hat, führt ohnehin in den grenzenlos sozialdemokratischen Schuldenstaat. Disziplin bei den Ausgaben war gestern. Jetzt kommen alle die, die am neuen Geldrausch teilhaben wollen. Der Dachverband der Krankenkassen will seinen Teil von den neuen Staatsschulden für die Krankenkassen. Der Arbeitgeberverband Pflege für die Pflege-Arbeitgeber. Fehlen noch die „NGOs“. Denn schließlich geht „unsere Demokratie“™ unter, wenn der Staat keine Millionen mehr an die Omas gegen Rechts oder die Amadeu Antonio Stiftung gibt. So argumentieren zumindest die Omas gegen Rechts und die Amadeu Antonio Stiftung.
Die ungebremste Verschuldung wird die negative wirtschaftliche Entwicklung der letzten fünf Jahre fortsetzen. In ihrer Art und ihrem zunehmenden Tempo. Die ersten drei „Entlastungspakete“ hatten ein Volumen von rund 100 Milliarden Euro. Der „Doppelwumms“ dann schon 200 Milliarden Euro. Allein das „Sondervermögen“ für die „Infrastruktur“ wird 500 Milliarden Euro umfassen. Zwei Verdoppelungen in drei Jahren. Wobei zur letzten Verdopplung dann noch mal 100 Milliarden Euro obendrauf kommen. Die Summe, um die es in den ersten „Entlastungspaketen“ zusammen ging. Seit 1923 haben die Deutschen keiner derart schnellen Entwertung von Geld mehr zugeschaut. Das hat – am Rande erwähnt – zehn Jahre später dazu beigetragen, dass tatsächlich tatsächliche Nazis die Macht im Land übernommen haben.
Die diversen Pakete der Ampel haben der Wirtschaft nicht nur nicht geholfen. Sie haben ihr geschadet. Die Unternehmer leiden an drei Kern-Problemen: die alles zerdrückende Bürokratie, die viel zu hohen Steuern und Abgaben sowie die Tatsache, dass sie sich nicht auf die Politik verlassen können. Letzteres geben 90 Prozent der Unternehmen in einer Umfrage der Handelskammern als ihr größtes Problem an. Ein kommender Kanzler, der noch als Oppositionsführer ein zentrales Wahlversprechen bricht, dürfte das kaum besser machen.
Dürfte. Konjunktiv. Wie sehr sich die fehlende Verlässlichkeit von Friedrich Merz auf die Wirtschaft auswirken wird, werden die nächsten Monate erst zeigen. Dokumentiert ist bereits, dass die Investitionspakete nicht nur nach kurzer Zeit verpufft sind, sondern eben Schulden und damit auch Zinspflichten hinterlassen haben. Lindner traute sich in der Folge nicht, dringend notwendige Steuersenkungen zu fordern. Und obwohl fast alle Parteien im Wahlkampf davon sprachen, die Wirtschaft müsse entlastet werden, hat die rot-grüne Restregierung in genau der Zeit eine massive Erhöhung von CO2-Steuer und LKW-Maut in Kraft gesetzt und eine massive Erhöhung der Kassenbeiträge zugelassen. Sie hatte sich selbst um ihren Handlungs-Spielraum und Deutschland an den Rand des Abgrunds gebracht. Friedrich Merz macht nun einen großen Sprung nach vorne.
Ob jemals in Deutschland Bürokratie abgebaut wird, sei mal dahin gestellt. Aber Zinslast und Schulden steigen massiv. Das steht seit Dienstag fest. Das wird zu noch höheren Steuern führen und die Wirtschaft noch stärker abwürgen. Sie wird weiter Stellen abbauen. Aber – so halten die Sozialdemokraten dagegen – die Beschäftigung feiere ja immer neue Rekorde. Nun ja, ja, im öffentlichen Dienst. Bezahlt durch Geld, das die Wirtschaft erst erarbeiten müsste. Eigentlich. In der sozialdemokratischen Welt stellt der öffentliche Dienst immer so viele Menschen ein, wie es für einen neuen Beschäftigungsrekord braucht. Das zu bezahlen ist ja kein Problem, wenn der Staat so viel Schulden machen darf, wie die Regierenden für die Schlagzeile vom Beschäftigungsrekord brauchen – „whatever it takes“. Der Kreislauf von Wirtschaftsbelastung durch hohe Steuern, Ausbau des öffentlichen Dienstes und noch höheren Steuern nimmt an Tempo zu – so wie die Höhe der neuen Investitionspakete. Die Sozialdemokraten nennen das Logik. Wirtschaftsexperten Irrsinn und Friedrich Merz sagt: Kauf ich, mach ich, tschö, Schuldenbremse.
Aber: Wer in Deutschland mit Begriffen wie neuer Tiefpunkt arbeitet, sollte bedenken: Da kann immer noch mehr kommen. Die „Whatever it takes“-Posse von Merz und Klingbeil ist schon jetzt Irrsinn. Doch die nächste Volte wartet schon. Der kommende Kanzler begründet den Einstieg in den sozialdemokratischen Schuldenstaat damit, dass die USA die Ukraine nicht mehr unterstützt und in der Folge Wladimir Putin mit den Russen in 15 Minuten am Kurfürstendamm ist. Am gleichen Tag, an dem Merz und Klingbeil diese Sprachregelungen ersonnen haben, haben Donald Trump und Wolodymyr Selenskyi verkündet, sich versöhnen und gemeinsam einen Waffenstillstand anstreben zu wollen. Wenn es für die neue Regierung blöd läuft, gibt es nächste Woche Frieden in der Ukraine und kein Krieg in der Ukraine, den Merz und die anderen Sozialdemokraten im Bundestag beschwören, um ihren Gang in den sozialdemokratischen Schuldenstaat zu rechtfertigen. Wer in Deutschland mit Begriffen wie neuer Tiefpunkt arbeitet, sollte bedenken: Da kann immer noch mehr kommen.