Tichys Einblick
Sehnsucht nach der DDR

Enteignungsgesetz vorgelegt: Sozialistische Fantasien der Berliner SPD


Was als linkes Volksbegehren begann, nimmt nun gesetzliche Formen an. Die Berliner SPD will mit einem „Vergesellschaftungsgesetz“ den Zugriff auf Wohnungen, Unternehmen und Eigentum ermöglichen. Ein beispielloser Tabubruch in einem Land, das einst Eigentum als Garant der Freiheit verstand.

picture alliance/dpa | Wolfgang Kumm

Fast vier Jahrzehnte nach dem Fall der Mauer und dem Ende der DDR, in einer Zeit, in der Deutschland wirtschaftlich immer weiter abgehängt wird, ist es der sehnlichste Wunsch der Berliner Sozialisten (und wahrscheinlich nicht nur der Berliner Sozialisten), endlich wieder das Privateigentum abzuschaffen. Was 2021 als umstrittenes Volksbegehren gegen große Wohnkonzerne begann, wurde jetzt von der SPD in einem Gesetzesentwurf, der an schreckliche kollektivistische und zentralplanerische Willkür vergangener Tage erinnert, formalisiert.

Die Hauptstadt-SPD, wie die gesamte SPD Meisterin im Erzeugen von Problemen, die es ohne sie nicht gäbe, versucht sich jetzt in noch absurderen Vorschlägen, um der selbstgeschaffenen Probleme Herr zu werden. Die SPD hat den Mangel an Wohnraum als Problem erkannt. Ursächlich verantwortlich für den Mangel an Wohnraum in ganz Deutschland ist die Politik der SPD – fairerweise muss man sagen, zusammen mit Grünen, CDU/CSU, FDP und den Linken.

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Kommen im großen Stil Menschen ins Land, braucht man für sie Wohnraum. Schulen, medizinische Versorgung, Arbeitsplätze, also alle anderen durch Einwanderung verschärften Probleme, klammern wir der Einfachheit halber hier einfach einmal aus und bleiben beim Wohnraum. Zusätzliche Wohnungen müssen gebaut werden. Dazu benötigt man Bauland, Architekten und Firmen, die Wohnungen bauen. Da unsere sozialistischen Träumer – meist unbeleckt von Berufserfahrung und Wissen außerhalb ihrer transferfinanzierten Welt – aber auch noch die ganze Welt vor dem menschengemachten Klimawandel retten wollen, haben sie sich viele Vorschriften ausgedacht, wie man heute bauen muss, um die Welt zu retten. All diese Vorschriften verteuern aber das Bauen und das verteuert am Ende die Wohnungspreise.

Das gefiel aber unseren tapferen Sozialisten nicht. Deshalb haben sie, die alles, was nicht ihrer Meinung ist, als Rechte, Faschisten und Nazis beschimpfen, ein Gesetz, das die Mietpreise deckelt, beschlossen und eingeführt. Die Berliner Zeitung weist darauf hin, wann und von wem in Deutschland schon einmal ein Mietpreisdeckel eingeführt worden war. Sie schreibt:

Am konsequentesten handelten die Nationalsozialisten als Mietpreisbremser: Im November 1936 verhängten sie den vollständigen Mietpreisstopp. Mit wenigen Änderungen galten diese gesetzlichen Regelungen bis 1990 in der DDR. Der Bundestag verabschiedete 1960 das ‚Gesetz über den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft und über ein soziales Miet- und Wohnrecht‘. Das Dauerproblem Wohnraummangel sollte fortan über stärkere Förderung, vor allem für den sozialen Wohnungsbau, gelöst werden.“

Jetzt brachte also die SPD in Berlin ein sogenanntes „Vergesellschaftungsgesetz“ ins Parlament. Dahinter verbirgt sich nichts anderes als ein breit angelegter Versuch, Privateigentum in Berlin zu verstaatlichen. Aber es geht nicht nur um Wohnungen, sondern um Grund und Boden, Produktionsmittel, Unternehmen. Das bedeutet nichts anderes, als das diejenigen, die noch in Berlin produzieren und vermieten, bald fürchten müssen, dass ihnen staatliche Kommissare die Türen eintreten.

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Unter dem wohlklingenden Mantel der „Daseinsvorsorge“ soll eine neu zu schaffende „Vergesellschaftungsbehörde“ künftig das enteignen dürfen, was der SPD nützlich erscheint. Wer Wohnungen besitzt, soll sie an den Staat abgeben. Wer Unternehmen betreibt, soll sich ebenfalls dem Staat unterwerfen. Denn der weiß und kann natürlich alles besser. Und wer der irrigen Ansicht anhängt, Eigentum würde auch Freiheit bedeuten, hat in dieser neuen Welt ohnehin nichts mehr zu suchen.

Zwar schreibt das Grundgesetz eine Entschädigung „nach dem Verkehrswert“ vor, doch der SPD-Gesetzesentwurf sieht vor, dass die Vergütung unterhalb dieses Wertes liegt. „Schnäppchen-Jagd“ nannte es die Bild treffend.

Wer glaubt, das sei der linke Rand, irrt. Der Entwurf wurde, so die Berliner Zeitung, von Raed Saleh eingebracht. Er ist SPD-Fraktionschef im Berliner Abgeordnetenhaus. Die CDU, Juniorpartner der Berliner GroKo, hält sich bedeckt. Man wolle das Gesetz „prüfen“. Mit anderen Worten: Die Union spielt mit. Ob aus Feigheit, Kalkül oder schon Überzeugung ist ebenso unklar wie unerheblich.

Noch absurder wird es, wenn man einen weiteren SPD-Vorstoß betrachtet. Enteignung im Namen des Schulbaus. Weil der Senat es jahrzehntelang nicht schaffte, die wachsende Stadt planerisch zu bewältigen, sollen nun Grundstückseigentümer dafür die Rechnung bezahlen. Enteignung als Lösung für Staatsversagen. Eine Logik, die nur in sozialistisch-kollektivistischen Parallelwelten gedeiht.

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Natürlich berufen sich die Sozialisten von heute auf Artikel 14 des Grundgesetzes. Eigentum verpflichtet. Doch sie verschweigen den zweiten Teil, dass Enteignung nur zum Wohle der Allgemeinheit und unter gerechter Entschädigung zulässig ist. Dass eine ideologisch motivierte Vergesellschaftung von Unternehmen und eine kalte Enteignung unter Marktwert damit kaum vereinbar sein dürften, wird von ihnen geflissentlich ignoriert. Früher konnte man in solchen Fällen auf das Bundesverfassungsgericht hoffen. Das will die SPD, strategisch weitsichtig, nun aber der eigenen sozialistischen Linie verpflichten.

Was Berlin derzeit erlebt, ist kein isolierter Ausreißer. Es ist die Wiederkehr eines Denkens, das den Einzelnen dem Kollektiv unterordnet, Leistung misstraut und Eigentum als Problem begreift. Die rot-grün eingefärbte Republik rückt von Tag zu Tag weiter ab vom liberalen Rechtsstaat, in Richtung eines neuen Öko-Sozialismus, in dem Eigentum nur geduldet wird, solange es sich dem Staatsziel „Gerechtigkeit“ beugt.

Dass Berlin unter SPD-Führung wirtschaftlich und gesellschaftlich seit Jahren abstürzt, scheint den Parteistrategen egal zu sein. Statt solide Stadtentwicklung, Wohnungsbau oder Bildungsinvestitionen zu forcieren, wird nun auf einen Enteignungshammer gesetzt, der das Vertrauen in den Standort Deutschland weiter zerstören wird. Investoren werden es sich genau überlegen, ob sie in einer Stadt tätig werden wollen, in der Eigentum nicht geschützt, sondern konfisziert wird.

Die Berliner SPD führt das Land in eine gefährliche Richtung und der Rest Deutschlands sollte das genau beobachten. Denn was heute in Berlin möglich ist, wird morgen schon in Bremen, Hamburg oder Leipzig ebenfalls Wirklichkeit werden. Der Sozialismus hat sich mit einem grün-woken Mäntelchen neu eingekleidet, aber seine Methoden sind die alten. Befehl, Kontrolle, Gleichmacherei. Das Resultat ist aber immer das gleiche: Verarmung, Gewalt, Verzweiflung und immenses Leid.

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