Luisa Neubauer zu sein, ist heutzutage auch kein einfacher Job mehr. Da musste das deutsche Greta-Imitat zuerst von Klima-Apokalyptikerin auf Hohe-Töchter-gegen-Rechts umschulen, weil ihre Kernkompetenz nicht mehr gefragt war: all ihre Wünsche umzusetzen, weil dies das allerletzte Jahr dafür sei … Schon ist auch das Rechts-Thema nicht mehr gefragt, weil plötzlich alle über den Krieg in der Ukraine reden. Jetzt muss sich Neubauer durch Waffenlexika büffeln, damit sie demnächst bei Lanz vom Kanzler verlangen kann, dass dieser diese Dingsda unvermittelt an den Dnjepr liefert.
Noch blöder ist Neubauers Mutterschiff vom Untergang des Klima-Themas betroffen. Die Grünen haben eines mit der EU gemein: Während Brüssel seit Jahren militärisch erstarken will, suchen die Grünen ebenso lange nach einem zweiten Thema neben dem Klima. Was beide vereint, ist, dass sie sich umso weiter von diesem Ziel entfernen, je mehr sie darüber reden. Die Grünen haben sogar schon die Freiheit versucht. 2014. Da veranstaltete die damalige Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt im Namen ihrer Partei einen „Freiheitskongress“. Was der brachte, ist so unbedeutend, dass es sich nicht zu erwähnen lohnt. Aber lustig ist es doch. Katrin Göring-Eckardt und die Grünen als Experten für Freiheit … Geschichte ist schon ein geiler Gagschreiber.
In der Familien- und Sozialpolitik ist die Bilanz der Grünen ebenfalls traurig: Familienministerin Lisa Paus hat die Kindergrundsicherung verbockt, und das einzige soziale Versprechen, das die Partei gemacht hat – das „Klimageld“ – hat sie gebrochen. Stattdessen haben die Grünen mit ihrer Energiepolitik die Strom- und in der Folge auch alle anderen Preise in die Höhe getrieben. Mit immer höheren Steuern und Abgaben hat die Partei dazu beigetragen, dass selbst Menschen mit Vollzeitjobs diese Preise nicht mehr zahlen können.
Das zweite große Ministerium, das sich die Grünen in der Ampel gesichert haben, war das Außenministerium. Das war einst eine sichere Bank und schaffte es, selbst blasse Figuren wie Klaus Kinkel (FDP) gut aussehen zu lassen. Doch unter Annalena Baerbock rutschte sogar dieses solide Haus ab. Dabei geht es gar nicht um Peinlichkeiten wie 360-Grad-Wenden oder 100.000 Kilometer entfernte Länder auf der Erde. Geschenkt. So was passiert, wenn Frau in London studiert hat.
Auch diese Positionierung als treuester Verbündeter der USA hat den Grünen kein Glück gebracht. Zum einen, weil sich mit Donald Trump in den Staaten die Vorzeichen geändert haben. Angesichts des Trommelfeuers gegen das amerikanische Staatsoberhaupt – aus den eigenen Medien – kann es nicht mehr schick sein, dessen bester Freund zu sein. Zum anderen herrscht in der Blase ein hartes Ringen darum, welcher Roderich Strack-Hofreiter in der nächsten Lanz-Sendung die nächste Waffenlieferung fordern darf – und noch hat ja nicht einmal Luisa Neubauer auf das Thema umgeschult.
In Regierungsverantwortung kam es trotzdem noch halbwegs gut an, wenn Grüne Waffenlieferungen forderten oder bei Lanz bewiesen, wie gründlich sie die Waffenlexika studiert hatten. Das hatte so was von Verantwortung übernehmen – das mögen die Deutschen. Doch in der Opposition sind die Grünen nur einer von vielen. Und nicht einmal glaubwürdiger. Etwa wenn Jakob Blasel, der Vorsitzende ihrer Nachwuchsorganisation, auf X Entschlossenheit zum Krieg fordert. Einer, der aussieht, als ob der größte Kampf seines Lebens darin bestanden hätte, eine Käsefüllung zu verdauen, die er aus Versehen gegessen hat. Eher ist Katrin Göring-Eckardt als Organisatorin eines Freiheitskongresses glaubwürdig, als es Jakob Blasel als John Wayne des Spreebogens sein kann.
Die Linken haben die Abspaltung des Bündnisses Sahra Wagenknecht nun doch gut überlebt. Lustigerweise, indem sie das umgesetzt haben, was Wagenknecht immer gefordert hat, als sie selbst noch bei den Linken war. Bis dahin versuchten die Linken, die grüneren Grünen zu sein. Etwa indem sie Carola Rackete als Spitzenkandidatin zur EU-Wahl aufstellten. Die war bekannt geworden als Flüchtlingsschleuserin, die als Nebenfach Klimaschutz belegt hat – weil das seinerzeit noch Aufmerksamkeit brachte.
Doch seit der Fehlzündung bei der EU-Wahl mit Rackete setzen die Linken wieder stärker auf klassische linke Themen: niedrigere Mieten oder höhere Besteuerung von „Reichen“. Mit Erfolg, wie die Gewinne im Bund und in Hamburg gezeigt haben.
Die Grünen hat dies in eine schwierige Klemme gebracht. Mit dem Attribut „staatstragend“ können sie nicht mehr punkten. Das wird dem Kanzler Friedrich Merz (CDU) vorbehalten sein. Schon seine potenziellen Vizekanzler Boris Pistorius oder Lars Klingbeil (beide SPD) werden es schwer genug haben, in dem Bereich gegen den Regierungschef zu punkten. Mit linken Maximalforderungen werden die Grünen ebenso wenig gewinnen können. Was immer sie auch an abwegigen linken Phantastereien ersinnen mögen – die Linken werden das toppen.
Landeslisten ermöglichen ihr das – das Direktmandat indes haben die Grünen wie keine andere Partei der Bundesrepublik zuvor geschwächt. Zum Wohle von Wahlverliererinnen wie Katrin Göring-Eckardt.
Die Grünen setzen nicht auf den Wähler. Sie setzen auf die Versorgung ihrer Apparatschiks. Wenn nicht in den „NGOs“, dann direkt in der Politik. Mit Robert Habeck stünde den Grünen zwar einer zur Verfügung, der Beliebtheitswerte von 98,7 Prozent erreicht. Doch erstens will der keine verantwortliche Position mehr anstreben. Und zweitens finden die Wahlen nicht nur innerhalb der Spiegel-Redaktion statt. Außerhalb dieser speziellen Welt gilt Habeck dann doch eher als der Mann, der den Untergang der deutschen Wirtschaft verschuldet hat.
Blieben noch die beiden Parteivorsitzenden, die Robert Habeck installiert hat, weil sie im Robert-Habeck-gut-Finden hervorstachen. Was, die kennt keiner? Einfach mal googeln, bevor wieder andere den Job haben. Oder Andreas Audretsch, der für den RBB gearbeitet hat und im nächsten Bundestag sitzt, weil der RBB seinem innerparteilichen Konkurrenten einen Sexskandal angedichtet hat.
Auch hübsch: Janosch Dahmen, der es während der Pandemie schaffte, Karl Lauterbach (SPD) vergleichsweise sympathisch wirken zu lassen.
Bliebe Annalena Baerbock. Mit ihrer Stimme ebenso permanent überfordert wie mit der richtigen Aussprache von Worten. Oder mit dem Erdenken eigener Gedanken für Bücher. Der Wiedergabe einfachster Tatsachen oder der Entwicklung einer politischen Strategie, die eine Partei beliebt macht – außerhalb der (vorläufig) irrelevanten Wählergruppe der reiselustigen Taliban. Mit diesem Angebot richten sich die Grünen an die Wähler.
Da verwundert es ein Ticken weniger, was Konstantin von Notz jetzt von sich gegeben hat. Der galt mal als der kommende Mann der Grünen, wurde aber 2021 bei der Regierungsbildung übergangen. Jetzt hat er der Financial Times ein Interview gegeben. Die Bundestagswahl sei von Russland erfolgreich beeinflusst worden. Das ist Delegitimierung des Staates. Es wäre es zumindest dann, wenn der Verfassungsschutz diesen Tatbestand ernst nehmen würde, statt ihn nur als Vorwand zu nutzen, um politisch Unliebsame zu verfolgen.
Konstantin von Notz ist im zweiten Jahrzehnt Abgeordneter des Parlaments. Er verantwortet für eine Regierungspartei die Betreuung der Geheimdienste – und radebrecht öffentlich über ein unzulässig zustande gekommenes Wahlergebnis. Das ist unverantwortlich. Hätte er Beweise dafür, müssten Geheimdienste, Staatsanwaltschaft und auch die Bundesregierung konsequent dagegen vorgehen. Doch von Notz salbadert über diesen ernsten Vorwurf, ohne auch nur einen belastbaren Beweis vorzulegen. Neben sich lässt von Notz die in Haft sitzenden Reichsbürger-Rollatoren-Piloten auf einen Schlag seriös wirken.
Da ist dann wieder diese ekelhafte Mischung, die die Grünen so viele Sympathien gekostet hat: aus Selbstverliebtheit und permanentem Scheitern. Aus der Verfolgung Andersdenkender mit einem aufgeblasenen moralischen Pathos, dem sie dann selbst nicht im Geringsten gerecht werden.
Obendrein sind sie nun inhaltlich eingeklemmt zwischen Linken und neuer Regierung, vertreten von einem abschreckenden Personal und des einzigen Themas beraubt, das die Partei glaubhaft besetzen kann. Die Grünen rutschen ab – das hat in Hamburg erst angefangen.