TE berichtet seit mehr als drei Jahren über den Skandal um die Hamburger Skandalbank „Warburg“, über Steuergeschenke an diese Bank und vor allem über die Cum-Ex-Skandalgeschäfte, mit denen der Steuerzahler um mehr als 30 Milliarden Euro geprellt wurde. Mittendrin: Olaf Scholz (SPD), von 2011 bis 2018 Hamburger Bürgermeister, von 2018 bis Dezember 2021 Bundesfinanzminister und seither (noch) Bundeskanzler. Seit dem 6. November 2020 gibt es in der Hamburger Bürgerschaft dazu einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA). Bislang tagte dieser PUA 65-mal, zuletzt am 6. Dezember 2024 – unter anderem zum wiederholten Mal mit dem „Zeugen“ Olaf Scholz. Letzterer hat dort erneut eine politische Einflussnahme ausgeschlossen und ansonsten erneut Erinnerungslücken geltend gemacht.
Aus dem Blickfeld geraten ist, welche Rolle der engste Vertraute von Olaf Scholz gespielt hat und spielt: Wolfgang Schmidt (54, SPD). Der (noch) amtierende Kanzleramtschef arbeitet seit mehr als zwanzig Jahren für seinen SPD-Obergenossen Olaf Scholz: erst als persönlicher Referent, dann als Büroleiter des SPD-Generalsekretärs Scholz, als Mitarbeiter in der SPD-Bundestagsfraktion, als Staatsrat bei Scholz in Hamburg, bei Scholz im Bundesarbeitsministerium und dann als Staatssekretär im Scholz-Finanzministerium, seit dem 8. Dezember 2021 schließlich als Chef des Kanzleramtes. Jetzt kandidiert er für die SPD für den Bundestag, und zwar im Wahlkreis Hamburg-Eimsbüttel. Außerdem steht er auf Platz 1 der Hamburger SPD-Landesliste.
Scholz und Schmidt – eins im Vergessen
Stopp – wichtige Ergänzung: Wolfgang Schmidt arbeitet nicht nur für Scholz, er „vergisst“ auch für Scholz. Und er mauschelt für Scholz, vor allem in Richtung geneigter Presse. Einen guten Teil der Hauptstadtpresse duzt er. Regelmäßig geht Schmidt auf Redaktionen und deren Chefs zu, nicht mit Beschwerden, sondern mit „sachdienlichen Hinweisen“. Besonders aktiv war und bleibt er in der Cum-Ex-Affäre. Das sei alles eine Kampagne, um Scholz zu schaden, berichtet zumindest der „Spiegel“.
Unter anderem schrieb Schmidt im August 2021, unmittelbar im Vorfeld der Bundestagswahl vom 26. September 2021, um 1:08 Uhr in der Nacht, von seiner privaten Adresse eine Mail an Chefredakteur Wolfgang Krach von der „Süddeutschen Zeitung“. Es ging offenkundig um einen SZ-Artikel zu „Cum-Ex“. Der SZ-Autor, schrieb Schmidt, habe sich „durchaus Mühe mit Argumenten gegeben“. Schmidt fügte hinzu, er behellige ja „nicht immer gleich den Chefredakteur“. Krach antwortete, er habe mit dem SZ-Kollegen gesprochen: „Ich habe ihm gesagt, dass ich einen Teil deiner (Schmidts) Kritik nachvollziehen kann und berechtigt finde. Wenn du magst, können wir gerne dazu telefonieren.“ Der SZ-Kollege und weitere Autoren, schrieb Krach weiter, „wollen noch mal etwas machen zu der Causa in den nächsten Wochen“. Und: „Ich habe ihn gebeten, dich/euch in jedem Falle vorher zu kontaktieren, wenn es konkrete Fragen gibt.“
Schmidt war mit dieser Antwort offensichtlich zufrieden. Er leitete die Sätze des SZ-Chefredakteurs an sein Umfeld im Finanzministerium weiter, darunter Scholz-Sprecher Steffen Hebestreit, den heutigen Regierungssprecher. Dazu schrieb er: „Kleine Erfolge…“ Auf „Spiegel“-Anfrage erklärte Schmidt, er wolle sich „aus grundsätzlichen Erwägungen“ nicht dazu äußern. SZ-Chefredakteur Krach verwies auf das Redaktionsgeheimnis.
Schmidt schon 2022: „Keine Wahrnehmung“ in Sachen Bankenskandal
Ende September 2022 war Schmidt vor den Cum-Ex-Ausschuss in Hamburg geladen. Dort kritisierte er die Berichterstattung zu dem „Fall“. „Viele Wertungen und Mutmaßungen“ seien im Spiel gewesen. Die Vorwürfe einer Einflussnahme von führenden SPDlern auf Entscheidungen der Finanzbehörden in der Cum-Ex-Affäre seien aufgeklärt. Nun (September 2022) herrsche mehr Klarheit, und er traue sich zu sagen, dass die Finanzverwaltung ihre Entscheidung in Bezug auf die Hamburger Warburg-Bank eigenständig getroffen habe.
Damals schon bekannter Hintergrund: Es ging um Treffen des damaligen Bürgermeisters Scholz mit den Bank-Chefs Christian Olearius und Max Warburg 2016 und 2017. Nach den ersten Treffen ließ die Hamburger Finanzverwaltung 2016 eine Rückforderung zu Unrecht erstatteter Kapitalertragssteuern in Höhe von 47 Millionen Euro gegen die Bank zunächst in die Verjährung laufen. 2017 wurden dann weitere 43 Millionen Euro erst auf Druck des Bundesfinanzministeriums (unter Minister Schäuble, CDU) eingefordert. Scholz hatte die Treffen eingeräumt, aber angegeben, sich an Gesprächsinhalte nicht erinnern zu können.
Schmidt erklärte, er sei in dieser Zeit zwar als Hamburger Staatsrat für auswärtige Angelegenheiten Mitglied des Senats gewesen, jedoch nicht mit Steuerfragen befasst und habe deshalb „keine Wahrnehmung“ der Causa Warburg und „keine Kenntnis von Gesprächen, die der Bürgermeister geführt hat“.
Fazit
Helles Licht in den Skandal wird es wohl nie geben. Ein Untersuchungsausschuss im Bundestag zum Hamburger Bankenskandal kam bislang nicht zustande. Die Union hatte diesen zwar qua Organklage beantragt und das dafür notwendige Viertel der Bundestagsabgeordneten gestellt. Die „Ampel“ blockierte jedoch die Einrichtung des Untersuchungsausschusses. Begründung: Dieser Skandal sei Landes- und nicht Bundessache. Die Union ging daraufhin nach „Karlsruhe“, wo die Entscheidung im Februar 2024 aufgrund einer Bitte der SPD um Fristverlängerung vertagt wurde. Fazit: Der Betrogene bleibt einmal mehr der Steuerzahler.