Die Chronologie des Niedergangs des deutschen Journalismus, der allerdings nicht beispiellos ist und vor allem darin besteht, dass Medien von der kritischen Berichterstattung und Analyse zur roten, vor allem aber zur grünen Propaganda übergehen, nimmt immer skurrilere Formen an:
Am 12. Oktober sagte die Bundestagsabgeordnete der AfD, Beatrix von Storch, in einer Rede auf dem Parteitag des Landesverbands Berlin der Alternative für Deutschland: „Nach einem Jahr Hass und Hetze gegen die AfD, nach der dreckigen Correctiv-Lüge, nach diesen ganzen massenhysterischen Demos, lautet die Wahrheit: Grün ist am Boden, die Ampel ist am Boden und als nächstes überflügeln wir die CDU, übernehmen die Regierung und retten unser Land.“
Am 24. Oktober 2024 forderte „CORRECTIV – Recherchen für die Gesellschaft gemeinnützige GmbH“ Beatrix von Storch „vergeblich zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung“ auf. Correctiv war der Ansicht: „das Durchschnittspublikum auf einem AfD-Parteitag verstehe die streitgegenständliche Äußerung als faktische Behauptung, die Antragstellerin (Correctiv, Anm. d. R.) habe absichtlich die Unwahrheit gesagt.“ Correctiv wehrte sich gegen Storchs Fazit, dass Correctiv in dem Artikel über das Potsdamer Treffen gelogen bzw. die Unwahrheit gesagt habe.
Da die Bundestagsabgeordnete keinen Grund sah, sich Correctiv zu fügen, stellte „CORRECTIV – Recherchen für die Gesellschaft gemeinnützige GmbH“ am 5.11.2024 den Antrag, dass das Gericht bei „Zuwiderhandlung“ „Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, eine Ordnungshaft bis zu sechs Monaten“, verhängt, wenn Beatrix von Storch ihr Statement öffentlich wiederholt. Im Wesentlichen ging es darum, dass der Bundestagsabgeordneten gerichtlich verboten werden sollte, den Correctiv-Artikel über das Potsdamer Treffen eine „dreckige Correctiv-Lüge“ zu nennen.
Von Storch und ihr Anwalt, Dr. Christian Wirth, widersprachen mit den zutreffenden Argumenten: Die Äußerung „dreckige Correctiv-Lüge“ sei erkennbar eine Meinungsäußerung, die vollumfänglich vom Schutzbereich des Artikel 5 GG gedeckt sei. Gleichwohl habe Correctiv an zahlreichen Stellen tatsächlich gelogen, sodass mehr als nur „Anknüpfungstatsachen“ für diese Meinung dargelegt seien. Das Treffen sei nicht geheim gewesen, ein Masterplan zur Ausweisung von deutschen Staatsbürgern wegen ihrer Ethnie habe es nicht gegeben, auch nicht zur Vertreibung aufgrund rassistischer Kriterien aus Deutschland egal, ob sie einen deutschen Pass hätten. Schließlich müsse Correctiv sich zurechnen lassen, dass sie die bundesweite Berichterstattung von nahezu allen öffentlichen und privaten Medien, die aus den Insinuierungen der Antragstellerin Tatsachenberichte gemacht hatten, widerspruchslos hingenommen habe.
Am 11.12.2024 wies das Landgericht Berlin den Antrag von „CORRECTIV – Recherchen für die Gesellschaft gemeinnützige GmbH“ zurück. Correctiv wurde verurteilt, die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Interessant an der Urteilsbegründung ist unter anderem, dass vom Gericht zwar bedacht wird, dass, „wenn ein Medienunternehmen wie die Antragstellerin der Lüge bezichtigt wird (…) dies geeignet“ ist, „die eigene Glaubwürdigkeit bei der Leserschaft zu beeinträchtigten und (…) die Gefahr“ beinhaltet, „dass sich Leser wegen des Vertrauensverlustes von der Antragstellerin und ihrer Berichterstattung abwenden“, doch dass diese Gefahr nicht das Recht auf Meinungsfreiheit übertrifft. Klar urteilt das Gericht: „Die damit erforderliche Abwägung der betroffenen Interessen, namentlich dem Recht der Antragsgegnerin (Beatrix von Storch) auf Meinungsfreiheit auf der einen und dem Schutz der unternehmensbezogenen Interessen der Antragstellerin (Correctiv) auf der anderen Seite, fällt zu Gunsten der Antragsgegnerin (Storch) aus.“
Erschwerend kommt hinzu, dass Correctiv ja selbst die Ebene des „öffentlichen Meinungskampfs“ anvisiert hat: „Denn auch nach den allgemeinen Regeln des Äußerungsrechts müssen im öffentlichen Meinungskampf – zu dem die Antragstellerin (Correctiv) beigetragen hat und beitragen will – auch scharfe Reaktionen hingenommen werden, selbst wenn sie das persönliche Ansehen mindern (vgl. BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 10. März 2016, 1 BvR 2844/13, juris Rn. 25). Die Antragstellerin (Correctiv) hat hier in dem Ausgangsartikel über das Potsdamer Treffen selbst auch scharfe Kritik an der Partei der Antragsgegnerin (Storch) geübt.“
Das Gericht bescheinigt Correctiv, sich am politischen Meinungskampf beteiligt zu haben. Mehr noch, das Gericht stellt fest: „Der Artikel (Anlage Ast 1) hat jedenfalls bei vielen Lesern, gerade auch Journalisten, den Eindruck erweckt, bei dem Potsdamer Treffen sei ein Masterplan auch insoweit diskutiert worden, als es um die Ausweisung oder Deportation auch von deutschen Staatsangehörigen gegangen sei, die aus Sicht von Herrn Sellner bzw. der Teilnehmer aber der falschen Ethnie angehören. Prozessual ist aber von der Unwahrheit dieser Tatsachenbehauptung auszugehen, da die Antragstellerin (Correctiv) den entsprechenden Vortrag der Antragsgegnerin (Storch) nicht bestritten hat.“
Genau die Darstellung von Correctiv, die Storch als Lüge bezeichnete, dürfte eine unwahre Tatsachenbehauptung darstellen, denn dafür sprechen „öffentlich bekannt gewordenen Verurteilungen von anderen Medien wie dem ZDF zur Unterlassung derartiger Behauptungen“.
Das Gericht kam nicht umhin zu würdigen, dass Correctiv Behauptungen aufgestellt hatte, die Correctiv später nicht als Tatsachenbehauptungen, sondern als Meinungsäußerungen deklarierte, um nicht verurteilt zu werden. Geholfen hat das indes nicht. Tichys Einblick, Cicero und andere unabhängige Medien haben den Correctiv-Skandal aufgeklärt, der Staatsrechtler Dr. Ulrich Vosgerau ist sehr erfolgreich gegen die Machinationen von Correctiv, dessen Gemeinnützigkeit nicht mehr über jeden Zweifel erhaben ist und womöglich nur aufgrund politischen Wohlwollens aufrechterhalten wird, vorgegangen. Über 20 Gerichtsurteile und Unterlassungserklärungen sprechen eine eigene Sprache über den Correctiv-Artikel, den Beatrix von Storch weiter eine „dreckige Lüge“ nennen darf.
Ulrich Vosgerau macht indes auf einen anderen Nexus aufmerksam, nämlich auf den zeitlichen Zusammenhang von Gerichtsurteilen gegen Correctivs Behauptungen und der Vergabe von journalistischen Preisen an Correctiv.
Kurz nachdem das Landgericht II befand, dass Beatrix von Storch den Potsdam-Artikel von Correctiv weiterhin eine „dreckige Lüge“ nennen darf, wählte eine Jury aus Journalisten für die „Fachzeitschrift Medium Magazin“ ausgerechnet das Correctiv-Team hinter der Recherche „Geheimplan gegen Deutschland“ zu „Journalistinnen und Journalisten des Jahres 2024“. In der Begründung heißt es: „Durch die enge Zusammenarbeit verschiedener Fachrichtungen – von klassischer Recherchearbeit über Faktencheck, Kommunikation und Rechtsberatung – konnte die Recherche präzise durchgeführt und rechtlich abgesichert werden.“ Was diese die rechtliche Absicherung betrifft, sprechen die vielen verlorenen Verfahren, sprechen die freiwillig unterschriebenen Unterlassungserklärungen allerdings eine deutliche andere Sprache. Dass Correctiv im Nachhinein, wie mittels Recherche nachgewiesen werden konnte, seinen Artikel heimlich änderte, um weiteren Verurteilungen zu entgehen, verleiht der Formulierung der „präzise durchgeführten Recherche“ eine berstende Komik.
Wie heißt es doch bei Orwell in dem Roman „1984“?
„Krieg ist Frieden.
Freiheit ist Sklaverei
Unwissenheit ist Stärke.“
Und:
„2 x 2 = 5“
Nur leider haben die Jury und die „Journalistinnen und Journalisten des Jahres 2024“ nicht begriffen, dass Orwells „1984“ eine Dystopie ist. Sie scheinen den Roman für eine Utopie zu halten und dürften dem Slogan „Krieg ist Frieden. Freiheit ist Sklaverei. Unwissenheit ist Stärke“ noch den Slogan hinzugefügt haben:
„Lüge ist Wahrheit.“
Jedenfalls ermuntert das am 11. Dezember 2024 ergangene Urteil und die kurz darauf erfolgte Auszeichnung für Correctiv zu dieser Schlussfolgerung, denn wenn der Journalismus Haltung annimmt, wird er zur Propaganda.