Tichys Einblick
Vielsagend

CDU-Wuppertal nominiert Haldenwang als Kandidaten für den Bundestag

Heißt es aus der CDU nicht bei jeder sich bietenden Gelegenheit: mehr Frauen vor? Menschen mit Migrationsgeschichte nach vorne? Bei der CDU in Wuppertal kann man wieder einmal sehr anschaulich sehen, was Aussagen wie diese wirklich wert sind. Dort setzte sich der umstrittene scheidende Verfassungsschutz-Präsident Haldenwang gegen Derya Altunok durch.

Die Stellvertretende Kreisvorsitzende Derya Altunok (l) und der ehemalige Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang (r) warten bei der Wahl des CDU-Direktkandidat für den Bundestag für den Wahlkreis Wuppertal I auf das Ergebnis.

picture alliance/dpa | Henning Kaiser

Den bisherigen Verfassungsschutzpräsidenten Thomas Haldenwang zieht es also in die Politik. Nun ist er von der CDU für die anstehende, vorgezogene Bundestagswahl tatsächlich zum Direktkandidaten des Wahlbezirks Wuppertal I nominiert worden. In einer Kampfkandidatur um das Direktmandat setzte er sich gegen die stellvertretende Kreisverbandsvorsitzende Derya Altunok mit 82 zu 32 Stimmen recht eindeutig durch. In der Wuppertaler CDU hatte Haldenwangs Kandidatur zunächst für Unruhe gesorgt. So sollte ursprünglich Altunok als Direktkandidatin für den Wahlkreis nominiert werden. Als Haldenwang sein Interesse bekundete, zog Altunok zunächst zurück, kündigte dann aber an, doch zu kandidieren.

Der Job, den Haldenwang seit 2018 zu Merkels (CDU) und Faesers (SPD) Gefallen brav Antifa-freundlich und radikal AfD-kritisch als Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), also des überflüssigen Inlandgeheimdienstes, ausgeübt hat, ist ihm altersmäßig (er wird demnächst 65) und politisch zu eng geworden. Es zieht ihn von der Exekutive in die Legislative. Was er als BfV-Präsident 2021 (also noch zu Merkels Zeiten) quasi fast legislativ als eine Art Strafrechtstatbestand definierte, möchte er wohl im Reichstag in Gesetzesform gießen können: „die verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates.“ In leichter Sprache: Haldenwang wollte und will, dass die Leute die Klappe halten und wieder – siehe DDR – zu einem Volk von Flüsterern werden. Auch in den Netzwerken wie X, Facebook, Instagramm usw. Bloß keine Kritik am Staat; dieser muss gemäß Haldenwang vor dem Volk geschützt werden.

TE hat über Haldenwangs Ambitionen (und sein seltsames Wirken als Deutschlands oberster Inlands-Schlapphut) wiederholt berichtet. Zuletzt am 13. November 2024 dev.tichyseinblick.de/meinungen/thomas-haldenwang-cdu-bundestag/ und dann am 18. November, als Haldenwang immerhin erklärte, er wolle nicht Innenminister werden.

Über Haldenwangs parteiinterne Konkurrentin hat TE am 21. November berichtet. Wie es in den CDU-Hinterzimmern zuging, können wir natürlich nur erahnen.

Nun ist Haldenwang also offiziell CDU-Direktkandidat für den Wahlbezirk Wuppertal I. Siegessicher kann Haldenwang dort trotz des andauernden SPD-Durchhängers nicht sein. Bei der Bundestagswahl 2021 ging das Direktmandat von Wuppertal I – wie schon 2017 – an SPD-Mann Helge Lindh (SPD): 2017 mit 31,7 Prozent, 2021 mit 37,3 Prozent. Dessen CDU-Gegenkandidatin Caroline Lüneschloss kam 2021 nur auf 22,0 Prozent.

Abgesichert über die CDU-Landesliste dürfte Haldenwang bei einer Niederlage gegen Helge Lindh wohl nicht sein. Am Sonntag. 1. Dezember, treffen sich die Vorsitzenden der acht Bezirksverbände der NRW-CDU mit CDU-Landeschef Hendrik Wüst, um einen Vorschlag für die Landesliste zur Bundestagswahl aufzustellen. Da wird es ein Gerangel geben, denn die jeweilige Platzierung ist auch ein Ranking des politischen Gewichts der Kandidaten.

Bei der Bundestagwahl 2021, bei der die CDU mit NRW-Ministerpräsident Laschet als Kanzlerkandidaten nur 24,2 der Zweitstimmen bekam, zogen zwölf CDU-Vertreter aus NRW über die Liste in den Bundestag ein, der letzte war auf Rang 22 platziert. 2017, als die CDU 32,9 Prozent holte, schafften nur vier Bewerber den Sprung über die Liste. Alle anderen zu vergebenden Plätze besetzten Bewerber, die ihren Wahlkreis durch Erststimmen direkt gewonnen hatten.

Bei der anhaltenden Schwäche auch der NRW-SPD könnte es sein, dass die CDU in NRW alle Wahlkreise direkt gewinnt. Dann würden wohl alle Bundestagswahlkreise bis vermutlich auf Leverkusen (dort tritt Karl Lauterbach für die SPD an) direkt von der CDU gewonnen. Weil der Bundestag – Ausgleichs- und Überhangmandate hin oder her – kleiner werden könnte, können wohl nicht einmal alle Wahlkreisgewinner ein Mandat bekommen. „Wir gehen je nach Wahlergebnis von einem Minus von vier bis sieben Abgeordneten aus“, heißt es denn auch in der CDU-NRW-Zentrale. Draußen blieben dann die Erststimmensieger mit den schlechtesten Ergebnissen. Das konnte beispielsweise auch Laschet-Favoritin Serap Güler treffen, die in ihrem Kölner Wahlkreis wohl kein gigantisches glorreiches Ergebnis erwarten darf. 2021 war sie in Leverkusen Lauterbach unterlagen.

Friedrich Merz ist als Kanzlerkandidat der Union auf Listenplatz 1 gesetzt. Auf Platz 2 könnte Vize-Landeschefin Lisa Winkelmeier-Beckerergattern stehen, Ex-Bildungsministerin Anja Karliczek und die Kölnerin Serap Güler dürften die weiteren Frauen-Plätze belegen. Bei den Männern wird es im Ranking eng. Zu den Favoriten zählen Laschet, CDU-Bundesgeneralsekretär Linnemann, Ex-Gesundheitsminister Spahn und Paul Ziemiak, Generalsekretär der NRW-CDU. Offen ist, ob Außen-Experte Norbert Röttgen bedacht werden soll. Unter „ferner liefen“ auf der Liste dürfte Thomas Haldenwang platziert werden.

Hat die CDU keine anderen Leute?

Die Wuppertaler Nominierung Haldenwangs zeigt, dass die CDU eine dünne Personaldecke hat und alles Gerede von „Mehr CDU-Frauen, mehr Leute mit Migrationsgeschichte in die Politik“ ein hohles Versprechen ist. Üblicherweise nehmen die Landesfürsten vor der Nominierung von Direktkandidaten den Telefonhörer resp. das Handy in die Hand. Im Falle „Wuppertal I“ scheint das kein Merz, Laschet, Spahn, Linnemann getan zu haben. Zumindest nicht erfolgreich. Oder aber die CDU-Granden hoffen tatsächlich auf einen MdB Haldenwang in den eigenen Reihen, auf dass er als Ex-Verfassungsschützer an der CDU-Brandmauer gegen die AfD weiterbauen möge. Die Wähler aber, die sich um die grundgesetzlich garantierte Freiheit der Meinungsäußerungen sorgen, dürften sich daran erinnern, wie ausgerechnet Haldenwang bislang schon daran mitgewirkt hat, den Korridor akzeptierter Meinungsäußerungen immer enger zu ziehen.


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