Tichys Einblick
Plädoyer für sorgsamere Definitionen

Warum der Begriff „antimuslimischer Rassismus“ irreführend ist

Sogenannte Meldestellen gegen Hass und Hetze wollen „antimuslimischen Rassismus“ dokumentieren. Dabei hilft dieses Kunstwort niemandem. Sinnvoller wäre es, Feindseligkeit und Kritik voneinander zu unterscheiden.

picture alliance / Geisler-Fotopress | Dwi

Seit drei Monaten ist in NRW die Meldestelle „MEDAR“ aktiv, die Melde- und Dokumentationsstelle antimuslimischer Rassismus. Sie soll „antimuslimischen Rassismus“ dokumentieren.

Was das ist, das definiert MEDAR so: „Antimuslimischer Rassismus (AMR) bedeutet, dass man allen Muslim*innen und Menschen, die für Muslim*innen gehalten werden, negative Eigenschaften zuschreibt oder sie ungerecht behandelt. Die Eigenschaften werden als feststehend, rückständig und gefährlich angesehen. So entsteht das Bild, dass Muslim*innen fremd oder sogar feindlich wären. (…) Antimuslimischer Rassismus kann auch strukturell sein, zum Beispiel, wenn sie weniger Rechte haben, weil sie muslimisch gesehen werden oder sind.

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Zuerst einmal fällt auf, dass der Begriff nicht nur feindseliges Verhalten gegenüber Menschen umfasst, die muslimischen Glaubens sind, sondern auch gegenüber solchen, die für Muslime gehalten werden. Das klingt erst einmal absurd, ist es aber nicht. Wiederholt wurden etwa äthiopische Christen angefeindet, weil man sie in ihren weißen Gebetstüchern für Muslime hielt. Dass Äthiopien zu den ältesten christlichen Kulturen überhaupt zählt, ist vielen Deutschen nicht bekannt.

Es lässt sich nicht bestreiten, dass Feindseligkeit gegenüber Muslimen existiert. Allerdings kann man durchaus nicht alle Äußerungen, die sich gegen Muslime oder gegen den Islam richten, in einen Topf werfen.

Da wäre einmal das generelle frappierende Unwissen über Religion innerhalb der Gesellschaft. Religionsunterricht gilt häufig als „Laberfach“, indem weder solides Wissen über das eigene noch über andere Bekenntnisse vermittelt wird.

Ressentiments gegen Muslime haben verschiedene Ursachen

Im Rahmen einer allgemeinen Herablassung gegenüber religiösen Ausdrucksformen bekommt der Islam abschätzige Kommentare ab, wie sie auch gegenüber Christen oder Angehörigen anderer Religionen geäußert werden. Ob darüber gespottet wird, dass Leute „sonntags in die Kirche rennen“ oder darüber, dass sie Angst vor Schweinemist hätten, ist erst einmal irrelevant. Wie viel Respekt eine Gesellschaft vor Religionsausübung zeigen möchte, ist diskussionswürdig.

Grundsätzlich aber ist niemand in Deutschland dazu verpflichtet, Rosenkränze zu mögen. Oder eben Hijabs. Die Freiheitsrechte stellen sicher, dass der Gläubige sich dieser Ausdrucksformen bedienen, und der Nichtgläubige über sie herziehen kann – wofür man ihn wiederum kritisieren darf. Wird nur die Ablehnung des muslimischen Kopftuchs als „Rassismus“ definiert, so wird islamischen Glaubensäußerungen besonderer Schutzstatus zuteil. Das ist fragwürdig.

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Schließlich kommt eine Abneigung hinzu, die sich nicht aus Religionsfeindlichkeit, sondern aus negativen Erfahrungen speist: Die selbstverständliche Einnahme des öffentlichen Raums durch Muslime, die Forderung nach der Einhaltung muslimischer Regeln; der degradierende Umgang mit Frauen; Kopftücher und Vollverschleierung im öffentlichen Raum werden als Phänomen wahrgenommen, das Nichtmuslimen die eigene Heimat sozusagen optisch entfremdet.

Islamisch motivierte Anschläge oder auch Angriffe durch lediglich nominell muslimische Einwanderer tragen nicht zur Akzeptanz des Islam bei. Ebenso wenig hilft, dass sich viele Muslime nicht nur nicht entschieden von solchen Taten abgrenzen, sondern sich auf einen Opfer- und Minderheitenstatus zurückziehen, um problematische Aspekte ihrer Weltanschauung nicht thematisieren zu müssen. Das hat die Universität Münster mittlerweile sogar empirisch festgestellt: In einer Studie attestiert sie 20 Prozent der Muslime eine von persönlicher Kränkung und Ressentiment geprägte Haltung.

Davon abgesehen existiert eine theoretische Dimension, die an dieser Stelle nicht weiter ausgeführt werden soll: nämlich die Frage, welche Probleme im Islam selbst begründet liegen könnten, und ob sich diese auflösen lassen.

Eine einigermaßen komplexe Gemengelage also, die zeigt, dass eine pauschale Verurteilung jeglichen Widerspruchs gegen den Islam nicht sinnvoll ist. Zugleich ist deshalb noch lange nicht jede Kritik automatisch gerechtfertigt.

Was ist eigentlich Rassismus?

Durchaus kann in einer pluralen Gesellschaft von Muslimen eingefordert werden, dass sie sich einfügen. Ebenso aber können Muslime Raum für die freie Religionsausübung beanspruchen.

Gerade deshalb ist ein Begriff wie „antimuslimischer Rassismus“ irreführend. Er ist ein typisches Beispiel für definitorische Desaster, die differenzierte Auseinandersetzung verunmöglichen.

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Rassismus ist eine abwertende, feindselige, voreingenommene Haltung gegenüber anderen Menschen aufgrund ihrer Ethnie oder, je nach Kontext, ihrer Hautfarbe. Zuweilen werden stereotype Darstellungen auch dann als Rassismus bezeichnet, wenn sie positiv oder positiv gemeint sind: Inder sind gut in Computertechnik, Schwarze haben Rhythmusgefühl und Chinesen sind gut in Mathematik.

Solche Aussagen beziehen sich meist aber nur indirekt auf „Rasse“, und sind eher mit Erfahrungswerten verknüpft, die nicht ursächlich, sondern mittelbar und „praktisch“ in der Abstammung begründet liegen: Wenn das chinesische Schulsystem Kindern besonders effektiv Mathematik und Rechenfähigkeit vermittelt, ist die Folge, dass viele Chinesen in diesen Bereichen besonders kompetent sind; Niederländer könnten aber dasselbe erreichen, wenn sie sich ebenso in diesem Bereich engagieren würden. Wenn in traditioneller afrikanischer Musik Rhythmusinstrumente eine große Rolle spielen, ist nachvollziehbar, dass Afrikanern von klein auf ein differenzierteres Rhythmusgefühl vermittelt wird, das aber auch Finnen haben können, wäre finnische Musik gleichfalls derart von Trommeln geprägt, usw.

Der Begriff antimuslimischer Rassismus ist unsinnig und kontraproduktiv

Da „Muslime“ nicht einer Ethnie oder Rasse angehören, ist es vollkommen unsinnig, Feindseligkeit gegenüber dem Islam als Rassismus zu bezeichnen. Man bedenke auch, welche fatalen Folgen die Klassifizierung einer Religion als „Rasse“ in Deutschland bereits mit sich gebracht hat – von einer derartigen Verkürzung sollte man also tunlichst Abstand nehmen, anstatt sie sich auch noch staatlicherseits zu eigen zu machen.

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Fast völlig ausgestorben ist angesichts der intersektionalen Wokeness hingegen das gute alte Wort „Fremdenfeindlichkeit“. Dabei ermöglicht dieses eine tatsächlich sinnvolle Einordnung vieler Anfeindungen. Gerade in Deutschland ist ernstlicher Rassismus nämlich – noch – eher selten, obwohl er durch den Ethnopluralismus von rechts, und durch die Critical Race Theory von links propagiert wird. Viel häufiger wird abgelehnt, was fremd wirkt. Genau das will der Begriff antimuslimischer Rassismus ja auch ankreiden, schützt Muslime damit aber zugleich auch davor, sich mit ernstzunehmender Kritik an ihrer Weltanschauung oder ihrem Verhalten auseinandersetzen zu müssen.

Damit erreicht man das Gegenteil dessen, was eigentlich das Ziel von Bemühungen sein sollte, gedeihliches Miteinander zu ermöglichen: Menschen sollten geschützt werden, nicht Weltanschauungen.

Würde man, statt „antimuslimischen Rassismus“ zu konstruieren, zwischen Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und schnöder Religionsfeindlichkeit unterscheiden, könnte man echte Problemfelder eingrenzen, und auch tatsächlich Lösungen entwickeln und diskutieren, wie man miteinander umgehen will. Pauschal jede Kritik am Islam mit dem Stigma des Rassismus zu versehen, ist ebenso wenig zielführend, wie jeden dumpf-xenophoben Ausfall damit zu rechtfertigen, dass im Islam ein Gewaltproblem herrscht.

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