Tichys Einblick
Ein Kanzler darf sehr viel, wenn er will

Friedrich Merz ist der Kronprinz Charles der deutschen Politik

Kronprinz oder Kanzler, Merz wird nie für etwas Verantwortung übernehmen. Und niemand, der seine sieben Sinne beieinander hat, darf je etwas anderes von ihm erwarten als nichts.

picture alliance / Chris Emil Janßen | Chris Emil Janssen

Friedrich Merz ist der Kronprinz Charles der deutschen Politik. Charles wartete als Fürst von Wales etliche Jahrzehnte, bis er endlich doch König wurde. Nun ist er es und nichts Bedeutendes wird er tun (dürfen). Kronprinz Merz wartet seit 20 Jahren. Wird er 2025 Kanzler – wird er (dankbar) tun, was Großtransformator Habeck will.

Gut für ihn, denn das Tun ist nicht sein Ding. Nur das tun als ob. Was der King im Vereinigten Königreich laut Verfassung nicht darf, wäre ganz das Ding des Friedrich Merz. Friedrich im Glück. Im unvereinten Deutschland könnte der Kanzler wesentlich mehr, würde der jeweilige seine Macht nicht den Koalitions-Fraktionsspitzen überlassen. Im illegitim Verfassung genannten Grundgesetz steht in Artikel 65:

Der Bundeskanzler bestimmt die Richtlinien der Politik und trägt dafür die Verantwortung. Innerhalb dieser Richtlinien leitet jeder Bundesminister seinen Geschäftsbereich selbständig und unter eigener Verantwortung. Über Meinungsverschiedenheiten zwischen den Bundesministern entscheidet die Bundesregierung. Der Bundeskanzler leitet ihre Geschäfte nach einer von der Bundesregierung beschlossenen und vom Bundespräsidenten genehmigten Geschäftsordnung.

Roland Tichy schreibt heute, „Friedrich Merz hätte sich im Wege eines konstruktiven Misstrauensvotums zum Kanzler wählen lassen und dann sofort eine Art nationales Notprogramm umsetzen können. Abstimmung darüber vom Deutschen Bundestag sofort und Bestätigung oder Ablehnung vom Wähler gerne am 23. Februar.“

Solches Tun wäre möglich, hätten es die Bürger nicht mit Friedrich Merz zu tun. Ja, noch wesentlich mehr könnte ein frisch gewählter Bundeskanzler. Nämlich als erstes so ein nationales Notprogramm beschließen lassen, ohne vorher nach einer Koalition zu suchen und Minister bestellen zu lassen. Denn wer einmal zum Bundeskanzler gewählt ist, kann ohne eigene Misstrauensbitte (von wegen Vertrauensfrage) wieder nur durch ein konstruktives Misstrauensvotum abgelöst werden, indem eine Mehrheit einen anderen zum neuen Bundeskanzler wählt.

Und: Wer im Bundestag in einem konstruktiven Misstrauensvotum gewählt ist, von dem kann niemand sagen, wer ihn in geheimer Abstimmung gewählt hat – den braucht daher auch keine Brandmauer zu kümmern.

Roland Tichy schreibt heute auch, nach der Wahl am 23. Februar kann das Antreten einer neuen Regierung bis nach der Sommerpause 2025 hingezogen werden. Aber ja, bei der Mutter der Katastrophen Merkel dauerte es 2018 ganze 171 Tage, bis es eine Regierung gab. Wenn die üblichen Verdächtigen wollen, ist dieser Rekord 2025 zu überbieten.

Charles ist jetzt König. Kronprinz Merz bleibt Kronprinz, selbst wenn er Kanzler wird. Denn niemand erwartet, dass er als Kanzler was tut. Vor hatte er das sowieso nie. Im eintretenden Ernstfall wird er so wie Olaf Scholz den Fraktionsvorleuten, den wahren Herrschenden, gehorchen, und nur so tun, als würde er die von denen bestimmten und geleiteten Minister moderieren. Kronprinz oder Kanzler, Merz wird nie für etwas verantwortlich sein. Und niemand, der seine sieben Sinne beieinander hat, darf je etwas anderes von ihm erwarten – als nichts.

Monarchen in Großbritannien, Präsidenten, Kanzler und Ministerpräsidenten in aller Welt, die Menschen mit Charakter waren, haben die Dinge bewegt, ihre Länder vorangebracht. Und so wird es immer sein. Personen dieser Art sind in der Berliner Republik nicht in Sicht. Aber was heute nicht ist, kann morgen sein.


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