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Italien plant Rückkehr zur Kernenergie: Gesetzentwurf für neue Kraftwerke steht bereit

Bis 2027 will Italien wieder in die Kernkraft einsteigen. Ein Gesetzentwurf sieht kleine modulare Reaktoren, CO₂-Reduktion und regionale Förderung vor. Ziel: Energetische Unabhängigkeit und sinkende Kosten.

IMAGO / ABACAPRESS

Die italienische Regierung bereitet einen Gesetzentwurf vor, der den Wiedereinstieg in die Kernenergie ermöglichen soll. Der Entwurf, bestehend aus vier Artikeln, wurde vom Umweltminister Gilberto Pichetto Fratin an den Regierungssitz Palazzo Chigi übermittelt und soll voraussichtlich in der nächsten Kabinettssitzung diskutiert werden. Die Umsetzung soll noch in dieser Legislaturperiode stattfinden.

Die Mitte-Rechts-Regierung von Giorgia Meloni will damit CO₂-Emissionen zu reduzieren, die energetische Unabhängigkeit Italiens stärken und die Energiekosten für Haushalte und senken. Der Entwurf sieht vor, dass die Regierung innerhalb von 24 Monaten nach Inkrafttreten des Gesetzes Dekrete erlässt, die die Produktion nachhaltiger Kernenergie im Land regeln. Bis 2050 soll Kernenergie zwischen 11 Prozent und 22 Prozent des Strombedarfs decken, mit einer installierten Kapazität von 8 bis 16 Gigawatt.

Ein Schwerpunkt liegt auf der Einführung kleiner modularer Reaktoren (SMR). Minister Pichetto betonte in einem Interview mit „Il Sole 24 Ore“, dass eine europäische Koordination notwendig sei, da die Zulassungsverfahren erheblichen Einfluss auf die Kosten eines Reaktors haben. Eine Standardisierung der ersten Phasen des Genehmigungsprozesses würde daher einen bedeutenden Fortschritt für alle beteiligten EU-Mitgliedstaaten darstellen.

Zudem enthält der Entwurf Maßnahmen zur Förderung und Aufwertung der Regionen, in denen Kernkraftwerke gebaut werden sollen, um die Schaffung von Arbeitsplätzen und die lokale wirtschaftliche Entwicklung zu unterstützen. Die Stilllegung bestehender Kernkraftwerke, die nicht für Forschungszwecke genutzt werden, sowie die Identifizierung von Standorten für die sichere Lagerung radioaktiver Abfälle und abgebrannter Brennelemente sollen fortgesetzt werden. Der Gesetzentwurf fördert zudem die Forschung zur Kernfusion und die Verbesserung der technischen und beruflichen Ausbildung.

Finanzielle Auswirkungen auf den Staatshaushalt sollen vermieden werden; die Kosten werden durch bereits verfügbare Mittel oder durch zukünftige gesetzliche Maßnahmen gedeckt. Transparenz und die Einbindung der Bevölkerung sind zentrale Elemente des Entwurfs. Es sind Informationskampagnen und öffentliche Konsultationen geplant, um das Bewusstsein für die Bedeutung nachhaltiger Kernenergie zu schärfen.

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