Tichys Einblick
13 Israelis sind wieder zu Hause

Die Qualen der Hamas-Geiseln – wen interessiert es?

Während der Waffenstillstand anhält, kommen erschreckende Details über die Misshandlungen der Hamas-Geiseln ans Licht. Doch während Israel um die Opfer bangt, schweigen westliche Medien und Politiker weitgehend. Warum wird das Leid der Geiseln ignoriert?

Die israelische Geisel Jarden Bibas wird von der Hamas an Vertreter des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz übergeben, 01.02.2025

picture alliance/dpa | Abed Rahim Khatib

Während des noch andauernden Waffenstillstands zwischen der Hamas und Israel sind bisher 13 Israelis und fünf Thailänder freigelassen worden. Die Freude darüber ist groß, doch weiterhin bangen Angehörige und Freunde um 79 Geiseln, die sich noch immer in den Händen der Hamas befinden. Inzwischen sind Details der Qualen veröffentlicht worden, die die Geiseln durchleiden mussten. 471 bis 484 Tage lang wurden die 19- bis 80-Jährigen auf schier unvorstellbare Weise physisch und psychisch gefoltert – bis zur letzten Minute.

Wen interessiert das außerhalb Israels? So gut wie niemanden. Die Bilder der Übergabe der 29-jährigen Arbel und des 80-jährigen Gadi an das Rote Kreuz, die in Israel auf allen großen Fernsehsendern sowie in arabischen Ländern auf Al Jazeera und Al Manara live übertragen wurden, haben sich tief ins Bewusstsein der Zuschauer eingegraben – jedoch auf sehr unterschiedliche Weise. Die Terrororganisationen Hamas und Islamischer Dschihad jagten den beiden Israelis auch auf ihren letzten Metern in die Freiheit noch Todesangst ein. Damit wollten sie ihren Anhängern weit über Gaza hinaus signalisieren: „Wir sind nach 15 Monaten Krieg gegen das übermächtige Israel noch immer die Herren im Haus Gaza – und wir entscheiden über Leben und Tod.“

Die verängstigten Augen der jungen Arbel, die zwischen vermummten, schwer bewaffneten Terroristen eingepfercht war und eine gefühlte Ewigkeit einer johlenden Menge ausgesetzt wurde, sind Ausdruck eines beispiellosen Sadismus. Millionen Menschen wurden Zeugen dieser Szenen. Die Terroristen inszenierten sich als „Personenschützer“, die eine lynchbereite Menge zurückhielten – obwohl jeder mit klarem Verstand erkennen konnte, dass dieses Spektakel gezielt inszeniert war.

Wo waren die öffentlich-rechtlichen Sender, die das TV-Signal auf einem ihrer Kanäle wie Phoenix hätten übernehmen und kommentieren können? Wo waren der Bayerische Rundfunk und Reporter wie Sophia von der Thann und Hanna Resch, die für die ARD gerne live berichten – aber offenbar nicht dann, wenn die Bilder die arabische Welt in einem entlarvenden Licht zeigen?

Erst kürzlich berichtete Hanna Resch zur besten Tagesschau-Sendezeit mit ebenso entsetzter wie vorwurfsvoller Stimme über eine Boxschule für palästinensische Mädchen in Gaza, die angeblich von Israel zerstört worden sei. Doch das Schicksal der 251 verschleppten Geiseln wird zwar gelegentlich erwähnt – die Nöte der Opfer jedoch selten hinterfragt, die Motivation der Täter kaum thematisiert.

Wo ist der deutsche Islamist Dr. Michael Lüders, der Israel in seinen vielfach gelobten Podcasts „Genozid“ vorwirft, es als „Verbrecherstaat“ bezeichnet und behauptet, Israel unterhalte „Folterzentren in der Negev-Wüste“? Ministerpräsident Benjamin Netanjahu vergleicht er gar mit „Kaiser Nero“, der Rom niederbrennen ließ. Beweise hat Lüders keine – aber er konstruiert eine „empirische Evidenz“, die seinen Vorwürfen den Anschein von Legitimität verleihen soll. Bei Nero bestehen bekanntlich ähnliche Zweifel an der pyromanischen Urheberschaft.

Wundert es jemanden, dass Emily – eine der befreiten Geiseln – erzählt, sie sei wochenlang in Räumen der UNRWA eingesperrt gewesen? Diese Organisation, die sich als internationale Flüchtlingshilfe ausgibt, erhält nach wie vor deutsche Steuergelder in Millionenhöhe. Naama – eine andere Verschleppte – berichtet, sie habe monatelang in einem unterirdischen Verlies ohne Sonnenlicht verbringen müssen. Eine andere Geisel wurde in einen Käfig gesperrt und wie ein Haustier gehalten.

Viele wurden gezwungen, traditionelle arabische Gewänder (Jellabijas) zu tragen. Duschen waren verboten, stattdessen bekamen sie mit kaltem Wasser getränkte Tücher zum Abwischen. Nahrung war knapp und unregelmäßig – einige verloren über 30 Pfund an Gewicht. Erst wenige Tage vor ihrer Freilassung erhielten sie mehr und nahrhaftere Lebensmittel – die Terroristen wollten offenbar verhindern, dass ihre Opfer vor den Kameras ausgehungert erscheinen.

Erzwungene „Dankes-Videos“ an ihre Peiniger wurden unter vorgehaltener Waffe aufgenommen. Die Geiseln wussten nicht, ob sie nach den Aufnahmen freigelassen oder hingerichtet werden würden. Bei ihrer Übergabe mussten sie auf einer Bühne stehen, die mit israelfeindlichen Parolen wie „Nazi-Zionismus wird nicht siegen“ beschriftet war. Ihnen wurde befohlen, freundlich zu winken – während vor ihren Augen stets Schusswaffen im Anschlag waren. Sie gehorchten aus Angst, auf den letzten Metern in die Freiheit nichts zu riskieren. Viele Details ihrer Tortur sind noch nicht ausgesprochen worden – aus Angst, das Leben der verbliebenen Geiseln zu gefährden.

Fachgruppen aus Medizinern, Psychoanalytikern, Verhaltensforschern, Soziologen und Politikwissenschaftlern werden lange brauchen, um zu erklären, wie und warum Tausende von Palästinensern zu solchen Taten fähig sind – und noch mehr sie mit bedrohlichem Jubel feiern. Burkhart Hofmann, Facharzt für Psychotherapeutische Medizin und Psychosomatik aus Hamburg, der seit 15 Jahren Muslime behandelt, gibt im TE-Interview einen Einblick in die arabische Denkweise:

„Für sie ist der Islam das absolute Zentrum ihrer Identität und Verbundenheit als Gemeinschaft aller gläubigen Muslime im Sinne der Umma, die sich von Andersgläubigen deutlich abgrenzt. (…) Im Koran heißt es, Allah stehe dem einzelnen Muslim näher als seine eigene Halsschlagader. Damit ist gemeint, dass Gott und die Gottsuche jedem frommen Muslim wichtiger sein muss als das eigene Leben.“


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