Tichys Einblick
Ablehnung einer Weltanschauung ist legitim

Islamfeindlichkeit und Grundgesetz

In Verfassungsschutzberichten taucht „Islamfeindlichkeit“ als Indiz für Verfassungsfeindlichkeit auf. Deutschland ist jedoch keine islamische Republik. Nur dann wäre Islamfeindlichkeit per se Verfassungsfeindlichkeit. Von Uwe Steinhoff

picture alliance / Panama Pictures | Christoph Hardt

Das Bundesverfassungsgericht ist „Marxismus-Leninismus-feindlich“. In seinem KPD-Urteil erklärte es diesen für nicht vereinbar mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Wenn also Bürger oder Parteien sich zum Ziele machten, den Marxismus-Leninismus zu bekämpfen, so wäre dies ein lobenswerter Beitrag zur Verteidigung besagter Grundordnung. Natürlich muss dieser Kampf mit Mitteln erfolgen, die selbst mit der liberal-demokratischen Grundordnung vereinbar sind. Man darf Ideen nicht zurückzudrängen, indem man ihre Träger vernichtet; aber man darf sie zurückdrängen, indem man ihre Träger zwanglos missioniert beziehungsweise aufklärt. „Nieder mit den Marxisten-Leninisten“ und „Nieder mit den Nationalsozialisten“ klingt wie eine Drohung. „Nieder mit dem Marxismus-Leninismus“ und „Nieder mit dem Nationalsozialismus“ klingen wie fortschrittliche Parolen, jedenfalls dann, wenn man Fortschritt an der Zunahme von Freiheit bemisst, statt an der Übereinstimmung mit einer der beiden Ideologien.

Islamfeindlichkeit ist kein Indiz für Verfassungsfeindlichkeit

Dasselbe gilt für „Nieder mit dem Islam“. Dass der Islam große Beiträge zur Befreiung des Menschen aus seiner selbst- oder fremdverschuldeten Unmündigkeit geleistet hätte, wird man schwerlich behaupten können. Aber selbst wenn er dies getan hätte, so stände es Christen und Atheisten frei zu versuchen, den Islam durch Missionierung zurückzudrängen. Umgekehrt gilt selbstverständlich dasselbe. Es gibt kein Recht darauf, dass Religionen oder Ideologien nicht durch das Mittel von Überzeugungsarbeit oder Aufklärung bekämpft werden. Und Menschen haben das Recht, zu solchem Kampf aufzurufen.

So mancher deutschen Institution scheint dies nicht klar zu sein. In diversen Verfassungsschutzberichten, aber auch etwa im Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster zur AfD, das im Frühjahr die Berufung von AfD und JA zurückgewiesen hatte, die sich gegen die Einstufung als Verdachtsfall durch den Verfassungsschutz gewehrt hatten, taucht „Islamfeindlichkeit“ als Indiz für Verfassungsfeindlichkeit auf. Deutschland ist jedoch – trotz zur Unterwerfung neigender „Willkommenskultur“ und zum Bedauern vieler migrantischer „Fachkräfte“ – keine islamische Republik. Nur dann wäre Islamfeindlichkeit per se Verfassungsfeindlichkeit.

Die Lehren des Islam sind mit den Prinzipien der Verfassung unvereinbar

Eine kühle Abrechnung
„Der Verfassungsschutz gehört abgeschafft“
Umgekehrt sind die Lehren des Islam mit den Prinzipien der Verfassung schlechterdings unvereinbar. Wie der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte 2003 in seiner Bestätigung des damaligen türkischen Verbots der Wohlfahrtspartei erklärte, ist die Scharia mit einer Demokratie nicht kompatibel. Allerdings reflektiere sie nun einmal „treu die von der Religion niedergelegten Dogmen und göttlichen Regeln.“ Anders gesagt, die Scharia ist kein zierendes Beiwerk des Islam, sondern integraler Bestandteil. Der Umstand, dass es auch säkulare Kulturmuslime gibt, welche Koran und Hadithen gerade nicht als verbindliche Wert- oder Handlungsorientierungen nehmen, ändert an deren Inkompatibilität mit den Grundsätzen der liberalen Demokratie nichts.
Islamfeindlichkeit diskriminiert keine Muslime

Allerdings scheint das Argument von Verfassungsschutz und Gerichten zu sein, dass Islamfeindlichkeit zur Diskriminierung gegen Muslime führe. Wenn jedoch, erstens, Feindlichkeit gegenüber einer Ideologie oder Religion auf diesem Wege verfassungsfeindlich wird, dann wäre das Bundesverfassungsgericht schon allein durch sein KPD-Urteil als verfassungsfeindlich entlarvt. Doch Menschen und Ideologien sind nun einmal nicht dasselbe. Zweitens, wenn der Kampf einer Partei gegen den Islam verfassungsfeindlich wäre, dann gälte dies auch für den Kampf von Bürgern oder Parteien „gegen rechts.“

Das Diskriminierungsverbot des Grundgesetzes nennt nicht nur Religionen, sondern auch Weltanschauungen. Im übrigen, drittens, ist es vornehmlich ein Abwehrrecht gegen den Staat. Das BKA und der Verfassungsschutz wie auch das Bundesinnenministerium sind staatliche Behörden. In der seit Jahren tendenziösen Statistik des BKA wird jedoch jede antisemitische Straftat automatisch „rechts“ verortet, obgleich die überwältigende Mehrheit antisemitischer Übergriffe von Muslimen ausgeht. Verfassungsschutz und Bundesinnenministerium (wie auch öffentlich-rechtlicher Rundfunk) übernehmen diese Statistik dankbar. Hier werden also muslimische Taten Rechten in die Schuhe geschoben. Dies ist in der Tat staatliche Diskriminierung, wie man sie in übrigen auch bei staatlichen „Demokratieförderungsmaßnahmen“ beobachtet, wo islamistische Tendenzen Fördergeldempfang selten im Wege stehen, wohl aber rechte.

Man kann also verfassungskonform islamfeindlich sein, während umgekehrt deutsche Gerichte und Behörden, welche Islamfeindlichkeit zum Indiz für Verfassungsfeindlichkeit verklären, offenbar mit zweierlei Maß messen und ihrerseits im Widerspruch zur Verfassung stehen. Möglicherweise haben sie, wie auch der Islam, die Aufklärung verschlafen.


Professor Uwe Steinhoff, University of Hong Kong, Department of Politics and Public Administration

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