Der Krieg in der Ukraine könne auch nach dem Wegfall der amerikanischen Unterstützung noch ein paar Monate weitergeführt werden. Diese Erkenntnis, vom Kriegsexperten Carlo Masala bereits in den Eingangsminuten geäußert, soll eine gute Nachricht sein. Damit ist die ganze Misere dieser Sendung eigentlich schon erzählt.
Frieden will hier niemand. Die USA wollen den Krieg in der Ukraine möglichst schnell beenden, und hier wird diskutiert, wie man das bestmöglich verhindern kann.
Masala, der weiland meist den desolaten Zustand der russischen Armee heraufbeschwor, stellt das Land heute als geradezu omnipotenten Gegner dar, dessen militärische Stärke man nur mit ungeheuren Anstrengungen und Investitionen parieren könne. Die gestern von Friedrich Merz angekündigten Milliarden hat er schon verplant. Luftabwehr, Zielerfassung, Patriot-Raketen, Taurus …gemeinsam mit der Runde versteigt sich Masala bisweilen in Details, dass schon beim Zuhören ein Knalltrauma droht.
Neben allerlei Militärratschlägen teilt Hofreiter übrigens auch seine Erkenntnis, dass Elon Musk – der neue Staatsfeind kommt in der Sendung gleich mehrfach an den Pranger – ja versucht habe, mit SpaceX „die Ariane plattzumachen“. Und der Zuschauer denkt: Ariane? War da was? Ach ja, die europäische Trägerrakete. Der letzte Start war vor fast zwei Jahren …
Aus Washington zugeschaltet ist Elmar – „Joe Biden ist geistig topfit“ – Theveßen. Der umstrittene US-Korrespondent erklärt uns diesmal, dass die Wirtschaftszahlen der Trump-Regierung alle gefälscht seien und das Land so stark leide wie nie zuvor. Es gebe bereits 4,3 Milliarden Dollar Wohlstandsverlust seit der Regierungsübernahme. Bachmann stimmt mit ein und wettert, die USA würden jetzt sogar die Wetterstationen abschaffen, „weil die Klimaforschung machen“. Alles offenbar sehr schlimm in den USA, keine Frage.
Jan – „verkommene Drecksäcke“ – van Aken, Chefpöbler der SED-Nachfolgepartei „Die Linke“, sieht Trump nach dessen Ankündigung, die Militärhilfe für die Ukraine einzustellen, in einem neuen Licht: „Seit heute früh denke ich, Trump ist Team Putin.“ Dahinter stehe der Gedanke, dass die USA, Russland und China die Welt unter sich aufteilen. „Das ist kein Völkerrecht“, sagt van Aken. Interessanter Einwurf für einen Mann, dessen Partei-Ahnen einst Menschen an der innerdeutschen Grenze erschießen ließen.
Sabine Rennefanz, Redakteurin der von Bill Gates üppig geförderten Illustrierten „Der Spiegel“, kommt in der übermächtigen Männerrunde kaum zu Wort. Sie kennt auch die Spielregeln der Sendung offenbar nicht. Gleich zu Beginn redet sie, kaum vorgestellt, einfach los, während Lanz eigentlich noch die anderen Gäste präsentieren will. Und die Gäste haben während dieser Vorstellung eigentlich die Klappe zu halten. Es ist einer der wenigen menschelnden Momente in dieser Sendung.
Doch über eines ist sich die Runde einig: Europa hat neuerdings zwei Feinde: neben Putin plötzlich auch Trump. Bachmann vermutet, dessen „Hintermänner“ wollten die USA „als systemischen Rivalen gegenüber Europa platzieren“ und „eine christlich-nationalistische Oligarchie errichten“. Europa hingegen sei „ein funktionierender Hort der liberalen, republikanischen Demokratie“. Und Elmar – „Es kann gut sein, dass Harris gewinnt“ – Theveßen weiß, dass Trump „Amerika umbaut in Richtung eines autoritären Systems“.
Masala will mehr Waffen. „Wir haben acht Patriot-Batterien“, stöhnt er. „Das reicht, um Berlin zu schützen“, aber keine weitere deutsche Großstadt. Van Aken fragt interessiert nach – ach ja?, braucht man dafür alle acht?, wirklich? – Und einen kurzen Moment macht sich beim Zuschauer die Angst breit, die Runde könnte sich im nächsten Moment gemeinsam über einen Kartentisch beugen, um strategische Details und Frontverläufe auszubaldowern. Lauter Feldherrn im feinen Fummel, Freiheitskämpfer im Theoretischen. Man möchte schon gern wissen, ob aus einem Carlo Masala, wenn er selbst mal an die Front müsste, wohl ein harter Chuck (Norris) würde oder doch eher ein Chicken Masala.
Bei der Beurteilung unserer vielen neuen Endgegner ist sich die Runde selbst für Fäkalsprache nicht zu schade. Als etwa Masala sagt, Putin und sein Außenminister Lawrow seien „zwei mit allen Wassern gewaschene Leute“, ergänzt Lanz: „selbst mit allen Abwassern gewaschene Leute“. Viel absurder wird es nicht mehr.
Falsch, wird es doch. Als es um das Thema Meinungsfreiheit geht, dreht die Runde plötzlich derart wilde Pirouetten, dass sie selbst nicht mehr hinterherkommt. Bachmann wirft den USA „eine Perversion von individueller Meinungsfreiheit“ vor. Lanz will es erklären: „Die perfide Nummer ist: Du tust so, als würdest Du die individuelle Meinungsfreiheit erhalten. Also, Du sagst ‚Schwachkopf‘, und dann kommt nicht wie in Deutschland die Polizei“… kurze Pause. Lanz merkt selbst, dass das ein für Deutschland recht unglückliches Beispiel ist und endet hastig mit: „Das geht in Amerika. Free Speech.“ Ja, möchte man in den Fernseher rufen, und wo genau ist das Problem?
Bachmann kritisiert weiter, dass in den USA gerade die Wissenschaftsfreiheit und die Pressefreiheit eingeschränkt würden. Und noch ein Argument hat er im Ärmel, das beim deutschen Zuschauer durchaus für Stirnrunzel-Schmunzeln sorgt: Der anständige Amerikaner auf dem Land habe keine unabhängigen Medien mehr. „Die schauen nur Fox News und Social Media“, wo die Clips entsprechen aufbereitet würden. Bachmann: „Herr Lanz, in den USA gibt’s kein ZDF, da gibt’s kein Heute Journal.“