Den jungen Leuten, die kein Linear-TV mehr gucken, muss man das vielleicht vorab erklären: So wie beim Staatsfunk jeder Film tausendmal recycelt wird, bis ihn auch der Allerletzte irgendwann gesehen hat, so verhält es sich auch bei den Talkshow-Gästen. Zwar kommt gelegentlich mal ein neuer Juso-Vorsitzender ins Programm, wenn der alte Parteichef wurde, aber eigentlich geben sich ständig dieselben die Klinke in die Hand. Und wenn alle durch sind, fängt man wieder von vorne an. Wie heute bei Maischberger mit Jürgen Trittin und Wolfgang Bosbach.
Jürgen Trittin? Richtig, das ist der Grüne, der vor dem Habeck für die Kompetenz der grünen Partei in Wirtschaftsfragen stand und seinerzeit den Wählern die Inflation und die Kosten für die Energiewende sehr schön anhand einer Kugel Eis erklärte. Anders als der Robert verfügt der Jürgen aber über eine kommunistische Grundausbildung, kümmerte sich als Grüner um Orang Utans in Borneo und Päderasten in Bremen, konnte gut mit Kanzler Schröder und Merkel und erfand als Minister das Dosenpfand.
Wolfgang Bosbach, rheinische Frohnatur der CDU, konnte in seiner Dienstzeit mit allen, außer Ronald Pofalla (bitte gugeln), obwohl er „immer seine Meinung gesagt hat“ (Wikipedia). Maischberger wollte nun wissen, was die alten Herren zur Bundestagswahl zu sagen hatten, und Bosbach meinte lakonisch, „Sie sehen mich befreit von Begeisterung“. Und lässt die erschrockene Sandra außerdem wissen, dass er bei den berühmten zwei Abstimmungen im Bundestag über Migration beide Male mit „Ja“ gestimmt hätte, wenn auch die Vorgehensweise der zweiten etwas unglücklich gewesen sei.
Damit die Kamera zur Kurzweil der Zuschauer ein wenig schwenken kann, hocken bei Maischberger stets drei Experten hinter einer Theke, um ihren Senf zur Weltlage dazuzugeben. Diesmal mussten zwei Hausfreunde einspringen, eine Julie Kurz aus dem ARD-Hauptstadtbüro, und Jörg Pilawa, ein Mann aus dem Unterhaltungsbereich. Für die freie Presse war Gabor Steingart geladen, der fürs Haus Springer ein Bootsunternehmen in der Hauptstadt betreibt.
Auch für die drei war die AfD das belastendste Thema, dicht gefolgt von Donald Trump. Julie Kurz erschütterte besonders, wie Trump „mit der Pressefreiheit umgeht“, weil der Präsident der Presseagentur AP den Sitz im Weißen Haus entzogen hat, obwohl die Journos glaubten, ein Recht darauf zu haben. „Wann“, so rief sie empört, „erkennt die Zivilgesellschaft, was da passiert?“
Grundsätzlich waren die Drei einer Meinung, was Trump betrifft, „Angeber“, „erratisch“, „strategische Lügen“, und was sonst so in unserer Presse steht. Maischberger fragte dann noch die Empörung über den Vance-Satz von der fehlenden Meinungsfreiheit in Europa ab, die für Steingart immerhin „ein heikles Thema“ war. „Uns“, also ihn und die Mainstream-Kollegen beträfe das zwar nicht, weil „wir sind mit Juristen bewaffnet“, aber „die kleinen Leute“? Deren Gefühl sei wohl ein anderes.
Ob sie sich sorgen, wenn die USA nun „ihre schützende Hand“ von uns nähmen, wollte Maischberger wissen, da gab Pilawa die Antwort, die wohl auch „die kleinen Leute“ gegeben hätten: Wie kann es sein, dass die Europäer nicht vorbereitet waren auf die absehbare Entwicklung. Überhaupt, die EU schaffe es nicht mal, mit einer Stimme zu sprechen.
Damit wir uns nicht falsch verstehen, verehrte Leser. So sehr wir uns über Donald Trumps disruptive Politik vor allem in Hinblick auf den Wokismus und die linken Raubritter freuen, so übersehen wir doch nicht sein besorglich begrenztes Geschichtswissen, was auch für uns unangenehme Konsequenzen haben könnte. Wenn er etwa sagt, die EU sei nur gegründet worden, um den USA zu schaden, dann liegt er fundamental daneben. Die EU wurde gegründet, um Deutschland an die Leine zu legen, mit besonderer Genehmigung der USA, so wird ein Schuh draus.
Nun denn. Nicht unterschlagen wollen wir, dass es dem Ukrainer, so der Professor, der auch an der Bundeswehrhochschule lehrt, schlecht gehe, es ging ihm aber schon schlechter. Und wenn er dem TV-Zuschauer wenig Hoffnung auf das deutsche politische Personal machte, so sei doch wenigstens Franzmann Macron „sehr schlau“, weil er Trump schmeichelt, und das hat der ja bekanntlich besonders gern, und öffnet Frankreich manche Türe. Gute Nacht.