Jens Spahn (Vize-Fraktionschef der CDU) will unbedingt wieder Minister werden. Das spricht aus jedem seiner Atemzüge an diesem Abend. So viel Sachverstand! So viel Durchblick! Und so viel Gelassenheit! Der Mann ist wie geschaffen für ein neues Ministeramt. „Sie wissen ja im Grunde alles“, sagt Illner gegen Ende.
Was davor geschah:
Egal, was der neue US-Präsident Donald Trump ankündigt oder macht oder wahrscheinlich auch nur denkt – für einen Jens Spahn ist das alles überhaupt keine Überraschung. Friedensverhandlungen zum Ukrainekrieg ohne Beteiligung Europas? Sei doch absehbar gewesen. Spahn: „Trump hat immer gesagt: Es ist euer Krieg.“ Der Griff nach den Bodenschätzen, den Seltenen Erden als Ausgleich für die amerikanischen Militärleistungen? Spahn: „nicht unerwartet“. Die neue US-Regierung zeige doch nur eine „seit langem angekündigte Vorgehensweise“. Spahn hat einen Rat für die ganze Welt: „Genau hinhören und genau gucken, was passiert, dann ist man auch besser vorbereitet.“
Ein Einspieler präsentiert Trump als „Diktator ohne Wahlen“, der gerade „die Ukraine zerlegt“. Ein Grund mehr für Spahn, sich besonders wohlwollend gegenüber der US-Regierung zu äußern. Die überraschende Rede des Vizepräsidenten J.D. Vance etwa hat ihn – wer hätte es gedacht – nicht überrascht. „Nichts davon war neu“, sagt Spahn. „Es ist alles nicht neu. Warum haben wir es nicht hören wollen?“ Später mahnt er noch die anderen Gäste: „Können wir bitte aufhören, eine demokratisch gewählte Regierung in den USA eine autoritäre zu nennen?“ Zuvor hatte Marina Weisband das ganz große Fass aufgemacht: „Weltweit kämpfen gerade Milliardäre gegen Demokratien“, sagte die deutsche-ukrainische Grüne mit vibrierender Stimme. „Alle öffentlichen Räume der Meinungsbildung gehören Milliardären.“ Da hat sie die Rechnung aber ohne ARD und ZDF gemacht.
Illner wagt es nochmal, Merz zu kritisieren. Warum vergleiche der eigentlich Trump plötzlich mit Putin, will sie von Spahn wissen. Spahn streitet das einfach ab. Habe er doch gar nicht gemacht. Er selbst scheint sich auf das Amt des Außenministers vorzubereiten. Bei der europäischen Sicherheitspolitik sieht er Defizite: „Hätten wir da früher mehr getan, wären wir jetzt nicht in dieser Lage.“ Trump zeige gerade „die erste Initiative aus dem transatlantischen Raum für Frieden“. Und Spahn hängt eine rhetorische Frage an: „Welche Initiative hat es eigentlich aus Europa gegeben?“ Überhaupt, wer spreche denn endlich mal mit Trump? „Er wurde am 5. November gewählt. Wir haben jetzt Ende Februar! Wir jammern jetzt über den Katzentisch. Wenn man am Tisch sitzen will, dann muss man im Zweifel Chips mitbringen.“ Ganz klarer Tipp: Der Mann will Außenminister …
Oder doch Finanzminister? Spahn kritisiert plötzlich die ausufernden Kosten der deutschen Entwicklungshilfe: „Wir haben in Deutschland mittlerweile 33 Milliarden Euro Entwicklungshilfe. Und ja, ein Vorschlag wäre, die Summen vielleicht mal anzupassen.“ Da muss jemand schlucken: Noch-Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt (SPD) unterbricht Spahn sofort und fragt: „Wenn die USA sich komplett aus der Finanzierung der Weltgesundheitsorganisation herausziehen – ist das das richtige Signal, wenn wir dann sagen: Machen wir auch nicht mehr?“ Radwege in Peru oder deutsche Steuergeldmilliarden für die Raumfahrtnationen (!) Indien und China scheinen in Schmidts Welt nicht vorzukommen. Weisband warnt derweil vor den Millionen Klimaflüchtlingen, die uns irgendwann ins Haus stehen. Außerdem werde Putin sicher bald das Baltikum und Polen überfallen. „Putin braucht Krieg“, sagt Weisband. Puh.
Man würde sich wünschen, der ehemalige Corona-Gesundheitsminister Spahn nähme einmal so inbrünstig Stellung zu seinen milliardenschweren Maskendeals, seiner Vier-Millionen-Villa, zur Plünderung der Krankenkassen-Rücklagen oder zu den unzähligen Corona-„Impf“-Opfern – oder – oder – oder. Aber nichts da. Spahn darf sich wie schon seit Wochen ganz ungeniert als neuer Minister Almighty inszenieren. So, als wäre nie etwas gewesen.
Zuvor hat bereits Elmar – „Joe Biden ist geistig topfit“ – Theveßen versucht, Spahn in seinem Redefluss zu unterbrechen. Dafür holte sich der umstrittene US-Korrespondent, der auf dem Bildschirm überlebensgroß hinter der Studiorunde lauert, gleich eine Watschen ab. „Ja, Herr Theveßen, Sie lagen gelegentlich in der Frage, was in den USA im Wahlausgang herauskommt, falsch, das weiß ich“, ätzt Spahn. „Das stimmt so nicht“, mault Theveßen. Er findet im Übrigen, Trump habe sich ganz klar „auf die Seite der Autoritären dieser Welt gestellt“. Er habe „imperialistische Gelüste“ und rücke Amerika „in die Richtung des Autoritarismus“.
Wie hat Trump eigentlich auf die kritischen Äußerungen des Friedrich Merz („unverschämt“) reagiert?, will Illner von Theveßen wissen „Ich glaub’, man muss es so beschreiben: fast gleichgültig.“ Der US-Regierung sei egal, was die Europäer machen. „In den letzten Monaten sind hier Delegationen aus Deutschland aufgetreten, auch Unionspolitiker. Die haben nur keine Termine bekommen.“
Jede Wette: Jens Spahn hat im Jackett immer eine kleine Tüte Chips.