Tichys Einblick
Das Richterwahl-Debakel

Bei Lanz: Feministischer Rückenwind für Brosius-Gersdorf

Erneut wird bei Lanz der Umgang mit der SPD-Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf diskutiert. Auch diesmal wird jeder Gegenwind zerschlagen – von angriffslustigen Feministinnen. Übrig bleibt ein Hauch von Widerstand.

Screenprint: ZDF / Markus Lanz

Nach seinem Interview mit Frauke Brosius-Gersdorf am Dienstagabend facht Markus Lanz das Feuer um das Richterwahl-Debakel erneut an. Mitten in dem Scheiterhaufen sitzt der CDU-Bundestagsabgeordnete Christoph Ploß und muss sich vor links und rechts in Acht nehmen. Besonders Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann zeigte schon in ihrer Rede im Bundestag ihre Wut gegen die Union. Denn die Union ist an der ganzen sexistischen und rechtsextremen Sache schuld – allen voran Spahn.  Ganz begeistert ist Haßelmann daher von dem Interview, welches ein „Akt der Selbstbehauptung“ sei. Brosius-Gersdorf sei eine ganz ausgezeichnete Juristin und hätte es geschafft, ihre „Ehre zurückzugewinnen“ sowie die „Falschdarstellungen“ wieder gerade zu rücken – dass es tatsächlich keine „verstellte Wahrnehmungen“ gab und dies Brosius-Gersdorf in dem Interview bewies, gehört nicht zu Haßelmanns Erkenntnisgewinn.

Opferrolle rückwärts
Bei Lanz: Brosius-Gersdorf macht alles noch schlimmer
Nicht nur Haßelmann, auch die stellvertretende „Spiegel“-Chefredakteurin Melanie Amann beginnt mit einer Lobpreisung auf Brosius-Gersdorf. Amann selbst hat Schwierigkeiten ihre Argumente zu verstehen, aber so ist das nun mal: „Professorin halt“. Unter dem Deckmantel der Wissenschaft entziehen sich Amann und Haßelmann jeder Kritik an den radikalen Positionen von Brosius-Gersdorf. Sie treffe ja nur „Abwägungen“ und ihre Argumente seien geradezu „aufklärerisch“, so Haßelmann. Auch Lanz betont aufwieglerisch, dass sich Brosius-Gersdorf doch gar nicht „politisch geäußert“ hätte. Und überhaupt, was erlaubt sich die Union, einem „rechten Kampagnendruck“ nachzugeben? Die Positionen hätten doch keinen Einfluss auf ihr Amt und waren ja auch schon vorher bekannt. Alles nur ein Coup der AfD, um ein Parteiverbot zu verhindern – die nächste Demo gegen Rechts ist wahrscheinlich schon in Planung.

Ploß, der in der Sendung den Kopf für Spahn hinhalten muss, bewahrt diesen kühl. Immer wieder muss er betonen, dass Brosius-Gersdorf einen „Kern der Union“ – die Würde des menschlichen Lebens – angreift und sehr wohl eine „politischen Agenda“ verfolgt. Doch Ploß hat an diesem Abend keine Chance – besonders, als er zugibt, er hätte gegen sie gestimmt. Er kann sich auch nicht durch die Einsicht retten, dass der „Prozess nicht gut gelaufen“ sei. Denn Haßelmann ist vor lauter Empörung über den Umgang mit Brosius-Gersdorf in ihrem Redeschwall über das „eklatante Führungsversagen“ von Spahn nicht zu stoppen. Ob Lanz, Ploß oder Robin Alexander, stellvertretender Chefredakteur der WELT – keiner kommt zu Wort. Als es Alexander endlich gelingt, sich gegen Haßelmann und Amann durchzusetzen, stimmt er der Kritik über die Zerrissenheit der Union zu – als er aber daran erinnert, dass die Grünen den Widerspruch ebenso bereits in Anspruch genommen haben, wird auch er zum Feind.

Akademische Elite zeigt sich rebellisch
Wenn öffentliche Debatte angeblich die demokratische Ordnung bedroht
Alexander erklärt ruhig, weshalb man die Einwände der Unionsfraktion ernst nehmen sollte, und erinnert an den Versuch der Ampel, Paragraph 218 zu stürzen. Sofort ertönt entrüstetes Schnauben und die zwei Feministinnen können sich an die eigenen Aktionen nicht mehr so recht erinnern. Alexander führt seine Herleitung weiter aus, worauf der konservative Verdacht basiert: „Wofür die Linke keine parlamentarische Mehrheit hat, das versucht sie über strategische Personalbesetzung zu machen.“ Amann widerspricht vehement. Brosius-Gersdorf sei keine Aktivistin und überhaupt seien Politik und Justiz getrennt. Ein Trugschluss, wie sich in der jüngsten Vergangenheit immer wieder zeigte.

Als Ploß betont, dass der Schutz des menschlichen Lebens den höchsten Stellenwert besitzt und die straffreie Abtreibung nur ein schmerzlicher Kompromiss sei, protestiert Haßelmann. Sie wolle keine Paragraph-218-Debatte führen und habe „kein Interesse daran, dass […] Männer diese Welt erklären“. Erklären soll Ploß aber dann doch, woher der Wandel in der Union nach der Nominierung aufzog. Er erzählt, dass viele Bürger sorgenvoll und wütend sich an sie gewendet hätten und die Linksverschiebung verurteilt hätten. Brosius-Gersdorf wäre ein rotes Tuch mit ihrer Identitätspolitik und wieder wirft Haßelmann hysterisch ein: „Identitätspolitik? Was soll das sein?“ Dass der von der Union zuerst vorgeschlagene Richter-Kandidat Seegmüller wegen seiner konservativen Positionen von den Grünen abgelehnt wurde, spielt Haßelmann herunter – à la grüne Doppelmoral.

Wahlen zum Bundesverfassungsgericht
SPD-Kandidatin Kaufhold bedenklicher als SPD-Kandidatin Brosius-Gersdorf
Aber damit noch nicht genug. Es gäbe bereits eine neue rechte Kampagne, gegen die SPD-Kandidatin Kaufhold: eine Klimaaktivistin. Was sie nun mal auch ist. Vielleicht sollten SPD und Grüne lernen, sich von Ideologien zu lösen, denn viele Kandidaten bleiben so nicht mehr übrig. Robin Alexander warnt noch einmal davor, nicht alles als „Nazi-Sprech“ abzustempeln und auch mal „Argumente, die nicht Grün sind“ anzuhören. Aber Haßelmann ist in ihrer eigenen Bubble gefangen, in der Frauen aufgrund ihres Geschlechts ungerecht behandelt und diffamiert werden. Und schuld daran sind die Spitzenpolitiker der CDU – wieder eine Doppelmoral, der nun alle Gäste auf die Schliche kommen: erst massive Kritik gegen Spahn äußern und im Anschluss sich über Kritik an die eigenen Politiker beschweren. Ploß wirft ein: „Das geht doch nicht nur in eine Richtung.“ Und auch Amann wettert: „Kampagnen sind den Linken auch nicht fremd.“

Wie es denn nun weitergehen solle, fragt Lanz und übernimmt seine Sendung irgendwann wieder von Haßelmann. Von den Gästen hat keiner so recht eine These. Amann vermutet einen Rücktritt Brosius-Gersdorfs von ihrer Kandidatur und Alexander hat gehört, die Regierung habe „keinen Plan“ – er hoffe nur, dass es auf die Zeit nach seinem Urlaub verschoben wird. Zwischen heiteren Scherzen will Haßelmann wieder zu einem Redeschwall ansetzen, aber Lanz unterbricht rasch: „Frau Haßelmann, wir sind leider am Ende der Zeit.“

Diese Sendung zeigte mal wieder, wie viele Politiker „keinen Plan“ haben.

Anzeige
Die mobile Version verlassen