Dass es kein Thriller werden würde, geschenkt. Aber die Art und Weise wie ausschweifend der Grünen-Chef Felix Banaszak seinen Teppich aus Polit-Phrasen unter dem blauen Berliner Himmel ausbreiten durfte, war dann doch erstaunlich. 29 Minuten und 30 Sekunden lang, also anderthalb Minuten länger als Weidel, durfte seine einstudierten Salbader-Salven abschießen, unterbrochen nur von zwei kleinen Einspielern von insgesamt gerade einmal vier Minuten. Bei Weidel hatte die ARD noch mehr als sechs Minuten mit Einspielern gefüllt und ihr damit die Chance genommen, selbst etwas zu sagen.
Affäre Gelbhaar, selbes Spiel: Dass der Grünen-Politiker Stefan Gelbhaar mit falschen Anschuldigungen um sein Bundestagsmandat gebracht wurde, ist kurz Thema. Aber der Name Andreas Audretsch – der einzige Profiteur jener Intrige – fällt überhaupt nicht. Stattdessen darf Banaszak sich mit Floskeln rauswinden: „Keine Organisation ist frei von Grenzüberschreitungen“, sagt er. Besonders infam: Er wirft sich für all die armen Frauen in den Ring, denen es seit dem Vorfall deutlich schwerer gemacht werde, echte sexuelle Übergriffe zu melden. Um eine Entschuldigung an Gelbhaar laviert er sich unwidersprochen herum. Deiß hat keine Fragen mehr.
Angeblich hatte die ARD im Vorfeld Demonstranten ausgetrickst, die ähnlich wie bei Weidel das Interview akustisch stören wollten. Das Gespräch wurde schon am Vormittag aufgezeichnet. Hoppla, so einfach kann es gehen – wenn ein Grüner zu Gast ist. Die AfD-Abgeordnete Beatrix von Storch war dennoch zur rechten Zeit am rechten Ort. In einem X-Video zeigte sie die Interview-Szenerie hoch über der Spree am gegenüberliegenden Ufer. Sie stand an der Stelle, wo zwei Wochen zuvor der Lautsprecherbus der Linksaktivisten geparkt und alles torbeschallt hatte. Genüsslich zeigte von Storch, dass diesmal das gesamte Areal sorgfältig und weiträumig abgesperrt worden war.
Auch im Interview selbst sieht man in Minute Zehn, wie ein Polizeiauto brav im Hintergrund auf den Platz fährt und genau zwischen den beiden Gesprächsteilnehmern Stellung bezieht.
Da hat der Obergrüne gerade – mal wieder – vor dem aufziehenden Faschismus gewarnt. Das tut er so oft in diesem Interview, dass auch der letzte Zuschauer erkennt: Es ist die letzte Kugel der Grünen.
Dass solche Ideen vor allem im Osten des Landes überhaupt nicht gut ankommen, zeigt ein Einspieler aus Dömitz, wo die AfD bei 40 und die Grünen bei vier Prozent liegen. „Die finden hier überhaupt nicht statt“, sagt ein Einwohner verschmitzt, und die ARD dreht nochmal ordentlich an der Dramatikschraube: Abgeordnete dort würden „Ablehnung, Hass und Gewalt“ erleben. „Grünes Mitglied in Thüringen zu sein, ist gefährlich geworden“ zitiert Deiß aus einem Brandbrief verängstigter Parteimitglieder. „Wir geben den Osten nicht auf, und wir kämpfen darum, dass der Osten uns nicht aufgibt“, parolt Banaszak. Man werde jetzt nämlich eine „Präsenzoffensive im Osten“ starten.
Banaszak ist derweil schon wieder beim Faschismus. Angesprochen auf die Kritik des Bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder an den Grünen, verlassen ihn allerdings kurz die linguistischen Fertigkeiten: „Wenn Markus Söder für sich nicht klar hat, ob tatsächlich die Grünen, eine klar in der Demokratie verhaftete, beheimatete Partei, der Hauptgegner sind, wo da eine eine rechtsextreme, in Teilen faschistische Partei, da muss vielleicht auch er manchmal seinen Kompress zurechtrücken.“
Doch er fängt sich wieder. Der vielleicht wichtigste all seiner belanglosen Sätze: „Wer Sorge hat vor einem Ruck nach Links, nach Rechts, nach Oben oder nach Unten – fürchtet euch nicht, die Grünen werden jetzt wieder grüner.“
Eine unverhohlene Drohung.