Es ist nicht bekannt, wie groß der Anteil der TE-Leser ist, die sich die so unglaublich bemühten, öffentlich-rechtlichen Schenkelklopfer und „Witz-komm-heraus-du-bist-umzingelt“-Comedys antun. Vielleicht tun sie es auch nur deshalb, um zu evaluieren, was mit den Milliarden an Zwangsgebühren fabriziert wird. Das Ergebnis der Evaluation bleibt immer das gleiche: Es ist zum Gähnen, es ist zum Davonlaufen. Denn auch hier ist der Fachkräftemangel – wie in Kabinettsesseln und Ministerlimousinen – angekommen. Andererseits ist es symptomatisch für das öffentliche Deutschland, was man öffentlich-rechtlich, also fast schon regierungsamtlich, für witzig hält.
Die allwöchentlich-freitägliche ZDF-„Heute-Show“ gehört dazu. Seit 2009 mittlerweile rund 450-mal produziert und betrieben von rund 30 Leuten, will sie die Zwangszahler wahnsinnig bemüht bei Laune halten. 18 nationale Preise hat das Team dafür bereits eingeheimst – vom Grimme-Preis bis zum Bambi. Sage mir, was du, Deutschland, prämierst, und ich sage dir, wie es um dich steht.
Gewiss darf man nicht ungerecht sein und eine so aufwendig inszenierte „Show“ auf ein Beispiel reduzieren. Aber symptomatisch ist dieses Beispiel doch. Es geht um einen gewissen Peter Wittkamp (42), der für die „Heute-Show“ als „Gagschreiber“ firmiert. Einige seiner Gag-Ergüsse stellt er sogar ins Netz, zum Beispiel unter dem Namen „@diktator“ auf X (um Musk zu provozieren?) oder auf Instagram.
Nun hat dieser Gagschreiber im Habitus eines Klassenprimus, mit dem kein Klassenkamerad beim Skikurs ein Zimmer teilen möchte, verbal Gewaltfantasien ausgelebt. Er outet sich zwar als gewaltfrei, aber dann kommt er 60 Sekunden lang doch zum Thema. Drei Männer möchte er verprügeln: seit Längerem schon Putin, relativ lange auch Trump und seit dessen Rede bei der Münchner Sicherheitskonferenz US-Vizepräsident J.D. Vance. Wahrscheinlich, so der Gagschreiber, werde er es zwar nicht machen, auch weil er keinem der drei Männer begegnen dürfte. Dann aber geht ihm der Gaul durch: „… dass ich JD Vance so richtig schön von unten einen gebe, dass er umfällt, der Sack.“ Begleitet wird die Fantasie von einem angedeuteten Kinnhaken.
Wahrlich umwerfend. Öffentlich-rechtlich eben! Klar, man darf und kann Scholz, Merz, Habeck, Baerbock, Lauterbach, Lindner, Gysi, Merkel, von der Leyen, Faeser … Man darf und kann Erdogan, Macron, Orbán, Meloni … Man darf und kann Putin oder Selenskyj … Man darf und kann Trump, Vance, Elon Musk, Biden, Kamala Harris mögen oder nicht mögen. Man darf und kann sich vor den Spiegel stellen und all diese exponierten Leute im stillen Kämmerlein mit Hunderten von Schimpfnamen bedenken, die die deutsche Sprache und zumal ihre Dialekte kennen.
Man kann und darf vor dem Spiegel, vor einem Bildschirm, auch vor einem Spindfoto mit einem Konterfei dieser Leute oder vor einer Selfie-Kamera Schattenboxen praktizieren, in den Infight gehen, virtuell Leber- und Kinnhaken verteilen, es solchermaßen wie die Bud-Spencer-Dampframme mit mehreren dieser Leute auf einmal aufnehmen. Kann ja ganz witzig sein, kann den Adrenalinpegel senken, kann Katharsis (= Reinigung der Affekte; vulgo: seelischer Stuhlgang qua Gewaltfantasie) sein. Man darf und kann das – nach reiflicher Überlegung, wer mithört und zuschaut – sogar im vertrauten Kreis Erwachsener oder am Stammtisch im Separee tun. X, Facebook, Instagram, TikTok und Co. sollte man dabei außen vor lassen. Vor allem, wenn man keine für ARD oder ZDF tätigen Anwälte zur Seite hat.
Der „Gagschreiber“ bekommt denn mit seiner Kinnhaken-Vision auf X verbal und volle Kanne die Hucke voll. Man erinnert Peter Wittkamp daran, dass er gegen Vance als Ex-Mitglied der US-Marines wohl nullkommanull Chancen auf einen Kinnhaken hätte. Der „Gagschreiber“ rettet sich schließlich mit einem neuen „Gag“:
„Abgesehen davon, dass dieser Ausschnitt natürlich so verkürzt ist, dass die humoristische und komplett ironische Aussage des Videos gezielt verloren geht, möchte ich klarstellen: Ich will JD Vance natürlich NICHT eine reinhauen, sondern zwei.“
Darauf einen Tusch! Und einen Medienpreis! Ob Vance Strafanzeige stellt? Kann er ja eigentlich nicht, nachdem er sich in München für Meinungsfreiheit total ausgesprochen hatte.
Apropos Öffentlich-Rechtliche: Dort tummeln sich ja auch sogenannte Satiriker wie Jan Böhmermann (ZDF) oder Sebastian Hotz („El Hotzo“, damals RBB). Böhmermann hatte dem türkischen Präsidenten 2016 in einem Schmähgedicht unterstellt, er möge „am liebsten Ziegen ficken“.
„El Hotzo“ meinte nach dem Attentatsversuch vom Juli 2024 auf Donald Trump: „Leider knapp verpasst.“ Um nachzulegen: „Ich finde es absolut fantastisch, wenn Faschisten sterben.“ Kurze Zeit später löschte Hotz die Beiträge. Und der RBB löschte ihn von der Gehaltsliste. Immerhin! Böhmermann indes treibt weiter für rund 700.000 Euro Gage pro Jahr beim ZDF sein Unwesen.