Tichys Einblick
TICHYS LIEBLINGSBUCH DER WOCHE

Das schreckliche Erbe der Angela Merkel

Politikern geht es um persönliche Macht und Posten. Gegen Ende einer erfolgreichen Karriere um das Bild in den Geschichtsbüchern. Dazu werden Bücher geschrieben. Und Gegenbücher. Vera Lengsfeld antwortet auf Merkels „Freiheit“ mit „Ist mir egal.“

IMAGO, Screenprint - Collage: TE

Politiker sind auch nur Menschen. Nein, sie arbeiten nicht für das Gemeinwohl. Was soll das auch sein? Sie arbeiten für sich, ihr Fortkommen, ihren Erfolg. Das ist nicht weiter schlimm. Für Heilige sind Stellplätze in Kirchen vorgesehen. Deswegen sind Demokratien meist Diktaturen überlegen: Weil sie Politiker, die es allzu egozentrisch und frech treiben, abwählen können und zwar regelmäßig und ohne blutige Revolution. Und deswegen wurden Verfassungen geschaffen, um Politiker in die Schranken zu weisen und die Bürger vor Übergriffigkeit zu bewahren. Das Recht bindet auch Politiker. Normalerweise. Und wenn wir dann Glück haben und rechtzeitig per Wahl die Notbremse ziehen, geht’s gut – wie die Geschichte Westdeutschlands seit 1948 beweist; eine Ära, die irgendwann in den 2010er Jahren mit Angela Merkel endet.

Zwischen Legende und Wirklichkeit
„Sie kennen mich“ (nicht) – Ein kritischer Blick auf Angela Merkel
Wenn Politiker ihre Schäfchen ins Trockene gerettet haben geht es ihnen meist nur noch um ihr Bild in den Geschichtsbüchern. Auf die Macht folgt die Ehrung, das Andenken, der Eintrag ins kollektive Gedächtnis. Darum kämpft jetzt auch Angela Merkel. Wer alles erreicht hat, dem fehlt der Ruhm, der so schnell verraucht. Die CDU verehrt sie weiter und behängt sie mit den höchsten Orden. Ihre Politik wird fortgesetzt und beschleunigt sich: Die Energiepolitik, die Zuwanderung, die Zerstörung von Währung, Wohlstand und Wachstum. Die Ausgrenzung von Kritikern bis zur Aufhebung von Meinungsfreiheit – der letzte Schritt fehlt noch. Eigentlich läuft alles glatt für Angela Merkel.

Nun wirft ihr (noch) jemand Steine in den Weg, der in die Ruhmeshalle und zu einer Marmorbüste mit dem Untertitel „Größte deutsche Politikerin aller Zeiten“ führen soll. Dieser Jemand ist ihre Wegbegleiterin und Parteifreundin Vera Lengsfeld. Lange bekannt, oft Partnerinnen; unvergessen das Wahlkampfplakat, das die beiden Damen tief dekolletiert zeigt: „Wir haben mehr zu bieten“, Lengsfeld nimmt selbst darauf Bezug. Aber die Nähe gerät zur Distanz. „In keiner Periode der Bundesrepublik Deutschland und Europas wurde die Freiheit der Bürger dermaßen abgewrackt wie unter Angela Merkel. Sie schuf stattdessen ein System aus Jasagern und Duckmäusern einzig zu ihrer Machtabsicherung.“

Zum Buch von Vera Lengsfeld
„Ist mir egal!“ Warum Angela Merkel uns leider noch heute nicht egal ist
Lengsfeld begründet ihr Urteil fachkundig und vielfach aus der Innenansicht. Auch wer glaubt, Merkels unheilvolle Politik gewissermaßen erlitten zu haben, erfährt viel Neues. Erschütternd die Aneinanderreihung der politischen Fehler und zerstörerischen Politik. Es geht ja nicht nur um Energiewende und Migration; es geht auch um die fehlerhafte Währungspolitik, die Verschleuderung von Haushaltsmitteln in den Süden und Westen Europas, die organisierte Verantwortungslosigkeit bis hin zum Desaster, das ihr Vertrauter bei der Bahn angerichtet hat, die Hetzjagd auf jeden Kritiker, das Impfdesaster, die Afghanistan-Katastrophe und eine Politik, die jede Selbstbeschränkung aufgegeben, das Grundgesetz zur Lachnummer reduziert und die Institutionen des Landes der Lächerlichkeit oder Verachtung preisgegeben hat. Die strahlende Ruhmeshalle wird zum Schreckenskabinett: die gesellschaftliche Ordnung fällt einem Messi zum Opfer, Wohlstand und Freiheit werden verspielt, schlimmer noch: bewusst zerstört.

Man lernt sehr viel über das „Wie“ bei Vera Lengsfeld. Beim „Warum“ bleibt viel offen. Warum hat sich Kohl ihr letztlich unterworfen und ihr den Weg geebnet – nachdem sie ihn zerstört hat? Warum war Wolfgang Schäuble, lange ein eigener und oft genug unbequemer Kopf und spröde in seiner Zuneigung, ihr zuletzt so hündisch zugetan? Hatte die CDU keine Männer mehr, die es wagten ihr zu widersprechen, Rittersmann oder Knapp? Warum hat es bis 2015 gedauert, bis man sich ihr wirklich entschieden in den Weg stellte; immerhin – wenn auch vergeblich? Was ist das Geheimnis, dass es dieser Frau gestattete, ein höchst erfolgreiches Gemeinwesen derart zu beschädigen, dass es heute auch in seinen Grundfesten erschüttert ist?

Vielleicht wird uns Merkel doch länger beschäftigen, als uns lieb sein kann. Als Beispiel für ein Gemeinwesen, das einer skrupellosen Machtpolitikerin verfällt. Lengsfelds Buch bringt dazu Faktenwissen. Zusammen mit Klaus-Rüdiger Mais kritischer Biographie entsteht so die Basis für eine Auseinandersetzung, die dieses Land führen muss und die künftige Historikergenerationen beschäftigen wird.


Vera Lengsfeld, Ist mir egal. Wie Angela Merkel die CDU und Deutschland ruiniert hat. AchGut Edition, Hardcover mit Schutzumschlag, 200 Seiten, 25,00 €.


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