Noch vor wenigen Tagen hat Thierry Breton den Tech-Milliardär Elon Musk hart angegriffen. Der Ex-Kommissar der Europäischen Union für den Binnenmarkt hatte das Bild mächtiger Konzerne beschworen, die man regulieren müsse, um EU-Gesetze durchzusetzen. Wenn es um eigene Regularien geht, sieht es Breton offenbar nicht so eng. Der Franzose wird Berater der Bank of Amerika, mit 69 Millionen Kunden eines der weltweit führenden Finanzinstitute.
Breton ist deswegen in die Kritik geraten. Ehemalige EU-Kommissare müssen nach ihrem Ausscheiden eine geplante Tätigkeit grundsätzlich melden. Steht die neue Tätigkeit im Zusammenhang mit dem alten Ressort, kann die EU ihre Zustimmung nur erteilen, wenn eine Ethikkommission ihre Zustimmung gibt. Drei Monate hat man beraten – und Breton nun grünes Licht gegeben.
Das ist keine Überraschung. Schon beim Antritt von Thierry Breton in der ersten Kommission unter Ursula von der Leyen hatte es Einwände gegen Breton gegeben. Er hatte jahrelang den französischen Telekommunikationsriesen Athos geleitet. Der Übergang auf einen Kommissionsposten, zu dem auch der Digitalbereich gehörte, konnte deswegen als Interessenkonflikt gelten. Auch damals haderte die EU mit sich selbst – und stellte ein Plazet aus.
Man kann es kurz zu fassen: Die EU behauptet, Regularien zu besitzen, um Korruption, Interessenkonflikte, Befangenheit und die Weitergabe von Informationen zu verhindern. Um aber zu überprüfen, ob dies zutrifft, berät sie sich in erster Linie selbst, um dann mit gutem Gefühl doch jenen Seitenwechseln zuzustimmen, die sie zu unterbinden behauptet. Aber das dann wenigstens mit Siegel, Stempel und vierfach ausgefülltem Formular.
Gegenüber der Deutschen Presse-Agentur sagte Breton, er sei als externes Mitglied im globalen Beirat der Bank of America vorgeschlagen worden. Es gebe drei Treffen im Jahr, bei denen man Ansichten über Geopolitik und Wirtschaftstrends austausche und einen „finanziellen Ausgleich“ dafür, dessen Höhe aber Breton nicht bereit war zu nennen.
Die Kommission schreibt Breton in ihrer Entscheidung vor, dass er in den zwei Jahren nach seinem Ausscheiden unterlassen soll, im Namen der Bank of America Lobbyarbeit bei Themen zu leisten, an denen er in der Kommission beteiligt war. Des Weiteren darf er keine Informationen und Erkenntnisse, die er während seines Mandats erworben hat, an das Finanzinstitut weitergeben.
Wie die EU das überprüfen will, bleibt jedoch offen. Ein Global Player wie die Bank of Amerika dürfte gerade an den Erkenntnissen interessiert sein, die ein EU-Kommissar aus der EU mitbringt. Und das Motiv, warum Breton, der während und nach seiner Amtszeit so stark auf den DAS und dessen Durchsetzung und den Ruf der EU als Kontrollinstanz so fixiert war, ihr nun einen solchen Schaden zufügt, statt einfach fernzubleiben, bleibt ebenso unbeantwortet.
„Indem die EU-Kommission diesen Wechsel genehmigt, missachtet sie ihre eigenen Regeln und schadet ihrer Glaubwürdigkeit“, kritisierte der Grünen-Abgeordnete Daniel Freund den Schritt. Wer erst kurz zuvor aus dem mächtigsten Organ der EU ausgeschieden sei, sollte nicht direkt als Lobbyist tätig werden dürfen.
Ähnlich äußerte sich die Organisation LobbyControl. „Die Bank of America hat klare Lobbyinteressen und ist auch als Lobbyistin im EU-Transparenzregister eingetragen. Seine Insiderkenntnisse und Kontakte sind für die Bank von größtem Interesse“, sagte Nina Katzemich. „Es wäre besser und glaubwürdiger gewesen, dem Gremium fernzubleiben.“
Wenn selbst Musk-kritische Stimmen von Grünen und NGOs das Vorgehen Bretons geißeln, zeigt das umso mehr, dass Breton sein Ansehen endgültig verspielt hat.