Tichys Einblick
Mitgliederbefragung abgeschlossen

SPD stimmt für Koalition mit CDU und CSU – ohne echte Mehrheit

Die Mitglieder der SPD haben sich für eine Regierungsbeteiligung ausgesprochen. Unter den Teilnehmern der Befragung war die Zustimmung hoch, unter allen Mitgliedern gab es aber keine Mehrheit. Die SPD stolpert in die neue Regierung.

picture alliance/dpa | Matthias Bein

Dieser Artikel beginnt mit einer Richtigstellung. Der Autor hat in einem früheren Text geschrieben, dass die Mitgliederbefragung der SPD über den Postweg stattfand. Er konnte sich nicht vorstellen, wieso eine digitale Abstimmung zwei Wochen benötigt. Kann es – offen gesagt – immer noch nicht. Aber die SPD schafft das. Diese Partei fordert auf EU-Ebene, dass der Staat alternative Angebote zum Digitalpaket des amerikanischen Regierungsberaters Elon Musk entwickelt. Entscheider wären damit genau die Politiker, die für eine digitale Befragung zwei Wochen brauchen. Was erklärt, warum dieses Projekt keine rechte Begeisterung auslöst.

Diese Begeisterung gibt es auch nicht für die neue Regierung. Die mit der SPD befreundeten Medien werden zwar betonen, dass in der Befragung rund 170.000 Mitglieder für und nur 30.000 Mitglieder gegen die Koalition mit CDU und CSU gestimmt haben. Was eine deutliche Mehrheit von etwa 85 Prozent bedeutet.

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Bloß beträgt die Wahlbeteiligung halt auch nur 56 Prozent. Rund 360.000 Mitglieder waren aufgerufen, abzustimmen. Eine Mehrheit aller Parteimitglieder hat also eben nicht mit Ja für die neue Regierung gestimmt. Generalsekretär Matthias Miersch betont aber, dass sich mehr Mitglieder beteiligt hätten als bei der Abstimmung zur Wahl der Vorsitzenden.

Noch so ein Punkt, der keine Begeisterung hervorruft. Im Wahlkampf hat das Team um Miersch und seine Bosse Saskia Esken und Lars Klingbeil die Antwort auf die Frage in einer ewig dauernden Hängepartie gehalten, ob Olaf Scholz wieder als Kanzlerkandidat antritt oder der deutlich beliebtere Verteidigungsminister Boris Pistorius. Nun tut die SPD alles, um ihre Vorsitzende Saskia Esken zu demontieren.

Erst am Montag gibt die SPD bekannt, wer ihre Minister werden. Dazwischen liegen ein Feiertag und ein Sonntag. Zeit genug, um weiter darüber zu spekulieren, ob Esken für ein Ministeramt taugt oder ob sie in Folge der Wahlniederlage ausgekehrt wird. Fraglich, ob ein Generalsekretär etwas tun könnte, um Esken besser aussehen zu lassen. Aber Miersch schafft es wirklich, seine Vorsitzende noch schlechter rüberzubringen. Lars Klingbeil werde die Ministerriege der SPD zusammenstellen, sagt Miersch. Und Esken? Müssen die Journalisten nachfragen. Die werde in der Entscheidung auch eine wichtige Rolle spielen. Miersch ist in der SPD gut aufgehoben – als Staubsaugervertreter würde er elendig verhungern.

Esken tritt nicht zurück
Halte durch, Saskia, halte durch
Fünf Tage voller Spekulationen. Voller Unklarheiten. Fünf weitere Tage der weiteren Demütigung für Saskia Esken. Eigentlich kann die danach nur noch aus der Politik ausscheiden. So tapsig wie die SPD jedoch derzeit in der Öffentlichkeit auftritt, ist ihr aber sogar zuzutrauen, an Esken festzuhalten. Klingbeil und Miersch mögen gut darin sein, Friedrich Merz (CDU) in Verhandlungen wie einen Schwamm über den Tisch zu ziehen – in der Außendarstellung sind die beiden aber eine einzige Katastrophe. Kein Wunder, dass die SPD in den Umfragen weiter fällt, obwohl sie im Februar schon ihr mit Abstand historisch schlechtestes Ergebnis in einer Bundestagswahl holte.

Dazu passt, dass Miersch keinerlei spezifischen Auswertungen zum Ergebnis der Mitgliederbefragung vorlegen kann: “Wir werden das Ergebnis nicht analysieren können, weil die Daten schlicht und einfach nicht da sind.” Die SPD braucht schon für eine schlichte Ja-Nein-Abstimmung zwei Wochen. Hätte sie noch Daten erhoben, etwa über die lokale Herkunft der Abstimmenden, hätten die Sozialdemokraten in etwa 2029 sagen können, ob sie 2025 in eine Regierung einsteigen.

Wäre die SPD eine Comedy-Truppe auf YouTube, wäre das ja alles recht lustig. Doch es ist eine Partei, die einen Staat will, der immer stärker in das Leben seiner Bürger eingreift – mit Entscheidern wie Miersch, Esken und Klingbeil. Und das nach 23 der letzten 27 Jahre als Regierungspartei. Es gibt offensichtliche Gründe dafür, warum in Deutschland die Wirtschaft abstürzt und das Vertrauen der Bürger in die Institutionen schwindet.

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