Tichys Einblick
Lars Klingbeil wird Fraktionsvorsitzender

Die Untote unter den Parteien: Die SPD regiert durch und durch

Die SPD hat die größte Wahlniederlage ihrer Geschichte erlitten - und kommt trotzdem wieder in die Regierung. Sie ist die Untote unter den Parteien. Zwar verspricht ihre Vorsitzende Saskia Esken einen Neuanfang - doch mit altem Personal.

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Von den letzten 27 Jahren war die SPD 23 Jahre in der Bundesregierung: In dieser Zeit hat der Staat die Summe mehr als verdoppelt, die er seinen Bürgern abnimmt. Trotzdem gibt er das Geld nicht aus, um Straßen und Schienen zu reparieren oder den Internet-Empfang auszubauen. Die Wirtschaft schrumpft dieses Jahr laut der Handelskammer zum dritten Mal in Folge. Trotz „Arbeitskräftemangel“ steigt die Arbeitslosigkeit – und Weihnachtsmärkte sind ein Ort, an dem die Besucher den Tod als „Ungläubige“ fürchten müssen. Für diese Bilanz hat der Wähler die SPD abgestraft: 16,4 Prozent bedeuten historisch das schlechteste Ergebnis, 9,3 Prozentpunkte Verlust bedeuten den zweitgrößten Verlust. Die „Brandmauer“ funktioniert.

In der Gestaltung politischer Macht ist die SPD hilf- und wehrlos. Im Erringen politischer Macht bleibt die Partei ungeschlagen. Mit der „Brandmauer“ hat sie einen Machtfaktor geschaffen, an dem sie einst konservative Parteien wie FDP und CDU so lange zum Tänzchen bitten kann, bis diese erledigt sind. Die FDP kann die SPD abhaken, als nächstes sind CDU-CSU dran. Die haben ihren Wählern konservative Politik versprochen und werden mit der SPD den Kampf gegen die Redefreiheit fortsetzen. Das Reinregieren des Staates in die Wirtschaft. Oder den uferlosen Ausbau des Sozialstaates.

Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken hat einen Personalumbau angekündigt. Doch das bedeutet den sprichwörtlichen alten Wein in alten Schläuchen. Am ehesten einem Umbau kommt die Neubesetzung im Fraktionsvorsitz gleich. Das Präsidium hat gefordert, dass Eskens Co-Vorsitzender Lars Klingbeil (47) Rolf Mützenich (65) ablösen soll. Studiert hat Klingbeil Politik, danach hat er ausschließlich für die Partei und deren Stiftung gearbeitet. Er ist ein Ziehkind Eskens. Sie hat ihn erst zum Generalsekretär und dann zu ihrem Co-Vorsitzenden gemacht.

Politisch aufgefallen ist Klingbeil bisher nur einmal: Als es in der SPD den Wunsch gab, den unbeliebten Olaf Scholz durch Verteidigungsminister Boris Pistorius (64) als Spitzenkandidaten zu ersetzen. Zum einen setzte Klingbeil Scholz durch. Zum anderen sorgte er dafür, dass diese Debatte die Partei über knapp zwei Wochen lahm legte und öffentlich diskreditierte – mitten im Wahlkampf.

Bisher regierte die SPD mit zwei Koalitionspartnern, nun mit der CDU-CSU nur noch mit anderthalb Partnern. Trotz der heftigen Wahlniederlage muss die Partei also bei der Anzahl der Ämter keine Abstriche machen. Das ganze Versager-Personal des noch amtierenden Kanzlers kann also bleiben: Karl Lauterbach als Gesundheitsminister, Nancy Faeser als Innenministerin, Hubertus Heil als Arbeitsminister oder Svenja Schulze als Ministerin für Entwicklungshilfe.

Der 64 Jahre alte Pistorius hat bereits angekündigt, dass er in dem Team sein will, das die Verhandlungen mit der Union führt. Damit hat er auf diplomatische Weise seinen Führungsanspruch ausgesprochen. Pistorius hat die höchsten Beliebtheitswerte aller Politiker in Deutschland. Allerdings ersparen die Institute ihm, seine Bekanntheitswerte zu veröffentlichen. In der Kombination spricht vieles dafür, dass Pistorius Vizekanzler unter Friedrich Merz (CDU) wird.

Die SPD hat eine Fehlerkultur. Wobei das Wort, anders als sonst, bedeutet, dass die Sozialdemokraten ihre Funktionäre besonders dann gerne befördern, wenn sie in Wahlen versagt haben: Frank-Walter Steinmeier fuhr 2009 den höchsten Verlust eines Kanzlerkandidaten in der Geschichte der Bundesrepublik ein. Die SPD machte ihn zuerst zum Außenminister und dann zum Staatsoberhaupt. Hubertus Heil war 2009 sein Generalsekretär und als solcher verantwortlich für diesen Verlust. 2017 managte er in der gleichen Funktion den Wahlkampf von Martin Schulz: mit dem historisch schlechtesten Ergebnis aller Zeiten. Bis gestern. Heute ist Heil Arbeitsminister. Heiko Maas verlor dreimal im Saarland den Kampf um das Amt des Ministerpräsidenten. Die SPD machte ihn zum Außenminister, bis er im Sinne des Peter-Prinzips den katastrophalen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan verantwortete.

Leistung spielt in der SPD keine Rolle. Es geht nur um Machterhalt. Die Verkörperung dieser Unkultur ist Nancy Faeser. Der hessische Wähler hat ihr eine schallende Ohrfeige erteilt. Faeser blieb im Amt, intensivierte ihren „Kampf gegen Rechts“ und muss seit dem Sommer zusehen, wie der Takt an islamistischen Messermorden immer schneller wird. Gleich zum Amtsantritt hatte Faeser das entsprechende Referat in ihrem Ministerium abgeschafft. Im linken Lala-Einwanderungsland darf es islamistischen Terror gar nicht erst geben. Die Morde und Mordversuche von Mannheim, Solingen, Magdeburg, München und Berlin führen diese Politik ad absurdum.

Die SPD hält das nicht auf. Sie regiert durch und durch. Zur Not am Wähler vorbei – auch und erst recht an den Inhalten der jeweiligen Koalitionspartner. „Brandmauer“ sei Dank. 23 von 27 Jahren war die SPD in der Regierung. Bis zu vier Jahren kommen nun dazu. Die SPD hält sich als Untote der Politik auf den Beinen – nur ob es das Land überlebt, das wird sich zeigen.

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